Kurzgeschichte
Wo ein Wille ist ...

0
"Wo ein Wille ist ..."
Veröffentlicht am 14. April 2012, 20 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Wo ein Wille ist ...

Wo ein Wille ist ...

Beschreibung

Alte Männer und Technik ... (Cover: © Katharina Bregulla / pixelio.de; www.pixelio.de)

Wenn die Altvorderen rufen, dann sollte man sich sputen, schon aus Respekt vor dem Alter. Der Vorsitzende der Altvorderen ist ganz klar mein Opa, gestandener Kriegsveteran, 92 Jahre alt. Geht ein bisschen gebückt, angeblich steckt da immer noch eine Kugel in seinem Hintern, behauptet er jedenfalls, und wenn er spricht, dann klingt er ein bisschen wie eine rostige Kreissäge vor der letzten Ölung, aber im Kopf, da ist er noch fit, mein Opa. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, das sagt er immer, wenn ich ihn dafür bewundere, wie man in seinem Alter noch so gut beisammen sein kann. Ich bewundere ihn auch dafür, dass er sich nicht vor Neuem verschließt, auch vor neuer Technik nicht. Computer? Kein Problem für Opa. Mich erfüllt das mit Stolz.
    Ich marschiere gerade auf Opas Hof, unter dem Arm ein Geschenk, mit dem ich ihn abermals in die Neuzeit zu befördern gedenke. Letzte Woche nämlich rief Opa an und meinte, sein Computer würde ständig blau werden. Der Bildschirm, hatte er betont, nicht der ganze Computer.
    »Da steht dann was von Stäck Päitsches oder so. Sieht aus wie‘n Schreiben vom Finanzamt. Dabei kriegen die elenden Blutsauger von mir schon lange nichts mehr«, hatte er geschimpft.
    »Ah ja, ein Bluescreen«, hatte ich erklärt. »Das ist ein Fehler im Computer und bedeutet wahrscheinlich, dass die alte Kiste langsam den Geist aufgibt. Der ist ja auch schon fast so alt wie du, Opa.«
    »Wie ich? Als ich noch grün hinter den Ohren war, haben sie mich mit Helm und einem Spaten als einzige Waffe direkt an die Ostfront geschickt. Wir hatten zu Hause ja nicht mal genug Kohlen, um im Winter unsere zusammengefrorenen Arschbacken wieder zu trennen und mit Strom wurden höchstens Leute abgemurkst. Also erzähl mir nicht ...«
    »Mensch Opa, das war doch nur Spaß. Pass auf, ich komm nächste Woche vorbei und bring das wieder in Ordnung«, hatte ich schnell gesagt, bevor sein Monolog epische Ausmaße annehmen konnte. Opa konnte längere Reden schwingen als Fidel Castro, das hatte Oma früher immer gesagt.
    Und nun ist es also soweit: Ich bringe Opa mein ausgemustertes iPad vorbei. Wie passend, da ich doch kürzlich ein neues gekauft hatte. So ein Tablet Computer ist doch genau das Richtige für alte Leutchen wie ihn. Nicht dass Opa sich vor neuer Technik fürchten würde, wie gesagt, schließlich benutzte er über Jahre hinweg seinen nikotingelben Uralt-PC, aber so manches Problem, das ich für ihn lösen musste und das mich eine Menge Nerven und Haupthaar gekostet haben dürfte, sollte sich jetzt erübrigen. Diese neumodischen Tablet-Dinger bedienen sich doch quasi von selbst. Da kann man gar nichts mehr verkehrt machen.
    Als ich das Haus betrete - ich habe einen eigenen Schlüssel, nur für den Fall der Fälle, und muss daher nicht klingeln -, sitzt Opa in seiner Küche vor einer Tasse Kaffee, die er anstarrt wie einen alten Götzen.
    »Da bist du ja. Vierzehnhundert hatten wir gesagt, jetzt ist es vierzehnhundertdreißig«, krächzt Opa anklagend, ohne mich anzusehen.
    »Tut mir leid. Stand im Stau«, sage ich kurz und will ihm das iPad schon auf den Tisch legen.
    »In meinem Alter kann eine halbe Stunde über Leben und Tod entscheiden. Sehe ich aus wie Jopie Heesters? Der hatte in meinem Alter vielleicht das halbe Leben noch vor sich, aber ich doch nicht. Dein Kaffee ist jetzt übrigens kalt. Entweder tust du dir Eiswürfel rein, wie ihr jungen Leute das so macht, oder du kochst dir selbst neuen. Dann kannst du aber gleich noch mal los und ein Pfund Krönung holen. Der wächst ja bei mir nicht im Garten. Um den sich übrigens auch keiner kümmert, seit ...«
    »Ist gut Opa, ich will gar keinen Kaffee. Ich wollte dir nur einen neuen Computer mitbringen«, gehe ich schnell dazwischen und halte ihm das iPad unter die Nase. Seine buschigen weißen Augenbrauen heben sich, dann sieht er mich an, als wollte ich ihn veralbern.
    »Den Computer hast du zu Hause vergessen, was? Was soll ich mit ‘nem Gurkenbrett? Davon stehen noch genug im Schrank rum«, murrt Opa.
    »Nee Opa, das ist der Computer. So sehen die heutzutage aus. Weißt du doch, die Technik entwickelt sich ja immer weiter. Mehr als das braucht man heute gar nicht mehr. Jetzt kannst du die olle alte Kiste auch endlich rausschmeißen. Das hier ist die Zukunft, Opa, das ist ein iPad. Ein Tablet Computer.«
    »Aha«, grunzt er, begeistert wie immer. »Warum heißt das jetzt Eibrett? Für Eier habe ich einen Eierschneider. Die schneid ich doch nicht auf so einer Flunder. Deinen Tablettencomputer kannst du gleich wieder mitnehmen. Was soll ich denn damit?«
    »Nein Opa, iPad! So heißt das Gerät doch nur. Du sollst darauf nichts schneiden«, erkläre ich ihm ganz ruhig. Ich fahre das Ding hoch, indem ich den kleinen Knopf auf der Oberseite des Gerätes drücke. »Da tippst du hier drauf, schon geht‘s los«, sag ich dazu, prompt erscheint ein kleines Logo auf dem gläsernen Display und gleich darauf ist auch schon alles zur Nutzung bereit.
    »Siehst du, so einfach ist das. Hier sind deine ganzen Programme. Da tippst du mit dem Finger einfach auf die Symbole und das ist alles. Wir hätten hier ein Schreibprogramm, hier ist ein Taschenrechner, malen könntest du auch, wenn du wolltest, dann ist hier auch dein geliebtes Internet. Alles da. Toll, oder?«
    Opa guckt das Ding immer noch an, als hätte ich ihm eine tote Eidechse auf den Tisch geknallt und behauptet, das sei feinster Räucherlachs aus Privatzucht.
    »Quatsch nicht, als hättest du das Ding erfunden«, sagt er und nimmt mir das Gerät aus der Hand. Er dreht es herum, hebt es, wiegt es in der Hand, schaut unten drunter, dreht es zurück.
    »Wo ist denn da das Stromkabel?«
    »Tja Opa, das ist ja das Beste daran. Du brauchst kein Kabel mehr. Das Ding läuft über einen Akku. Mit Batterien sozusagen.«
    »Und wo tu ich die rein?«, fragt er immer noch sehr skeptisch. Ich ziehe das kleine weiße Ladegerät aus der Tasche und zeige es ihm.
    »Die musst du niemals wechseln. Du musst das iPad lediglich hiermit aufladen, wenn es dir sagt, dass es aufgeladen werden möchte.«
    »Also brauch ich ja doch ein Kabel. Lüg doch nicht rum! Und sprechen tut das Ding auch noch mit mir? Ist ja sagenhaft«, frotzelt Opa und ich meine, hinter seinen tiefen Falten so etwas Ähnliches wie ein Lächeln erkennen zu können. So ganz genau weiß man das bei Opa nie. Der Legende nach soll ihm zur eigenen Hochzeit ein richtiges freundliches Lächeln entglitten sein.
    »Nee, das spricht nicht«, erkläre ich ihm. »Aber das steht dann auf dem Bildschirm. Überhaupt ist das Gerät ja flüsterleise. Siehst du, das hört man gar nicht.«
    »Wie soll ich das denn sehen? Kannst du etwa mit den Ohren gucken? Dann solltest du zum Arzt gehen.«
    »Ach, es ist jedenfalls nicht zu hören. Nicht so wie dein alter Computer. Der hat ja geröhrt wie ein Flugzeugtriebwerk. Dass du da nicht taub bist, grenzt an ein Wunder.«
    Ich habe eigentlich einen Scherz gemacht, doch Opa sieht das offenbar anders. Er guckt mich verdutzt an und ignoriert mein freundlich gemeintes Grinsen geflissentlich.
    »Das heißt, jetzt höre ich gar nichts mehr in der Bude hier? Als deine Großmutter noch am Leben war, hat die auch den ganzen Tag geröhrt, dass es manchmal nicht zum Aushalten war. Dann ging ich mit der Zeitung aufs Scheißhaus und hatte meine Ruhe. Aber immerhin herrschte noch Leben im Haus. Jetzt brummt hier ja gar nichts mehr und ich kann mir selbst beim Atmen zuhören oder was? Da kann ich mich ja gleich schon mal in den Sarg legen.«
    Vielleicht gar keine schlechte Idee, denke ich für einen winzigen Augenblick und schäme mich sogleich dafür.
    »Ich weiß ganz genau, was du gerade gedacht hast«, mahnt Opa. »Ich mach schon früh genug den Arsch zu und für dein Erbe bleibt auch noch was übrig, keine Sorge.«
    »Also Opa, das ...«, beginne ich und spüre, dass ich erröte. »... so habe ich das ja nicht ...«
    »Ach, komm, da seid ihr jungen Leute doch alle gleich.«
    »Jedenfalls ist das jetzt dein neuer Computer«, sage ich schnell, um von dem Thema wegzukommen. »Mit dem kannst du auch auf die Toilette gehen und dann in aller Ruhe im Internet die aktuellen Nachrichten lesen.«
    Ein spöttisches Lachen quält sich aus Opas Kehle. Er läuft rot an, dann blau, dann undefinierbar, sieht irgendwie grau aus. Als ich überlege, den Arzt zu rufen, beruhigt er sich wieder und grinst wenig charmant. »Ha, jetzt kann ich beim Kacken lesen, ja? Na das ist mal eine Revolution. Seit sechzig Jahren oder länger habe ich eine Zeitung neben der Schüssel liegen und jetzt kommt einer und sagt mir, ich könne demnächst endlich auch auf dem Klo lesen. Ich werd‘ nicht mehr!«
    »Ist gut, Opa, ich hab‘s ja verstanden«, murmle ich.
    Ich zeige ihm noch, wie das Internet funktioniert, wie man auf dem Display tippt und wende viel Zeit darauf, ihm zu erklären, dass er die alte Tastatur mit den ekligen, inzwischen grünen Krümeln zwischen den Tasten eben nicht mehr braucht. Anschließend lade ich seinen alten Computer ins Auto und fahre nach Hause. Soll er ein wenig mit seinem neuen Gerät spielen. Opa mag zwar dauernd schimpfen wie ein Rohrspatz, aber wie ich schon sagte, auf neue Technik lässt er sich immer noch ein. Wieder spüre ich diesen inneren Stolz auf ihn.
    Zwei Tage lang ist Ruhe, dann klingelt das Telefon. Ich will nicht rangehen, da ich gerade eine E-Mail verfasse, doch nach dem fünfundzwanzigsten Klingeln bin ich ziemlich sicher, dass es Opa sein muss und Opa legt nicht einfach auf. Wo ein Wille ist, da ist ein Weg, sagt er ja, ein Motto, das ihn begleitet, seit er sich, wie er behauptet, einst fast zu Fuß nach Moskau aufgemacht hatte und das er auch erreicht hätte, wenn man ihm nicht bei Stalingrad den Eintritt verwehrt hätte. Opas Motto gilt jedenfalls auch fürs Telefon.
    »Mensch Opa, wie gefällt dir dein neues iPad?«, übe ich mich in freudiger Begeisterung, die Opa sogleich zerquetscht wie eine lästige Fliege.
    »Sag mal Junge, jetzt sitze ich hier mit dem blöden Ding und mir stellen sich ein paar grundlegende Fragen«, knurrt Opa. »Kannst du gerade vorbeikommen?«
    Er formuliert das als Frage, aber eigentlich ist es ein Befehl, dessen Verweigerung mindestens Enterbung zur Folge haben könnte. Opa hält es wie die Mafia: Er klärt grundsätzlich keine Dinge am Telefon, an dem er seinem Gegenüber nicht in die Augen sehen kann und das schließlich permanent von den Kommunisten überwacht wird.
    Da die begonnene E-Mail ruhig warten kann, setze ich mich also ins Auto und besuche ihn in seinem Haus. Opa sitzt wieder in der Küche und brütet über einer Tasse Kaffee, als ich hereinkomme. Ich sehe das iPad auf dem Küchentisch liegen. Ich schaue es mir genauer an, dann drehe ich mich zu Opa und werfe ihm einen bösen Blick zu, den er mit unschuldiger Miene erwidert.
    »Du hast versucht, Gurken auf dem Computer zu schneiden«, sage ich, die Arme in die Hüften gestemmt wie ein Vater, der mit seinem Sohn schimpft.
    »Habe ich nicht. Es waren Karotten. Die anderen Bretter liegen unten im Schrank und das Bücken und ich sind Todfeinde, seit ich‘s in der Hüfte habe. Aber das ging eh nicht gut. Das blöde Teil ist aus Glas und macht meine guten Messer stumpf. Hättest du mir ruhig vorher sagen können, dass das bei diesem Eibrett so ist. Nächstes Mal bringst du mir einen Satz neuer Messer mit, dass das klar ist!«
    Ich seufze leise und erspare uns eine Antwort darauf, die Opa nur eine neue Steilvorlage geben könnte.
    »Du meintest doch, du hättest ein paar Fragen«, sage ich stattdessen. »Na dann schieß mal los.«
    »Wo schließe ich den Drucker an?«, fragt Opa, ohne zu zögern.
    Mist, das hatte ich gar nicht bedacht. Es gibt natürlich überhaupt keinen Druckeranschluss. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, mit einem höchst tragbaren Tablet Computer drucken zu wollen und versuche nun, mir das innere Eingeständnis meines Fauxpas nicht anmerken zu lassen.
    »Du Opa, wozu willst du denn überhaupt noch was drucken? Du hast doch mit dem Gerät sowieso immer alles bei dir«, versuche ich, ihn zu beschwichtigen. »Die ganze Welt für unterwegs.« Das klingt gut, so was kommt an.
    »Ich wollte mir ein paar Tittenbilder ausdrucken. Aber das geht ja nicht. Und auf dem Ding will ich mir die nicht längere Zeit über ansehen, weil das zu schwer ist, um es dauernd in der Hand zu halten.« Opa spricht so nüchtern von seinen offensichtlichen Bedürfnissen, als hätte er mir gerade erklärt, dass irgendwer langsam mal das Laub aus dem Garten entfernen könnte. Ich bin ein bisschen entsetzt und werfe ihm einen betont angewiderten Blick zu.
    »Ja, was?«, fragt er nur und hebt die Schultern. »Ich habe versucht, Sexfilme darauf zu gucken, aber dann steht da immer so was wie Plack-In fehlt. Dabei ist das doch gut, wenn das Ding kein Plack hat. Auf dem alten Computer ging das alles. Ich will den wieder haben.«
    »Du schaust Pornofilme auf deinem Computer?«, frage ich. Bisher dachte ich, die Libido würde im Alter zu einem erloschenen Vulkan werden, doch zumindest was Opa angeht, bleibt sie ein Krakatau im Alarmzustand. Opa schüttelt dazu verständnislos den Kopf, ein Recht, das eigentlich gerade mir zufallen sollte.
    »Was denkst du denn, was ein so alter Mann wie ich mit einem Computer macht, hä?« Ich überlege und finde tatsächlich erst mal keine Antwort. »Soll ich gucken, was meine Aktien auf Eichenholzsärge machen? Meinen vielen inzwischen längst toten Freunden auf diesem Feeehsbuck, von dem alle reden, hallo sagen? Meine Frau ist tot, seit vielen Jahren schon, und ich bin immer noch ein Mann mit einem Ding in der Hose, das nicht über schmerzende Knochen klagt. Wenn ich mir eine Nutte ins Haus bestelle, dann dreht die auf der Schwelle um, weil ihre Rechtsschutzversicherung plötzlich auftretende Herzinfarkte während des Erfüllungsaktes angeblich nicht abdeckt.«
    Für den Moment bin ich sprachlos.
    »Dein Mund steht offen«, merkt Opa an.
    »Sag mal, machst du denn gar nichts anderes mit dem Computer?«, frage ich vorsichtig. »Du könntest damit auch Musik hören oder so.«
    »Junge, ich bin 92 und höre schlecht, seit neben mir die Stalinorgel gesungen hat. Komm mir also nicht mit deiner Hottentottenmusik, diesen Beagles, irgendwelchen rollenden Felsen, oder wie die alle gleich heißen.«
    Manchmal vergesse ich, wie alt Opa tatsächlich ist. Natürlich, selbst als die Beatles und die Stones aktuell waren, war Opa schon kein wirklich junger Mann mehr.
    »Denkst du«, schwadroniert er fort, als ich nichts sage, »ich würde mir diesen neumodischen Schnickschnack sonst noch antun? Und da kommst du und legst mir so ein völlig nutzloses Ding auf den Tisch, auf dem ich nicht mal meine Karotten schneiden kann, ohne dass meine Messer stumpf werden, geschweige denn, Sexfilme gucken.«
    Dazu fällt mir einfach nichts ein. Ich empfehle Opa, sich eben Bilder anzuschauen und seine Fantasie anzustrengen oder in die Videothek zu gehen. Meine Vorschläge ernten Missfallen und haben abermals das Potenzial auf Enterbung. Fakt ist, um sich seine Schmuddelfilme anzuschauen, bräuchte Opa einen Flash-Player. Der ist auf dem iPad nicht installiert und man kann ihn auch nicht installieren. Pech für Opa.
    Knapp zwei Wochen später habe ich den Schock über Opas sexuelle Aktivität überwunden und meine, zu akzeptieren, dass auch Großväter noch gestandene Männer sein können, die schließlich irgendwann einmal die eigenen Mütter oder Väter in die Welt gesetzt haben. Ich bin auf dem Weg zu Opa, im Kofferraum habe ich einen DVD-Player und einen ganzen Stapel Filme, die ich mir selbst nicht unbedingt ansehen wollen würde. Opa wird wieder schimpfen, aber letztlich wird er meine kleine Entschuldigung akzeptieren und im stillen Kämmerlein sicherlich auch nutzen wollen. Eine Vorstellung, die es in meinem Kopf glücklicherweise nicht durch die Großhirnrinde schafft.
    Mit dem DVD-Player unter dem Arm und den Filmen in einer Tüte betrete ich Opas Haus. Opa sitzt in der Küche, sein Kopf liegt im Nacken, der Mund steht weit offen. Zu weit. Vor ihm liegt das iPad. Kein Kaffee heute. Den wird es hier nie wieder geben. Mit 92 Jahren ist Opa also den Weg alles Irdischen gegangen. Ich stelle den DVD-Player ab, gehe zu ihm und lege meine Hand an seinen Hals. Zu kalt, um einen Notarzt zu rufen, so viel ist klar. Dennoch wähle ich erst einmal die 112. Rein aus Interesse nehme ich anschließend Opas iPad zur Hand. Die Bildschirmsperre habe ich schnell deaktiviert und sehe, was er zuletzt mit dem Ding gemacht hat.
    Der Webbrowser erscheint. Die Lautsprecher sind voll aufgedreht, so dass das Stöhnen der nackten Dame auf dem Bildschirm in meinen Ohren klingelt. Hastig drehe ich den Ton herunter und beäuge den noch immer laufenden Sexfilm argwöhnisch.
    »Wie zum Teufel hat er das gemacht?«, murmle ich.
    Im Browser des iPad läuft ein Flash-Player, der den Schmuddelfilm abspielt. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, das hat Opa immer gesagt, seit Stalingrad eben. Ganz offensichtlich kannte Opas technische Versiertheit ebenfalls keine Grenzen, wenn es ums andere Wollen ging. Ich bin beeindruckt, nur stolz bin ich dieses Mal irgendwie nicht.

http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_70132-0.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_70132-1.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685770.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685771.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685772.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685773.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685774.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685775.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685776.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685777.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685778.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685779.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685780.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685781.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685782.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685783.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685784.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685785.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685786.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_685787.png
0

Hörbuch

Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

Leser-Statistik
93

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
PhanThomas Re: Was -
Zitat: (Original von Luzifer am 17.08.2012 - 09:41 Uhr) für eine geile Pointe. =D

Aber meine liebste Stelle ist die Antwort des sympathischen Opas auf die Ausführungen des Enkels, dass er damit auf dem Scheißhaus auch nun lesen könnte. Ich musste so lachen bei diesem Sarkasmus.

Aber woher stammt das Wort "frotzelt" (S. 7)? Gibt es das wirklich oder ist es eine Eigenkreation?
Wobei ich den Ausdruck "Der Legende nach ..." in diesem Kontext auch klasse finde.

Du hast mir jedenfalls den Vormittag versüßt. ^^
Beste Grüße
L.

Hallo L.,

besten Dank für das Lob! :-) Kann ich mir denken, dass dir der Opa sympathisch ist. Ich mag so alte Schimpfbolde ja auch gern. :-D Und das Wort "frotzeln" gibt's tatsächlich, ja. Es ist aber auch ein bisschen altmodisch, das geb ich gern zu.

Beste Grüße
T.
Vor langer Zeit - Antworten
Luzifer Was - für eine geile Pointe. =D

Aber meine liebste Stelle ist die Antwort des sympathischen Opas auf die Ausführungen des Enkels, dass er damit auf dem Scheißhaus auch nun lesen könnte. Ich musste so lachen bei diesem Sarkasmus.

Aber woher stammt das Wort "frotzelt" (S. 7)? Gibt es das wirklich oder ist es eine Eigenkreation?
Wobei ich den Ausdruck "Der Legende nach ..." in diesem Kontext auch klasse finde.

Du hast mir jedenfalls den Vormittag versüßt. ^^
Beste Grüße
L.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: -
Zitat: (Original von shirley am 26.04.2012 - 09:55 Uhr) Ich kann Moena nur beipflichten, was ihren letzten Kommi angeht: 'Quatsch nicht, als hättest du das Ding erfunden!' ist auch mein Satz des Tages. Auch wenn ich bisher sowas wie'nen Satz des Tages noch gar nicht hatte. Jetzt schon.

Lg S.

PS: Mein Vater hat mir mal was über sein Liebesleben erzählt. Ich versuchte sofort zu blocken....klappte nicht...die Bilder sind eingebrannt. Seit her suche ich vergeblich nach jemanden, der mir 'ne Gehirnwäsche verabreichen kann:(((((

Hallo Shirley,

oh Gott, du Ärmste! Ich würde ja wahnsinnig werden, wenn mein Vater mir mit solchen Geschichten käme. Puh, da würde ich auch 'ne Gehirnwäsche brauchen. :-D

Und danke schön! :-) Der Satz ist so ziemlich auch mein Lieblingssatz hier, schätze ich.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
shirley Ich kann Moena nur beipflichten, was ihren letzten Kommi angeht: 'Quatsch nicht, als hättest du das Ding erfunden!' ist auch mein Satz des Tages. Auch wenn ich bisher sowas wie'nen Satz des Tages noch gar nicht hatte. Jetzt schon.

Lg S.

PS: Mein Vater hat mir mal was über sein Liebesleben erzählt. Ich versuchte sofort zu blocken....klappte nicht...die Bilder sind eingebrannt. Seit her suche ich vergeblich nach jemanden, der mir 'ne Gehirnwäsche verabreichen kann:(((((
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Re: Re: Re: Unheimlich... -
Zitat: (Original von MysticRose am 15.04.2012 - 20:37 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 14.04.2012 - 21:23 Uhr)
Zitat: (Original von MysticRose am 14.04.2012 - 21:00 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 14.04.2012 - 20:39 Uhr)
Zitat: (Original von MysticRose am 14.04.2012 - 20:01 Uhr) ...erinnert mich an meinen Schwager! :-D


(Aber unheimlich gut!)

An deinen Schwager? :-D Okay, eine Erklärung bitte, aber dalli!

Liebe Grüße & danke schööööön
Thomas


Da muss ich erst meine Schwester fragen, ob das ok geht :-P

Hihi, okay. :-D Du könntest ja alles anonymisieren. Aber das wäre definitiv interessant.


Also gut, ich kenne jemanden, der ist Diplom-Informatiker (oderso ähnlich). Der ist mit einem Blue-Screen ständig überfordert und kann Probleme dergleichen nicht beheben :-D

Ach sooooo. :-D Na ja, das liegt daran, dass er wahrscheinlich so tief in der Materie drinsteckt, dass er keine Ahnung mehr hat, wie's an der Oberfläche ausschaut. ;-) Das ist ja nicht schlimm. Ich dachte, jetzt kommt irgendwas mit Schmuddelfilmchen im Netz. :-D
Vor langer Zeit - Antworten
MysticRose Re: Re: Re: Re: Unheimlich... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 14.04.2012 - 21:23 Uhr)
Zitat: (Original von MysticRose am 14.04.2012 - 21:00 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 14.04.2012 - 20:39 Uhr)
Zitat: (Original von MysticRose am 14.04.2012 - 20:01 Uhr) ...erinnert mich an meinen Schwager! :-D


(Aber unheimlich gut!)

An deinen Schwager? :-D Okay, eine Erklärung bitte, aber dalli!

Liebe Grüße & danke schööööön
Thomas


Da muss ich erst meine Schwester fragen, ob das ok geht :-P

Hihi, okay. :-D Du könntest ja alles anonymisieren. Aber das wäre definitiv interessant.


Also gut, ich kenne jemanden, der ist Diplom-Informatiker (oderso ähnlich). Der ist mit einem Blue-Screen ständig überfordert und kann Probleme dergleichen nicht beheben :-D
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: bingo -
Zitat: (Original von Himmelskind am 15.04.2012 - 19:26 Uhr) klasse geschrieben :-)

lg

birgit

Huhu Birgit,

danke schööön! :-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Klasse geschrieben -
Zitat: (Original von MarionG am 15.04.2012 - 08:02 Uhr) Mit 92 noch so fit zu sein, das ist erstrebenswert. So ein Griesgram zu werden, eher nicht. Aber der Opa war ja scheinbar immer so.
Wieder mal super geschrieben.
Eltern oder Großeltern und Sex - das wollen "Kinder" sich irgendwie nie vorstellen.
Liebe Grüße
Marion

Hallo Marion,

danke schön. :-) Es gibt ja durchaus Leute, die in dem Alter geistig noch sehr fit sind. Einige habe ich selbst kennen gelernt, ein populäres Beispiel wäre etwa Helmut Schmidt. Ist der nicht sogar 93? Jedenfalls uralt. Und stimmt, die Vorstellung, den eigenen Eltern ... Nee, lassen wir das. ;-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Hallo Thomas, -
Zitat: (Original von baesta am 14.04.2012 - 23:57 Uhr) hoffentlich war mein Lachen nicht bis zu Dir zu hören. Man hast Du ´nen Opa (gehabt), oder war das Ganze wirklich nur eine fiktive Geschichte? Wieder super geschrieben, auch das mit dem PC von Opa und diesen ganzen Dingelings, die man braucht, um einen (Porno)film auf dem PC anzusehen.
Friede seiner Asche.

Liebe Grüße
Bärbel

Huhu Bärbel,

ja doch, irgendwer hatte doch hier gelacht. Du warst das also. ;-) Ich glaube, am besten an dem Text hier hat mir diesmal einfach der Opa gefallen. Ist übrigens nicht mein eigener, um Himmels Willen! Die Geschichte ist komplett erfunden, die Charaktere auch. :-)

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
27
0
Senden

70132
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung