6 Freunde gegen einen Berg, doch kommt es ganz anders (Name von Kapitel 3&4 entnommen aus Rammsteins Dalai Lama)
„Es wird Zeit“, stellte Rob fest.
Die anderen stimmten durch stummes Nicken zu. Nur Kim zeigte keine Regung. Wusch er sich gerade das Gesicht am Bach. Das Licht brach sich in allen Farben darin. Das eisige Wasser war so klar, wie es nur an einem Gebirgsbach sein konnte. Man konnte die vielen Kiesel am Grund in ihrer natürlichen Farbe sehen, auch wie manche bunt leuchteten oder wie sie von der Strömung bewegt wurden. Dazwischen erkannte man kleine Kaulquappen herumflitzen. Sogar das ein oder andere Fischchen. Es war idyllisch wie er sich durch die Bergwiesen schlängelte. Überall blühte es gelb, blau, rot, das alles im Grün der Gräser.
Die Gruppe hatte vor dem Aufstieg eine Pause gemacht. Nochmal die Kräfte sammeln, die Natur genießen. Dorthin wo sie hin gingen würden sie so etwas nicht so schnell wieder sehen.
Alle außer Kim standen auf, packten die Decken auf denen sie gesessen haben wieder in die Rucksäcke und schulterten diese. Wenn sie heute noch eine Ebene zu schlafen erreichen wollten, so mussten sie jetzt los.
Rob übernahm die Führung, gefolgt von Richy, Paulson, Susanne und Chris. Als Letzter an Kim vorbei kam, legte er seine Hand auf seine Schulter. Kurz blickten sie sich in die Augen. Es war nicht nur Freundschaft was darin stand. Bedingungsloses Vertrauen. Aber auch Sorge. Mehr noch als sie üblich vor dem Bergsteigen hatten. War es doch kein ungefährliches Hobby, konnte doch jedes Mal etwas passieren, doch diesmal war es fast schon eine Sicherheit. Dennoch erhob sich Kim und zog seinen Rucksack auf.
Der Aufstieg begann.
Das erste Stück war einfach. Rob konnte Vorstieg klettern, Richy sicherte. Der Hang eignete sich auch gut problemlos ein paar Friends und Keile zu setzen. Griffe und Tritte gab es im Übermaß. Auf einem Vorsprung richtete er einen Stand ein. Nach und nach konnten die anderen nach klettern. Sie waren zu jedem Zeitpunkt immer gesichert. Nichts konnte passieren.
Als letzter kletterte Kim. Er entfernte die Hilfen aus dem Berg. Kaum hatte er den Vorsprung erreicht meinte Paulson: „Sodas war der einfache Part. Jetzt wird es schwer.“ Allgemeines Lächeln in der Gruppe. Jeder kannte die Route. Wusste was auf sie zukommen wird.
Bis zum nächsten Vorsprung war es zu weit, als das man ihn über Vorstieg erreichen konnte. Jetzt mussten sie zu sechst an die Wand. Was natürlich das Risiko erhöhte, auch wenn es noch bedetend kleiner war als beim Free-Climbing.
Jeder nahm einen Schluck aus den Feldflaschen. Sie banden sich gegenseitig zusammen.
Rob sollte Recht behalten.
Es waren nur noch wenige Meter, die sie von der Ebene trennten. Sie war nicht besonders groß, doch sollte sie genügen, dass sie das Zelt darauf errichteten und die Nacht verbrachten ohne Angst zu haben in die Tiefe zu stürzen. Nachdem sie hochgeklettert waren sahen sie stumm nach unten. Das Licht der Sonne schwand und mit der Dämmerung setzte der Schneefall ein.
„Wir wussten, dass so etwas passieren konnte, jeden Tag. Wir alle kannten ihn. Wenn er es sich ‘raussuchen durfte, so wollte er sterben. Lasst uns ein Zelt aufstellen, ehe wir erfrieren“, meinte Richy.
Das war zu viel für Chris: „Verdammt. Dir gefällt es wohl auch noch. Wirst jetzt heim gehen und seine Frau trösten. Jeder weiß das du das willst.“
Paulson ging dazwischen: „Hey, hey ruhig.“
Die beiden Streithähne sahen sich hasserfüllt an, doch ließen sie es damit auf sich beruhen. Stattdessen legten sie die Kletterausrüstung ab.
Susanne war gerade dabei ein Kletterseil aufzuschießen, als sie feststellte: „Der Riss ist glatt. Da hat jemand nachgeholfen.“
Sofort sahen sich Richy und Chris an. Es ging so schnell. Beide warfen ihre Rucksäcke die sie auspackten zu Boden, dass dabei einer in den Abgrund fiel, interessierte sie nicht weiter, und schon gingen sie aufeinander los.
Was mit ein paar Schlägen angefangen hatte, wurde schon bald zum Ringkampf. Paulson und Rob stürzten sich auf sie, wollten sie auseinander ziehen. Paulson zog mit aller Kraft an Chris. Irgendwann lösten sich die Streitenden, doch mit einer solchen Wucht, das die beiden nach hinten taumelten. So weit, dass sie gegen Susanne stießen. Sie wollte von dem Kampf soweit wie möglich weg sein, um nicht reingezogen zu werden, stand also ziemlich weit am Abgrund. Die Seile in den Händen. Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, ließ sie sie los. Die Schwerkraft tat ihr übriges.
Das kühlte die Gemüter. Paulson blickte den fallenden Seilen nach. Die anderen gesellten sich zu ihm. Wieder starrten sie stumm in die Tiefe.
„Das waren die langen Seile. Runterklettern ohne sie ist Selbstmord“, stellte Rob bitter fest.
Susanne wollte wissen: „Wer hatte das Zelt dabei?“
Betretenes Schweigen. Gegenseitiges Anblicken.
Schließlich war es Richy der zugab: „Es war in meinem Rucksack.“
Ein Blick in die Tiefe verriet das Schicksal des Rucksackes und seines Inhaltes.
Chris resümierte: „Keine Seile, kein Zelt. Die Nacht naht und man erwartet uns erst in 3 Tagen.“
Mehr musste nicht gesagt werden. Alle Fünf wussten was das bedeutete. Fast schon beneideten sie Kim
„Los geht‘s“, in Richys Stimme war deutliche Vorfreude zu hören. In gleicher Reihenfolge ging es weiter.
Der Fels wollte nicht bestiegen werden, das war offensichtlich. Man fand nur schwer Griffe. Selbst für sie, die schon so viele Berge bestiegen hatten, war es kein Vergnügen. Bis jetzt. Noch dazu, jeden Meter den sie erklommen wurde es kälter und die Luft dünner. Da sie langsam voran kamen gab es auch Probleme mit der Zeit. Wenn es dunkel wurde, hätten sie verloren. Nicht nur das sie nur schwerlich vorankamen, trotz den Lampen, die sie eingepackt hatten, würde es auch bitterkalt werden. Zu kalt, als das man die Nacht am Berg verbringen wollte.
Jetzt schon wurden die Pflanzen immer seltener. Der Stein wurde nackter. Sie sahen, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis ihre Hände in Schnee griffen.
„Wie weit noch?“, rief Susanne nach oben. Rob rief zurück: „Nicht mehr weit, wir haben es bald geschafft.“
Niemand fragte nach was bald bedeutete, es war einfach nur Erleichterung was sie verspürten. Die Tatsache, dass sie bald ihr Lager aufschlagen konnten gab ihnen neue Kraft. Mit diesem neuen Elan schmolzen die letzten Meter.
So kam es völlig überraschend. Als Kim sich gerade an einem guten Griff hochziehen wollte, gab der Stein nach. Das Geräusch des berstenden Felsen alarmierte alle, aber nur den Zurückfliegenden schockierte es richtig. Er hatte nicht mehr genug Zeit sich woanders festzuhalten. Trotz der Gewissheit das Seil würde halten, schrie er laut auf, wie er seinen freien Flug antrat. Normal sollte er nach nicht mal einen Meter gefangen werden, doch er fiel weiter.
Nichts hielt seinen Sturz
Seine Freunde schrien mit ihm, aber kein Wort konnte ihn retten. Das Seil war gerissen. So verschwand er im aufkommenden Nebel.
Die Freunde wurden still. Vielleicht bildeten sie es ein, aber mehr als einer vernahm das Geräusch des aufschlagenden Leibes.
„Verdammt was war das?“, brüllte Chris, als er das gerissene Seil betrachtete. „Das sollte einen Elefanten halten können.“
„Wir müssen weiter“, rief Rob zurück.
„Aber, aber“, stammelte Susanne. „Es war Kim, wir können doch nicht weiter klettern.“
„Es ist zu spät, als das wir zurück klettern“, stellte Richy fest. „Außerdem ist er tot, das kann keiner überleben.“
Paulson empörte sich: „Das kannst du nicht wissen.“
„Dennoch können wir nicht runter“, widersprach Rob.
„Wir gehen hoch, übernachten und klettern morgen wieder zurück“, beschloss Richy.
Stumm wurde der Vorschlag angenommen. Auch wenn sie es nicht wollten, so musste es sein.
d3f4c3r Re: - Zitat: (Original von Marloh am 18.03.2012 - 17:52 Uhr) Man kann es sich nicht leisten, beim Bergsteigen zu streiten... Sehr gute Schilderung dessen, was passieren kann und welche Konsequenzen es hat. 5 Points and a favourite Choice of mine. MarLoh Spätestens nach der darauffolgenden Nacht wird der Lernprozess der Bergerzwinger einsetzen, denn dann sind die Sinne geschärft für das, wie es nicht hätte sein dürfen... Danke schön. Wobei ich bezweifel das sie die Nacht überleben. Aber das wissen nur die Götter. Aus manchen Fehlern die man begeht kann man nicht mehr lernen. |