Die Zauberlichtfee
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Der Garten der Zauberlichtfee lag auf der sonnigen Seite der Traumwelt. Wunderschöne Blumen und bizarre Gräser wuchsen hier. Auf den Bäumen hing Obst in allen Farben. Feengleiche Schmetterlinge flatterten durch die Luft. Ein silbrig strahlendes Licht lies alles traumhaft schön und farbenprächtig erscheinen.
Die Zauberlichtfee schwebte durch ihren paradiesischen Garten. Streichelte hier eine der zauberhaften Blüten, berührte dort die Spitze eines der Gräser. Die Blüte bedankte sich mit ihrer Schönheit, der Grashalm mit einem freundlichen Winken. Sie liebte ihren Garten und alles was hier wuchs und lebte.
Um die Mittagszeit war ihr nach einem kleinen Schlummer. Sie machte es sich im Moos unter dem Kirschbaum bequem. Sie schloss die Augen, ein süßer, entspannter Laut kam über ihre Lippen.
Als wäre dies ein Lockruf gewesen, scharten sich um sie nun alle Tiere ihres Gartens um ihre Ruhe zu beschützen und über ihren Schlaf zu wachen. Die Vögel, die immer ihre Lebensfreude durch lautes Zwischern zum Ausdruck brachten wurden still. Die immer emsig arbeitenden Ameisen, gesellten sich zusammen und unterbrachen ihre Arbeit aus Liebe zu der Zauberlichtfee.Es sollte nicht das kleinste Geräusch den erholsamen Schlaf der Fee stören.
So brachten alle Lebewesen des Feengartens der Fee Respekt, Achtung und Liebe entgegen. In gleichem Maße wie es ihnen zu Gute kam.
Die Fee wusste darum. In dieser Geborgenheit fiel sie in einen tiefen Schlaf.
Sie schlief immer tief und fest und wusste nie um ihre Träume, obwohl ihr bewusst war, dass auch sie ihre Träume hatte.
Immer tiefer sank sie in den Schlaf und wusste nichts mehr von den Tieren, ihrem Garten, nichts mehr von sich selbst. Eine Tür in eine andere Bewusstseinswelt öffnete sich und sie trat in eine andere Welt. Einen glückseliger Seufzer vernahmen ihre Traumhüter. Neugierig schauten sie ihre Geliebte an, denn im Traum war sie immer still, gleich einer Toten. Der Schlaf der Fee war üblicherweise vollkommene Ruhe. Die Aufmerksamkeit der Tiere begleitete die Töne und Laute der schlafenden Fee.
Die Fee träumte von einem wundervollen Licht, das sie umhüllte, sie streichelnd liebte, sie wärmte und ihr ein unvorstellbares Wohlgefühl schenkte. Grenzenloses Vertrauen erlaubte dem Licht sie zu umhüllen und zu durchdringen. Es tat ihr so unbeschreiblich gut. Sie badete förmlich in diesem Licht.
„Du wunderbares Licht, woher kommst Du?“
„Willst Du das wirklich wissen?“, fragte das Licht.
Die Fee bejahte diese Frage voller innerer Ãœberzeugung.
„Dann folge mir!“
„Ja, ich folge Dir, wo immer Du mich hinführen magst.“
Das Zauberlicht bewegte sich spiralförmig vor ihr. Sie sah Farben und Lichtstrahlen in ungekannter Intensität. Sie fühlte jede Farbe und jeden Lichtstrahl, es gab keine Worte für das was sie fühlte.
„Deine Heimat muss einmalig sein! Ich will Dir folgen.“
In ihrer Vorstellung erschien ein nicht definierbares, gigantisches Ziel. Die Gewissheit von Geborgenheit und unendliches Vertrauen erfüllte sie. Und so folgte sie dem Licht.
Sie sah nur dieses Licht. Alles andere war Nebel. Unwissend, doch voller Vertrauen ging sie weiter. Den Weg, den das Licht vorgab. Sie bemerkte, dass mit jedem Schritt den sie tat die Schwere wich und immer mehr Leichtigkeit fühlbar wurde. Das Gehen wurde zu einem Schweben. Dieses Schweben löste sich auf, sie war nur noch ein Hauch. Auch dieser Hauch löste sich auf. Sie war ein kaum beschreibbares Etwas geworden, das nur ein Ziel hatte, dem Licht zu folgen, sich ihm ganz hinzugeben. Alles andere hatte keinerlei Bedeutung mehr. Ohne zu wissen, wer sie jetzt war und wohin sie gehen würde glitt sie weiter in das Unbekannte. Willenlos, unwissend, erfüllt von totaler Hingabe und grenzenlosem Vertrauen. Begleitet von einem nie erfahrenen Wohlgefühl. Unterwegs zur Heimat des Lichtes begegneten ihr Bilder, Gerüche, Empfindungen, Farben. Wesenheiten, die sie in Erstaunen versetzten sah sie. Ohne das Vertrauen in dieses zauberhafte Licht wäre manch einer der Anblicke Grund für Angst oder Verzweiflung und es wäre ihr nicht möglich gewesen die Reise fortzusetzen. Begleitet von diesem Licht ging die Reise vertrauensvoll weiter und sie ließ alle Eindrücke beobachtend an sich vorüberziehen.
Sie fragte das Licht, warum sie all dies sehen müsse. „Muss das sein?“
Die Antwort des Lichtes war: „Weil es da ist. Könntest Du all das dies nicht tragen, wäre es Dir nicht möglich meinen Ursprung kennenzulernen. Die Fee nahm die Antwort auf, verstand jedoch nicht. Ihr Vertrauen war so felsenfest, dass es auch Unwissenheit nicht erschütterte. Es ging nicht um Verstehen, es ging darum dem Licht zu folgen. Und so bewegte sie sich dem Licht folgend beständig weiter.
Schimmernd blau, lila, rot, silber, gold, orange tat sich vor ihnen ein Meer auf. Das Licht legte sich gleich einem Teppich auf den schwarzen Strand. Die Zauberlichfee nahm wahr wie sie von einem Hauch zum Schweben, vom Schweben wieder in die Schwere ihres leichten Körpers zurückkehrte und sich sanft auf den Lichtteppich legte.
„ Ja, kleine Fee lege Dich auf mich. Ich trage Dich. Ruhe Dich aus für die weitere Reise.“ Hörte Fee die zärtlich, liebenden Worte des Lichtes.
Sie ließ sich in die Geborgenheit des Lichtes fallen. All ihre Müdigkeit und Schwere lösten sich auf, als würden sie ihr einfach weg genommen.
„Bist Du es, das mich so erfrischt, mich so leicht sein lässt?“
„ Es ist Dein Vertrauen in mich“, lächelte das Licht.
Unverständnis blitze durch ihre Gedanken, beschloss jedoch die Antwort des Lichtes einfach so hinzunehmen. In die Stille sprach das Licht: „ Wir müssen diesen Ozean überqueren.“
Die Fee schaute sich um. „ Du wunderbares Licht, ich will Dir folgen, doch sehe ich kein Boot, kein Schiff, mit dem wir diesen riesigen Ozean überqueren könnten.“
Die prompte Antwort des Lichtes: „ Du bist Dein eigenes Schiff.“
„Ich bin mein eigenes Schiff?“ Fast zaghaft kam diese Frage von den Lippen der Fee.
„Ja, das bist Du! Gehe nun und überquere das Wasser!“
Das erste Mal seit Beginn dieser Lichtreise fühlte die Fee Zweifel.
„ Du wundervollstes Licht, ich kann zwar schwimmen, aber reicht meine Kraft aus die Weite dieses Meeres zu überwinden? Schaffe ich es an einem anderen Ufer anzukommen?“
„Du hast die Freiheit unsere gemeinsame Reise jederzeit zu beenden. So stelle ich Dir erneut die Frage, möchtest Du meine Heimat kennenlernen oder soll ich Dich zurück begleiten? Beides ist möglich und beides ist richtig. Du entscheidest.“
Eine Entscheidung steht an, wurde der Fee bewusst.
„ Geliebtes Licht, das erste mal seit langem weiß ich nicht, was ich will. Ich habe einen wunderschönen Garten. Alle meine Pflanzen, meine Tiere liebe ich und sie lieben mich. Du mein Licht gabst mir ein Wohlgefühl, das dies alles übertrifft. Ja, ich kann gar nicht anders als Dir in Deine Heimat zu folgen. Bitte führe mich weiter.“
„Gut, so sei es!“
War die Antwort des Lichtes und was erstaunlich war, es strahlte noch mehr.
„Komm geliebte Fee, machen wir uns auf den Weg.“
Die Fee erhob sich und folgte dem spiralförmig sich bewegenden Licht in die Wellen. Das Licht vor sich, begann sie zu schwimmen, sobald ihre Füße den Kontakt mit dem Grund verloren hatten. So schwamm sie und schwamm dem Licht folgend. Jedes Zeitempfinden verlor sich. Sie hatte keine Ahnung wie lange sie sich schon schwimmend im Wasser bewegte. Die körperlichen Kräfte fühlte sie schwinden, schwamm dennoch weiter.
„Geliebtes Licht! Ich werde Dir nicht weiter folgen können, so sehr ich auch will. Meine Kraft verlässt mich.“
„Wer sagt, dass Du Kraft haben musst?“
„ Zum Schwimmen brauche ich die Kraft meines Körpers. Wie sonst sollte ich diesen Ozean überqueren können?“
„Ich sagte Dir doch, Du bist Dein eigenes Schiff!“
Das Licht strahlte die Fee an und fragte: „ Liebe Fee, was macht ein Schiff?“
Die Fee ärgerte sich über diese Frage.
Unerbittlich wiederholte das Licht die Frage:“Liebe Fee, was macht ein Schiff? Beantworte bitte meine Frage“, bat das Licht mit unendlicher Geduld.
„Das Schiff schwimmt auf dem Wasser, aber ich kann nicht mehr schwimmen!“
„Muss ein Schiff um auf dem Wasser zu schwimmen Schwimmbewegungen machen?“
„Nein!“ rief die Fee. „Es kommt allerdings ohne Kraftaufwendung auch nicht da an, wo es ankommen möchte.“
„Vergiss Dein Ziel“, bat das Licht.
Die Fee beendete ihr Tun. Sie legte sich auf den Rücken, übergab ihren Körper den Wellen des Meeres, ließ alles Wollen los. Im Bewusstsein, dass unzählige Wasserhände sie tragen lag sie schwerelos auf dem Wasser. Erfüllt von erneutem Vertrauen erfuhr sie das liebende Getragensein. Sie war glücklich. Ihr Körper war eins geworden mit dem Wasser. Die Bewegungen des Wassers, die Wellen, waren die Bewegungen ihres Körpers. Mit geschlossenen Augen sah sie die Lichtreflexe und Linien des Wassers. Ihr Körper nahm die Temperatur des Wassers an. Momente der Einheit. Augenblicke bewussten Erlebens. Glücksgefühl, Geborgenheit, Liebe.