K wollte sich gerade hinlegen. Sie war noch nackt, nach dem Duschen hat sie sich nur einen Bademantel umgeworfen, aber das lag schon am Boden, und der Pyjama hielt sie gerade in der Hand.
Und auch den hat sie wenige Augenblicke später fallen lassen. Jemand hat sich nämlich hinter ihr geschlichen und ihr einen leichten Kuss auf der Schulter gegeben. K war total erschrocken. Sie hat gedacht, die Tür geschlossen zu haben. Die Stimme des Eindringlings war aber beruhigend und auch irgendwie bekannt.
Der Fremde hat K langsam umgedreht und somit standen sie einander gegenüber. Im Kerzenschein waren die Umrisse ziemlich unscharf, aber K hat gut gesehen. Der Mann kam ihr bekannt vor, aber sie war sich sicher, diesem Mann nie begegnet zu haben. Dieser Widerspruch hat sie fast buchstäblich gefesselt. Sie war tief in den blauen Augen des Mannes versunken und hat vergeblich versucht herauszufinden, woher sie ihn kennt.
Die Angst hat aus den Augen des Mädchens scheinbar noch nicht verschwunden, denn der Besucher hat immer wieder beruhigende Worte geflüstert: „Hab keine Angst, K. Du bist genauso schön, wie es mein Vater mir gesagt hat. Aber es wird besser, wenn du dich jetzt anziehst, wir wollen doch nicht dass du dich verkühlst.“ Davon hat das Mädchen endlich zu sich gekommen und ihr Blick von den Augen des Mannes abgewendet.
Sie zog sich rasch den Pyjama an. Sie hat sich gekämmt um sich einigermaßen zu beruhigen. Nachdem sie sich vollkommen ruhig fühlte, fragte den Mann wie er heißt und ob sie sich kennen. Die Antwort war kurz und äußerst überraschend: „Mein Name ist C. Wir haben uns noch nicht getroffen, aber du kennst wahrscheinlich mein Vater. Er ist auch da, darf ich ihn hereinrufen?“ K hatte nichts dagegen, sie ist durch diese Worte neugierig geworden und dieser Neugier hat den Rest der Angst in ihr besiegt.
Und wer da reinkam, hat K mehr überrascht, als alles andere, was diese Nacht bisher passiert ist. Es war nämlich ihr ehemaliger Lateinprofessor, G. K hat den Faden endgültig verloren. Sie verstand nichts mehr von der ganzen Geschichte. Völlig verwirrt ließ sie sich schließlich auf der Bettkante nieder, und hat auf eine Erklärung gewartet.
Die hat sie auch bekommen, aber die Verwirrung verschwand nicht, sondern es wurde nur noch größer. G und C haben gewettet, und der Umsatz war, dass der jeweilige Gewinner dem anderen die nächste Freundin aussuchen darf. C hat verloren, und G hat sich für K entschieden, weil sie so anders ist, als die früheren Freundinnen von C. Die waren alle zwar sehr schön, aber auch ziemlich dumm, und außer dem guten Sex hat sie nichts interessiert. G wollte aber, dass sein Sohn endlich eine vernünftige Frau kennenlernt, mit der auch eine lange Beziehung und damit auch ein Zukunft möglich ist, ohne im Irrenhaus zu enden.
K war außer sich. Sie hat niemand gefragt. Sie könnte vor Aufregung und Beleidigung weinen, aber ihr Stolz hat es verhindert. Sie hat nur kühl gefragt, was sein wird, wenn sie eventuell Gefühle für C haben wird, und er sie doch nach den vorgeschriebenen drei Monaten einfach verlässt um seine Freiheit wieder zu haben. Sie hat fast weinend gefragt. ob die beiden auch nur für einen Moment an sie und an ihre Gefühle gedacht haben.
G und C haben versucht K zu beruhigen. Schließlich ein Kräutertee und eine warme Umarmung von C haben geholfen, K’s Seele wieder zu beruhigen. Sie haben die Spielregel festgelegt, und K hat allmählich ein bisschen Abenteuerlust bekommen mitzuspielen. Als G gegangen ist, hat sie es nicht mehr für eine schlechte Idee gehalten.
C und K haben fast die ganze Nacht durchgesprochen und den Rest mit Schlaf verbracht, denn beide hatten am nächsten Morgen schon früh was zu tun. Als sie aufwachte, lag sie in den Armen von C. Er war schon wach und hat zärtlich die Arme von K gestreichelt. Nach einem „Guten Morgen“ wollte K aufstehen, aber C wollte sie noch nicht loslassen. „Weißt du, woran ich die ganze Zeit gedacht habe?“ K hat gesagt, sie weiß es nicht. „Ich hab dran gedacht, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn ich dich jetzt küssen würde?“ K hat nichts gesagt, nur gelächelt. Das war Ermutigung genug für C und er hat das Mädchen so zärtlich geküsst, wie noch niemanden vorher.
Der ganze Tag ist in angenehmer Erwartung für K vergangen. Sie hat nämlich ein Rendezvous mit C für den Abend vereinbart. C hat nichts verraten, er wollte K unbedingt mit etwas ganz Tolles überraschen. Er hat sie nämlich sehr nett gefunden. Und wie sehr er anfangs die Idee seines Vaters für den reinsten Blödsinn erklärt hat und nichts mit diesem Mädchen zu tun haben wollte, so sehr wollte er jetzt sie näher kennenlernen und erreichen, dass auch sie ihn mag. Er war auf dem besten Weg sich ernsthaft in K zu verlieben.
K also hatte sich tausendmal ausgemalt wie der Abend wohl sein wird. C hat versprochen sie anzurufen, was für Kleidung K für das Date am Abend anziehen sollte. K hat den ganzen Tag auf diesen Anruf gewartet, denn sie hoffte daraus Rückschlüsse auf den Ort und Beschäftigung des Abends zu ziehen können.
Und als der Anruf gegen 6 Uhr endlich kam, war K nicht nur überrascht, sondern auch ein wenig erleichtert. C hat ihr nämlich geraten etwas Bequemes und Praktisches anzuziehen, besonders, was die Schuhe betrifft. Und sie hat genauso getan. Sie hat sich eh die praktischen aber schicken Teile vorgezogen. Jeans, T-Shirt, einen mittelwarmen Pulli und Sportschuhe hat sie sich ausgewählt. Allein auf ihre Frisur hat sie mehr geachtet, sie wollte wirklich besonders hübsch sein, so hat sie ihre Haare geflochten und hochgesteckt. Auf Schmink hat sie wie üblich verzichtet, nur ein bisschen Lippenstift hat sie sich gegönnt.
Gerade wann sie fertig wurde, läutete ihr Handy. C war da um sie abzuholen. Er hat sie mit einem Kuss begrüßt und gleich danach ihr die Augen verbunden. Als K gefragt hat, was es soll, hat C nur gesagt, er will sie überraschen. K ist darauf eingegangen, sie hat sich vollkommen auf ihn vertraut.
Sie gingen zu Fuß, und K hat sich ganz auf ihre Nase vertraut. So hat sie sich nicht besonders überrascht als C das Tuch abgenommen hat und sie sich in einem Park gefunden hat. Auf einer Wiese hat sie dort ein Picknick erwartet, offenbar sehr sorgfältig vorbereitet. Sie ließ sich auf der Decke nieder und hat einfach keine Worte gefunden. Sie hat sich ein perfektes erstes Rendezvous genau so vorgestellt. Als er C gefragt hat, woher er das gewusst hat, dass ihr das gefallen wird, hat er einfache nur gesagt, er hat es nur gehofft.
Die beiden haben den ganzen Abend und die halbe Nacht da draußen verbracht und bei dem Essen haben sie sich über alles Mögliche ausgetauscht. Und als C sie nach Hause gebracht hat, und sich in der Tür mit einem innigen Kuss von ihr verabschiedet hat, war K sicher, dass es die beste Entscheidung ihres Lebens war auf diese irrsinnige Idee ihres Lateinprofessors eingegangen zu haben. Und als sie schlafen ging, hat sie ihre Augen mit den Gedanken geschlossen, was C für das nächste Rendezvous sich einfallen lässt.