"Was?"
Ich war an der selben Stelle wie noch vor ein paar Sekunden. Aber als ich mich umdrehte, war dort nichts. Kein Monster. Nur das Undurchdringliche des Waldes. Hatte ich mir alles nur eingebildet? Aber es war alles so real... vielleicht wurde ich verrückt? Ich sah Gespenster. Ich sollte vielleicht besser zurück gehen. Aber... wo war "zurück"?
Etwas verloren schaute ich mich um. Schwer zu sagen in welche Richtung ich musste. Es gab weder einen Weg noch sonst was. Ich entschied mich einfach in die Richtung zu laufen, der ich den Rücken kehrte. Das schien mir im Moment am Schlausten.
So lief ich für einige Minuten in diese Richtung. Bis ich merkte, dass etwas nicht stimmte. Es war sehr hell hier. Ich konnte jeden Baum und jedes Blatt sehen, nicht so wie vor 15 Minuten. Naja, dachte ich, vielleicht haben sich einfach die Wolken verzogen.
Aber es war nie eine einzige Wolke am Himmel gewesen.
Aprubt blieb ich stehen und starrte zum Himmel hinauf. Sonnenstrahlen brauchen durch das Blätterdach. War ich... eingeschlafen? Ohnmächtig geworden? Oder...
Als hätte mich etwas gestochen rannte ich wieder los. Ich musste es einfach herausfinden, herausfinden, wo ich war.
Es ist hell. Die Sonne scheint am Himmel. Ein Monster hat mich verfolgt. Ich bin durch ein Loch im Boden gefallen. Und das sollte ich mir einbilden? Das sollte ein Traum sein? Das konnte ich einfach nicht glauben.
Plötzlich durchbrach ein Lachen die Stille des Waldes. Ein Kinderlachen. Es gab hier Kinder? Die wussten bestimmt, wo ich hinmusste!
Von neuer Energie belebt, rannte ich weiter in die Richtung, aus der das Lachen kam.
Als ich einen Strauch zur Seie bog, war der Wald plötzlich verschwunden. Ich hatte einen Ausgang gefunden.
Es war eine große Wiese, gesäumt mit Rosensträuchern und einem Brunnen. Die Beete waren Kunstvoll angerichtet, wie in einem Schlossgarten. Und wirklich, in weiter Ferne konnte ich die Mauern eines großen Gebäudes ausmachen. Wohnte hier ein König? Von Neugier getrieben verließ ich den Schutz des Waldes und trat in den Garten hinaus.
Vorsichtig und möglichst leise setzte ich einen Fuß vor den anderen. Nach einigen Metern entdeckte ich ein kleines, rotes Gebäude auf meiner rechten Seite. Es war ein Kinderspielhäuschen, nur etwas groß geraten. Kam das Kinderlachen von dort? Vorsichtig ging ich auf das Häuschen zu. Nun vernahm ich deutlich die Stimme eines kleinen Kindes. "Nun, wie wäre es mit noch einem Tee?"
Ich lächelte und ging nun sicherer auf das Häuschen zu. Es machte eine Teeparty. Es konnte nicht bedrohlich sein.
Selbstsicher öffnete ich die Tür.
Dort saß ein kleines Mädchen mit blonden Haaren und einer großen Babykappe auf dem Kopf um eine grünen Tisch gedeckt mit Kuchen und Tee, und einem Spiegel ihr gegenüber. Sie wisperte mit ernster Stimme die Worte: "Spiegel, Spiegel..."
Dann bemerkte sie mich.
"Oh! Und wer bist du?"
Sie sprang auf und hüpfte auf mich zu. Sie hatte rote Augen.
"Euh... und wer bist du?"
Sie grinste schadenfroh und erwiederte: "Ich bin du. Aber wer bist du...?"
"Chiho Shirabuki!" Verdammt. Ich wollte meinen Namen nicht sagen. Aber dieses Mädchen hatte etwas an sich, was einen alles vergessen lässt.
"Aha! Sollen wir tanzen? Ich bin doch so einsam..."
Bevor ich etwas erwiedern konnte, hatte sie meine Hände genommen, und wirbelte mich durch den Raum. "Mo-moment!", quiekte ich. Aber sie riss mich einfach weiter und sang: "Mirror, oh mirror, who will be my doll? Today, it's our secret carnival!" Ich versuchte ein Lächeln. Immerhin war sie schon süß. Sie drehte mich um meine Achse und rief vergnügt: "Los, klatsch in deine Hände!" Ich lachte, und tat es. Ich war im Bann ihres süßen Lächelns. Ich dreht noch ein paar Runden, aber als ich mich wieder ihr zuwandte, sah ich ihre Zähne. Lang und spitz.
Ich machte mich los und brachte ein paar Schritte zwischen uns. Sie schien erst nicht zu merken, dass sie nun alleine tanzte, sie sang immer noch und wirbelte umher "Mirror, oh mirror, who will be my do... huh?"
Sie blieb stehen, als sie merkte, dass sie alleine war. "WO IST MEINE PUPPE?!", schrie sie schrill. Mit aufgerissenen Augen drehte sie sich zu mir um. Und grinste wieder.
"Ich will dir ein Geschenk machen, dafür, dass du mich besucht hast."
"A-aber das ist gar nicht nötig!", winkte ich ab. Dieses Mädchen machte mir Angst. Hinzu kam, dass ich seinen Namen nicht kannte.
"Komm schon! Du machst mir so eine Freude!"
Sie holte eine Schüssel vom Tisch und reichte sie mir. "Die hat mein Bruder gemacht!"
In der Schüssel waren einzeln verpackte Bonbons, in rotem und blauem Papier.
"Aber ich habe im Moment keinen hunger..."
"Für Selbstgemachtes ist immer Platz!", grinste sie nur. Und dann sah sie unendlich traurig aus, als ich keinen nahm.
"O-okay... ich möchte ein Rotes..." Ich nahm zögerlich ein rotes Bonbon aus der Schüssel. Tief in mir rief eine Stimme, keines zu nehmen, aber ich wusste einfach nicht, warum ich das nicht tun sollte. Sie waren bestimmt lecker.
Langsam wickelte ich es unter dem erwartungsvollen Blick des Mädchens auf. Es war braun und fast durchsichtig, mit einer Flüßigkeit innen drin. Im Zeitlupentempo führte ich es zum Mund. Gerade, als ich es in diesen stecken wollte, flog die Tür auf.
"Fin! Du wirst dieses Mädchen nicht umbringen!"
Sofort ließ ich das Bonbon auf den Boden fallen. Es schlug mit einem klackern am Boden auf.
Reingefallen.