Kapitel 6 - Fast im Herzen
Menschen. Was für eine eigenartige Spezies. Sie beanspruchen so viel, besitzen alle Reichtümer der Welt und sind doch nie zufrieden oder glücklich damit. Ich beanspruche nur einen Platz zum Schlafen oder Essen und hin und wieder die Möglichkeit zur Arterhaltung bei zu tragen. Ich könnte damit zufriedener nicht sein.
Menschen geht man aus dem Weg. Das hatten mir meine Eltern schon sehr früh beigebracht. Am besten begegnet man ihnen – nie, aber wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann mit Unauffälligkeit und gespielter Einfachheit. So lange der Mensch nicht der Meinung ist, einem denkenden und fühlenden, oder gar intelligenten Wesen gegenüber zu stehen, ignoriert er es im Normalfall geflissentlich. Sehr oft saß ich daher an Fenstern und spähte neugierig hinein. Gelegentlich wurde ich bemerkt, hin und wieder kam sogar mal ein Menschenkind und deutete aufgeregt oder ängstlich mit dem Finger auf mich. Aber nicht einmal dieses, noch ausgestattet mit viel mehr Fantasie als seine ausgewachsenen Artgenossen, wär auf die Idee gekommen, dass ich genau war nahm, was dort drinnen bei ihnen gerade vor sich ging. Das ich sie beobachtete. Wenn sie nach draußen sahen, war dort nur ein kleiner, brauner Vogel. Ich hätte genauso gut nur ein Apfel sein können, der vor ihrem Fenster im Baum hing, oder nur ein Blatt. Nicht wahrgenommen zu werden, hat viele Vorteile. So lernte ich von ihnen, studierte sie, versuchte sie zu verstehen, ihr Verhalten zu begreifen und ihre verschwenderischen Eigenarten. Im Gegenzug war ich mir absolut sicher, immer von ihnen ignoriert zu werden. Bis zu diesem Tage.
Svankovski machte den Anfang, riss mich ein kleines Stückchen aus der Illusion heraus. Er hatte es damit zumindest geschafft, mich zu verwirren. Josephine hingegen warf in kürzester Zeit mein Weltbild komplett aus dem Rahmen.
Als sie hinter Ferdinand den Kater trat, um mich und Lia in Empfang zu nehmen, sah sie mir direkt in die Augen. Als ob sie versuchte, dadurch tief in meine Seele zu schauen. Sie trug eine dunkelblaue Strickjacke, die mit silbrig glänzenden Blumen bestickt war, und Jeans. Ja, sie war eindeutig die erste Frau ihres Alters, obwohl ich damals noch nicht wusste, wie alt sie wirklich war, die Jeans trug. Etwas abgewetzt, vermutlich ihre Lieblingshose, dennoch stand sie ihr außerordentlich gut. Eigentlich verriet nur ihr Gesicht und die leicht gekrümmten Finger, dass sie nicht mehr 50 wahr. Schon lange nicht mehr.
Ich hatte mich in gebührender Entfernung auf einen Zweig des Apfelbaums gesetzt, der die rechte Seite des Durchgangs bildete. Als sie zu reden begann, war es fast wie ein Flüstern.
„Keine Sorge, der Taubenmann kommt hier nicht her“, sagte sie, immer noch in meine Augen blickend. „Er hat Angst. Zurecht.“ Sie sprach mit mir, wie mit einem anderen Menschen!
„Wer ist sie?“ flüsterte ich zu Lia hinüber, die sich neben mir niedergelassen hatte. Doch bevor diese mir antworten konnte, nahm die seltsame Frau ihr das schon ab.
„Josephine nennt man mich“, sagte sie mit einem breiten Lächeln auf den freundlichen Lippen und nun deutlich festerer Stimme. War das Zufall? Oder hatte sie gerade wirklich auf meine Frage geantwortet? Nein, das konnte nicht sein.
Im Hintergrund hörte ich ein Gewitter heran rollen. Aber keins, das vom Himmel her kam, kein Aufbäumen der Natur. Ein Gewitter, dessen Blitze von zwei angriffslustig funkelnden Augenpaaren ausgingen, dessen Donnergrollen die wutgetränkten Wortgefechte zweier Männer waren. Svankovski gegen Kraus, nächste Runde. Nur mit dem Unterschied, dass es dieses Mal wirklich einen Grund gab, sich in die Haare zu bekommen, oder dem, was das Alter beiden davon noch gnädigerweise übrig gelassen hatte.
Erst drangen aber nur ein paar Wortfetzen zu uns heran.
„Idiot! Du ...kommenes Ar...! Du ha.... nicht … alle! Wie... … u …. wagen!“
Der Wind, der mit den frischen Blättern und Blüten rund um Josephines Baum so ausgelassen spielte, als ob er überglücklich wäre, das nach dem langen Winter endlich wieder tun zu dürfen, schluckte viele der Schimpftiraden, so dass wir den Rest, der bis zu uns vor drang, gelassen ignorieren konnten.
Josephine ging langsam ein paar Schritte vorwärts, auf mich zu, wobei ich erst jetzt bemerkte, dass sie sich dabei mit einer Hand auf einen Gehstock abstützen musste. Ihr linkes Knie schien Probleme zu machen, sie hinkte leicht, versuchte das aber so gut wie möglich zu unterdrücken. Was ihr fast immer auch gelang. Nun stand sie genau vor dem Apfelbaum. Und somit vor mir und der mutigen Spätzin daneben. Auf Augenhöhe, was ihr sichtlich angenehm war.
„Danke Lia, dass du ihn wohlbehalten hergebracht hast“, sagte sie zu ihr, ohne den Blick von mir zu nehmen „Ferdi hat mir schon erzählt, was du dir mit den Schwestern geleistet hast. Nun hast du auch gemerkt, warum das normalerweise keine gute Idee ist.“
Ein Lächeln, ein wunderbares, helles Lächeln, legte sich über ihr faltiges Gesicht, schob die fein gezeichneten Augenbrauen noch ein Stück nach oben und ließ ihre dunkelgrünen Augen darunter wie zwei Smaragde strahlen. Was für eine Frau! Es war, als würde um sie herum eine Aura glühen, als sende sie warmes Licht aus, nur durch ein Lächeln. Beim Gehen war eine silbrige Haarsträhne aus dem Pferdeschwanz gerutscht und hing ihr nun im Gesicht, taumelte im Wind verspielt vor den Augen herum. Sie strich sie mit einer etwas bemühten Handbewegung wieder nach hinten, wobei ich sah, dass ihre Finger leicht zitterten. Ihr Lächeln erstarb aber in keinem Moment, als ob das alles, diese kleinen Unzulänglichkeiten des Alters, ihr nicht das Geringste ausmachen konnten.
„Wir sollten hinein gehen, Josi“, hörte ich Ferdi irgendwo aus der Ferne sagen.
„Ja mein Dicker, das sollten wir wohl. Zeigen wir unserem Gast das Herz dieser kleinen Oase. Ich denke, er hat sich ein bisschen Ruhe verdient. Also, mir nach!“ Sie wandte sich ab und folgte einem kleinen, schmalen Weg zwischen der farbenprächtig blühenden Hecke und dem alten Holzhaus, welches um den Baum herum gebaut worden war.
Scheinbar mochte Ferdi die sicher liebevoll gemeinte Bezeichnung „mein Dicker“ nicht sonderlich, denn er verdrehte die bernsteinfarbenen Augen und stapfte Josephine etwas pikiert hinterher. Erst jetzt, als ihre Aura mich nicht mehr umgab, wurde mir klar, was eben geschehen war.
„Sie... sie kennt deinen Namen? Moment, sie hat mit der Katze gesprochen? Sie hat sich mit ihr über mich unterhalten?!“
Ich versuchte nicht, wie üblich, total dämlich dabei auszusehen, wenn ich etwas nicht verstand oder nicht begreifen konnte, da das erfahrungsgemäß bei Frauen schlecht an kam. Andererseits hatte ich genau diesen Ausdruck heute schon mehrmals gebraucht, weshalb sie mich eigentlich kaum noch als ernst zu nehmendes Männchen ansehen konnte. Vermutlich war mein Zug somit schon längst abgefahren.
„Also noch einmal. Nicht Katze, Kater! Und was den Rest an geht - ach Elis, das ist doch gar nicht so schwer!“ sagte sie gespielt gelangweilt. „Aber zum Glück fehlt mir jetzt die Zeit, dir das haarklein zu erklären. Los, sie hat dich eingeladen, also nichts wie hinterher, bevor sie es sich anders überlegt!“
„Das ..ar das letzte mal das … auf diesem Ho … Tieren … hast!“ wehte es von der anderen Hofseite herüber.
Der Wind legte sich langsam, als wäre auch er jetzt neugierig geworden, was die zwei Männer sich noch so an den Kopf werfen würden. Am passenden Wortschatz schien es Ihnen zumindest nicht zu mangeln. Weiter hinten, kurz über den Hecken, ragte der Balkon von Frau Schmeck auf, dessen Besitzerin ihn nun wieder in Beschlag genommen hatte. Sie beugte sich ausladend mit der ganzen, geballten Körperfülle und einem hämischen Grinsen auf den Lippen über die Brüstung, um dem anschwellenden Zweikampf beizuwohnen.
„Ich kann hier ma.... was ich will, das ... mein Teil vom Hof! Und wenn ich hier am laufenden Band Schweine schlachten würde, hätte dich alten Mehlsack das gar nichts anzugehen!“ Kraus war offenbar durch den unsanften Kontakt mit Backwaren erst richtig in Topform gekommen, der anfängliche Schockzustand schien wie weggeblasen.
Inzwischen war ich dem lustigen Dreiergespann aus Mensch, Katze und Vogel gefolgt und kam an eine etwas größere Lichtung, mitten im urwald-artigen Dickicht aus leuchtend grünen Blättern und Blüten in allen nur erdenklichen Farben. Ãœberall summten schon geschäftig Bienen, sogar ein paar wenige Hummeln durchpflügten halsbrecherisch die Hecken und Sträucher. Die Lichtung war teilweise überschattet vom mächtigen Baum, der sich schützend über sie beugte. Darunter stand ein alter Liegestuhl, der wohl vor kurzem erst einen neuen Bezug erhalten hatte (mintgrün mit gelben Streifen). Daneben ein kleiner Tisch, flankiert von zwei Holzstühlen. Man konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass alles, was hier versammelt war, die Möbelstücke, Blumenkästen und Töpfe – einfach alles musste aus ganz verschiedenen Quellen stammen. Alles war zu wild zusammen gewürfelt, um irgend ein System dahinter zu erkennen. Doch eigenartigerweise wirkte nichts davon, nicht das kleinste Detail, fehl am Platz.
Josephine machte es sich im Liegestuhl bequem, womit sie sichtlich Probleme hatte. Nur mit Hilfe ihres Stockes, welcher wundervoll verziert und mit einem weißen Aufsatz an der Spitze bestückt war, schaffte sie es, sich hineinfallen zu lassen. Auch wenn es Schmerzen bereiten musste, sah man ihr das in keinem Moment an. Währenddessen war ich Lia zum Tisch gefolgt, auf dem eine Tasse duftender Tee stand, und gleich daneben eine kleine Schale, mit allerlei Körnern darin.
„Du fragst dich sicher“, begann die alte Frau, sowie ich auf der Tischplatte gelandet war, „weshalb ich dich verstehe, mein kleiner Freund. Kann ich mir gut vor stellen, geht allen Tieren so. Dabei ist es gar nicht so schwer, weißt du? Es gibt dafür sogar eine ganz einfach...“
„Du alter Irrer! Du solltest aufhören, an Taubenscheisse zu schnüffeln und endlich mal zu Sinnen kommen!“ donnerte Svankovskis Stimme wie Trommelschläge zu uns herüber. „Du denkst du bist hier der King, du Klappergestell, kannst hier machen was du willst?! Pah, ich werd dir zeigen..."
Ein wütendes Schnauben wie von einem wilden Ochsen war zu hören und dann bewegte sich die Stimme, vermutlich zusammen mit ihrem Besitzer, etwas weiter auf die andere Seite des Hofes zu.
„Also gut“, fuhr Josi etwas irritiert und abgelenkt fort, „wo waren wir? Ach egal, das kann auch erst mal warten. Glaube, du bist mir noch eine Vorstellung schuldig, kleiner Spatz, oder irre ich mich?“ Dabei sah sie mir wieder forschend in die Augen und legte ein verschmitztes Lächeln auf die alten Lippen.
Wie sie dort saß. So unglaublich friedlich, so ruhend, so... Moment, hatte sie mir gerade eine Frage gestellt und erwartete, das ich antworten würde? Das ich mit ihr sprach? Mit einem Menschen?
„Sag deinen Namen, Dummkopf“, zischte mich Lia ungeduldig von der Seite an. „Vorhin wusstest du ihn doch noch, also sieh zu, dass du dein Wissen mit ihr teilst!“
Nichts. Kein Wort wollte mir entweichen. Und ich gab mir wirklich Mühe! Nach ein paar sehr, sehr ruhigen Augenblicken, in denen mich Ferdi, der zusammengerollt auf Josis Schoß lag, über beide Ohren angrinste, ergriff die Spätzin wieder das Wort.
„Erwin heißt er“, ein kecker Seitenblick auf mich, um dann noch einmal auszuholen, „kann aber auch Etzel oder Ephraim gewesen sein. Ich persönlich habe ihn Ekel getauft, als er mich vorhin vom Baum ...“
„Elis!“ warf ich wütend dazwischen, ohne zu bemerken, dass ich das gar nicht zu ihr, sondern zu Josephine gesagt hatte. Es sollte das erste Wort sein, das ich jemals mit einem Menschen gewechselt hatte. Aber sicherlich nicht das Letzte.
Triumphierend sah Lia auf mich herab, zwinkerte mir zu und machte es sich auf dem Rand der Schale bequem, als wollte sie sagen „so, meine Arbeit ist erst einmal getan“
„Elis also. Ungewöhnlich. Auch für einen Spatz, oder ganz besonders.“
Josephine schien kurz in ihren Erinnerungen zu kramen, blinzelte durch die Blätter des Baumes hinauf zur Sonne, deren Strahlen sich hin und wieder bis zu ihr nach unten verirrten, gerade so, als wollten sie mit ihr spielen, sie necken, oder liebkosen.
„Kannte mal einen jungen Mann. Elis hieß er ebenfalls, wirklich intelligenter Bursche. Kam aus Schweden und wohnte ein paar Monate dort drüben im...“ Der Rest ging in einem wütenden Schrei von jenseits der Hecken unter.
„Aaahh, ich mach dich fertig! Du denkst wohl der kleine Zaun hier hält mich auf!?" Der alte Kraus, mit krächzender Stimme, unverkennbar, ohrenbetäubend.
Josi sah kurz zu Ferdi hinunter, der im gleichen Moment zu ihr auf blickte, was zur Verständigung scheinbar absolut ausreichend war.
„Glaube, bevor wir hier weiter machen, gibt es da eine Sache zu klären. Kommt mit, aber bleibt hinter mir. Auch du Ferdi, weißt ja, das er dich nicht besonders mag.“
„Er hasst mich wie die Pest, um genau zu sein“, ergänzte der Kater, und grinste mich wieder zufrieden an.
Währenddessen waren die Beiden aufgestanden, was ihr scheinbar weniger Mühe machte. Mit energischem Schritt folgte sie dem kleinen Pfad zum Durchgang, wir folgten ihr und uns folgte ein elektrisierendes Kribbeln im Nacken, von dem ich nicht ganz sicher war, ob es nun Angst oder Aufregung bedeuten sollte. Die alte Frau schlängelte sich währenddessen geschickt den Weg entlang, den wir vorhin genommen hatten, bis sie durch den kleinen Irrgarten hindurch war und auf die Wiese davor trat. Noch hatten sie die Männer nicht gesehen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, die beste Angriffsposition zu finden.
Josi drehte sich zu uns um und flüsterte: „Bleibt erst mal hier, will ihn nicht noch mehr auf die Palme bringen."
Dann lief sie los, auf die beiden wilden Keiler zu, voller Energie und fast schon schwebend. Den Gehstock hatte sie zwar noch in der Hand, gebrauchte ihn aber nicht mehr um sich zu stützen. Svankovski und Kraus standen sich an dem hüfthohen Bretterzaun gegenüber, Nase an Nase, und brüllten sich an.
„ ... noch ein mal erwische, noch ein Mal! Dann hau ich dir deine bescheuerte Schleuder so lange über die Rübe, bis …" In dem Moment stieß ihn Kraus gegen die Schulter, so dass der Bäcker ein paar Schritte zurück wankte, um sogleich aber wieder nach vorne zu schnellen.
„Du kannst mir gar nichts, Fettsack! Ha, was willst du! WAS willst du!? Denkst du, weil ich ein paar Jahre mehr auf dem Buckel habe, könnte ich es nicht mehr mit dir..." - Da bemerkte der alte Kraus Josephine aus dem Augenwinkel und verstummte schlagartig.
Sie stand einfach nur da. Wenige Flügelschläge von den beiden entfernt, wie ein blauer Fels in einem wogenden Grasmeer, welches der Wind immer wieder in die eine oder andere Richtung dirigierte. Kraus schien mit einem Mal der Mut zu schwinden, seine Gesichtszüge entgleisten im Eiltempo und eine ungesunde Blässe breitete sich auf seiner ohnehin schon fahlen Haut aus. Es hatte fast den Anschein, als würde er in dem Moment um einige Zentimeter schrumpfen, oder zumindest schlagartig wieder in seine gebogene Grundhaltung zurück fallen. Mit hasserfüllten Augen - oder war es Angst? - drehte er dem Bäcker den Rücken zu und zog sich rasch in Richtung Eingangstür zurück. Dann, er hatte den Griff schon in der Hand, blickte er noch einmal kurz über die Schulter und stieß verächtlich nur ein Wort heraus: „Hexe!“
Es klag fast, als hätte er es aus gespuckt, so angewidert warf er es in die Frühlingsluft. Dann war der Taubenzüchter verschwunden, man hörte noch kurz hektisch den alten Schlüssel im alten Schloss klappern und die angenehme Ruhe kehrte zurück.
„Wie immer, Josi?“ beendete Svankovski beschwingt und fröhlich grinsend diesen erholsamen Moment der Stille, als hätte er nicht gerade ebend noch kurz vor einer Rentner-Schlägerei gestanden.
„Das wäre sehr lieb von dir, Jonas“, sagte sie ruhig und freundlich, woraufhin der glatzköpfige Bäcker unbekümmert zur Villa zurück kehrte, und in der Hintertür verschwand.
Josephine drehte sich um, und winkte uns mit einer Kopfbewegung zu sich herüber. Seltsam, wie bereitwillig ich mich plötzlich von einem Menschen herumkommandieren liess, den ich zudem gerade erst ein paar Minuten kannte. Als wir zu ihr aufgeschlossen hatten, kam Svankovski schon wieder den Weg zu uns herüber spaziert, in der Hand eine dieser großartigen, duftenden Wunderwaffen, mit denen er uns das Leben gerettet hatte. Sie nahm das Brot mit einem kleinen Knicks entgegen, sah im kurz in die Augen und lächelte dann.
„Danke, nicht nur dafür“, wobei sie auf das hefehaltige Wurfgeschoss in ihrer Hand wies, „sondern auch, dass du ihnen geholfen hast“ Nun sahen sie beide auf uns herab. Aber nicht abschätzig, wie es Menschen nur zu gern taten. Nein, irgendwie... wissend.
Dann ging Josi vor uns in die Knie, was ihr kurz ein verkrampftes Ziehen übers Gesicht jagte und sagte zu mir: „So macht man das, siehst du? Ganz einfach.“ Der flüchtige Anflug von Schmerz in ihren alten Zügen machte sogleich demütig einem warmen Grinsen platz. Dann fuhr sie fort:
„Elis, wir müssen reden“, das war an mich gerichtet, „und euch beide möchte ich bitten, das zu Ende zu bringen, was ihr eigentlich vor hattet. Ich befürchte, die Zeit wird langsam knapp“, und das an meine Begleiter.
Während sie sich wieder nach oben in die Gerade quälte, sah ich Ferdi und Lia schon in Richtung des Hauses aufbrechen, das den Hof im Norden begrenzte, und bei allen Hofbewohnern nur „der Klotz“ genannt wurde. Scheinbar hatten sie eine Mission, eine Aufgabe, die sie nur wegen mir unterbrochen hatten. Ihr Ziel war der Anfang allen Ãœbels. Die Familie Lärche.