Romane & Erzählungen
Schlüssel

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"Schlüssel"
Veröffentlicht am 28. Februar 2012, 4 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Schlüssel

Schlüssel

Das Schiff schwankte so stark, dass ich davon wach wurde. Ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Flure waren leer, die Kabinentüren standen auf und zeigten in die leere Intimsphäre anderer. Ungemachte Betten, zerwühlte Koffer und Schränke, umgekippte Gläser und Ähnliches ließen leichte Panik in mir aufsteigen.

Ich rannte nach draußen zum Heck, nur in meinen Klamotten für die Nacht und meinem Schlüsselbund mit dem Schlüssel zu meinem intimen Reich auf diesem Schiff. Meine Haare zersaust, mein zerknittertes Gesicht jetzt durch die peitschenden Wellen und den tosenden Wind komplett gerötet. Mit aufgerissenen Augen schaute ich auf das Geschehen. Mein Urlaubsdampfer schaukelte gefährlich stark hin und her. Bei jedem Schaukeln klatschte eine heftige Gischt kalten Meerwassers auf die Decks unter mir. Das unterste Deck schien manchmal kaum noch sichtbar. 

Gerade als ich mich umdrehe, um mit der Menschenmenge an die Stirnseite des Schiffes zu gelangen, rempelt ein anderer Passagier mich an und ich verliere meinen Schlüssel. Ich sehe ihn noch auf das Deck unter uns fallen. Und was macht ein Mensch in Panik? Genau, das Unnötigste. Ich beuge mich noch einmal über die Reling und sehe meinen Schlüsselbund da liegen und renne wie eine Wilde los, um auf das Deck unter mir zu kommen. Hoffentlich schaffe ich es noch vor der nächsten Welle. Eben sah es so aus, als wenn der Schlüssel von einer Welle fast mitgerissen wurde.
Es ist nicht einfach, gegen den Strom zu schwimmen; das sagte mein Großvater schon immer zu mir. Ich denke nicht, dass er die körperliche Anstrengung meinte, aber auch hier hätte ich ihm jetzt zustimmen können. Einige Male wurde ich wie von den Massen wieder zurückgetragen. Doch irgendwann schaffte ich es. Ich lief auf meinen Schlüsselbund zu, fiel hin, rutschte ein Stück weiter in Richtung des Schlüssels und streckte meine Hand nach ihm aus. In dem Moment ergoß sich eine solche Welle über mich, dass ich nur noch Wasser schluckte. Gerade als ich dachte, es wäre vorbei mit mir, lag ich auf der gegenüberliegenden Seite des Decks, angelehnt an einer umgekippten Sonnenliege. Mein Blick galt sofort meinem Schlüsselbund, welches nur noch an einer etwas rausstehenden Schraube an der Rehling zum untersten Deck hing. Ich lief rüber, soweit man es Laufen nennen kann, bei diesem Seegang. Als ich ankam, sah ich mein Schlüsselbund nur noch nach unten fallen, auf das unterste Deck. Vollkommen abgehetzt und aus der Puste schaute ich erneut über die Reling und stellte mit ersetzen fest, dass der Schlüssel für immer verloren sein würde, da das unterste Deck bereits bis zur Hälfte unter Wasser stand. Dann klingelte mein Wecker...

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Bealein Re: Ein Schlüssel-Erlebnis...... -
Zitat: (Original von Marloh am 28.02.2012 - 16:05 Uhr) Als ob der Hut vom Kopfe fliegt, man rennt hinterher, wird unachtsam, begibt sich in unnötige Gefahr(en).
Schlüssel sind Orientierungspunkte, sicherheitsverheißende, vielbegehrte,
Objekte, sie zu verlieren ist unangenehm, auch das Gefühl immer irgendwie zu spät zu sein, bei den Rettungs- oder anderen Versuchen, wieder an den/die Schlüssel zu gelangen.

Ich hatte mich mal auf einer weit von zu Hause entfernten Highway selbst aus meinem Auto ausgeschlossen. Entgeistert schaute ich auf den Schlüssel, der an seinem Band etwas schadenfroh rübergrinste, als ich von der Beifahrerseite nachsah, ob er noch in der Zündung hing..... In einem Schnellimbiss in der Nähe bat ich darum, dass sie jemanden für mich kontaktieren, der mir wieder Zugang verschafft in mein Vehikel.
Das hat mich mehr als eine Stunde Aufenthalt (ohne Jacke, denn die war auch noch im Wagen) vor Ort gekostet. Und ein zweites Mal wird das so schnell nicht wieder vorkommen, darin war ich mir ziemlich sicher....
Vielleicht kann man noch an den Formulierungen feilen, um so die Spannung noch mehr zu steigern, denn die Tendenz ist erkennbar, eine verheerende Situation.
MarLoh


Hallo MarLoh,

schön, auch dazu wieder etwas von Dir zu lesen. Ich hatte den Traum vorletzte Nacht und er ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich habe immer wieder diese Gischt vor mir gesehen, das Wasser, was über einem zusammenbricht. Der Traum begleitet mich seit gestern durch meinen Tag. Ich hatte in meiner Mittagspause das starke Gefühl, es aufzuschreiben. Vielleicht nehme ich den Faden noch mal auf und führe ihn weiter - in Ruhe dann.

Lieben Dank dafür.
Vor langer Zeit - Antworten
Bealein Re: Die Intimsspähre, -
Zitat: (Original von kullerchen am 28.02.2012 - 14:18 Uhr) nun ein unpassendes Wort, doch alles andere, gut geschrieben, doch in Anbetracht der letzlichen Katastrophe, könnte es als unpassend ausgelegt werden.

Aber ich vestand, was dich trieb, nicht der Schlüssel, doch das Tun, die Absicht in dieser Situation nicht untätig zu sein. Menschlich, genauso absurd handeln die Menschen, wenn sie in solche Situation geraten, nicht nur im Traum.

Helden, sie würden niemals so handeln. Doch deshalb sind Helden so selten, sie sind so unrealistisch, in dem was sie tun. Gott sei Dank, dass es sie gibt, sonst gäb es immer mehr Tote und Verletzte.

Dein Traum, er wurde letzlich leider Realität, für viele Urlauber und der Kapitän, er suchte wohl nach einer Entschuldigung, im Rettungsboot, in dem er als einer der ersten saß.

Feigling, denn schließlich wurde er zu Helden ausgebildet. Traurig, woran mich erinnert, was du schriebst.

Ich denke an die Opfer dieser Katastrophe und hoffe, dass sie dort sind, wohin sie sich in diesem Falle wünschten. Den Angehörigen kann ich nur mein tiefstes Mitgefühl ausprechen.

Schau, was du in mir, mit deinen Worten, ausgelöst hast, echte Wut, Anteilnahme und Trauer.

Manchmal tun Worte dies und manchmal erscheint es pietätlos, ist es aber nicht.

LG Simone


Liebe Simone/Kullerchen,

Du hast in mir eine Gänsehaut ausgelöst, mit Deinen Gedanken zu meinem Traum. Du hast vollkommen recht.

Mag sein, dass ich in meinem Traum auf der einen Seite auch diese schrecklichen Vorkommnisse versuche zu verarbeiten. Ich hatte es im ersten Moment nicht verstanden, wie dieses Schiff in meinen Traum kommt. Doch jetzt hast Du mir eine andere Sichtweise gegeben.

Ich danke Dir.
Vor langer Zeit - Antworten
kullerchen Die Intimsspähre, - nun ein unpassendes Wort, doch alles andere, gut geschrieben, doch in Anbetracht der letzlichen Katastrophe, könnte es als unpassend ausgelegt werden.

Aber ich vestand, was dich trieb, nicht der Schlüssel, doch das Tun, die Absicht in dieser Situation nicht untätig zu sein. Menschlich, genauso absurd handeln die Menschen, wenn sie in solche Situation geraten, nicht nur im Traum.

Helden, sie würden niemals so handeln. Doch deshalb sind Helden so selten, sie sind so unrealistisch, in dem was sie tun. Gott sei Dank, dass es sie gibt, sonst gäb es immer mehr Tote und Verletzte.

Dein Traum, er wurde letzlich leider Realität, für viele Urlauber und der Kapitän, er suchte wohl nach einer Entschuldigung, im Rettungsboot, in dem er als einer der ersten saß.

Feigling, denn schließlich wurde er zu Helden ausgebildet. Traurig, woran mich erinnert, was du schriebst.

Ich denke an die Opfer dieser Katastrophe und hoffe, dass sie dort sind, wohin sie sich in diesem Falle wünschten. Den Angehörigen kann ich nur mein tiefstes Mitgefühl ausprechen.

Schau, was du in mir, mit deinen Worten, ausgelöst hast, echte Wut, Anteilnahme und Trauer.

Manchmal tun Worte dies und manchmal erscheint es pietätlos, ist es aber nicht.

LG Simone
Vor langer Zeit - Antworten
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