Kurzgeschichte
Der alte Chinese

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"Der alte Chinese"
Veröffentlicht am 26. März 2012, 26 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Simon Käßheimer
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin Hobbyautor aus Leidenschaft, das Schreiben kam mal wie ein Löwenzahnschirmchen zu mir ins Zimmer und in meine Welt geflogen, Ich hab es aufgefangen und seitdem lässt es mich nicht mehr los. :-) Eigentlich war und bin ich gar kein so großer Leser aber am Schreiben bin ich irgendwie hängen geblieben. Macht mir einfach Spaß; besonders wenn die Geschichte Erfolg hat und anderen Freude bereitet und somit gefällt. :-) Ansonsten gibt`s noch ...
Der alte Chinese

Der alte Chinese

Der alte Chinese

von

Simon Käßheimer

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Es war einmal ein alter Chinese mit einem breiten Bambushut der in der Mitte spitz nach oben zulief. Er hatte einen gepflegten langen weißen Bart und sah, davon mal abgesehen, noch sehr jung aus.

In Wirklichkeit aber war er schon 103 Jahre alt; doch das wusste und ahnte niemand der ihn kannte, oder besser, zu kennen glaubte. Fung Shi, so hieß er, hatte es immer anderen überlassen sein Alter zu bestimmen. Niemand tat es richtig und doch nickte er bei jedem Versuch der ihn auch nur um ein Jahr jünger machte. Älter wurde er nie

geschätzt. Naja, um genau zu sein, sie kamen nicht mal darüber hinaus ihn um 10 Jahre weniger zu datieren.

Nun möchte Sicher jeder Leser, und sehr wahrscheinlich jede Leserin, wissen wie er es angestellt hatte so alt zu werden ohne alt geschätzt zu werden; das ist ja wohl mit eine der größten Weisheiten die man gleich welchen Geschlechtes erringen kann oder möchte. Oder nicht?

Ich sag es ihnen lieber gleich ganz ehrlich: ,,Ich weiß es auch nicht.“

Was ich dagegen weiß ist eine Geschichte die er erlebt hat und von der er mir, als er mir ganz im Vertrauen auch sein Alter gestand, einst erzählte.

 

Fung Shi war ein etwas jüngerer Mann gewesen. Müde von der Arbeit auf dem Reisfeld ging er des Abends nach Hause. Auf dem Weg überholte ihn ein Reiter zu Pferd der sehr in Eile zu sein schien.

Als Fung Shi Zuhause anlangte und diese Begegnung bis dahin schon wieder vergessen hatte, war er umso überrascht als er das Pferd des Reiters erneut an einem Kirschbaum vor seinem Haus vorfand.

Er wusste nicht was der Reiter von ihm wollte und erwartete auch keine dringende Nachricht aus dem Umland oder von seiner Familie.

Fung Shi betrat sein Haus in dem seine Frau bereits mit dem Fremden redete. Als

er herein kam brach ihre Mitteilsamkeit sofort aus ihr heraus. Rate nur Fung was dieser Mann hier von dir will. Er will deinen Besitz kaufen.

Fung Shi überlegte kurz, dann sagte er: „Um welchen Besitz handelt es sich den?

Um mein Haus? Meine Reisfelder oder wollen sie meines Vaters Schwert kaufen?

Der Fremde schüttelte den Kopf. „Nichts im Grunde von alledem“, sagte er. Ich möchte alles kaufen was sie besitzen. „Alles“, sagte Fung Shi überrascht und verständnislos.

,,Ja alles.“

„Ich möchte sie und ihre Frau zu reichen Leuten des Volkes machen, so wie einst

mein Vater mich.“

„Wer ist oder war ihr Vater“, platzte es aus Fung Shi voller Neugier heraus.

Der Reiter antwortete nicht.

„Es ist und bleibt vorerst ein Geheimnis“, erklärte er; dann verschwand er aus ihrem Haus. Er bestieg sein Pferd und machte sich bereit um sich eilig zu verabschieden. Fung Shi war ihm nachgeeilt wie seine Frau. „Was wollen sie von uns“, fragte er? „Wir sind arme Reisbauern. Soll das ein Witz sein“.

Doch es war kein Scherz, das sah Fung Shi dem ernsten wenn auch freundlichen Blick des Reiters an. Er sagte nichts mehr.

Der Reiter streifte einen silbernen Ring vom Finger und gab ihn Fung Shi.

„Das soll der Beweis sein, das wir uns wiedersehen“, erklärt der Reiter, dann sprengte er los.

Fung Shi blieb mit seiner Frau zurück. Diese starb nach einigen Jahren die daraufhin ins Land zogen an einer unheilbaren Krankheit. Von nun an wartete er allein auf die Rückkehr des Reiters.

Bis zum heutigen Tage.

 

Heute nun schreiben wir den 13. März 1912. Fung Shi ist zweiundzwanzig Jahre älter. Seine Frau seit neunzehn Jahren tot.

Der Tag begann wieder, wie so viele, mit der Reisernte und wie damals bei der ersten Begegnung mit dem Reiter schien es unmöglich, sowie ungreifbar zu sein, noch reich zu werden für Fung Shi.

Der junge Bauer war aus ihm verschwunden, ein alter gesetzter Mann hatte sich an seine Stelle gesetzt und dennoch war er kaum gealtert. Den Ring hatte er seit dem letzten Gespräch mit dem Reiter gut aufbewahrt und es blieb einzig und allein sein Besuch aus, der es nötig machte ihn wieder hervorzuholen. Oft hatte ihn Fung Shi betrachtet in all diesen Jahren und alles in ihm wusste, der Reiter hatte es damals ernst gemeint. Heute jedoch war er nahe am Verzweifeln

und sein Leben begann für ihn die Richtung zu verlieren. Warum war der Reiter nie zurück gekommen?

Diese Frage stellte er sich von nun an dauernd. Vielleicht hatte der Ring nie wirklich etwas bedeutet? Er selbst war nie reich geworden, seine Frau war tot und er ein alter Mann.

 

Doch genau an jenem Tag kam der Reiter zu ihm zurück. Nicht die Selbe Person. Nicht das Selbe Pferd und dennoch es war ein Bote der des Abends bei schlechtester Witterung an seinem Haus klopfte und von ihm Einlass verlangte. Fung Shi ahnte nicht was kommen würde.

Also öffnete er ihm erst mal die Tür nur

einen Spalt.

„Was wollt ihr“, fragte er durch den Türspalt und hielt die Türkette fest an seinem Platz.

Ich will den Ring den ihnen mein Sohn einst gab. Er wird sie zu einem reichen Menschen machen wie er es ihnen damals versprochen hatte. Fung Shi verstand nicht.

Warum der Ring? Warum war so lange Zeit verstrichen? Warum hier und heute und sein Vater.

Er ahnte nichts Gutes. Er ahnte nicht das Geringste.

„Haben sie den silbernen Ring noch den ihnen mein Sohn heute vor zweiundzwanzig Jahren gab?

Fung Shi antwortete nicht. Seine Miene verriet ihn.

„Sie haben ihn noch. Ich dachte es mir.“

„Woher wissen sie das“, fragte Fung Shi erstaunt.

„Wer würde schon dem Geschenk des Reichtums wiederstehen, wenn es ihm oder ihr geboten würde.“

„Ich habe ihnen einen wertlosen silbernen Ring vermachen lassen von meinem Sohn, dieser ist nun Herrscher dieses Landes. Er glaubte mir einst nicht das er so reich sei wie sie.“

„Reich wie ich“, hakte Fung Shi nach.

„Ja. Reich wie sie; ihre Frau ist ja leider schon tot, wie ich erfuhr.“

„Sie wissen das und sie kommen noch

hier her“, fragte Fung Shi voller Wut und aufgebracht.

„Sie, oder besser ihr Sohn - wie ich heute erfahre, haben uns Reichtum versprochen für all unsere Besitztümer, für alles was wir haben und sie haben ihr Wort bis heute nicht gehalten.“

„Habe ich nicht? Ich gab ihnen das Wort nicht, sondern mein Sohn, und dieser kam in meinem Auftrag hier her um sie für ihren Besitz zu reichen Leuten zu machen.“

„Das eben sagte ich doch“, fauchte Fung Shi den alten Besucher an.

„Warum dieser Scherz? Warum all diese Jahre? Warum nun nichts? Warum das alles?“

„Waren sie jemals arm“, wollte der alte Mann wissen.

„Waren sie jemals unzufrieden mit dem was sie hatten?“

„Waren sie krank, gebrechlich oder sind sie gar tot?“

„War der Ring nie die Aussicht auf ein besseres Leben?“

„War mein Sohn umsonst hier?“

„Hat er sie nie wissen lassen wie viel sie haben das er begehrt?“

„Hat er ihnen nicht Aussicht gemacht auf mehr?“

„Hat er all dies versäumt so hat er eine hohe Schuld an ihnen offen gelassen, die ich heute mit meinem Besitz und allem was ich bei mir trage begleichen will.“

„Ist dem aber nicht so, so freuen sie sich doch weiter ihres Lebens, geben sie mir den Ring der mich an meine damals schon tote Frau erinnert zurück und nehmen sie mein herzliches Beileid zu ihrem Verlust an. Diesen Verlust zu begleichen bin ich nicht im Stande, mit all meinem Besitz nicht. Wollen sie wissen warum all das? Warum ich all das tat?“

 

„Ja, antwortete Fung Shi.“

 

„Ich wollte ihnen das größte Geschenk überhaupt machen, das man mit seinem ganzen Besitz auf Erden nicht bezahlen kann. Ich wollte ihnen ein Leben voller

Lebensmut mit einem schönen Ziel vor Augen schenken. Es ist mir misslungen.“

 

„Ich überlies damals meinem Sohn die Wahl die passende Person zu finden und er wählte sie, einen Bauern der sich von seinem Reisfeld nach Hause zu seinem kleinen Besitz schleppte um seine Frau in die Arme zu schließen. Nach dieser Prüfung wusste ich das er zum herrschen bereit war.

Sie haben dieses ihr größtmögliches Glück das ihnen bis dato beschert war seit neunzehn Jahren weitest gehend aus den Augen verloren. Ich drei Jahre früher.“

 

„Die Zeit muss ihnen ewig vorgekommen sein und oftmals sinnlos. Das Leben ist und war so gut zu ihnen wie zu meinem Sohn und trotzdem haben sie nie aufgegeben - was mir misslungen ist; ich mir aber nie eingestand. Das wollte ich meinem Sohn zeigen; deshalb habe ich so viele Jahre zugewartet. Inzwischen ist er gekrönt und ein guter gerechter Herrscher.“

„Ich meine bevor ich meinem Sohn den kleinen wertlosen Silberring von meiner toten Frau und seiner Mutter gab, um damit sein großes aber trauriges Herz mit einem bedürftigen Menschen seiner Wahl zu tauschen, sowie die Aussicht auf das große Glück in diesem zu entzünden, das

ihm bei seiner Mutter Tod verloren ging. Ich hoffte dass ihm die Aussicht auf das große Glück eines anderen seinen eigenen Schmerz vergessen lässt. Auch das ist mir misslungen. Deshalb bin ich heute hier. Ich will unser letztes bisschen Glück in Form eines kleinen Silberringes den sie noch besitzen gegen unser Versprechen eintauschen.“

 

Fung Shi sagte nichts. Er gab dem alten den verlangten Ring zurück und zählt seitdem kein Jahr seines Lebens sowie keine Münze mehr. Er ist bis heute wie schon erwähnt jung in seiner Erscheinung geblieben und nach seinem Tod zierte einzig und allein ein mildes

freundliches Lächeln der Zufriedenheit sein entspanntes fröhliches Gesicht.

Ich glaube er hatte immer ein Ziel gehabt von diesem Tage an, doch dessen Geheimnis bleibt wohl den meisten ein Leben lang verschlossen und verborgen. Manch einer wird sagen, es war der Ring; manch anderer die Hoffnung auf ein besseres Leben. 
Ich persönlich glaube er war glücklich wie er und sein Leben war und lies sich dieses trotz allem niemals für Reichtum und die Aussicht auf Macht abknöpfen, die einen Menschen doch oft nur Jahre kosten können statt sie zu schenken.“  



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Copyright

Text & Coverbild:


2015 © Simon Käßheimer


 Illustration:


Pixabay.com

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Hörbuch

Über den Autor

Buhuuuh
Ich bin Hobbyautor aus Leidenschaft, das Schreiben kam mal wie ein Löwenzahnschirmchen zu mir ins Zimmer und in meine Welt geflogen, Ich hab es aufgefangen und seitdem lässt es mich nicht mehr los. :-)
Eigentlich war und bin ich gar kein so großer Leser aber am Schreiben bin ich irgendwie hängen geblieben. Macht mir einfach Spaß; besonders wenn die Geschichte Erfolg hat und anderen Freude bereitet und somit gefällt. :-)

Ansonsten gibt`s noch zu sagen über mich das ich einfach gerne kreativ bin und was versuch aus der mir gegebenen Lebenszeit zu machen. Sei es nun Kunst, Musik, Schreiben ( in vielfältiger Weise ) o.w.a.i.. Ich schau aber auch gern einfach mal `nen Film an oder hör bis zum abwinken Musik wenn ich nicht grad mit Freunden und Bekannten was mach oder unternehm.

Mehr noch über mich und meine Person - siehe: http://www.simonkaessheimer.de

Achso: ,,Meine Texte hier sind größtenteils unlektortiert eingestellt ( nicht quergelesen ) also bitte habt Nachsicht mit mir diesbezüglich!" Rechtschreibtips und konstruktive wohlwollende Kritik dieser Art aber immer erwünscht bis gewollt.

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gela556  Eine sehr schöne Geschichte, denn ich liebe die Filme von diesem Land.
Eben so, lese ich diese auch sehr gerne.
LG, Gela
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Schön, danke für Favorit, lesen und deine Coins! :)

Komm wieder zum lesen!

Simon
Vor langer Zeit - Antworten
gela556 Wenn Du wieder so eine tolle Geschichte hast.... aber klar doch.
Ich komme gerne hier her zurück zum lesen.
Habe noch einen wunderschönen Abend.
Liebe Grüße, Gela
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Dankeschön, dir auch! :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Terazuma Hallo Buhuuuh!
Nochmals Danke für deinen Willkommensgruß.^^
Deine Geschichte vom alten Chinesen fand ich ausgesprochen berührend.
Du schreibst sehr gut, flüssig und es ist leicht zu lesen. Man hat das Gefühl, die Worte gleiten dir völlig mühelos aus der Feder - oder in unserer Zeit wohl eher aus der Tastatur. XDDD
Den Spaß am Schreiben merkt man dir ebenfalls an, es ist wirklich ein Vergnügen deinen Worten zu folgen. ^^
LG Terazuma
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Bitteschön. :-)

Dankeschön für`s dicke Lob und auf Wiederlesen!

Simon
Vor langer Zeit - Antworten
EllaWolke Eine wirklich tolle Geschichte mit einer großen Botschaft ...

Gern gelesen
LG Ella
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Buhuuuh Vielen Dank! Danke auch für die Coins! :-)

Simon
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