© Richard Rohner 2012
05.05.2217 – 21:46
Ein Mann saß auf der Zinne eines der hohen Gebäude in dem Teil der Stadt, den manche schon als „Slum“ bezeichneten. Sein langer Umhang wehte hinter ihm in der Nacht und verdeckte seine hagere Erscheinung, sowie den schwarzen Gummianzug mit den dunklen Stiefeln und gepanzerten Handschuhen. Nur eine kleine Lampe strahlte im schwachen Mondlicht der Nacht.
Vorsichtig sprang der Mann nun von einer Ecke zur nächsten, bis er auf einem Balkon stand. Die unscheinbare Glastür bestand wohl aus Panzerglas und im Türknauf war ein kleines, aber sehr, sehr robustes Tresorschloss eingelassen war.
Die Kombination, die man auswendig kennen musste, da keine Zahlen darauf standen, hatte 42 Zahlen und ging schließlich klickend auf.
Der Mann lächelte und stieß einen knarrenden Laut aus. Ein Geräusch ertönte, das sich anhörte als ob der Wind durch Birkenblätter blies.
Ein zweiter Mann sprang auf den Balkon. Die beiden Männer betraten das große Haus in den Slums. Vorsichtig traten sie den Flur entlang und ignorierten wild blinkende Mikrokameras die so offensichtlich versteckt waren, dass niemand diesen Flur hätte entlang gehen können, ohne das man sie hätte bemerken können. Für einen Moment sah man die Gesichter der Beiden, doch sie waren mit abstrusen Masken verhüllt. Selbst ein Irisscan wäre nutzlos, da sie in den Schlitzen ihrer Masken verspiegelte Plastikgläser trugen. Diese stammten wohl aus alten Sonnenbrillen.
Die Männer mussten Insider sein, da sie ohne Umschweife einen Bildschirm von der Wand rissen und einen Silikonfinger auf den darunter liegenden Scanner pressten. Piepend ging daraufhin eine Lampe an und ein Stück der Wand öffnete sich geräuschlos. Die Männer ignorierten den Aufzug darin, der sich nur mit einem speziellen Code (den sie zur Ausnahme nicht kannten) bedienen ließ. Stattdessen seilten sie sich mit einem Nanokabel ab, dessen Rolle sie mit einem Haken im billigen Boden versenkt hatten. Während der Abseilaktion unterhielten sie sich in der merkwürdigen Sprache, hektisch und rüde, doch so leise, dass man nicht wirklich etwas verstand. Als sie wenige Sekunden später in einem Kleinen Raum ankamen hielten sie. Es handelte sich lediglich um das Ende des Aufzugschachts, doch auf der Seite, auf der man aussteigen konnte, war eine kleine Einbuchtung. Einer der Männer zog eine Pistole aus einem Halfter an seinem Gürtel und zielte damit auf die Kuhle. Als er abdrückte hielt sich der andere sich die Ohren zu. Statt eines Projektils schoss eine Schallwelle daraus hervor. Die Frequenz war einzigartig und brachte den versteckten Mechanismus in der Wand zum kapitulieren. Das zischen von Stahlstiften ertönte und eine getarnte Tresortür schwang auf. Das schimmernde, blaue Material darin stecken die beiden Maskierten in spezielle Glasröhren und legten ein Kuvert mit einer Kreditkarte und einem Zettel hinein. In krakeliger Schrift stand dort:
Dies ist der Marktpreis Lopez. Wir haben ihnen gesagt wir zahlen nicht mehr.
Noch einen schönen Abend,
N & T
Schon verließen die Beiden den Raum wieder und verschwanden exakt 57 Sekunden bevor die Polizisten (durch die Kameras allarmiert) vorfuhren.
Die einzige Spur die sie hinterließen, war der Teilabdruck eines Schuhes in der Erde eines kaputten Blumentopfes. Dieser war geborsten gewesen und seine Erde hatte sich über den Balkon verteilt. Besagter Schuhabdruck war von einem Turnschuh einer unbekannten Marke, von der Größe 46. Das Profil war abgeschmirgelt und in die flache Sohle waren die Worte „Fuck you“ eingeritzt.
06.05.2217 – 09:21
Die Männer die sich „N“ und „T“ nannten, waren keine Verbrecher, aber „Don Lopez“ wie sich der Neureiche nannte, hatten ihnen das Achtfache für die Kryptonkohlenstoffkristalle berechnet. Diese waren schon teuer genug, da sie nur in einer speziellen Forschungseinrichtung in einer Geheimbasis der Amerikaner gewonnen werden konnte. Dabei handelte es sich um ein Material das eigentlich nicht hergestellt werden konnte, da Kohlenstoff nicht mit Krypton reagieren kann, da es zu den Edelgasen gehört.
Mithilfe eines Strenggeheimen Prozesses wurde in dieser Forschungseinrichtung nun die Stabilität der Elektronen in der äußersten Schale der Moleküle zerstört, wodurch die Beiden Stoffe reagieren konnten.
Aufgrund seiner hochenergetischen Eigenschaften war das Material sehr begehrt und dazu auch sehr selten (wie bereits erwähnt) was es unglaublich teuer machte. Bereits 0,004 Gramm davon kosteten 47.284.305 Credits.
Sei es, wie es wolle; Die Männer, die sich mit „N“ und „T“ abkürzten hießen eigentlich Tea (gesprochen Tii) und Android und waren Wissenschaftler (nach eigenem Ermessen, von anderen wurden sie mit mehr als nur mit Skepsis angesehen).
Auf ihre sonderbaren Namen waren sie auf Grund einer von Tea´s Schnapsideen gekommen;
Er hatte den Anfangsbuchstaben ihrer richtigen Namen benutzt und Wörter gesucht, die sich wie „T“ und „N“ anhörten. So hatte er sich nach dem Englischen Wort für Tee benannt und versucht seinen Kumpanen den Namen „En“ schmackhaft zu machen. Dafür hatte ihn dieser mit einem aufgemotzten Hinterlader mit Gelmunition ins Bein geschossen. Nachdem Tea seinen Verband wieder losgeworden war, kam er auf An, als Abkürzung für Android. Dies ließ sich Android gefallen und schoss Tea zur Bestätigung ins andere Bein.
Was die beiden Irren aber mit den Kristallen anfangen wollten wussten nur sie, aber was auch immer es war, es verschlang nur so viel ihres Kryptonkohlenstoffvorrats, dass „T“ sich aus den Resten noch ein paar Waffen baute. Nur für den Fall, wie er sagte.
Android dagegen nutzte sie für eine seiner strenggeheimen Erfindungen, die er mit Hilfe von Tea zusammenbaute.
Tea war ein großartiger Genetiker und hatte sich einige Exceed Gene eingepflanzt, allerdings hatte das nicht wirklich an seiner Größe etwas verändert, weshalb er ständig mit sich herumexperimentierte. Trotzdem gefiel es ihm aus Schott Dinge zu bauen die meist wenig und häufig keinen Nutzen hatten.
Android dagegen hatte sich auf Technik spezialisiert. Er hatte schon als Vierjähriger seinen ersten Generator gebaut und war eine Zeit lang wie T ein angesehener Wissenschaftler gewesen, bis die beiden untertauchen mussten. Warum erzählten sie niemandem.
„Ich geh raus. Uns geht das Geld aus.“ rief Tea in der seltsamen Sprache in die hohe Halle.
Er und Android lebten auf einem alten Schrottplatz, mit einer großen Autowerkstatt in der Android tüftelte, einem Gewächshaus in dem sie Gemüse anpflanzten, hohen Schottbergen aus denen sie sich nach Herzenslust bedienten und einer kleinen Hütte, die sie selbst gebaut hatten, indem sie den Schott eingeschmolzen hatten und zu einem Haus geformt hatten. Dieses Haus nannten sie liebevoll „No.4“, weil die ersten drei Versuche ein Haus zu bauen über ihren Köpfen eingebrochen waren.
„Wohin?“ brummte Android und fuhr mit einer Hebebühne unter einem Generator mit Wackelkontakt hervor.
Kinderkrankheiten nannte der Erfinder das.
„Keine Ahnung. Mal sehen was im Cyber Raven so los is. Hab zwar gehört, dass n´ Exceed den geschrotet hat, aber vielleicht gammeln da noch n´ paar rum, die ein bisschen Unterstützung brauchen.“
Android wuchtete sich hoch. In dem vor Motoröl schwarzem Haar stachen noch blonde Strähnen hervor. Sein hoch gewachsener Körper wirkte stark und schlaksig zugleich, vielleicht, weil er Schmuddelsachen in Übergröße trug. Tea war zwar 1, 76 groß, musste aber zu seinem Kumpanen aufblicken. Androids Gesicht war hoch und hatte etwas Weises und Altes an sich. Man hätte ihm nie angesehen, dass er jünger war, als Tea.
„Mach das lieber nicht. Da wimmelts´ bestimmt nur so von Bullen. Aber geh doch mal zu Sparrel. Der Penner hat immer was für das er sich zu fein is.
„Okay“ sagte Tea und ging in Richtung seiner Waffenkammer.
Android sah seinem Freund nach. Der schwarze Umhang fiel ihm über die Schultern und verbarg Teas Protektor 4. Das war Teas eigene Idee, ein kugelsichererer Overall, um einiges elastischer und dünner als ein Hide oder gar eine richtige Weste. Überall daran waren Holster angebracht um seinen Verfolgungswahn zu beruhigen. So steckte er sich sein treues Teslaschwert Bullenhorn, ein Betäubungsgewehr, eine zum Enterhaken zweckentfremdete Harpune und einige Rauchbomben in die dafür vorgesehenen Taschen der Weste. In eine gepanzerte Brusttasche steckte er vier kleine Röhrchen. Zwei waren mit einer perlmuttartig schimmernden, gelben Flüssigkeit gefüllt. In der dritten war eine blubbernde und schäumende blaue Substanz und in der vierten Röhre war ein Rosafarbenes Pulver, das so aussah als ob es nass geworden war, denn es war verklumpt und bildete Kaugummiartige Brocken. Die Röhrchen steckte er in die vier kleinen Schlaufen im inneren der Tasche. Daneben steckte er eine kleine Ampulle mit fünf Spritzen. Eine als Ersatz.
Er wollte gerade gehen, als sein Blick verschwamm. Android, der vorgab weiterzuarbeiten, sah aufmerksam hin. Aus einem Geheimfach in der Wand seiner offen liegenden Waffenkammer nahm er einen Prototyp eines Teslaschwertes. Nur, dass es irgendwie kein Teslaschwert war. Statt feinen Spulen, wurde die Schneide von winzigen Zacken aus einem durchsichtigen Material geziert.
Ein Kreissägenschwert, stellte Android entsetzt fest.
Tea hatte eine grausame Ader, das hatte er schon lang gewusst, aber wenn dieses Schwert das war wofür er es hielt… dann musste sein Freund wohl völlig verrückt sein.
Lächelnd steckte Tea sein Schwert in eine Hülle eines anderen Teslaschwertes. Diese passte nicht ganz und wackelte etwas, aber es war besser, als seinen Höllenzahn, anzuwerfen, solange das Heft noch von einigen nicht isolierten Kabeln berührt wurde, die geradewegs aus der bläulich schimmernden Kryptonkohlenstoffbatterie heraus hingen.
Das wäre Selbstmord, dachte der Elite bei sich.
Er steckte die grünliche Sägekette von Höllenzahn in eine Scheide die auch nicht so Recht passen wollte und schob ihn unter seinen abgenutzten, schwarzen Trenchcoat.
„Ich bin weg.“ rief er Android zu.
„Pass auf dich auf!“ mahnte der.
Aber er hatte mehr Angst um die Anderen, als um Tea.
06.05.2217 – 09:21
C54 stand wieder vor DRV7. Dieser hatte sich ihm bereits am tag zuvor als „Doc“ vorgestellt und danach den viel kleineren OverHuman angeschaut, wobei er sich etwas bücken musste, da sein leuchtend gelber Brustschutz verhinderte, dass er den Kopf ganz nah unten bewegen konnte.
„Und?“ fragte der Gigant.
C54 schluckte.
„Wie heißt du?“ versuchte Doc sich einzuschmeicheln.
„C54.“
„Aber hast du keinen Namen?“
„Nein“
„Dann nenne ich dich… Stormbringer? Cloud Stormbringer?“ grinste der Exceed unter seinem Helm.
Anscheinend fand er diese Parodie unglaublich komisch. C54 sah ihn perplex an.
„Cloud… Cloud Stormbringer? Na wenn du magst?“, meinte Cloud zögerlich.
Der Name hatte Etwas. Aber er wusste nicht was. Aber, wenn es dem Exceed Spaß machte.
„Gut“, meinte dieser, „Können wir dann gehen?“
„Ja, aber wohin?“
„Zu einem der ehemaligen Sponsoren von Leopold Ink.. Ein Mann namens John Sparrel.“
„Meinem Onkel?“ fragte DRV7.
„Öhm, Ja. Wenn du ihn so nennen willst…“ antwortete Cloud.
„Ahh…“ murmelte der Gigant dröhnend.
„Auf jeden Fall werden wir sein Testgelände benutzen um dich auf den neusten Stand zu bringen. Die Wissenschaftler hier, würden das in ihren eigenen Räumlichkeiten tun, aber du bist zu groß. Deine Reihe ist etwas… zu hoch geraten.“
„Ahh…“ wiederholte Doc, aber eigentlich interessierte es ihn nicht.
scrittura :D "Dies ließ sich Android gefallen und schoss Tea zur Bestätigung ins andere Bein" herrlich xD ich finde bei diesem Buch die Aufteilung so genial, mit den Daten und Uhrzeiten. ich muss die ganze Zeit an eine Verfilmung denken, wo unten dann die Daten eingeblendet werden :D Ich werde noch sciFi fan durch dich xD alles liebe, Fiona |