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Wortbild - ein Experiment

Wortbild

Die Leinwand ist quadratisch und so groß, wie du sie haben möchtest. Wir malen mit unseren Händen, den Fingern, den Fingernägeln. Wenn du lange Haare hast kannst du auch gerne die Haarspitzen als Pinsel nutzen. Wenn eine Glatze dein edles Haupt ziert, dann setze diese ein. Alles was Du Körper nennst, kann Werkzeug sein für dieses Bild, das wir nun gemeinsam malen. Es ist ein Bild. Die Anzahl der Variationen dieses einen Gemäldes ist nicht bekannt.

Wir tauchen die rechte Hand in rote Farbe und schmieren diese schnell und wahllos über die Leinwand. Wir treten nach dieser Aktion ein paar Schritte zurück um uns diesen Anfang anzuschauen um ihn wirken zu lassen. Die Reste der roten Farbe tropfen zu Boden. Bereit für den nächsten Schritt tauchen wir die Fingerspitzen in die Schwärze der Nacht. Beinahe zärtlich lassen wir schwarz und rot einander begegnen. Berührt von dieser zärtlichen Begegnung und selbstvergessen erkennen wir kontrastreiche Formen. In dieser Selbstvergessenheit reiben sich rote Handflächen und schwarze Fingerspitzen aneinander und warten auf einen erneuten Einsatz. Der Geist wählt erneut schwarz und greift diesmal mit der rechten Hand gierig zu. Die linke obere Ecke der Leinwand wird regelrecht bombadiert mit der schwarzen Farben-Fülle. Schwarze Rinnsale bewegen sich meditativ zum unteren Ende der linken Seite der Leinwand. Die rote Farbe wird ohne große Mühe überwunden. Die Kraft der schwarzen Rinnsale lässt nach und stoppt ganz ca. drei Zentimeter über dem unteren Rand. Wir nehmen unseren linken Ellbogen und bewegen ihn mit kreisender Sportlichkeit über die schwarzen Rinnsale. Rot mischt sich an manchen Stellen dezent bei. Quirlige schwarz-rote Spiralen entstehen. Es ist wieder Zeit auf Distanz zu gehen um das Werk zu würdigen. Die rechte Hand greift in weiße Farbe und trägt sie tropfend oben rechts auf. Die Farbreste auf der Handfläche brechen das Weiß, das sich vertikal verteilt. Grau-rosa-Farbtöne werden geboren. Rosatöne werden mit den Fingernägeln bearbeitet. Filigrane Blütengebilde erscheinen. Die Grautöne werden mit Zeige- und Mittelfinger verwischt. Schattengebilde werden kreiert, die der Phantasie Freiraum schenken. Wir tauchen abermals die rechte Hand in die leuchtend rote Farbe und gestalten die rechte untere Hälfte der Leinwand horizontal. Danach wird mit der linken Hand Schwarz aufgenommen und die linke untere Hälfte damit auf gleiche Art bearbeitet. Ein schwarz-rotes Etwas entsteht, in das sich die tropfenden Rinnsale verschiedenfarbig einfügen. Wir treten zurück und schauen neugierig auf das Werdende, sich Entfaltende. Lange stehen wir und schauen.

Es ist vollendet, ein Bild, das jeder anders sieht.