Der Tod
Das schwere Fieber will nicht sinken,
der Körper kaum noch Regung zeigt.
Er kann nicht essen und nicht trinken,
sein Leben sich dem Ende neigt.
Es war die dritte schwere Nacht,
da ist der Vater schweißgebadet
aus dem Fieberschlaf erwacht.
Der Tod stand neben ihm am Bett,
sah gar nicht gruselig aus, eher nett.
Sah aus wie er, ein Zwillingsbruder,
nur seine Haut war weiß wie Puder.
Stand vor dem Bett schon eine Weile,
er hatte scheinbar keine Eile.
Stark vom Fieber angeschlagen
und vom Schreck noch nicht erholt,
will der Vater noch was sagen
-schnell- bevor der Tod ihn holt.
„Na du finsterer Geselle,
kamst wohl an die falsche Stelle,
ich bin vom Fieber nicht zermürbt,
bin nicht im Alter wo man stirbt,
ich will noch viele Dinge tun
bevor meine Gebeine ruhen“.
„Muss nicht erst kommen“,
sprach der Tod.
„Bin immer da, in Glück und Not.
Es gibt vom Tod nicht nur den einen,
jeder Mensch besitzt den seinen.
Ich bin mit dir zur Welt gekommen,
hab deinen ersten Schrei vernommen
und deine Lebensuhr gestellt.
Sand eingefüllt wie`s mir gefällt.
Begleite dich bis an dein Ende
und keine Lebensuhr je wende.
Und ist der letzte Sand verronnen,
dann habe ich das Spiel gewonnen.
Kein Mensch legt je die Stunde fest,
in welcher er die Welt verlässt
und niemand stirbt an seinem Leiden,
einer Krankheit oder beiden,
auch nicht weil Kummer ihn zerfrisst.
Man stirbt weil man geboren ist.
Vor mir brauch niemand Angst zu haben,
kenn keinen Raum und keine Zeit.
Bin nur ein Nichts im Nichts begraben,
mit mir beginnt die Ewigkeit.“
Dann sah er rüber zu der Wand,
dort wo des Sohnes Wiege stand.
Zog die Kapuze ins Gesicht
und ging bedächtig aus dem Licht.
Bevor der neue Tag gekommen
hat er das Kleinkind mitgenommen.
03.05.2012 © Alex B.