Diese Novelle schrieb mein Großvater - Paul-Emil-Helmut Löbner nieder, als er seinen Kriegs-Dienst, während des zweiten Weltkrieges ableisten musste. Ich habe an diesem Text nichts verändert, oder weggelassen, da ich der Meinung bin - Geschichte sollte man nicht verfälschen.
Novelle
Der Weg ins Glück
Vorwort
Während um uns ein großer Weltbrand tobt, der über alle Völker großes Leid ausstreut, finden sich zwei Menschen zusammen, die nur das eine große Ideal verfolgen: Den Weg ins Glück zu suchen. Erst hält sie eine Kameradschaft brieflich verbunden, dann kommt der Augenblick, wo Sie sich gegenüberstehen und die beiderseitige Zuneigung ihrer Herzen entflammt. Sie haben sich gefunden und gehen nun gemeinsam den Weg ins Glück.
Der Verfasser, um den es sich hierbei mit handelt, will mit dieser kurzen Aufzeichnung seiner so ans Herz gewachsenen Gemahlin immer nahe stehen und Ihr vor allem zum Weihnachtsfest eine innige Freude seiner großen Liebe und der ewigen Treue bereiten.
Der erste Entwurf dieser Novelle, der während eines Transportes von Italien nach Deutschland am 20.09.1944, 7 Uhr, am Bahnhof Istrana an der Bahnstrecke Castelfranco-Montebelluno ( Italien ) durch einen Tieffliegerangriff mit dem Gepäck des Verfassers, verbrannt ist, war schon für diesen Zweck bestimmt. Es entstand nun auf deutschen Boden in Arnoldstein bei Villach ( Kärnten ), die jetzige Ausgabe.
Meiner lieben Gemahlin, wünsche ich von ganzem Herzen, alles denkbar gute, ein gesegnetes und ein friedliches Weihnachtsfest.
Mein Herz und meine Gedanken sind immer bei Ihr.
Helmut Löbner
Fern der Heimat, im Osten, wo die Gefahr des Bolschewismus über uns herein zu brechen drohte, stehen deutsche Soldaten und kämpfen, um diese Gefahr abzuwenden und die Wurzel allen Übels und Unheils in der Welt zu vernichten. Aber nicht nur im Osten, sondern auch im Norden, Westen und Süden, steht tapfer der deutsche Soldat, um seiner Pflicht zu genügen. Die Heimat wie auch die Feldgrauen sind sich dessen bewusst und wissen, dass es in diesem großen Weltbrand um sein, oder Nichtsein geht. Die fleißigen Hände in der Heimat, arbeiten unermüdlich Tag und Nacht, um den Soldaten an der Front, die Waffen zu geben, die er zur Erringung des End-Sieges benötigt. Heimat und Front, reichen sich also die Hand, ihre Haltung in dem festen Sieges-Willen ist unerschütterlich und ihre Leistungen sind unübertrefflich. Wir werden nicht eher ruhen, als bis die Wurzel allen Unheils tödlich getroffen ist. Erst dann dürfen wir frei aufatmen und an ein freies und geeintes Europa glauben, das allen Völkern den Frieden und damit Arbeit und Brot garantiert.
In dieser schweren und harten Zeit, hat jeder gut denkende und gut fühlende Mensch, das Bedürfnis, sich mit einem Menschen auszutauschen, der einem alles bedeutet und seinem Leben Sinn und Inhalt gibt, und dass ist eben, das andere Geschlecht.
Im Mai 1942, führte mein Weg nach Russland, wo ich im Raum von Kursk und später im Raum von Orel bei einer permanenten Bau-Kompanie teilweise in der Schreibstube und im Bau-Dienst und später bei den Absetzbewegungen, auch beim Spreng,- und Zünd-Trupp eingesetzt war.
Gerade wenn die Not am stärksten und die Gefahr am größten ist, vertraut man sich dem Allmächtigen an und schöpft neuen Mut und frische Kraft, aus den Briefen, die von einem lieben Menschen aus der Heimat kommen.
Bis dahin führte ich zwar einen Briefwechsel, der sehr der äußeren Form und Gesellschaftsordnung entsprach. Diese Art von Briefverkehr, liebe ich weniger! Es gibt auch Menschen, die heute der Einen, und morgen der Anderen, den Hof machen und auf diese Weiße sich wohlfühlen. Ich möchte beinah' sagen, das ich diese Feststellung vorwiegend bei der Wehrmacht treffen musste. Auch hiervon, wollte ich nie etwas wissen. Was ich suchte, war ein Mensch vom anderen Geschlecht, der ebenso, wie ich denkt, und fühlt, mit dem ich das volle Vertrauen, teilen und mit dem ich den Weg ins Glück finden kann.
Es war im April 1943. Ich weilte in Orel, bei einem Bau-Trupp. Da kam mir der Gedanke an, einem unbekannten Mädchen aus dem Erzgebirge einen Brief zu schreiben, die mir die Heimat näher bringen sollte. Jetzt kam die Frage "wie?" Ich entschloss mich, den Brief über den Ortsgruppenleiter zu richten und fügte einen Bitt-Zettel bei, dass das Mädchen, nicht auf den Kopf gefallen sein soll, bis zu 25 Jahre alt sein kann, und die Größe von 170 cm nicht überschreiten dürfe. Die zweite Frage war die, wohin soll ich mein Anliegen richten? Annaberg, die Stadt des Rechen-Künstler Adam Riese und die Stadt einer Barbara Uttmann, die, die Klöppel-Kunst förderte und der armen Bevölkerung im Erzgebirge des 15. Jahrhunderts, damit einen neuen Erwerbszweig vermittelte, lag mir am nächsten. Also, ging mein Brief an das unbekannte Mädchen über den Ortsgruppenleiter in Annaberg.
Es verging einige Zeit. Ich glaubte schon, der Brief wäre verloren gegangen, oder er hätte sonst irgendwo eine entsprechende Verwendung gefunden. Als ich aber eines Tages vom Bau zurück kam, da fand ich unter den an mich gerichteten Briefen auch einen, der den Absender von Annaberg getragen hat. Ich wusste gleich, dass er von dem unbekannten Mädchen sein musste, weil ich ja darauf sehnsüchtig wartete. Daraufhin öffnete ich ihn, und konnte zu meiner größten Freude entnehmen, dass das unbekannte Mädchen, mir so nett geschrieben hat, eine tadellos ausgeschriebene Schrift hatte, und der Inhalt einwandfrei war. Sie schrieb noch, dass Sie zwar nicht aus Annaberg stamme, jedoch zur Zeit, beruflich dort tätig sei. Ihre Heimat war "Oelsnitz-Erzgebirge." Also, es war doch ein Mädchen aus dem Erzgebirge, die bekanntlich in ihrer Haltung aufrichtig sind und vor allem auch ein gutes Gemüt aufzuweisen haben.
Es entspann sich nun zwischen der unbekannten Marianne und mir ein kameradschaftlicher Briefverkehr, der uns immer näher brachte. Sämtliche Briefe von der Kameradin Marianne ließen in mir die Heimat erleben, und brachten mir somit frohe Stunden in den grauen Kriegstagen. Ich hatte mich so an die Briefe gewöhnt, dass ich sie nicht mehr missen konnte und mich jedes mal mehr freute.
Meine Empfindungen ließen mich spüren, dass ich auf dem besten Wege dazu sei, den Weg ins Glück gefunden zu haben. Die unbekannte Kameradin Marianne schrieb so herzlich und so lieb von der schönen Heimat, dass ich mich direkt zu Ihr hingezogen fühlte. Als ich dann von Ihr zur kameradschaftlichen Erinnerung von Ihr ein Bild zugestellt bekam, war ich ganz hingerissen und begeistert., denn ein paar so liebe Augen und ein so schön geformter Mund, konnten einem nur Treue verraten. Ich konnte es von diesem Augenblick an kaum noch erwarten, bis ich meinen Fronturlaub antreten durfte, um diese Kameradin Marianne persönlich kennen zu lernen. Ein halbes Jahr war inzwischen vergangen. Wir hatten uns gegenseitig so an unsere Briefe gewöhnt und uns damit erfreut, dass sich aus der Kameradschaft schon mehr eine Freundschaft entwickelt hatte. Im Oktober 1943, ich war erst kurze Zeit auf die Schreib-Stube kommandiert, sagte mir der Spies: "Wie wäre es mit Ihnen, wenn Sie in den Urlaub fahren würden?" Meine Antwort war darauf natürlich ein freudiges "jawohl, Herr Hauptwachtmeister." "Na dann machen Sie sich fertig, Sie fahren noch heute Vormittag." Ich packte schnell meine sieben Sachen zusammen und nahm nur das Notwendigste mit in den Urlaub, während ich die übrigen Klamotten auf Kammer zur Aufbewahrung abgab. Schon während der ganzen Fahrt machte ich mir allerhand Vorstellungen über die allererste Begegnung mit der unbekannten Kameradin Marianne. Die Fahrt selbst ging reibungslos und ohne großen Aufenthalt vor sich. Erst in Zwönitz, wo ich bald zu Hause war, hatte ich einen Aufenthalt, von über zwei Stunden. Diese Gelegenheit benutzte ich , um der Kameradin Marianne, folgendes Telegramm abzuschicken: "Bin angekommen. Erwarte weitere Nachricht - Helmut."
Als ich bei meiner Schwester, wo ich bis dahin mein zu Hause hatte, ankam, war zwischen uns eine große Wiedersehensfreude, die sich in einer regen Unterhaltung fortpflanzte. Dabei gab ich Ihr auch bekannt, dass ich schon längere Zeit mit einem unbekannten Mädchen aus Annaberg brieflich in Verbindung stehe, und dieses Mädchen während des Urlaubs besuchen werde.
Der nächste Tag war ein Sonntag, wo in Grünhain Kirmes war. In Friedenszeiten, wird dieses Fest in unserer Heimat sehr gefeiert. Ich dachte schon daran, dass mich eine erfreuliche Nachricht überraschen würde.
Es verging der Montag und auch der Dienstag, ohne dass sich eine Antwort auf mein Telegramm erhielt. Ich wurde langsam unruhig und machte es mir zum Grundsatz, wenn ich bis zum nächsten Tag am Mittwoch keinen Bescheid erhalten würde, dann fahre ich auf gut Glück nach Annaberg. Aber es klappte tadellos, denn an diesem Mittwoch bekam ich von der Kameradin Marianne einen Brief, wo Sie mir die Telefonnummer 3300 bekanntgab, die ich in Annaberg wählen sollte. Sie bemerkte noch, dass Sie nicht früher schreiben konnte, da Sie sich dienstlich in Dresden befand und erst zurückgekehrt sei. Nichts konnte mich länger halten. Ich machte mich sofort reisefertig und fuhr noch mit dem 11:15 Uhr Zug nach Annaberg, der in Schlettau über zwei Stunden Aufenthalt hat. Bei meiner Ankunft in Annaberg, begab ich mich dann nach dem Marktplatz, um von dort aus, die Nummer 3300 anzurufen. Als sich eine Mädchen-Stimme meldete, verlangte ich gleich Fräulein Marianne Unger. Es dauerte nicht lange, da sagte eine weiche Stimme: "Hier Fräulein Unger", worauf ich gleich begeistert und voller Wonne sagte: "Hier Helmut - Heil Marianne!" Es entstand eine herzliche telefonische Aussprache, die mit den Worten von der Kameradin Marianne endete. Ich komme gleich einmal!" Als Kennzeichen gab ich an, dass ich in Uniform sei und unter dem linken Arm eine Aktentasche trage. Voller Erwartung stand ich nun auf dem Marktplatz und sah bald nach links und nach rechts, ob ich das Kommen der Kameradin Marianne nicht merken konnte. Inzwischen kam ein Landser auf mich zu, der mit dem Omnibus weiterfahren wollte und fragte mich, ob ich auch mit dem Bus weiterfahren würde, was ich natürlich verneinte. Plötzlich merkte ich von links eine schöne Mädchen-Gestalt über den Markt gehen und dachte mir, das wird die Kameradin bestimmt sein. Mit dem deutschen Gruß ging ich von dem Soldaten weg und auf das heran kommende Mädchen zu. Ich fragte gleich: "Fräulein Marianne", was Sie mir bejahte. Ein herzlicher Händedruck und ein leuchten in den Augen bei unserer allerersten Begegnung, versetzte mich in den sogenannten Liebes-Rausch. Es war mir zumute, als wenn ich diese liebe Kameradin schon immer gekannt hätte, denn meine Zuneigung und meine Empfindungen waren unbeschreiblich groß. Wir gingen dann noch einige Wege zu besorgen und konnten uns dabei so nett unterhalten. Ich begleitete dann die Kameradin wieder bis zur Dienststelle, wo ich Ihr versprach, das ich Sie um 17 Uhr nach Dienstschluss ab hole. Da ich über Nacht Quartier haben wollte, such ich dann ein solches und fand es in der kleinen Kirch-Gasse, in der Gaststätte "Einsiedel." Wie verabredet, fand ich mich pünktlich um 17 Uhr in der Dienststelle ein, um die liebe Marianne abzuholen, die auch dann erschien. Wir gingen gut gelaunt und mit einem glücklichen Gefühl, Arm in Arm, durch die Straßen Annabergs, bis zur Wohnung von Marianne. Für den Abend, hatte ich für den Film "Karneval in Wien" Karten besorgt. Während die Kameradin Marianne in ihrer Wohnung das Abendmahl einnahm, ging ich in eine Gaststätte, um das selbe zu tun. Wir vereinbarten, uns um 19 Uhr wieder zu treffen. Ganz pünktlich fanden wir uns auch beide ein und gingen nun wieder Arm in Arm, durch die Straßen Annabergs. Da wir bis zur Vorstellung noch allerhand Zeit hatten, gingen wir noch ein Stück die Buchholzer Straße entlang. Es war ein schöner und ruhiger Abend. An einer friedlichen Stelle, musste ich im gehen Einhalt bieten. Ich konnte nicht anders, als Gottes Willen in die Tat umzusetzen, zog die liebe Marianne an mich heran und musste Ihr den allerersten Kuss schenken, der Ihr meine große Liebe und meine Zuneigung bekennen sollte. Welch ein glückliches Gefühl, hatte mich in diesem Augenblick durchzogen, denn ich erkannte nun, dass auch Marianne mich lieb hatte. Wir gingen dann in die Filmvorführung, die bestimmt für uns einen guten Ausklang nahm. Nach der Vorstellung, schritten wir durch die abendliche Stille, Arm in Arm und mit viel glücklichen Gefühlen bis zu Mariannes Wohnung. Mit einer herzlichen und innigen Verabschiedung bis zum anderen Morgen zogen wir uns zurück.
Während ich mich in meine Gaststätte begab und in meinem Zimmer noch einmal Gelegenheit hatte, soviel Glück auf einmal durch den Kopf gehen zu lassen, fasste ich den festen Entschluss: Marianne muss meine Frau werden, Sie ist edel und hilfsbereit.
Am Morgen holte ich die liebe Marianne um 6:30 Uhr ab. Wieder brachten wir unsere Freude zum Ausdruck und gingen Arm in Arm bis zur Dienststelle, wo wir uns dann verabschiedeten, denn ich fuhr noch am Vormittag nach Hause zu meiner Schwester. Als ich hier ankam, musste ich soviel liebes und schönes von meinem ersten Treffen mit Marianne erzählen, dass sich meine Schwester sehr darüber freute und mir noch ein Mal sagte: ich solle ja das liebe Mädchen keinesfalls veralbern. Hierauf konnte ich nur eins erklären, dass dies überhaupt nicht in Frage käme, denn ich liebe ja von ganzem Herzen Marianne. Es ist bestimmt Gottes Wille, der uns zwei Menschen innerhalb so kurzer Zeit den Weg ins Glück gezeigt hat. Ich traf mich mit der lieben Marianne, die inzwischen mein Glücksstern geworden war, regelmäßig und verlebte mit Ihr die schönste Urlaubszeit, die ich jemals im Kriege verbringen konnte. Da meine Schwester große Sympathie zeigte, forderte Sie mich auf, nach dem ich Sie darum gebeten hatte, Marianne mitzubringen. Dieses Ansuchen gab ich dann auch bekannt und Marianne hat es herzlich gern angenommen. So konnte ich Sie am 06.11. 1943 zum ersten Mal bei meiner Schwester vorstellen. Ich weiß es noch wie heute, als ich die liebe Marianne vom Bahnhof abholte, brachte Sie ein Bukett mit. Um der lieben Marianne gleich von vornherein das Gefühl, dass Sie zu Besuch weile, abzunehmen, hatte ich Sie so innig begrüßt und Ihr ans Herz gelegt, dass Sie auch mein zu Hause, als ihre Heimat empfinden solle, wo Sie mit mir und den Lieben, sich wohl und gemütlich fühlen solle. Zu meiner größten Freude, konnte ich dies auch feststellen. Ich werde nie die schönen und glücklichen Stunden in meinem Leben vergessen, die uns durch Gott geschenkt wurden. Während meines Urlaubs, konnte ich mit Marianne zweimal ins Annaberger Theater gehen. Einmal sahen wir uns die Operette "Schäfchen zur linken" und ein andermal, das Schauspiel "Katte" an. Beide Besuche lösten in uns, volle Zufriedenheit aus. Da wir uns über unser kommendes Glück einig waren, wollten wir noch vor meinem Urlaubs-Ende die Einwilligung der lieben Eltern von Marianne zu unserer Verlobung einholen, da ich ja bis dahin Mariannes Eltern noch nicht kennengelernt hatte. Kurz entschlossen, fuhren wir zusammen am Freitag, den 12.11. 1943 nach Oelsnitz, wo wir gegen 23 Uhr ankamen. Am Bahnhof, war schon Mariannes Vater da, der uns erwartete. Marianne machte uns gleich bekannt. Wir gingen dann, Mariannes Vater zur rechten und ich zur linken und hakten die liebe Marianne, bis nach Hause ein, wo ich dann die liebe Mutter und die Schwester von Marianne kennen lernte Ich hatte gleich von Anfang an das Gefühl, dass hier eine herzliche Gemeinschaft besteht, denn Marianne hatte ja eine so wohltuende Art, die sie ja nur von Ihren lieben Eltern haben konnte. Am Sonnabend gingen wir zusammen in ein Goldwaren-Geschäft, um uns die Ringe zu kaufen. Da im Kriege, "Goldringe" nur gegen Abgabe von Alt-Gold geliefert werden können, nahmen wir einstweilen Stahl-Ringe und vereinbarten, das wir zwei Goldringe zur Umarbeitung geben würden. Es war für mich ein herrliches Gefühl, als äußeres Zeichen unserer Liebe im Beisein der lieben Mutter vor dem Mittagstisch in Gottes Namen meiner Braut und mir, den Ring an zu stecken und der lieben Marianne, zum Zeichen der Treue und des Dankes, den Verlobungskuss zu schenken. Im engsten Familienkreis ( die Eltern von Marianne und die Schwester mit dem Sohn ), saßen wir gemeinsam an der Mittagstafel und ließen es uns gut munden.
Ein guter Tropfen Rotwein, den meine Braut noch von ihrer Rhein-Fahrt aufgehoben hatte, kam zum Ausschank. Während wir am Sonnabend diese Feier hielten, gaben wir unsere Verlobungsanzeige, der Öffentlichkeit mit dem 14.11.43 bekannt. Da mein Urlaub bis zum 15.11.43 ging, fuhren wir noch am Sonnabend nach Grünhain, zu meiner Schwester zurück. Mit den besten Wünschen und der herzlichen Verbundenheit verabschiedete ich mich von den lieben Eltern, der Schwester und dem kleinen Gotthard, meiner Braut. Als wir bei meiner Schwester ankamen, stellten wir uns als verlobte vor, die uns ihren Glückwunsch zum Ausdruck brachten.
Der Sonntag war angebrochen. Die Glocke vom Turm ertönte und verkündete den Festtag. Zwei glückliche Menschen, dankten Gott, für soviel Liebe und Glück. Während meine Schwester, ihr Amt in der Kirche versah, war meine Braut, als Hausfrau tätig. Ich hingegen packte meine Sachen, da um 11Uhr15, der Zug mich weg brachte. Wie fabelhaft hatte mir an diesem Tag, das Essen geschmeckt, weil es von meiner Braut, die ja meine Frau werden sollte, zubereitet war. Es war nun die Stunde gekommen - Abschied zu nehmen. Meine Schwester, und Ihre Tochter, begleiteten uns bis zum Bahnhof, denn meine Braut, fuhr mit mir zusammen, bis nach Werdau. Da in Werdau, der Zug erst kurz vor 18 Uhr abfuhr, hielten wir uns gute zwei Stunden, im Stadt-Kaffee auf. Wir waren beide ganz glücklich und freuten uns, dass uns der Allmächtige, soviel Glück geschenkt hatte.. Auf dem Bahnsteig, musste ich noch einmal meiner lieben Braut, den Dank für alles liebe und schöne abstatten. Ich gab meiner lieben Braut noch einen herzlichen Dankes- und zugleich Wiedersehenskuss, und bestieg darauf den SF-Zug, der nun, nach dem Osten abrollte. Ein freundliches winken noch, und dann konnte ich nur noch von dem schönsten Urlaub und dem Glück träumen. Aber, ich hatte neue Zuversicht,- und große Hoffnung, auf das kommende Glück.
Im März 1944, wurde ich vom Osten aus, zu einem Schreiber-Lehrgang nach Allenstein kommandiert, wo ich im Anschluss, vier Tage Lehrgangs-Urlaub ohne Fahr-Tage erhielt. Dies teilte ich natürlich meiner Braut mit, denn Sie sehnte sich doch ebenso wie ich, auf den Tag, des Wiedersehens. Am 30. und 31.3. verbrachte ich mit meiner Braut, die glücklichen Stunden, bei meiner Schwester in Grünhain, und am 1. und 2.04., erlebten wir unser Glück bei den Eltern, die auch mir liebe Eltern geworden waren, und mir eine Heimat boten. Mit einer großen Zuversicht auf das kommende Glück, fuhr ich dann, da meine Kompanie, aus dem Osten herausgezogen war, nach München, wo ich erfuhr, das die Einheit, in Aliano, bei Florenz stationiert sei. Dorthin, ging auch meine Fahrt.
In dem schönen und sonnigen Italien, musste ich immer wieder an mein Glück daheim denken. Da wir zu unserer Hochzeit, gern unsere beiden Schwager dabei haben wollten, schoben wir das Fest solange hinaus. Leider machte uns die Urlaubssperre, einen Strich dazwischen. Nun entschlossen wir uns, im Juli 1944 zu heiraten, da ich dafür, Sonderurlaub zur eigenen Heirat bekam.
Ich weiß noch wie heute, als ich am Sonntag früh, den 16.7. gegen 8 Uhr, die elterliche Wohnung betrat, da sehnte sich mein Herz, nach dem großen Glück. Da ich einige Sachen mit hatte, die meine Braut erst zum Geburtstag bekommen sollte, gab ich sie dem lieben Vater, zum Aufbewahren. Zu gern wollte ich Sie an ihrem Bettchen überraschen und Ihr einen herzlichen Guten-Morgen- und Wiedersehenskuss schenken. Aber da kam Sie mir leider zuvor. Als ich Sie erblickte, konnte ich nicht anders, als meine liebe Marianne, für ihre Treue und Liebe, mit herzlichen Küssen innigst zu danken.
Am Mittwoch, den 19.07.- wurde von meiner lieben Marianne, noch eine Torte gebacken, die für den Geburtstag bestimmt war. Ich konnte es kaum erwarten, bis die Mitternachtsstunde angebrochen war, denn ich wollte doch für mein Glück, den Geburtstagstisch anrichten, und es an diesen führen. Einige Zeit vor Mitternacht, bat ich Marianne, sich im Laden aufzuhalten, bis ich Sie abholen würde. Wie freute ich mich, als ich zum allerersten Mal für mein ganzes Glück, den Geburtstagstisch, so nett anrichten konnte. Es war nun soweit. Ich holte meine liebe Marianne hinzu und sprach Ihr die herzlichsten Glück- und Segenswünsche zu ihrem 25. Geburtstag aus, die ich durch liebe Küsse bekräftigen musste. Vor Stolz und großer Dankbarkeit, umarmte mich mein Glück so sehr und bedankte sich mit vielen lieben Küssen bei mir.Ist dies für einen Mann nicht ein herrliches Gefühl, wenn man weiß, dass man den liebsten Menschen alles bedeutet? Ich war maßlos glücklich. Am 20.07., war außerdem der Tag, wo eine Verbrecherclique beabsichtigte, den Führer ums Leben zu bringen, und damit, uns an die Feinde auszuliefern. Da irgendetwas nicht stimmte, konnte man schon an den feindlichen Verbänden, die über Oelsnitz flogen, beobachten. Es war ja unheimlich, was an diesem Vormittag, alles in der Luft herumschwirrte. Der Freitag ( 21.07 )- war der Vorabend unserer Hochzeit, den wir als Polterabend feierten.
Der glücklichste Tag , der unserem Leben für die Zukunft die Krone geben sollte, war der 22.07. 1944, unser Hochzeitstag. Vormittags 10 Uhr, gaben wir im Standesamt im Beisein des Vaters und meinem Verwandten Curt Bretschneider als Trauzeugen vor dem Beamten Haustein unser "Ja-Wort" und gelobten uns, gegenseitig als Ehegatten zu bekennen. Während diese standesamtliche Trauung mehr formeller Art ist, war hingegen die kirchliche Trauung, die um 12:10 Uhr in der Christus-Kirche stattfand, ein besonderer Festakt. Ich weiß noch wie heute, als ich voller Sehnsucht darauf wartete, bis ich meine liebe Frau, die den Braut-Schmuck von Ihrer Schwester angelegt bekam, als Braut sehen konnte. Als es dann soweit war, war ich überglücklich und dankte dem Allmächtigen, als ich in der Stunde der Liebe und Treue, mit innigen Küssen, meine Frau zu Gottes-Altar führen konnte. Die kirchliche Trauung, wurde mit dem Solo-Stück"Mit dem Herrn fangt alles an" von Christel Müller, die erste Brautjungfer war, und eine Arbeit' s-Kameradin von Marianne ist, eingeleitet. Anschließend, wurde das Largo von Händel, mit Orgel und Violine gespielt. Der Trau-Spruch, aus Johannes 22,14 brachte Gottes Wort. Mit unserem "Ja", bekannten wir vor Gott und unserem Gewissen ewige Treue, bis das der Tod uns scheide. Am Altar kniend empfingen wir Gottes Segen, der immer bei uns sein soll. Nie werde ich diese glücklichen Tage vergessen., die mir soviel liebes und schönes, in meinem Leben gebracht haben.
Gott, der über steht und bei Freud und Leid, mit seinem Heil und seinem Trost zu uns kommt, legte uns zu gleicher Zeit, ein schweres Schicksal auf. Wär hätte wohl daran gedacht, dass zu gleicher Zeit, unser lieber Albert, der Ehemann der Schwester meiner Frau, fern der Heimat im Osten, seine Augen für immer schließen würde.
Am 20.07.- wurde er durch einen Lungen-Oberarm- und Oberschenkel-Schuss schwer verwundet. Auf dem Transport in ein Lazarett, ist er am 21.07 gestorben, und am 22.07. wurde er mit allen militärischen Ehren, auf dem Heldenfriedhof in Balvi ( Lettland ) beigesetzt. Menschlich furchtbar, göttlich wunderbar! Herr, nimm du dich der lieben schwer geprüften Hilde, die in Ihrem Gotthard eine herrliche Aufgabe zu erfüllen hat, und den lieben Eltern an, und gib Ihnen Trost und Kraft, das schwere zu ertragen. Unser lieber Albert, ist wohl mit seinem Laib von uns gegangen, aber sein Herz und seine Gedanken leben in uns weiter und geben Mut und Kraft, im Leben durchzustehen, auch wenn es noch so hart und grausam ist. Gott lässt uns das Licht der Welt erblicken, und löscht auch unser Leben aus, wenn er meint, dass es zur rechten Zeit ist. Das Schicksal, welches wir so empfinden, ist mitunter hart, aber dennoch müssen wir auf Gott vertrauen und darin neue Kraft und Stärke zum täglichen Leben schöpfen. Wie dankbar bin ich meinem Schöpfer, dass er mich durch meine liebe Frau so glücklich gemacht hat, und mich nun zusammen mit Ihr stets auf dem Weg des Glücks führt. Sein Wille war es, dass wir uns gefunden haben, sein Wille wird es auch sein, dass unser Bund fürs Leben ein ewiger und treuer ist, der seinen Sinn und Inhalt gefunden hat, und durch nichts auf dieser Erde erschüttert werden kann. Meine große Liebe, gehört einzig und allein meiner guten und lieben Frau. Für Sie lebe ich, und für Sie streite ich. Einst aber, wenn alle Glocken im deutschen Land den Frieden verkünden, wollen wir unsere Gemeinschaft im christlichen Glauben im eigenen Heim leben und pflegen. Den einmal beschrittenen Weg ins Glück, gehen wir in Gottes Namen weiter. Gott erhalte mein Glück, und schenke uns eine glückliche und friedliche Zukunft.
Als Kernspruch, widmete meine liebe Frau, mir die nachstehenden Worte, von Hermann Claudius:
Das zwei sich herzlich lieben.
Das gibt der Welt den Sinn.
Macht Sie erst rund und richtig, bis an die Sterne hin.
Das zwei sich herzlich lieben.
Ist nötiger als Brot.
Ist nötiger als Leben.
Und spottet aller Not.
Das zwei sich herzlich lieben.
Bis an der Welt beginn.
Macht Sie erst rund und richtig.
Bis an die Sterne hin.
Das nachstehende Gedicht von Karl Bröger, welches aus dem Buch "Die deutsche Glocke" entnommen ist, schrieb mir meine liebe Frau mit Brief Nummer 26, am 22.09.1944. Es ist so rührend, dass ich es an dieser Stelle wieder geben muss. Die Soldaten-Frau Liebster, jüngst hab' ich an dich gedacht. Es rauschte der Regen durch die Nacht. Da wollt' es mich nimmer im Kissen leiden. Wer trägt nun schwerer von uns beiden? Wär ich bei Dir, mir wäre nicht bang, aber die Nächte sind dunkel und lang. Mann sein ist hart, ich weiß es - allein. Härter fast ist es, kein Mann zu sein. Gestern platzte dein Bub heraus: "Kommt denn Vater, nicht bald nach Haus? Warum ist Krieg und der Vater dabei? Und sonst noch kindliches vielerlei, wie so die liebe Unschuld fragt. Liebster, was hättest du deinem Sohn gesagt? Du bist Soldat: Doch auch ich steh' bei einer herrlichen, großen Armee, einer Armee von Kindern und Frauen, die an der Zukunft weiter bauen. So wird wohl einst noch alles gut, wenn nur jeder das seine tut. Liebster, so hab' ich jüngst gedacht. Der Regen rauschte durch die Nacht. Mich wollte es nimmer im Kissen leiden. Es trägt wohl jeder sein Teil von uns beiden.