Kurzgeschichte
Auch der Tod hat einmal Verspätung

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"Auch der Tod hat einmal Verspätung"
Veröffentlicht am 29. März 2008, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Meine neue Homepage: http://sylviab.de Sie ist noch im Aufbau aber ich hoffe, sie bald zumindest wieder in dem Rahmen erschaffen zu haben, wie meine alte Homepage war. Für jeden, der neugierig auf mich und meine Werke ist, erlaube ich mir hier zu sagen: Ich bin nicht gut, ich bin nicht mal ansatzweise gut, ich bin einfach nur ich. Ich liebe die Kritik. Ob positiv oder negativ für ein einzelnes Werk ist mir egal, denn sie ist letztlich immer ...
Auch der Tod hat einmal Verspätung

Auch der Tod hat einmal Verspätung

Beschreibung

Manchmal aber nur manchmal, ist der Tod die Rettung...

Auch der Tod hat einmal Verspätung
Es war ein schönes Gefühl wieder schreiben zu können.
Die Tastatur unter den Fingerkuppen klapperte vor sich
hin und eine weiße Seite nach der anderen füllte sich
mit kleinen schwarzen Buchstaben.
Gedankenverloren sah das Gesicht aus. Die Augen still
auf den Bildschirm gerichtet, überlegte sie, warum sie
so lange die Finger hatte still halten müssen.
Es war ca. ein Jahr her. Sie saß wie immer am
Computer und ging ihrer Arbeit nach. Noch drei Seiten
und dann hatte sie es geschafft. Sie würde das
Wochenende nicht arbeiten müssen, wenn sie den
Abgabetermin nicht verschluderte. Ein wohliges Gefühl
machte sich in ihrem Magen breit. Endlich würde sie
mit der Kleinen in den Zoo gehen können und auf die
Kirmes, die zur Zeit in ihrer Stadt gastierte. Sie tippte
enorm schnell. Es war nicht ihr Stil lange an
irgendwelchen Worten zu verharren. Die Änderungen
bekam sie sowieso zugeschickt. Und da reichte eine
halbwegs ordentliche Rechtschreibung aus. Das Meiste
machte ja doch das Programm. Kleine rote
Wellenlinien zierten die Worte die es nicht verstand.
Und sie brauchte nur noch nachsehen, was da nicht
stimmte.
Sie hörte die Haustürschlüssel bevor sie überhaupt ins
Schloss gesteckt wurden. Ein Zittern ging durch ihre
Hände. Es war spät und sie wusste, er kam nie so spät
ohne in der Gaststätte auf der Ecke seines Büros,
eingekehrt zu sein. Ihre Gedanken überschlugen sich.
Eine Wellenlinie nach der anderen erschien auf dem
Bildschirm. Sie tat als hätte sie ihn nicht gehört. Die
weichen schwarzen Kopfhörer fühlten sich fast wie
eine Art Schutz an. Sein Atem, der über ihre Schulter
zu ihr drang, roch stark nach dem Billigfusel, den der
Wirt Whisky nannte. Sie hatte ihren Mann schon oft
auslösen müssen. Kaum eine Woche verging ohne
Anruf aus der Kneipe. Ihr Herz schlug bis zum Hals.
Seine Stimme übertönte es nur mühsam. Lallend stieß
er die Worte hervor.
„Wolltest du einen Wettbewerb im falsch schreiben
gewinnen? Du bist doch das Letzte.“ Der Schlag kam
nicht unvorbereitet. Sie zog instinktiv den Kopf zur
Seite. Trotzdem traf er sie heftig und schmerzhaft. Die
Haut an der Wange platzte sofort auf. Sie spürte das
warme, nasse und träge Blut, wie es auf ihre Finger
Seite
tropfte, die immer noch fleißig tippten. Wenn auch
keine lesbaren Worte mehr. Tränen standen in ihren
Augen und sie sah nur noch schemenhaft was um sie
herum geschah.
„Robert hat mit Carola gesprochen.“ Und seine
aggressive Stimme tönte laut durch die verrutschten
Kopfhörer. „Sie will ihn verlassen und das Kind nimmt
sie auch mit. Ist eine tolle Freundin die du da hast.
Diese Schlampe weiß gar nicht wie weh sie Robert
damit tut. Aber das wird sie büßen!“
Und plötzlich sauste eine Faust in Richtung Tastatur.
Sie traf ihre linke Hand völlig unvermittelt. Vor
Schmerz schreiend rutschte sie seitlich vom Stuhl.
Ängstlich sah sie zu ihrem Mann auf. „Ich kann doch
nichts für die Familiensituation von den Beiden.“
Stotterte sie hilflos und kreidebleich.
„Wag dich so etwas niemals.“ Brüllte er weiß vor Wut
und warf den Drehstuhl mit voller Wucht auf sie.
Blutend, zitternd und nicht mehr ganz bei Sinnen,
robbte sie sich zur Türe. Nur noch raus aus dem
Zimmer, dachte sie. Der Schmerz in ihrem Bauch war
kaum auszuhalten. Sie hatte die rechte Hand schützend
davor gehalten, trotzdem musste er etwas ab bekommen
haben. Die große Wölbung bewegte sich heftig.
Ja, sie war schwanger und sie hoffte das Kind
wenigstens noch gesund zur Welt zu bringen. Sie hörte
im Kinderzimmer ein leises Weinen. Ihre Tochter war
von dem Krach wach geworden. Was sollte sie dem
Kind sagen? Und wie hielt sie ihren Mann vom
Kinderzimmer fern? Er hatte der Kleinen noch nie was
getan aber in diesem Zustand hatte er keine Kontrolle
mehr über sich. Sie schlängelte sich fast zur Haustüre.
Sie dachte nur daran ihn vom Kinderzimmer
abzulenken. Der kalte Stein unter ihren Beinen schien
fast ihr Freund zu sein. Er kühlte die, durch die
Stuhl-Rollen aufgerissene weiße Haut. Sie kam nicht
oft raus. Es war zwar Sommer aber durch die Eifersucht
ihres Mannes, konnte sie sich kaum vor die Tür wagen.
Oft schon hatte sie die Koffer gepackt, aber er
erwischte sie immer wieder. Und mit jedem Mal wurde
es schlimmer. Am nächsten Tag würde er sich wieder
entschuldigen, das wusste sie. Nur brachte ihr das
nichts. Sie tastete sich weiter bis sie die glatte Holztüre
fühlte. Aufstehen konnte sie nicht, ihre Beine ließen
einfach nach. Also griff sie panisch nach oben um den
Türgriff zu erreichen. In diesem Moment schlug er

wieder zu. Sie hörte das Knirschen, als der Knochen
splitterte, noch bevor sie mit dem Kopf gegen die Wand
knallte und das Bewusstsein verlor. Sie wusste nicht
wie lange sie dort gelegen hatte aber sie merkte sofort,
es war ruhig um sie herum. Absolute Stille umfing sie.
Auch im Kinderzimmer war es ruhig. Die Wohnung lag
im Dunkel. Sie horchte in diese, für sie fast samtene
Stille hinein. Nein, kein Atemgeräusch war zu hören.
Wo war er? Die Angst kroch wieder in ihr hoch. Sie sah
in die schwarze Dunkelheit, doch sie konnte nicht
einmal Konturen in dem Fensterlosen Flur ausmachen.
Ihre Hände waren dick geschwollen und es roch nach
ihrem Schweiß und nach Blut. Das Licht wollte sie
nicht anmachen also tastete sie wieder nach der Klinke.
Mit einem leisen surren ging die Türe auf. Das ganze
Haus war ruhig. Es musste also schon mitten in der
Nacht sein. Denn nur dann war selbst oben beim
Nachbarn über ihnen Ruhe. Nein, keine Musik zu
hören. Dachte sie und kroch in den Hausflur. Die Türe
gegenüber war ihr Ziel. Sie versuchte sich mit der
Schulter bemerkbar zu machen. Irgendwann sah sie
einen schwachen Lichtschein und hörte wie Pantoffeln
in der Wohnung der Nachbarn über die Dielen
schlurften.
Die Türe ging auf und die Nachbarin stand vor ihr. Mit
weit geöffneten und entsetzten Augen zog sie die junge
Frau in den nur seicht beleuchteten Flur ihrer Wohnung
und schloss die Türe. „Es bedarf keiner Erklärung.“
sagte sie streng aber doch verständnisvoll und griff zum
Telefonhörer. Die junge Frau wimmerte leise unter
ihren Schmerzen und versuchte mit der dick
geschwollenen Lippe einen Satz zu formulieren. Aber
es kam nur ein kratzendes Geräusch aus ihrem Mund.
Die Nachbarin informierte erst den Krankenwagen und
dann die Polizei, zum Schluss rief sie noch ihre
Schwester an, die beim Jugendamt arbeitete. Es dauert
nur fünf Minuten bis der Krankenwagen eintraf. Die
Schwester brauchte knapp zwei Minuten länger.
Während der Notarzt die junge Frau untersuchte, die
Wunden erstmal oberflächlich behandelte und die
Hände betrachtete, ging die Schwester der Nachbarin in
die gegenüberliegende Wohnung um das kleine
Mädchen zu holen. Sie machte Licht. Was sie vor fand
ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
Das kleine Mädchen lag leicht mit einem Nachthemd
bekleidet auf dem leblosen Körper des Vaters, der
Seite
scheinbar mit ihr auf dem Arm gestolpert und mit dem
Kopf auf den kleinen Schuhschrank im Flur geknallt
war. Das Mädchen war dabei mit der Stirn über das
Holz gerutscht. Aus einer kleinen Wunde sickerten ein
paar Tropfen Blut. Aber Es lebte. Die Schwester nahm
es vorsichtig auf die Arme und brachte es hinüber, wo
der Notarzt die Sanitäter gerade anwies, die junge Frau
ins Krankenhaus zu transportieren. Knapp zwanzig
Minuten später lag die immer noch blutende und
zitternde Frau auf dem OP, das kleine Mädchen blieb
erstmal bei der Schwester und der Ehemann...
würde nie wieder schlagen. Eine Woche später war die
Beerdigung. Als der Sarg in die dunkle Tiefe
herabgelassen wurde, stand niemand dort um zu
weinen. Niemand sagte ein freundliches Wort und
niemand bemerkte das leise Klopfen...
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Hörbuch

Über den Autor

SylviaB
Meine neue Homepage: http://sylviab.de

Sie ist noch im Aufbau aber ich hoffe, sie bald zumindest wieder in dem Rahmen erschaffen zu haben, wie meine alte Homepage war.

Für jeden, der neugierig auf mich und meine Werke ist, erlaube ich mir hier zu sagen: Ich bin nicht gut, ich bin nicht mal ansatzweise gut, ich bin einfach nur ich.
Ich liebe die Kritik. Ob positiv oder negativ für ein einzelnes Werk ist mir egal, denn sie ist letztlich immer positiv für mich. Denn so kann ich mich immer wieder überprüfen. Denn Kritik bedeutet ja nicht, die Pflicht etwas zu ändern, sondern nur die Sicht anderer auf mein Werk.

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Rattenfaenger Auch der Tod hat einmal Verspätung - ist spannend und realistisch geschrieben.
Gut so!
LG
Rattenfänger
Vor langer Zeit - Antworten
SylviaB Re: Zu spät -
Zitat: (Original von Trollbaer am 19.04.2008 - 16:20 Uhr) Ich denke mal, die Frau hat es gehört....


Sagen wir es so... sie hätte es gern
Vor langer Zeit - Antworten
Trollbaer Zu spät - Ich denke mal, die Frau hat es gehört....
Vor langer Zeit - Antworten
SylviaB Re: wow - Danke schön *rosa anlauf*
Ich werde sehen was ich tun kann... also mit dem Regal. Aber ob ich da rein passe ist glaube ich fraglich *kicher*.. Ich finde keine e-mail addy *hust* nur so nebenbei ;)

So viel Lob, ich weiß gar nicht ob ich das verdient habe...
Sylvia die jetzt wieder ein richtiges mystorys hat *strahl*


Zitat: (Original von Tamaredis am 31.03.2008 - 10:15 Uhr) die gesamte Story super spannend und der Schluss einfach HAMMER!!!
Ja, ich kenne auch solche Geschichten, über sowas darf ich gar nicht nachdenken, sonst bekomm ich echt die Krise....
Du bist eine geniale Autorin (okok, eine geniale Frau) ^^
***** sowas von verdiente Sterne!!!!!
Ich möcht sowas in meinem Regal stehen haben Süße :)
hdl
Tanja
Vor langer Zeit - Antworten
Tamaredis wow - die gesamte Story super spannend und der Schluss einfach HAMMER!!!
Ja, ich kenne auch solche Geschichten, über sowas darf ich gar nicht nachdenken, sonst bekomm ich echt die Krise....
Du bist eine geniale Autorin (okok, eine geniale Frau) ^^
***** sowas von verdiente Sterne!!!!!
Ich möcht sowas in meinem Regal stehen haben Süße :)
hdl
Tanja
Vor langer Zeit - Antworten
SylviaB Re: ***** -
Zitat: (Original von franziw2000 am 29.03.2008 - 17:51 Uhr) Wow! Mir fehlen die Worte. Ich dachte zuerst tolle Story mit schönem Happy End. Aber der letzte Satz hat mir dann doch noch eine Gänsehaut bereitet. Super!!!
LG Franzi


Happy End find ich gut, makaber aber gut. *schmunzel*
Ja irgendwie ist es eins...zumindest für die Familie, wenn auch nicht für den Typen. :))
Danke für deine Wertung und fürs Lesen.

Lieben Gruß
Sylvia
Vor langer Zeit - Antworten
SylviaB Re: Spannend -
Zitat: (Original von FSBlaireau am 29.03.2008 - 17:41 Uhr) geschrieben!*****



Thanks auch hierfür :)
Vor langer Zeit - Antworten
SylviaB Re: Auch ... -
Zitat: (Original von MarianneK am 29.03.2008 - 14:52 Uhr) Diese Geschichte ging mir sehr nahe, denn es erinnerte mich an eine Gute Bekannte, die so ähnliches durchgemacht hatte. Ein Jahr vor ihrer Silberhochzeit hat sie dann den Mut aufgebracht ihn zu verlassen. Er hatte ihr danach immer gedroht sie umzubringen. Er lebt zwar noch, aber seine Strafe hat er vom Leben bekommen, er stirbt langsam einen quälenden Tod. Solche Männer sind die brutalsten, aber gleichzeitig die feigsten.
Klasse geschrieben, ich habe mitgefiebert. *****

Lieben Gruß Marianne



Ja so ist es liebe Marianne.
Es sind Feiglinge! Und das darf man niemals vergessen. Und sie werden niemals glücklich werden.

Danke dir für deine Wertung und fürs Lesen.
Lieben Gruß
Sylvia
Vor langer Zeit - Antworten
SylviaB Re: Richtig! -
Zitat: (Original von Schreiberling am 29.03.2008 - 10:58 Uhr) Diese Geschichte ist so sehr aus dem Leben geschrieben, aber ich bekam trotzdem eine Gänsehaut beim Lesen. Ich verstehe aber auch Frauen nicht, die das mit sich machen lassen. Bei mir würde so ein Kerl wohl die nächste Nacht nicht überleben. Sehr eindrucksvoll und schockierend.
*****
VLG
Sabine


Nun, die besten Gesichten schreibt das Leben selbst. (hat mal irgendwer in meinem Bekanntenkreis gesagt, ich weiß nicht von wem dieser Spruch genau stammt)
Diese Frauen haben zunächst Hoffnung.
Hoffnung, er ändert sich, weil er immer wieder schwört, am nächten Tag um Verzeihung bittet, heult und und und...
Dann ändert sich diese Hoffnung ganz langsam und das Gefühl der Angst überwiegt. Die Frau lebt von einem Ausbruch zum nächsten. Es ist wie eine unsichtbare Kette. Die Angst läßt einen zusammen zucken nur weil eine Tür zuschlägt.
Und manchmal ist es so, das jeder "Fluchtversuch" zum Scheitern verurteilt ist. Selbst Frauenhäuser sind nicht sicher und wenn du Kinder hast, überlegst du dir 1000 mal, ob du bereit bist, für so einen Menschen in den Knast zu gehen.

Ich verstehe diese Frauen verdammt gut. Auch wenn dieses Verständnis immer mehr verblaßt, nur in Träumen oder Nachts schon mal hervor quellt.

Danke dafür, dass du es gelesen hast. :)
Lieben Gruß
Sylvia
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 ***** - Wow! Mir fehlen die Worte. Ich dachte zuerst tolle Story mit schönem Happy End. Aber der letzte Satz hat mir dann doch noch eine Gänsehaut bereitet. Super!!!
LG Franzi
Vor langer Zeit - Antworten
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