Cassia lebt bei ihrem 14 Jahre älteren Bruder, da ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Ihre große Leidenschaft ist das Schreiben und will irgendwann ihr eigenes Buch veröffentlichen. Doch als sie andauernd zusammen bricht und zu einem Arzt geht, erfährt sie, dass sie ein schwaches Herz besitzt und nur noch wenige Monate zu leben hat, bis dieses ganz versagt. Aber was ist mir ihrem Freund und ihrer besten Freundin, die eine Affäre miteinander haben? Was ist mit dem Jungen, den sie schon sehr lange kennt und sich in ihn verliebt hat? Wird er sie trotzallem lieben, obwohl sie schwer krank ist? Was ist mit diesem mysteriösen Träumen, die sie andauernd hat?
Plötzlich hörte sie jemand hinter sich schreien. Sie drehte sich um und sah ein Auto mit einem hohen Tempo auf sie zu rasen. Warum hielt das Auto nicht?
Sie machte einen Sprung nach vorne, doch sie wusste, dass es zu spät war.
Ich höre auf zu schreiben. Nicht, weil ich es will sondern weil ich es muss. Denn ich sitze in der Schule im Unterricht. Jedes Mal war der Unterricht zum sterben langweilig, finde ich zu mindest. Â
Ich kann mir etwas viel besseres vorstellen als in der Schule zu hocken und zu lernen. Meine Lieblingsbeschäftigung ist das ausdenken von Geschichten und das schreiben, dieser Geschichten. Jedes Mal, wenn ich etwas erlebe frage ich mich, wie die anderen Personen in meiner Umgebung denken. Was sie fühlen und erleben.
Ich will wissen wie ihr Leben verläuft, ob sie glücklich oder traurig sind. Wie sie lachen, weinen, lieben, hassen.
Ich gehe durch die Stadt und will am liebsten diese Person sein, die einkaufen geht.
Genau dies ist so typisch für Schriftsteller und darauf bin ich stolz. Denn mein Traumberuf ist genau dieser eine Beruf. Ich will Autorin werden. Aber das weiß keiner, denn sie würden mich für verrückt erklären.
Sie werden mir sagen, dass ich mir einen realistischen Beruf aussuchen soll. Einen mit dem ich mich irgendwann vielleicht verselbstständigen kann. Dafür gehe ich in die Schule damit ich mir einen vernünftigen Beruf aussuchen kann. Niemand soll wissen, dass ich diesen Wunsch hege Autorin zu werden.
Niemand.
Noch nicht mal mein Bruder weiß es und ihm erzähle ich immer alles. Mein Geheimnis. Mein kleines Geheimnis, das ich niemanden erzähle. Nicht bevor ich meinen Traum erreicht habe und Autorin geworden bin.
Aber ich habe auch noch Zeit. Viel Zeit. Schließlich bin ich gerade erst mal 18 Jahre alt und gehe in die 12. Klasse auf einem Gymnasium in Witten. Witten ist eine kleine Stadt in Deutschland, die sich in der nähe von Dortmund befindet.Â
Und genau in dieser Stadt lebe ich seit dem ich denken kann.
Aber das ist wirklich nicht gerade wichtig oder? Na ja geht eigentlich. Vielleicht ist es wichtig, aber dies kann ich nicht beurteilen.
Stopp!
Auf hören! Ich muss mich auf den Unterricht konzentrieren. Mir ist es wichtig einen guten Abschluss zu bekommen, so habe ich mehr Auswahl zwischen einigen Berufen. Noch habe ich keine Ahnung welchen Beruf ich in angriff nehmen soll, aber ich habe ja noch ein wenig Zeit bis zum Abschluss. Ein Jahr noch, dann habe ich meinen Abschluss.
Wie die Zeit vergeht. Unglaublich.
„Miss Meyer, can we start with our lesson?“
Den Beruf auf den ich hinarbeite, hier in dieser Schule, dient eigentlich nur dem Zweck mich über die Runden zu bringen damit ich mir meinen Traum erfüllen kann.
„Miss Meyer?“
Jeder Schriftsteller muss klein anfangen und sich nach oben arbeiten. Am Anfang kann kein Schriftsteller nur vom schreiben Leben. Auch wenn es sein Traum ist nur vom schreiben sich ernähren zu können. Berühmte Autoren konnten dies.
Mir jedoch ging es nicht um das Geld sondern um den Spaß beim schreiben. Und meine Leser sollen diesen Spaß beim lesen haben. Darum geht es mir.
Na gut vielleicht geht es mir auch darum mit dem schreiben erfolgreich zu werden. Aber dies wird nie geschehen.
Ich bin schon froh, wenn ich einige Leser habe, denen das Buch gefallen.
Ich höre wie ein Heft auf meinen Tisch knallt und schrecke aus meinen Gedanken. Und schaue in die braunen Augen meiner Englischlehrerin.
Meine Wangen werden rot. Sie fangen an zu glühen. Es war mir peinlich, dass sie mich ermahnen muss, aufzupassen. Das ist mir noch nie passiert.
„Ich.. . . Es tut mir Leid, dass ich nicht aufgepasst habe. Es wird nicht wieder vorkommen.“, sage ich auf Englisch zu ihr. Da ich ihre beste Schülerin bin, schätze ich, dass sie mir verzeihen wird. Schließlich war mir dies noch nie passiert.
„Okay. I hope for you that was the first and last time.”
Ich nicke und konzentriere mich auf den Unterricht.
Meine beste Freundin Sandra Vallera hob eine Augenbraue. Sie will wissen warum ich nicht aufgepasst habe. Sie weiß, dass ich sonst immer bei der Sache bin und mich nicht ablenken lasse.
Ich schüttle den Kopf und gab ihr damit zu verstehen, dass es nicht wichtig war und sie sich nicht darum kümmern soll.
Der Unterricht verläuft immer gleich. Die Lehrerin stellt eine Frage und ich beantworte sie, wenn kein anderer sie beantworten will.
Das ist bei allen Stunden so. In jedem Fach. Bei jedem Lehrer. Ich bin die beste aus meinem Jahrgang und habe einen Zweier Durchschnitt. Das einzige Fach in dem ich so meine Schwierigkeiten habe ist Deutsch. In Deutsch stehe ich vier.
Die anderen Fächer sind alle Eins und Zwei.
Dabei tue ich nur das nötigste für die Schule. Ich hasse lernen.
Nachmittags treffe ich mich lieber mit Sandra, Xander (mein bester Freund) oder meinem Freund Sebastian. Seit einem Jahr sind wir zwei zusammen und ich liebe diesen Kerl über alles. Schätze ich mal. Heute treffe ich mich wieder mit ihm und wir wollen ins Kino gehen. Das wird bestimmt lustig.
Aber wenn ich mal nichts vorhabe, schreibe ich mein Buch weiter. Wirklich weit war ich noch nicht. Einfach zu wenig Zeit.
Die Schulglocke klingelt und gibt uns allen zu verstehen, dass der Unterricht zu ende ist. Endlich. Endlich kann ich nach Hause und mich meiner Lieblingsbeschäftigung widmen. Dem Schreiben.
Ich seufze.
Aber vorher muss ich mit Sandra einkaufen gehen, da sie am Samstag ein Date hat und unbedingt dafür ein neues Outfit braucht.
„Cassia? Wollen wir jetzt los oder hast du was anderes vor?“, höre ich Sandra fragen. Dabei schaut sie mich komisch an. So als wäre etwas nicht in Ordnung.
Komisch.
„Ja, klar lass uns los! Schließlich haben wir noch eine Menge zu tun.“
Ich höre meine Stimme und erschrecke dabei. Irgendwie hört sie sich so komisch an. Meine Stimme meine ich. Nicht Sandra.
So fern. Irgendwie.
Echt komisch. Ich fühle mich auch irgendwie nicht gut. Anders eben.
Hm.
Jetzt ist wieder alles normal. Vielleicht ist mir einfach nur schwindelig gewesen. Wer weiß?
Vielleicht habe ich auch einfach nur Hunger, schließlich habe ich heute noch nichts gegessen.
Heute Morgen habe ich verschlafen und dadurch beinahe meinen Bus verpasst. Aber nur beinahe. Hätte ich noch gefrühstückt, hätte ich es nie pünktlich zu Schule geschafft. Glaub mir ich habe es fertig gebracht mich innerhalb von 10 Minuten zu waschen, zähne zu putzen, Schminken (wobei ich mich nie sehr viel schminke) und anzuziehen.
Unglaublich nicht?
„Cassia? Cassia? Geht es dir gut?“
Huch. Das ist doch die Stimme von Sandra. Oder? Ja, definitiv ist es Sandra.
Aber warum ist alles Dunkel? Ah ich habe wohl die Augen zu gemacht. Ja, das habe ich. Na dann. Augen auf.
Hell und Sandra beugt sich über mich. Ich liege auf dem Boden. Bin wohl ohnmächtig geworden ohne es zu bemerken. Ist wohl wegen der Hitze. Selbst im Schatten sind 30 Grad. Bestimmt hat es mich deswegen umgehauen.
Ich höre mich sagen: „Mir geht es gut.“
Dabei stehe ich auf. Sandra hilft mir und schüttelt den Kopf. Dabei flogen ihre langen gewellten rote Haare durch die Gegend.
Ich beneide sie um ihre Figur, ihre Haare und ihre großen grau-grünen Augen. Alle Jungs stehen auf sie. Sie ist beliebt. Auch wenn sie gerade mal 166cm groß ist.
Wie ich sie beneide. Â
Manchmal möchte ich einfach nur sie sein und alles aus ihrer Sicht erleben.
„Geht’s dir wirklich gut? Du bist gerade schließlich zusammen gebrochen. Vielleicht sollest du zum Arzt gehen?“, sagt sie unsicher. Wie immer wenn es um etwas anderes als Party oder Make-up geht.
Sie ist nicht Dumm, aber sie stellt sich oft dumm, damit keiner als zu große Hoffnungen in sie setzt.
Ihre Eltern sind stink reich und wollen das Sandra ihre Firma irgendwann übernimmt. Weswegen Sandra die Schule nicht ganz so ernst nimmt, wie sie es sollte. Aber ich kann sie echt verstehen.
„Cassia? Hörst du mir zu?“, höre ich sie gerade sagen. Aber wirklich hinhören tue ich nicht.
„Dann schnapp ich mir eben deinen Freund am Samstag und treib es mit ihm auf der Bühne.“
Dieser Satz riss mich aus meinen Gedanken.
„Was? Was hast du gerade gesagt?“, frage ich. Verhört. Bestimmt habe ich mich gerade verhört.
Sie lacht. SIE LACHT MICH GERADE AUS!!!!
„Das ist nicht Witzig Sun! Das ist überhaupt nicht lustig!“
Was bildet sie sich ein? Ja, ich bin oft mit meinen Gedanken woanders, aber es gehörte sich nicht so etwas zu sagen nur um mich aus meinen Gedanken zu holen.
Ich bin wütend. Wütend, dass sie so etwas gesagt hat.Â
Ich schnappe mir meinen Rucksack und stapfe an ihr vorbei. Eigentlich bin ich nicht so. So leicht reizbar. Vielleicht bin ich gerade so, weil sie einen wunden punkt bei mir getroffen hat. Mein Freund mit dem ich seit einem Jahr gehe, heißt Sebastian Keller und ist 20 Jahre alt. Er ist sehr Attraktiv und ein lieber Kerl. Doch nach einem Jahr Beziehung habe ich die Nase voll von ihm. Er ging mir nur noch auf die Nerven. Mit ihr wisst schon was.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass er nur mit mir zusammen ist, weil er es mit mir treiben kann. Vielleicht täusche ich mich ja auch. Aber dies ist eigentlich nur Nebensächlich, da ich ihn nicht liebe. Am Anfang der Beziehung habe ich ihn über alles geliebt, doch inzwischen ist die Liebe auf meiner Seite buchstäblich davon gelaufen. Ich empfand rein gar nichts mehr für ihn Aber ich möchte ihn auch nicht verletzten, wenn ich mit ihm Schluss mache.
Meine Nerven waren wirklich am Ende.
Weswegen ich beim raus gehen der Klasse, vor mich hin Murmel, dass es mir eigentlich egal ist.
Ich höre, wie Sandra hinter mir her läuft. Ich gehe etwas schneller, denn ich habe keine Lust mehr mit ihr einkaufen zu gehen.
„Sandra!“, ruft sie hinter mir her. Eine Sekunde später ist sie bei mir und hält mich am Arm fest. „Sandra, dass war doch nur Spaß. Aber du hörst mir nie wirklich zu und ich mache mir Sorgen um dich. Schließlich bist du gerade zusammen gebrochen. Und deswegen.. .“
Ich unterbreche sie wütend.
„Aber das gibt dir noch lange nicht das Recht so etwas zu sagen. Vor allem weißt du, dass ich denke er betrügt mich vielleicht.“
„Ich.. . Ich weiß es tut mir Leid.“
Dabei schaut sie auf den Boden. Immer wenn sie bei einer Entschuldigung auf den Boden schaut, meint sie dies auch ernst.
Da ich ihr nie lange böse sein kann, nehme ich sie in den Arm und gebe ihr damit zu verstehen, dass ich ihr nicht mehr böse bin. Dann schiebe ich sie von mir und sage:
„Du hast nur einen wunden punkt bei mir getroffen. Heute Abend treffe ich mich wieder mit ihm. Wir gehen ins Kino. Ich glaub ich werde mit ihm Schluss machen.“
Sandra schaut mich verdutzt an. Ich nehme es ihr auch nicht übel. Schließlich sind Sebastian und ich seit einem Jahr zusammen. Und Sebastian hat viele weibliche Verehrer.
  Als ich ihn kennen lernte vor zwei Jahren, war er umgeben von Mädchen, die mit ihm flirteten. Selbst Sandra flirtete mit ihm. Ich hingegen setzte mich einfach unbekümmert in eine andere Ecke der Bar. Er hat mir oft erzählt, dass es ihn verdutzt hat, dass sich ein Mädchen nicht für ihn interessierte. Auch als er mit mir sprach, habe ich ihn immer abgewiesen.
Und genau das war es was ihn so fasziniert hat. Monate lang ist er mir gefolgt und nach einem Jahr habe ich mich in ihn verknallt und bin mit ihm zusammen gekommen.
Ich sehe wie Sandra die Augenbrauen zusammen zieht. Für sie ist es bestimmt unbegreiflich, warum ich mit ihm nicht mehr zusammen sein möchte.
„Aber ihr seid doch praktisch verheiratet, du und Sebastian. Ihr seid seit einem Jahr zusammen, Cassy.“
Ihr müsst wissen, bei Sandra sind alle praktisch verheiratet, die länger als ein halbes Jahr zusammen sind. Aber sie selbst hält es auch nie länger als vier Monate mit einem Kerl aus.
„Nie im Leben!“, sage ich Kopfschüttelnd.
In diesem Augenblick verlassen wir beide das Schulgelände und gehen in Richtung Rathaus. Da weder ich noch Sandra heute besonders viel Zeit haben, wollen wir in die Stadtgalerie in der es einige Geschäfte gab.
„Aber warum willst du nicht mehr mit ihm zusammen sein? Er sieht gut aus und liebt dich über alles. Er tut für dich immer alles, Cassy. Also warum willst du ihn verlassen?“
Manchmal kann sie echt nur nerven. Immer will sie alles wissen, was mich betrifft. Aber sie ist auch meine beste Freundin und ich vertraue ihr.
Ich zucke nur mit den Schultern. Â
„Ich weiß es nicht. Vielleicht nervt er mich einfach zu sehr. Keine Ahnung. Ich werde es mir noch bis heute Abend überlegen, ob ich ihm noch eine Chance lasse oder mit ihm Schluss mache. Ich weiß es wirklich nicht.“
Wir gehen die Einkaufsstraße entlang. Weder sie noch ich achten auf die Geschäfte. Ist aber auch verständlich, da weder sie noch ich bei Madonna (igitt) einkaufen gehen.
Doch plötzlich bleibt Sandra stehen und ich mit ihr.
„Was?“, frage ich. „Hast du ein Gespenst gesehen?“
Normalerweise bleibt Sandra nicht einfach so stehen und erst recht nicht vor unserem Hass-Laden. Wenn wir auch nur in der Nähe sind, rennen wir daran vorbei. Das Design ist eigentlich ganz gut, aber die Qualität ist miserabel.
„Aber du bist schon so lange mit ihm zusammen, ich an deiner Stelle würde es mir noch mal überlegen und ihm eine zweite Chance geben. Und wenn du mit ihm sprichst, dann bin ich mir sicher, dass er versuchen wird, dir nicht als zu sehr auf die Nerven zu gehen.
Komm gib dem armen Jungen noch eine Chance!“, bittet sie mich.
Ich verdrehe die Augen und gehe einfach weiter. Lasse Sandra einfach hinter mir. Nur weil sie sich gut mit Sebastian sich versteht, muss sie sich noch lange nicht in meine Angelegenheiten einmischen.
Meine Liebe für ihn hat nun mal nachgelassen, da kann ich nun mal nichts daran ändern. Oder?
Doch  kann ich. Ich kann wie Sandra es mir empfohlen hat mit Sebastian sprechen. Vielleicht ist er dann nicht mehr ganz so anhänglich. Wer weiß?
Ich höre wie Sandra mir hinterher rennt. An mir vorbei und sich vor mich stellt. (Na gut nicht hören sondern viel mehr sehen!)
Sie neigt ihren Kopf von mir ausgesehen zur rechten Seite, sodass ihre Haare noch länger wirkten als sie ohne hin schon sind. Ihr Blick sagt mir, dass sie eine Antwort von mir erwartet und mich damit solange nervt bis ich ihr antworte.
Und wie ich aus Erfahrung weiß, kann das auch mehrere Wochen dauern. Noch nie hat sie bei irgendetwas locker gelassen, dass sie unbedingt wissen will.
Diese Charaktereigenschaft von ihr habe ich in der 6. Klasse erfahren. Schon damals habe ich bei meinem älteren Bruder John Meyer, der 14 Jahre älter ist, gewohnt. Sandra wollte damals eben wissen, warum ich bei ihm und nicht meinen Eltern wohne. Niemals habe ich einem Freund oder einer Freundin von dem Autounfall, bei dem meine Eltern ums Leben kamen, erzählt. Und ich hatte es auch nie vor. Ich habe immer gesagt meine Eltern können sich nicht um mich kümmern. Was in gewisser Weise ja auch stimmt. Schließlich sind sie tot. Wenn ich ehrlich bin, erinnere ich mich gar nicht mehr an meine Eltern. Für mich ist John meine Familie. Doch Sandra ließ sich damit nicht zu frieden stellen und nervte mich damit die ganze Zeit. Bis ich eines Tages die Nase voll hatte und ihr wütend entgegen geschrieen habe, dass meine Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen sind. Danach bin ich weg gerannt und habe mich irgendwo auf dem Schulhof versteckt und geweint. Nach einer Weile kam Sandra zu mir und hat sich einfach neben mich gesetzt. Nichts gesagt und gewartet, bis ich mich wieder gefangen hatte. Danach hat sie sich bei mir Entschuldigt und seit diesem Augenblick sind wir beste Freunde.
„Und wirst du es mir jetzt sagen oder muss ich dich dazu zwingen?“, höre ich Sandra sagen.
Ich schüttle den Kopf und gebe ihr damit zu versehen, dass ich ihr die gewünschte Antwort geben werde, aber noch Bedenkzeit benötige.
„Sei mir nicht sauer, Sandra, aber ich weiß es selber noch nicht. Aber ich schätze mal, dass ich heute Abend mit ihm sprechen werde und dann sehe ich weiter.“
Jetzt sieht sie mich wieder etwas freundlicher an.
„Hm. Keine so schlechte Idee. Erst mit dem Freund reden und wenn er nicht damit einverstanden ist, muss er eben die Konsequenzen tragen. Bedeutet, dass du ihn dann eben verlässt.“
Sie lächelt mich aufmunternd an.
Ihr Lächeln ist wie immer überwältigend. Es haut einem von den Socken.
Stopp! Das hört sich echt komisch an. Auch wenn es keiner mitbekommt. Schließlich denke ich es ja nur.
Anderes Thema. Ganz schnell!
Anscheinend haben wir uns wieder vertragen. Gut. Nein, nicht gut sondern toll! Ich hake mich bei ihr unter und wir gehen weiter in Richtung Galerie. Wir beide erfreuen uns bester Laune.
Sandra plaudert wieder drauf los, so wie sie es immer tut. Aber ich nehme es ihr nie übel. Von uns beiden bin ich diejenige die eher wenig redet und erzählt.
Nicht das ihr jetzt denkt ich bin still und rede nie oder kaum. Das könnt ihr vergessen. Eigentlich bin ich eine Plaudertasche und rede viel, wenn der Tag lang ist, aber Sandra ist einfach der ungeschlagene Champion im Wer- kann- reden- wie- ein- Wasserfall- Wettbewerb.
Alles stürzte auf mich ein. Mein Leben, das ich bis jetzt geführt hatte, löste sich in Nichts auf. Ich hatte immer geglaubt, ich hätte jede Menge Zeit, um mir meinen Lebenstraum erfüllen zu können. Ein Leben führen zu können. Meine große Liebe kennen lernen zu  dürfen. Heiraten. Kinder in die Welt setzen.
Jene Wünsche die ich immer für selbstverständlich hielt, es jedoch nicht waren. Mir war nie klar, dass ich einfach nur ein normales Leben führen wollte. Eines, wie alle anderen Menschen in meiner Umgebung.
Doch genau dies wird nun nicht geschehen. Vielleicht hätte ich einen Ehemann gefunden und ein oder zwei Kinder bekommen. Vielleicht. Aber dies würde ich nun nicht mehr herausfinden.
Aber wenigstens wollte ich mir einen Wunsch erfüllen. Einen einzigen.
Ich wollte Autorin werden. Jeder sollte mein Buch lesen und denken:
„Wow, was für ein Buch. So eins habe ich noch nie gelesen. Es hat mich gefesselt vom Anfang bis zum Ende.“
Wenigstens meine Leser sollten meine Arbeit, die ich dann vollendet habe, lieben.
Ja, wenigstens diesen einen Wunsch, wollte ich mir erfüllen. Diesen einen, der mein Leben seitdem ich klein war bestimmte. Dann konnte ich mir wenigstens, wenn ich im sterben lag, sagen, dass ich etwas in meinem kurzen Leben erreicht habe.
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