"Seid ihr alle startbereit? Gleich geht es los!"
Wie aus weiter Ferne höre ich Pas Stiumme. Was geht los? Verwundert reibe ich meine Äuglein. Gerade habe ich noch geträumt und mit den kleinen Sternchen auf der Himmelswiese getanzt.
Da nimmt mich Hannah schon in den Arm und meint lachend: "Komm, mein liebes Bärchen, du hast wieder einmal alles verschlafen. Heute fahren wir auf den Dachstein".
Der Dachstein, das ist ein sehr hoher Berg, fast 3000 Meter hoch, so viel weiß ich schon, doch wie kommen wir da hinauf? Ich bin ratlos, müssen wir da marschieren oder gar klettern?
"Du brauchst keine Angst zu haben, mein kleiner Liebling", beruhigt mich Hannah, "zuerst fahren wir mit dem Auto ein Stückchen, dann steigen wir in eine riesengroße Gondel, die bringt uns bis zur Bergstation. Von dort hat man einen wunderbaren Rundblick über die Welt der Alpen. Wir können auf dem Gletscher spazieren gehen und sogar einen Eispalast besichtigen. Du wirst begeistert sein".
Gletscher, Eispalast..., jetzt im August? Das klingt sehr interessant. Pa hat schon einmal erzählt, dass auf ganz hohen Bergen auch im Sommer Schnee und Eis liegt, doch so richtig geglaubt habe ich das nicht. Heute geht es also dorthin, das wird aufregend.
Hannah, meine warme Jacke will ich sagen, doch Hannah hat schon längst alles eingepackt:
Regenschutz, warme Jacke, Wasserflasche, Kekse, Sonnenschutzcreme, Brille und Verbandszeug. Mit der richtigen Ausrüstung ist so eine Bergtour kein Problem. Sehr wichtig ist auch festes Schuhwerk, meine Wanderschuhe sind dafür bestens geeignet.
Nach einer kurzen Autofahrt kommen wir bei der Talstation der Bergbahn an und was sehen wir: Autos, Autos und wieder Autos. Ob so viele Menschen überhaupt auf der Bergspitze Platz haben, mir kommen die ersten Zweifel.
Doch Pa beruhigt uns alle. "Seht dort diese große Gondel, da haben sehr viele Menschen Platz, bald werden wir oben sein", meint er nur.
Staunend sehe ich jetzt eine riesige Gondel, die an einem dicken Seil hängt und sich langsam zu Tal bewegt. Da werden wir jetzt alle einsteigen und langsam hochgezogen werden, einfach ein toller Gedanke. So etwas hat sicher noch keiner meiner Freunde erlebt. Ich, der kleine Teddybär fahre in einer Gondel auf einen ganz, ganz hohen Berg und habe kein bisschen Angst, oder doch? Nein, das gebe ich einfach nicht zu, ich bin doch mutig, überhaupt in Hannahs Armen.
Trotz der vielen Menschen geht alles sehr schnell. Noch eben in einer Menschenmenge eingekeilt, stehen wir schon in der Gondel. Hannah hat einen Platz am Fenster ergattert und hält mich hoch, so dass ich alles ganz genau sehen kann. Langsam fahren wir den Berg hoch, immer kleiner und kleiner werden Bäume und Wiesen unter uns, bis man nur Felsen und Geröll erkennen kann.
Die Gondel fährt in ein Gebäude ein und schon heißt es aussteigen.
Über Metalltreppen und schmale Stege geht es bis zu einer großen Aussichtsplattform. Unter uns ein riesiges Eisfeld, auf dem viele kleine Ameisen herumlaufen oder sind es wirklich Menschen, wie Pa behauptet? Ich kann das kaum glauben. So sieht also ein Gletscher aus.
Vor uns der Berg, majestätisch, mächtig, eindrucksvoll.
Graue Felswände, in denen sich Menschen wie Spinnen hin und her bewegen, Bergsteiger, die an Seilen hängend, bis zum höchsten Gipfel emporklettern.
Ich bin überwältigt und kann mich nicht sattsehen an diesen Bildern. So schön habe ich mir diesen Ausflug nicht vorgestellt.
"Wenn ihr Lust habt, besichtigen wir jetzt den Eispalast", schlägt Mam vor.
Und ob wir Lust haben, ein Palast aus Eis, das klingt sehr geheimnisvoll.
Schnell ziehen wir unsere warmen Jacken an, denn dort könnte es empfindlich kalt werden und einen Schnupfen wollen wir uns wirklich nicht holen.
Der Eispalast entpuppt sich als riesige Höhle. Hannah bekommt plötzlich Angst. Höhlen mag sie nicht besonders gern.
Jetzt liegt es an mir, sie zu trösten.
In Höhlen kenne ich mich nämlich gut aus. Dort lebten ja meine Vorfahren vor vielen, vielen Jahren. Es ist recht gemütlich, man fühlt sich sicher und geborgen.
Ganz dicht schmiege ich mich jetzt in Hannahs Arme und singe ihr leise ein lustiges Bärenwanderliedchen vor und es zeigt Wirkung - sie lächelt.
Im Inneren der Höhle erwartet uns eine Märchenwunderwelt aus dickem, kalten Eis.
Den Thronsaal schmücken wunderschöne Säulen, die in wechselndem Licht erstrahlen.
Ein Formel 1 - Rennwagen, ein berühmter Klavierspieler, ja sogar die gesamte Familie Simpson, alles geschnitzt aus purem Eis. Wir halten uns an Seilen fest und gehen durch enge Gänge immer der Wand entlang, während leise Musik erklingt und bunte Lichtspiele die Skulturen zum Leben erwecken.
Wieder im Freien müssen sich meine Augen erst langsam an das Tageslicht gewöhnen. So eine Höhle ist eben immer etwas ganz besonderes für mich.
Anschließend marschieren wir über den Gletscher. Es ist naß und rutschig. Man muss gut aufpassen, um nicht auszurutschen und womöglich in eine tiefe Gletscherspalte zu fallen, so etwas soll schon einmal passiert sein. Doch Pa geht vorne und gibt auf uns alle acht, da fühle ich mich sicher.
Nach einiger Zeit werde ich müde und fast wäre ich eingeschlafen, da flüstert mir Hannah etwas ins Ohr. Es klingt so ähnlich wie ' ich bin hungrig'. Ach ja, Hannah, ich auch.
An den langen Rückweg bis zur Bergstation mag ich gar nicht denken.
Doch was sehe ich da vorne?
Einen Zauberteppich, der uns alle in ganz kurzer Zeit nach oben bringen wird. Manche Menschen sagen einfach respektlos Förderband dazu, doch für mich hat so etwas immer mit Zauberei zu tun, denn es bewegt sich wie von unsichtbarer Hand gezogen.
Alles einsteigen, Leute!
Etwas vorbeugen und schon geht es los.
Höher und höher die Anhöhe hinauf bis zur Aussichtsplattform und das alles ohne einen Schritt zu tun, ich bin begeistert und Hannah auch.
Oben angekommen machen wir eine kurze Pause in der Gaststube. Eine freundliche Kellnerin bringt uns Frankfurter Würstchen und eine Cola, für Hannah und mich mit rotem Strohhalm.
Diese Stärkung haben wir uns jetzt redlich verdient.
Bevor wir wieder mit der Gletscherbahn die Heimfahrt antreten, macht Pa noch einige Fotos für das Album. Mam schreibt später eine schöne Geschichte dazu und Hannah liest sie mir abends im Bett vor. Darauf freue ich mich schon heute.
Aus der Gondel ein letzter kurzer Blick über die beeindruckende Kulisse der Alpen und ein wunderschöner Tag neigt sich dem Ende zu.
In unserer Erinnerung wird er noch lange nachklingen.