Humor & Satire
An der Himmelspforte - Beitrag für Storybattle 11

An der Himmelspforte

 Trudeliese Weltwunder ist eine kleine rundliche Frau, und ihren Kugelbauch trägt sie gemütlich vor sich her. Sie ist immer lustig und lacht für ihr Leben gern, was man an ihren vielen Lachfältchen im Gesicht erkennen kann.

 Ihr Gatte Willibald ist vor fast einem Jahr gestorben. Willibald liebte nicht nur die Musik, wonach er so gern mit Trudeliese das Tanzbein schwang, sondern auch den Teufel Schnaps. Seine Gattin machte sich natürlich große Sorgen, denn er hatte immer öfter einen gehörigen Schwips. Willibald aber war ein schrecklicher Ignorant und wollte einfach nicht auf seine Trudeliese hören. Darum musste er wohl auch schon den Löffel abgeben.

 Trudeliese steht oft an seinem Grab und fragte sich bisweilen, wo er denn nun ist.

 Auch jetzt bewegt sie gerade wieder diese Ungewissheit. Also nimmt sie einen Blumenstrauß und geht in Richtung Gottesacker. Es ist ein wunderschöner Abend. Die Sonne geht gerade unter, und der Himmel scheint rosarot, als hätte ein Maler den Pinsel geschwungen. Frohen Mutes geht sie mit leichten Schritten in Richtung Grab. Doch welch ein Schreck. Das Grab ist verwüstet und in der Mitte ein Loch, so als hätten Grabräuber ihr Unwesen getrieben. Trudeliese ist entsetzt. Als sie genauer hinschaut, sieht sie große Fußstapfen. Sie führen vom Grab weg und verlieren sich an der Friedhofsmauer.

 Trudeliese macht sich so ihre Gedanken und eine Idee lässt sie nicht mehr los. Sollte ihr Willibald vielleicht nun den Weg nach da oben gegangen sein. Sie will es genau wissen und macht sich auf zu Petrus. Dort angekommen klopft sie an die Himmelspforte. Petrus öffnet das Tor und fragt Trudeliese nach ihren 

Wünschen.

  Sie sieht Petrus ehrfurchtsvoll an und fragt: „Kannst Du mir sagen, ob mein Mann, der Willibald Weltwunder, hier bei Dir angekommen ist?“ 

 Petrus antwortet: „Gute Frau, da muss ich erst in meinem dicken Buch nachschauen.“

 Er geht zu seinem Pult und blättert sehr lange in seinem Buch. Doch er kann nichts finden. Nun macht sich Trudeliese so langsam Sorgen.

 Petrus meint: „Vielleicht ist er ja noch im Fegefeuer. Da muss ich in einem anderen Buch nachsehen.“

 Also geht er wieder zu seinem Pult und schaut in dem Fegefeuer-Buch nach. Doch auch da war Willibald nicht zu finden. Trudeliese ist schon den Tränen nahe, und Petrus hat sichtlich Mitleid mit ihr. Darum schaut er auch noch einmal in das Hölle-Buch,

in der Hoffnung, die arme Frau trösten zu können. Nun, aber auch da war er nicht zu finden.

 Trudeliese ist am Boden zerstört und Petrus möchte ihr doch so gern helfen.

 Er greift sanft nach ihrer Hand und fragt: „Sagt, gute Frau, wie lange wart ihr denn verheiratet, bevor euer Gatte von euch ging?“ 

 Trudeliese antwortet: „Oh, 52 Jahre und 8 Monate.“

 Petrus meint daraufhin: „Das erklärt alles. Willibald ist jetzt sicher bei den Märtyrern!“ 

von Fiona48 April 2012