Romane & Erzählungen
Blutstein*

Prinzessin der Krieger

"Hast du dich wieder hierher verirrt?"

Sie warf einen kurzen Blick über ihre Schulter.

"Es steht einem Mann wie dir nicht zu, so mit mir zu reden. "

Sein tiefes Lachen hallte im verlassenen Treppenhaus des alten Turms. Nur wenige trauten sich noch das modrige Gemäuer zu betreten, geschweige denn, die Stufen zu erklimmen. 

"Verzeiht mir, my Lady. Ich, in meinem Rang, bin den Umgang mit solch einer edlen Dame nicht gewohnt."

Ihr Blick ruhte auf seinem Gesicht, als wollte sie abwägen, wie viel Wahrheit in seinen Worten lag. Schließlich wandte sie sich von ihm ab und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Welt, die sich unter dem geöffneten Fenster erstreckte. 

"Hier oben ist ein guter Platz zum Nachdenken, falls das deine Frage beantwortet. "

"Vor allem hat man seine Ruhe von den Dienern!" , fügte er hinzu.

Ihr Lachen war kaum hörbar und glich mehr einem Seufzer, als wahrer Freude. 

"Da fällt mir ein... Wie kommt es, dass es nur männliches Personal gibt? Ist es nicht seltsam, dass in der ganzen Burg weniger als eine Hand voll Frauen lebt?"

"Euer Bruder, König Richard, hat es so gewollt. Eine Seherin hatte ihm einst vorrausgesagt, dass eine Frau Schuld an seinem Tod haben sollte."

"Und? Hat ihn eine Frau ins Grab gebracht?"

"Nein, es war nur purer Aberglaube. Letztendlich wurde ihm die Pilzsuppe zum Verhängnis. "

Obwohl sie ihm einen Blick schenkte, bewahrte sie Stille. 

"Darf ich Euch etwas Fragen, Prinzessin?"

"Was immer dir beliebt."

"Habt Ihr vor, die Länder zu übernehmen?"

Verdutzt neigte sie den Kopf.

"Wie du weißt, habe ich als Frau nicht das Recht zu regieren."

"Und doch gehören Ihnen diese Leute, wenn Ihr es nur wollt."

Er trat näher an sie heran, sodass sie sich gegenüber standen, bevor er sich vor ihr auf die Knie fallen ließ.

"Ich lege mein Leben in Eure Hände, wenn es Euch beliebt."

Anstatt es anuzzunehmen, wie er es sich erhofft hatte, stieß sie ihn weg.

"Was soll ich mit den Männern meines Bruders?! Ihr seid Ritter, Kämpfer, Krieger! Ihr existiert um zu töten! Alles, was ich weiß, wird euch kaum behilflich sein!"

"Ohne Euch sind wir Ritter ohne Heimat, ohne Ziel. Bitte, bleibt bei uns! Wenn auch nur um hier zu leben! Solange wir jemanden haben, der an uns glaubt, besteht noch Hoffnung"

"Hoffnung, die ich bereits aufgegeben habe!"

Flehend starrte er in ihr vor Wut verzerrtes Gesicht.

"Ihr habt nur Angst, Ihr würdet uns enttäuschen."

"Ich habe keine Angst, ich sehe nur keinen Sinn in dieser Sache!"

"Dann tut es für das Volk, für die Menschen, deren Leben Tag für Tag aussichtsloser wird. Was hält Euch davon ab?"

Stumm blickte sie ihn an.

"Nichts." , flüsterte sie und verschwand die Treppen hinunter ins Dunkel der Nacht.

 

Nachricht

"Diese Bastarde haben tatsächlich gewagt, dieses Weib auf den Thron zu setzen!"

Köpfe drehten sich nach Rowen, der fassungslos den Diener von sich gestoßen hatte.

"Was für eine Farce! Zuerst folgen sie diesem Narr von König, und jetzt?! Anstatt sich mir anzuschließen, verstecken sie sich hinter dieser dreckigen Hure! Als ob das Weib sie vor ihrem Schicksal beschützen könnte! "

Hastig fuhr er sich durch die Haare, die ihm ins Gesicht gefallen waren. Ruhe. Er musste Ruhe bewahren. Kopfschüttelnd eilte er in Richtung Waffenkammer. Wenimmer er dort finden würde, wäre in der Lage ihm zu helfen, die Fassung zu bewahren, denn ein tobsüchtiger König war genauso gut, wie eine Frau.