Fantasy & Horror
Scarlett und das Geheimnis von Avalon (3) - Schachzug gegen Ivalin

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"Scarlett und das Geheimnis von Avalon (3) - Schachzug gegen Ivalin"
Veröffentlicht am 13. Februar 2012, 160 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Tjaaa.. eigentlich ich bin mehr eine Einzelgängerin und eine komlette Tagträumerin dazu xD Aber ab und an bin ich auch gerne unter Leuten, wobei es mir etwas an Gesprächsstoff fehlt, es sei denn es geht ums Schreiben und meine Geschichten. Da kann ich tagelang drüber reden :P Allerdings möchte ich hier auch mal zu meinen Geschichten anmerken, dass sie wirklich lange Stories sind, die sich über einen längeren Zeitraum erst richtig entwickeln und ...
Scarlett und das Geheimnis von Avalon (3) - Schachzug gegen Ivalin

Scarlett und das Geheimnis von Avalon (3) - Schachzug gegen Ivalin

Beschreibung

Scarlett, Cecil und Ivan arbeiten als Hunter für eine Organisation namens Avalon und fangen Dämonen ein, damit diese sich nicht an den Menschen vergreifen. Das Problem mit Ivalin steht immer noch zur Debatte. Nun aber tritt Irene auf einmal wieder auf Scarlett zu und lädt Saskia ein, bei Ivalin mitzumachen. Zwar ist es eine heikle Aktion, doch Scarlett entschließt sich die Chance zu nutzen und sich bei Ivalin umzusehen. Trotzdem besteht immer noch die Gefahr, dass Avalon bald den Befehl an alle Hunter gibt, die Mitglieder von Ivalin zu eleminieren. Davor graut es Scarlett am meisten und sie hofft inständig, dass ihr noch irgendetwas einfällt, um das zu verhindern. Ansonsten steht es um die Überlebenschancen ihrer Freundin ganz schön schlecht... Enthält: Kapitel 11-15

Kapitel 11

Scarlett musste bei den Gedanken an ihre ersten Tage mit Zachary lächeln. Am ersten Tag hatte er sie umbringen wollen, am zweiten hatten sie geschwiegen, am dritten hatten sie sich in die Haare gekriegt und am vierten Tag hatten sie Frieden geschlossen. Es war schon seltsam gewesen, doch Scarlett würde diese vier Tage wohl niemals vergessen.

Zachary fasste sich in dem Moment hinten an den Haaransatz, wo das weiße Band seine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Er hatte es noch immer im Haar. Scarlett war das aufgefallen und sie musste erneut lächeln, während Zachary nur wie üblich grinste. Er schien genau zu wissen, woran sie dachte.

„Was sollen wir jetzt eigentlich machen?“, fragte Keith, „Ich bringe nur ungern wieder unschöne Gedanken auf, aber wir wissen immer noch nicht, was wir mit Gabriel machen sollen.“

Sofort wurde es still und alle sahen Scarlett unsicher an.

Diese atmete einmal tief ein, dann sagte sie: „Wir sollten ihr ihren Wunsch erfüllen.“

Die anderen sahen sie verwirrt an.

„Lassen wir sie dorthin, wo mein Vater gerade ist“, sagte Scarlett, „Sie wird nicht aufhören an ihn zu denken, daher sollten wir es kurz und schmerzlos machen und damit fertig.“

„Aber.. sie ist immer noch deine Mutter“, sagte Cecil zweifelnd.

„Meine Mutter ist zusammen mit meinem Vater gestorben“, sagte Scarlett und sah Lilly an, die nach wie vor ihr Buch las, „Ich ertrage es langsam nicht mehr, diese Frau zu sehen und denken zu müssen, dass sie meine Mutter sei. Sie ist bereits tot und das schon lange.“

Einen Moment lang herrschte Stille, dann riss Zachary sich von Keith los und trat neben Scarlett. „Das ist die richtige Einstellung und jetzt lach wieder, so betrübt siehst du aus wie ein paar verfaulte Eier...“

Scarlett hatte einfach ihren freien Arm hochgerissen und ihre Faust hatte promt Zacharys Nase erwischt. „Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du es nicht übertreiben sollst, bis du aufhörst?“

„Ich denk noch nicht mal daran aufzuhören“, grinste Zachary und fasste sich an die Nase, „Aber warum immer meine Nase? Wenn du so weiter machst, ist sie bald schief.“

„Wäre doch eine Möglichkeit.“ Scarlett schmunzelte.

„Euch versteh einer wer will“, seufzte Cecil kopfschüttelnd, „Aber eins muss man dir lassen, du alter Ausbrecher, wenigstens weißt du, wie man sie wieder aufheitert.“

„Danke für die Blumen.“ Zachary sprang in dem Moment jedoch zurück, denn Keith versuchte ihn wieder zu packen. „Und ich verschwinde dann mal wieder...“

Keith wollte zufassen, doch Zachary zog im letzten Moment den Kopf ein und ging in die Hocke, ehe er rückwärts nach hinten sprang. Noch im Sprung drehte er sich und flitzte dann davon.

„Verflucht, wenn ich diesen Dämon erwische, kann er was erleben...“ Keith raste hinter Zachary her, doch es war eindeutig zu sehen, wer der Schnellere von beiden war.

„Tja, bringen wir dich mal wieder zu Sebastian“, sagte Scarlett daraufhin schief lächelnd zu Lilly.

Diese schien nichts dagegen zu haben. Sie saß immer noch auf Scarletts Unterarm und hatte den Kopf gegen ihre Schulter gelegt, während sie ihr Buch las. So machten sich Scarlett, Cecil und Ivan auf den Weg zur Treppe und betraten das zweite Untergeschoss. Es gab noch drei oder vier Stockwerke weiter unter der Erde, doch hier waren die Quartiere der Dämonen. Scarlett sah sich suchend um und entdeckte etwas weiter hinten auch Sebastian, der sich mit einem Dämon anlegte. Dieser versuchte sich von Sebastian loszureißen, welcher ihn am Kragen gepackt hatte und ihm einen Arm hinter dem Rücken verschränkte.

„Hey Sebastian“, sagte Scarlett und trat mit den beiden Jungen näher.

„Miss Scarlett, was verschafft mir denn diese Ehre?“, fragte Sebastian lächelnd, auch wenn der Dämon vor ihm sich immer noch nach allen Regeln der Kunst wand.

„Ich wollte Lilly wieder abliefern“, sagte Scarlett lächelnd und Lilly blickte verstohlen über den Rand ihres Buches.

„Sollte Keith sich nicht eigentlich darum kümmern?“, fragte Sebastian, „Und wo steckt eigentlich unser Wildfang?“

„Der dürfte hier auch noch irgendwo unten durch die Gegend rennen“, sagte Scarlett resigniert, „Und Keith ist wahrscheinlich mehr oder weniger direkt hinter ihm.“

„Oje.“ Sebastian schüttelte nur den Kopf. In dem Moment drehte der Dämon den Kopf und biss Sebastian in die Hand. Als dieser nur für einen Sekundenbruchteil locker ließ, riss der Dämon sich los und sprang auf Scarlett zu, die am weitesten vorne stand. Cecil und Ivan wollten gerade ihre Waffen erscheinen lassen und Sebastian hatte den Dämon schon fast wieder gepackt, als Lillys Buch auf dem Boden landete. Sie fauchte mit einem Mal absolut furchterregend und der Dämon sprang erschrocken wieder nach hinten, genau in Sebastians Arme.

„Na so geht´s auch“, stellte Sebastian leicht überrascht fest.

Scarlett sah die kleine Dämonin in ihrem Arm nur verblüfft an, die sich in dem Moment wieder an Scarletts Schulter kuschelte und so aussah als wäre nie etwas gewesen. Kopfschüttelnd hob Scarlett das Buch wieder vom Boden auf und gab es Lilly. Cecil und Ivan seufzten nur erleichtert.

„Klein aber oho“, sagte Sebastian lächelnd zu Lilly, dann packte er den Dämon vor sich härter, „Und dir werden wir das Beißen schon noch austreiben.“

Scarlett musste lächeln. Vor zwei Jahren noch hatte sie nicht so einen Respekt genossen und war einfach nur eine Hunter, die die Ausbildung gerade beendet hatte und noch grün hinter den Ohren war. Durch die Sache mit Zachary und ihre später folgenden Fänge von Dämon hatte sie inzwischen ein erhebliches Ansehen gewonnen und selbst die beiden Lehrmeister Keith und Sebastian akzeptierten sie als vollwertige Hunter, obwohl das nach gerade mal zwei Jahren nach der Ausbildung nicht üblich war. Cecil und Ivan genossen schon immer einen gesunden Respekt und bildeten gemeinsam mit Scarlett das wohl jüngste, erfolgreiche Hunter-Team. Scarlett war froh, dass sie es geschafft hatte und den beiden Jungen so wenigstens etwas dafür danken konnte, dass sie sie immer so unterstützten.

„Bleib endlich STEHEN!!“

 Scarlett und die anderen drehten sich überrascht um. Etwas weiter hinten im Gang schräg links von ihnen war Zachary zu sehen, der immer noch grinsend vor Keith flüchtete. Er sah jedoch nach oben und sprang dann mit einem Mal ab. Er schob eine lockere Deckenplatte zur Seite und verschwand nach oben. Keith kam unter dem Loch zum Stehen und fluchte wie ein Droschenkutscher.

Scarlett konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und auch die beiden Jungen neben ihr schmunzelten.

„Keith, sag nicht, er ist dir schon wieder entwischt“, sagte Sebastian mit einer hochgezogenen Augenbraue.

Keith drehte sich etwas überrascht um, nur um dann immer noch fluchend wieder in die andere Richtung zu laufen.

„Ich wusste ja gar nicht, dass einige der Deckenplatten nur locker eingesetzt wurden“, bemerkte Cecil mit einem schiefen Lächeln.

„Eigentlich sind sie und noch ein paar weitere solcher Vorrichtungen auch als Abkürzungen für uns gedacht, wenn ein Dämon mal entwischen und hier unten rumlaufen sollte“, sagte Sebastian, „Und eigentlich sollten die Dämonen auch nichts davon wissen.“

„Eigentlich...“ Scarlett grinste nur schief.

„Ja, dieses berühmte eigentlich“, sagte Sebastian, „Aber bei Zachary muss ich mir ja Gott sei Dank keine so großen Sorgen machen.“

„Er ist der einzige Dämon weit und breit, der einfach und ohne Theater dem Geruch von Menschenfleisch widersteht“, bemerkte Ivan.

„Das erinnert mich an unseren Freund hier“, sagte Sebastian und gab dem Dämon vor sich einen Stoß, „Dich bringen wir erst mal in dein Zimmer zurück.“

 

Montag ging dann wieder die Schule los und Scarlett seufzte nur. Irenes Anblick erinnerte sie wieder an ihr Problem mit der neuen Organisation Ivalin, die sich in den Kopf gesetzt hatte Avalon und die Dämonen zu vernichten. Wieso aber hatte man den Mitgliedern dieser Organisation einen solchen Schwachsinn eingeredet? Wenn die Köpfe von Ivalin wirklich über Avalon bescheid wussten, hätten sie doch auch merken müssen, dass die Dämonen einer Ausbildung unterzogen wurden, ehe sie wieder unter die Menschen kamen. Und selbst nach dem Abschluss der Ausbildung bekamen die Dämonen immer noch einen Hunter zugestellt, der auf sie achtete, bis sicher war, dass sie nicht rückfällig wurden. Scarlett fragte sich noch immer, wie es überhaupt kam, dass Irene so einfach an Dämonen glaubte. Wenn einem Menschen mit einem gesunden Verstand erzählt wurde, dass direkt neben ihm einem Dämon stand, erklärte er den Erzähler doch für verrückt. Hätte Scarlett nicht gemerkt, dass es zwischen Menschen und Dämonen, so ähnlich sie sich im Aussehen auch waren, auch Unterschiede gab, hätte sie auch nicht an Dämonen geglaubt. Wie hatten die anderen Irene nur davon überzeugt, dass es wirklich Dämonen gab?

„Hey Saskia.“

Scarlett blickte auf. Bianca stand neben ihr und sah sie fragend an.

„Du siehst so abwesend aus“, stellte Bianca fest, „Beschäftigt dich etwas?“

„Nein, es ist nichts Besonderes“, sagte Scarlett lächelnd.

Bianca sah in dem Moment zu Irene, die sich zwei Tische weiter leise mit Reika und Angelina unterhielt. Scarlett konnte sich bei ihrem angeregten und ernsten Ton schon denken, dass es um Angelegenheiten von Ivalin ging.

„Es ist ja irgendwie traurig“, sagte Bianca betrübt, „Ich fand unser Gespann eigentlich immer ganz ok, aber Irene scheint das anders zu sehen.“

„Nicht unbedingt“, sagte Scarlett und lehnte sich mit ihrem Stuhl zurück, „Ich glaube, sie redet sich da nur irgendwelchen Mist ein.. besser gesagt reden Reika und Angelina ihr den Mist ein, wenn ich mich nicht irre.“

 Bianca sah sie überrascht an. „Dann bist du schlauer als ich.“

„Sicher bin ich auch nicht“, fügte Scarlett noch hinzu und sah das Dreiergespann ernst an, „Aber ich vermute es.“

In dem Moment drehte Reika sich um und bemerkte Scarletts feindseligen Blick in ihre Richtung. Sie drehte sich zwar gleich wieder um, doch da sie die Führung des Gesprächs übernahm, konnte Scarlett sich schon denken, dass sie den anderen beiden brühwarm erzählte, wie Scarlett sie ansah.

Scarlett seufzte nur und stand auf. In dem Moment drehten sich auch Angelina und Irene um. Kurz sahen sich Scarlett und Irene in die Augen, dann schob Scarlett Bianca aus dem Klassenzimmer, da sie Pause hatten.

„Ich weiß nicht, es verwirrt mich immer noch, dass Irene mit Angelina und Reika zusammen ist“, sagte Bianca, „Zwar passt sie ganz gut in die Gruppe, aber wir waren doch auch ein gutes Team.“

„Ja“, sagte Scarlett nachdenklich, „Aber für ihre derzeitigen Ziele sind wir wohl nicht qualifiziert.“

Bianca sah sie stirnrunzelnd an.

„Tut mir leid, ich sollte nicht mehr laut nachdenken“, stellte Scarlett fest und sah sie etwas unbeholfen an. Warum hatte ausgerechnet Irene in die Hände von Ivalin fallen müssen? Und warum war Scarlett dazu verdammt nichts tun zu können? Doch wenn Irene wusste, dass die Saskia, die sie kannte, auch gleichzeitig Scarlett von Avalon war, würde das höchstwahrscheinlich auch nicht gut enden. Wie konnte sie Irene nur heil aus der Sache herausholen?

Scarlett ballte ihre eine Faust zusammen, bis plötzlich das Dreiergespann von vorhin in ihre Richtung kam. Bianca sah sie genauso überrascht an wie Scarlett, als Irene vortrat und sie ernst ansah.

„Hättet ihr beide Lust einen Job anzunehmen?“, fragte Irene, „Er ist immer nach der Schule und vielleicht ein wenig eigenartig, aber er dient einem guten Zweck.“

Scarlett brauchte einen Moment um zu begreifen, was Irene sie da gerade auf Umwegen fragte.

Bianca sah sie etwas verwirrt an. „Um was für einen Job handelt es sich denn?“

„Das können wir dir erst sagen, wenn du bereit bist mitzumachen“, sagte Reika von hinten und ihre Stimme klang ein wenig säuerlich. Fast so als würde es ihr gar nicht passen, dass Irene Scarlett und Bianca fragte, ob sie bei Ivalin einsteigen wollten.

„Aber wenn ich nicht weiß, worum es überhaupt geht, kann ich mich doch nicht entscheiden“, bemerkte Bianca unsicher.

„Ich bin eingestiegen und ich muss sagen, dass mir der Job gefällt“, sagte Irene lächelnd, „Aber ohne meine beiden Freundinnen ist es auch ein bisschen langweilig und deswegen möchte ich, dass ihr auch mitmacht.“

Scarlett konnte sich nur gerade eben noch beherrschen. Beinahe hätte sie Irene hier auf dem Schulhof vor über hundert Schülern angeschrien. Wie konnte ihr der Job Spaß machen? War es so eine Freude andere Leute zu jagen? Scarlett machte mit den Dämonen zwar auch nicht viel anderes, aber bei Avalon wusste sie, dass es den Dämonen helfen würde. Bei Ivalin hingegen ging es darum Dämonen und wahrscheinlich auch andere Menschen zu töten, wenn Scarlett sich nicht täuschte. Die Leute von Avalon sollten schließlich eliminiert werden.

„Ich weiß nicht, ich müsste noch mit meiner Mutter reden“, sagte Bianca nachdenklich. Sie klang hin und her gerissen.

„Und was ist mit dir, Saskia?“, fragte Irene hoffnungsvoll, „Ihr werdet auch gut verdienen. Du müsstest dann nicht mehr in einem Supermarkt als Aushilfe arbeiten.“

„Äh.. ich muss auch erst noch mit meinen Großeltern reden“, sagte Scarlett und versuchte dabei nicht zu sehr nach einer Lügnerin zu klingen.

Reika und Angelina sahen sie trotzdem misstrauisch an.

„Bitte entscheidet euch bald“, sagte Irene, „Diese Arbeit dient wirklich einem guten Zweck und kommt der Allgemeinheit zugute. Ihr müsst mir glauben, es gibt kaum einen Job, der cooler und gleichzeitig auch so allgemeinnützig ist.“

Scarlett biss sich kräftig auf die Unterlippe um nicht laut zu lachen. So einen Schwachsinn hatte sie in ihren siebzehn Lebensjahren noch nicht gehört. Einzig Zacharys frühere Einstellung kam mit diesem Unsinn auf eine Höhe. So ein Schwachsinn aus Irenes Mund, Scarlett hätte den anderen beiden am liebsten ihren Revolver über den Schädel gezogen. Wie hatten sie Irene nur so in die Irre führen können?

Inzwischen gingen Irene und die anderen beiden wieder.

Bianca sah unschlüssig zu Scarlett. „Was meinst du? Sollen wir es versuchen?“

„Auf keinen Fall“, sagte Scarlett ernst, „Ich kann dir nichts Genaues sagen und bitte sag niemandem etwas von dieser Sache, aber nimm nie so einen Job an. Wenn du nicht weißt, was dich erwartet, kann man dich schnell hereinlegen. Lass dich nicht auf diesen Job ein, ich bitte dich.“

„Äh.. ok“, sagte Bianca unsicher. Sie schien jedoch zu merken, dass Scarlett nicht mehr sagen wollte und bohrte netterweise nicht nach. Das war schon immer eine von Biancas Vorzügen. Sie gehörte zu der Art Mädchen, die nicht so sehr drängten, sondern warteten, bis man von alleine anfing zu reden. Jedoch gehörte auch Irene zu Scarletts Freundinnen. Sie hatte vielleicht eine etwas aufbrausendere Art als Bianca, doch Scarlett mochte sie so wie sie war. Sie mochte auch Irenes Art. Deswegen wollte sie keine ihrer Freundinnen in den Händen irgendwelcher durchgeknallten Organisationen wissen. Und dennoch hatte sie nicht verhindern können, dass Irene in so etwas hineingeriet.

„Es ist nicht deine Schuld“, sagte Cecil.

Inzwischen war die Schule vorbei und Scarlett war mit Cecil und Ivan auf dem Weg zu einem Dämon. Sie hatte den beiden allerdings noch nicht von Irenes Angebot erzählt.

„Woher solltest du das denn ahnen?“, bemerkte Ivan. Die beiden Jungen hatten allerdings bemerkt in welche Richtung Scarletts Gedanken tendierten.

„Und dennoch fühle ich mich irgendwie schuldig“, sagte Scarlett und seufzte.

„Dich scheint aber noch ein bisschen mehr zu beschäftigen“, sagte Cecil und rückte seine Brille zurecht.

Scarlett überlegte einen Moment, doch sie konnte es den beiden einfach nicht verschweigen. „Irene hat mich und Bianca gefragt, ob wir bei Ivalin einsteigen wollen.“

Cecil rutschte seine Brille erneut von der Nase und Ivan sah sie verdattert an.

„Sie hat es nicht direkt gesagt, aber genau das hat sie damit gemeint“, sagte Scarlett ernst, „Bianca habe ich sofort eingebläut, dass sie das lassen soll. Aber ich überlege, ob ich vielleicht gehen sollte.“

„Bist du von allen guten Geistern verlassen?“, fragte Ivan, „Die Dämonen sind schon nicht ohne und jetzt willst du auch noch dieser Organisation in die Arme laufen...“

„Falls du es vergessen hast, weiß Irene nicht, dass Scarlett und Saskia ein und dieselbe Person sind“, sagte Scarlett, „Und ich könnte mich auf diesem Weg wenigstens ein bisschen bei Ivalin umsehen. Vielleicht gelingt es mir etwas mehr über diese Organisation in Erfahrung zu bringen.“

„Dir ist aber klar, dass das ziemlich riskant ist“, sagte Cecil und er klang nicht gerade begeistert.

„Es ist mir klar“, sagte Scarlett, „Aber wenn es brenzlig wird, verschwinde ich. Vielleicht können wir auf diesem Weg aber wenigstens in Erfahrung bringen, wie Ivalin seine Mitglieder aussucht und ausbildet und wo überhaupt ihr Hauptquartier ist.“

„Das stimmt schon“, musste Ivan nachdenklich zugeben, „Es gefällt mir zwar nicht, aber direkt zu Ivalin zu gehen und sich dort umzuhören ist immer noch der einfachste Weg. Außerdem werden sie nicht erwarten, dass ein Mitglied von Avalon sich so einfach in die Höhle des Löwen wagt.“

„Trotzdem kann ich mich mit diesem Gedanken nicht anfreunden“, bemerkte Cecil.

„Aber so ohne weiteres kommt man da nun mal nicht rein“, erwiderte Scarlett, „Und da ich eingeladen wurde, kann auch nur ich gehen.“

Cecil seufzte. „Na schön, aber...“

„Keine Peilsender oder Wachen in der Nähe“, schnitt Ivan ihm ernst das Wort ab, „Damit würden wir sie wahrscheinlich noch mehr gefährden als sie es ohnehin schon ist.“

„Meine Meinung“, sagte Scarlett, „Ich bin immerhin auch eine Hunter und ihr wisst, dass ich die Ausbildung nicht umsonst bereits ein Jahr früher beendet habe.“

Cecil verdrehte die Augen und schien immer noch protestieren zu wollen, doch schließlich nickte er nur seufzend. Gegen ihren Dickschädel kam er sowieso nicht an.

Dann standen sie schon vor einem alten Haus, das bald abgerissen werden sollte. Laut ihren Informationen sollte hier ein Dämon sein, der bereits einige Menschen auf dem Gewissen hatte.

„Na dann wollen wir mal“, sagte Scarlett und lud ihren Revolver.

„Fangen wir sechs, acht, fünf, drei“, seufzte Ivan.

Sie betraten das Haus und sahen sich um. Nichts deutete soweit auf einen Dämon hin. Jedenfalls nichts, was ein normaler Mensch wahrnehmen konnte. Eine etwas kältere Aura hielt sich hier irgendwo auf. Scarlett wusste noch, wie schwer es ihr am Anfang gefallen war die Aura von Dämonen zu spüren. Im Training hatte sie erst mal überhaupt lernen müssen, ihre fünf Sinne abzuschalten und sich auf einen anderen Sinn zu verlassen, der ebenfalls angeboren, aber nicht ausgeprägt war, da ihn normale Menschen nicht brauchten. Er war so etwas wie ein inneres Auge, wie Scarlett später erkannt hatte.

Als es ihr das erste Mal gelungen war ihre fünf Sinne komplett zu ignorieren und sich einzig und allein auf die Schwärze zu konzentrieren, hatte sie sich furchtbar erschrocken. Sie hatte nichts mehr gehört, gesehen, gerochen, geschmeckt und gespürt. Es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert bis Scarlett das endlich geschafft hatte, da es ihr früher auch immer sehr unheimlich vorgekommen war so gar nichts mehr zu fühlen.

Doch als sie gerade in den Tiefen der endlosen Schwärze und Gefühllosigkeit zu versinken drohte, hatte sie plötzlich doch wieder etwas wahrgenommen. Es war so als wären alle Sinne auf einmal wieder vollkommen aktiv, doch ihr war klargewesen, dass es nicht so hatte sein können. Sie hatte zwar immer noch diese Schwärze um sich gehabt, doch sie hatte auch noch etwas anderes wahrgenommen. Es waren so etwas Ähnliches wie Schatten oder Schemen gewesen. Sie hatten verschiedene Farben in vielen unterschiedlichen Nuancen und die Form von Menschen.

Auch wenn Scarlett hinten eigentlich keine Augen hatte, hatte sie auf einmal gemerkt, wie sich ihr einer der orangeroten Schemen näherte und die Hand nach ihr ausstreckte. Scarlett hatte sich so erschrocken, dass sie ihre Augen aufgerissen und sich umgedreht hatte. Doch dieser plötzliche Wechsel von im Prinzip keinen Sinnen zu allen Sinnen und die Eindrücke, die ihr Gehirn auf einmal wieder alle auf einmal bekam, waren ein wenig zu viel gewesen. Ihr war schwindlig geworden und sie hatte nach hinten getaumelt, ehe jemand sie aufgefangen hatte, bevor sie auf dem Boden gelandet war. Ivan hatte nun mit ausgestreckter Hand vor ihr gestanden und Cecil hinter ihr, der sie auch an den Schultern festgehalten hatte.

Und obwohl die beiden Jungen ihr auf den Schreck eine Pause gönnen wollten, hatte Sebastian nicht mit sich reden lassen. Sie hatte das, was sie wahrgenommen hatte, beschreiben müssen. Daraufhin hatte Sebastian nur genickt und ihr aufgetragen, dass sie sich die Schemen dieses Mal genauer ansehen sollte. Scarlett war im ersten Moment ein wenig geschockt gewesen, doch da sie nun wusste, was sie waren, wollte sie es besser machen.

Wieder hatte sie ihre Augen geschlossen und alles ausgeblendet, was ihre Sinne ihr vermittelten. Bis es wieder vollkommen still und dunkel war. Bis sie auch die Schemen wieder wahrnahm, die sich als die sogenannten Auren herausgestellt hatten. Diesmal konzentrierte sie sich mehr und nur noch voll und ganz auf die Auren. Die in ihrer unmittelbaren Nähe waren mehr orangerot bis orangebraun, während die weiter hinten bläulich waren. Außerdem waren die Auren am Rand ein wenig deutlicher und ihre Farbe war voller als weiter innen. Bis auf einen nicht sehr großen Fleck, der genauso deutlich wie die Ränder der Auren waren. Da dieser Fleck zu pulsieren schien, konnte Scarlett sich denken, was es war. Das Herz. Außerdem konnte sie von den Farbgebungen her schließen, dass die Auren der Menschen eher ins orangene gingen und die der Dämonen zu blau tendierten.

Dennoch wusste Scarlett aus dem Unterricht heraus, dass man mithilfe des inneren Auges, wenn man es auf die äußere Welt konzentrierte, nicht nur die Auren von Menschen und Dämonen wahrnehmen konnte. Darum wollte Scarlett auch versuchen ihre Umgebung endlich wahrzunehmen. Alle Lebewesen hatten eine Aura, doch auch tote Gegenstände hatten etwas Vergleichbares. Man konnte es nicht als Aura bezeichnen, doch als eine Art leichte Präsenz. Scarlett konzentrierte sich nun auf ihre Umgebung. Auf die Schwärze. Sie wollte die Schwärze vertreiben. Sie wollte mit ihrem inneren Auge sehen.

Tatsächlich schien sich die Schwärze mit der Zeit etwas zu lichten. Sie nahm noch leicht unförmige Gebilde wahr und versuchte sich mehr darauf zu konzentrieren, doch ein eigenartiger Schmerz machte sich langsam bemerkbar und erschwerte Scarlett die Konzentration. Und auch auf die Gefahr hin, dass sie ohnmächtig wurde, blendete sie den Schmerz auf einen Schlag vollkommen aus. Sie blendete auch die Auren aus und legte all ihre Konzentration auf die Umgebung. Es klärten sich wirklich mit einem Schlag deutliche Formen heraus und Scarlett sah den Übungsraum, in dem sie gerade waren. Die Trainingsgeräte, die wenigen Pflanzen, den Schreibtisch weiter hinten gleich neben der Tür und den Stuhl. Es war alles ein klein wenig verzerrt, doch immer noch klar und deutlich zu erkennen. Auf dem Stuhl sah sie nun auch klar und mit allen Konturen Sebastians Aura, die die deutlichste und intensivste von allen im Raum war.

Zwar hatte Scarlett nur ein paar Sekunden später das Bewusstsein verloren, doch das war das erste Mal gewesen, dass sie wirklich mit ihrem inneren Auge gesehen hatte. Heute konnte Scarlett auch ohne sich vollkommen auf ihr inneres Auge zu konzentrieren die Auren von Menschen und Dämonen auseinander halten. Und das war auch der Hauptgrund, aus dem sie das hatte lernen müssen. Allerdings konnte man das innere Auge auch während eines Kampfes oder einer Jagd verwenden. Wenn man geübt genug war und nicht alleine schon durch das Einsetzen der vollkommenen Aura-Sicht schon zusammenbrach, war es durchaus auch im Alltag nützlich. Es gab auch bei den Auren noch Unterschiede und da sie immer haargenau die Form des Menschen annahmen, zu dem sie gehörten, war es auch möglich sie zu unterscheiden.

Heute konnte Scarlett auch ohne sich vollkommen auf ihr inneres Auge zu konzentrieren die eher orangenen Auren von Menschen und die blauen bis lilanen von Dämonen auseinander halten. Und das war auch der Hauptgrund, aus dem sie das hatte lernen müssen. Allerdings konnte man das innere Auge auch während eines Kampfes oder einer Jagd verwenden.

Scarlett nahm zurzeit Cecils, Ivans und auch die Aura eines Dämons war, der sich hier im Haus befand. Sie konnte auch die Aura-Sicht einsetzen, mit der man auch durch Wände hindurch die Auren erkennen konnte, doch wo war dann der Spaß?

Denn sie mochte diesen Job, auch wenn das ein Außenstehender vielleicht nicht nachvollziehen konnte. Alleine schon wenn sie sah, dass die Dämonen nach Abschluss der Ausbildung sich ein neues Leben aufbauten und ihre Auren denen der Menschen immer ähnlicher wurden, war sie froh diesen Job zu haben. Auch wenn es für die Dämonen am Anfang schlimm war, so konnten sie später ganz normal unter Menschen leben. Als seien sie selber Menschen. Und genau diese Erfolge bestärkten Scarlett.

Sie seufzte und betrat das Wohnzimmer. Nye hielt sie in der Hand und die Betäubungspatronen waren geladen. Die beiden Jungen blieben direkt hinter ihr.

„Das haben wir auch selten, normalerweise hauen die Dämonen doch nach draußen ab und laufen davon“, bemerkte Cecil leise.

„Wer weiß? Aber meines Erachtens ist er im ersten Stock.“

„Glaube ich auch“, sagte Ivan.

„Auf nach oben.“ Scarlett schlich zur Treppe. Sie spähte um die Ecke und ging dann leise nach oben. Cecil und Ivan waren direkt hinter ihr. Auch hier sah sie erst kurz um beide Ecken, ehe sie den Flur betrat. Langsam schritt sie an den geschlossenen Türen vorbei und verharrte dann vor einer. Sie horchte einen Moment lang, dann trat sie so kräftig gegen die Tür, dass diese sich schwungvoll öffnete. Der Dämon sah erschrocken auf. Der Blutlache vor ihm nach zu urteilen, hatte er gerade erst gespeist und seine kurzen, braunen Haare standen wirr zu Berge. An den Händen hatte er Blut und auch seine Klamotten waren blutdurchtränkt.

„Bleib stehen und ergib dich“, sagte Scarlett und richtete Nye auf ihn.

Der Dämon schien sich von dem ersten Schreck bereits erholt zu haben und stand auf. „Und du glaubst, dass ich so einfach auf dich hören würde?“

„Das würde dir wesentlich besser bekommen“, bemerkte Cecil.

„Tse, ihr seid meine Nachspeise“, sagte der Dämon grinsend, „Besonders du riechst lecker.“ Er leckte sich über die Lippen und sah Scarlett gierig an, die nur gelassen ihren Revolver entsicherte.

„Wir haben dich gewarnt“, sagte Ivan und trat mit Cecil einen Schritt zurück.

Der Dämon setzte unterdessen zum Sprung an und raste die fünf Meter, die ihn von seiner Beute trennte, auf sie zu.

„Im Namen von Avalon bist du hiermit festgenommen.“ Scarlett schoss, als der Dämon beinahe direkt vor ihr war und schon die Hände nach ihr ausgestreckt hatte. Der Dämon keuchte erschrocken, da die Kugel ihn direkt in den Magen getroffen hatte, dann fiel er vor Scarlett auf den Boden und blieb nur noch ein wenig geschockt liegen, denn die Betäubung setzte augenblicklich ein.

„Auftrag erledigt“, sagte Scarlett und steckte Nye wieder in das Halfter an ihrem Oberschenkel, „Ivan, ruf im Hauptquartier an.“

„Schon dabei“, sagte dieser nur lächelnd und wählte die Nummer von Rebeccas Büro. Sie war die Sekretärin für die Abteilung der Hunter und wenn eine Gruppe einen Dämon gefangen hatte, rief sie bei ihr an. Rebecca war dafür zuständig den Abholdienst für die Dämonen zu verständigen und außerdem leitete sie die Berichte der Hunter weiter zu den Bändigern und Lehrmeistern. Sie führte auch das Protokoll über die Fänge der einzelnen Hunter-Teams und war für die Verwaltung der Akten zuständig. Natürlich arbeiteten auch noch einige unter ihr und waren ebenfalls für einige der Aufgaben zuständig, doch Rebecca war die Leiterin des Sekretariats der Hunter.

„Gut, dann wären wir für heute auch fertig“, sagte Scarlett nur und sah aus dem verschlossenen Fenster nach draußen.

Kapitel 12

Bianca war am nächsten Morgen sogar mal pünktlich, sodass sie und Scarlett zusammen zur Schule gehen konnten. Scarlett warnte sie jedoch schon mal vor, nicht dass sie sich später zu sehr wunderte und am Ende noch alles verriet. Denn am Morgen hatte Scarlett per Fax das OK für ihren Plan bekommen und damit den heutigen Nachmittag über frei, denn sie würde anderwärtig beschäftigt sein und nicht mit Cecil und Ivan auf Dämonenjagd gehen können.

Und wie erwartet kamen Irene, Reika und Angelina in der Pause zu Bianca und Scarlett.

„Habt ihr mit euren Eltern gesprochen?“, fragte Reika unfreundlich.

„Meine Mutter möchte nicht, dass ich blind einen Job annehme“, sagte Bianca, „Es tut mir leid, aber ich kann nicht mitmachen.“

„Und was ist mit dir Saskia?“, fragte Irene hoffnungsvoll, „Was haben deine Großeltern zu dir gesagt?“

„Sie haben gesagt, dass ich machen soll, was ich für richtig halte“, log Scarlett einfach, „Und ich denke, ich werde bei diesem Job, was auch immer er für einer ist, mitmachen.“

Irene sah erstaunt aus, doch Reika war immer noch misstrauisch. „Vielleicht haben wir es noch nicht gesagt, aber wenn du einmal eingestiegen bist, kannst du nicht mehr so einfach kündigen. Du musst dann da mitmachen.“

„Klingt doch interessant“, sagte Scarlett, „Außerdem wollte ich mich schon lange nach einem besser bezahlten Job umsehen.“

Irene und auch die anderen beiden wirken tatsächlich erstaunt und Irene sagte dann lächelnd: „Gut, dann komm nach der Schule mit uns mit.“

„Gerne doch“, sagte Scarlett nur.

Tatsächlich warteten die drei nach dem Unterricht auf Scarlett und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Erst ging es über öffentliche Straßen und an einigen Geschäften vorbei. Dann bogen sie jedoch in eine eher verlassene Gasse ein. Es ging zwischen hohen Mietshäusern längs, bis sie schließlich zu einem eher unscheinbaren Gebäude kamen. Es sah aus wie ein Bürogebäude, doch Scarlett kam es sofort verdächtig vor. Gerade da Irene, Reika und Angelina schnurstracks darauf zu hielten und immer ernster wurden. Sie strafften die Schultern und schienen noch mal tief durchzuatmen. Scarlett wurde ebenfalls ernst. Jetzt durfte ihr kein Fehler mehr unterlaufen, ansonsten war sie hier gefangen.

Sie schlüpfte in die Rolle des interessierten Mädchens und sah sich neugierig um. Das Gebäude stand in einigem Abstand zu den anderen und war weiß gestrichen. Die Gardinen hinter den Fenstern waren zugezogen und wenn Scarlett nicht allzu sehr daneben lag, befand sich hinter dem Gebäude noch ein weitläufiges, eigentlich unbenutztes Gelände. Doch wenn das hier wirklich der Sitz von Ivalin war, wurde das Gelände sicherlich auf irgendeine Weise genutzt.

Unterdessen kamen sie zum Eingang des Gebäudes. Zwei Männer in schwarzen Anzügen traten aus zwei Nischen neben der Tür und kamen auf sie zu. Irene, Reika und Angelina holten ihre komischen Talismane aus der Tasche. Irenes war golden und hatte einige rote Verzierungen, während Reikas und Angelinas silbern waren und einige blaue und grüne Verzierungen aufwiesen. Die beiden Männer nickten nur, dann sahen sie Scarlett an.

„Sie gehört zu uns“, sagte Irene, „Wahrscheinlich gehört sie auch bald zu Ivalin.“

Die Männer sahen Scarlett nochmal kurz misstrauisch an, dann winkten sie sie aber herein. Scarlett folgte Irene und den anderen beiden über eine Treppe in die oberen Stockwerke. Da es ein ziemlich altes Gebäude war, wunderte Scarlett sich nicht weiter darüber, dass es hier keinen Fahrstuhl gab. Sie gingen hoch in den dritten Stock und auf dem Weg kamen ihnen immer wieder einige Männer und ein paar Frauen entgegen. Sie alle trugen mehr oder weniger seltsame Klamotten und Scarlett fragte sich langsam, ob es bei Ivalin Trend war so bescheuerte Sachen zu tragen.

Schließlich aber standen sie vor einer Tür, auf der ein Schild angebracht war: Sekretariat von Ivalin.

„Hier müssen wir rein“, sagte Irene nur und sah Scarlett an, „Aber ich bin froh, dass du dich entschieden hast mitzumachen.“

Damit betraten sie den ersten Raum. Ein recht alt aussehender Teppich war auf dem Boden verlegt worden und an den Wänden hingen allerlei kuriose Bilder. Durch eine geöffnete Tür konnte man das große Zimmer hinter diesem eher kleinen Raum betreten. Irene, Reika und Angelina traten vor und Scarlett blieb hinter den drein. Der zweite Raum war genauso eingerichtet wie der erste, nur dass es hier an der gegenüberliegenden Wand noch einige Fenster gab. Vor den Fenstern stand noch ein wuchtiger Schreibtisch aus hellem Holz und auf diesem standen einige Ordner, duzende Zettel lagen lose herum und in einem grünen Becher waren noch einige Stifte. Hinter dem Schreibtisch saß ein Mann auf einem ledernen Stuhl. Er hatte etwas längere, helle Haare und dunkle, grüne Augen. Seine Ellenbogen stützte er auf dem Tisch ab und sein Kinn ruhte auf seinen verschränkten Fingern.

„Guten Tag Herr Schrada“, sagte Irene ernst, „Irene, Reika und Angelina melden sich zur Arbeit.“

„Schön ihr drei, hattet ihr einen angenehmen Morgen?“, fragte Herr Schrada und seine Stimme klang schmieriger als Öl.

„Ja“, sagte Irene, „Und wir haben eins der beiden Mädchen mitgebracht, die wir als neue Mitglieder vorgeschlagen hatten.“

„So? Welche von beiden denn?“

„Saskia Anders“, antwortete Irene, „Sie ist bereit bei uns einzusteigen.“

„Hm, das Mädchen, das du als so flink und sportlich beschrieben hast“, sagte Herr Schrada nachdenklich, „Und da steht sie ja auch schon.“

Scarlett setzte eine neugierige Miene auf und versuchte interessiert auszusehen.

„Gut, ihr drei könnt euch fertig machen“, sagte Herr Schrada, „Wie ihr wisst, führe ich solche Einstellungsgespräche immer alleine.“

Die drei Mädchen nickten und verließen dann das Doppelzimmer, auch wenn Irene Scarlett noch einmal kurz lächelnd zunickte.

Dann war Scarlett für gut fünf Sekunden mit dem schmierigen Mann alleine, bis zwei andere Männer den hinteren Raum betraten und nach vorne kamen. Der eine blieb in der Tür stehen und der andere stellte sich neben Herrn Schrada.

„So, und du möchtest ein Mitglied unserer Organisation werden?“ Damit wandte sich Herr Schrada direkt an Scarlett.

„Die drei haben mir zwar noch nichts darüber erzählt, aber ich würde gerne hier anfangen“, sagte Scarlett, „Irene ist eine gute Freundin und klang sehr begeistert von diesem Job.“

„Ah, sie hat bereits erzählt, dass ihr gute Freundinnen seid“, sagte Herr Schrada, „Aber bevor ich dir sagen kann, was deine genaue Aufgabe hier ist, musst du ein Formular unterschreiben. Es ist ein Vertrag, der dich rechtsgültig als eindeutiges Mitglied von Ivalin ausweist und den du nicht so einfach wieder brechen kannst. Bist du wirklich bereit, dich blind bei einer Organisation anzumelden, von der du noch nicht mal weißt, was sie tut?“

„So lange die Bezahlung gut ist, bin ich zu fast allem bereit“, erwiderte Scarlett und lächelte. Zurzeit hatte sie noch alles unter Kontrolle und es gab keinen Grund unsicher zu sein, denn mit so etwas hatte sie bereits gerechnet. Dementsprechend hatte sie sich auch bereits überlegt, wie sie mit dieser Situation umgehen musste, um nicht enttarnt zu werden.

Einen Moment lang wirkte Herr Schrada überrascht, dann fing er an zu lachen und schüttelte den Kopf. „Na schön.“ Er holte aus seiner oberen Schreibtischschublade ein wichtig aussehendes Papier hervor und legte es auf die Tischplatte. Scarlett trat vor und sah sich das Formular an. Es standen die üblichen Hinweise für Verträge drauf und dick und fett, dass eine Kündigung nur nach Absprache mit dem Sekretär möglich war. Abgesehen davon erinnerte sie der Vertrag an den, den sie auch bei Avalon unterzeichnet hatte. Nur hatte der bei Avalon viel edler und geschmackvoller ausgesehen.

Scarlett überflog die Hinweise nur und griff dann nach einem der Stifte in dem Becher und unterschrieb mit: Saskia Anders

Den Vertrag von Avalon hatte sie jedoch gleich zwei Mal unterzeichnet. Einmal als Saskia Anders und einmal als Scarlett Anders. Denn durch Avalon hatte sie ihren Geburtsnamen abgelegt und ihren eigentlichen Decknamen als richtigen Namen angenommen. Und da Saskia Anders laut den Akten der Polizei eigentlich damals mit sechs Jahren verstorben war, machte es auch nichts, dass sie hier mit diesem Namen unterschrieb. Sollten sie damit irgendwann zum Gericht gehen, würden die Leute dort sie für verrückt erklären, da Saskia Anders schon seit Jahren tot war. Scarlett musste über diesen Umstand irgendwie lächeln.

„Warum lächelst du?“, fragte Herr Schrada.

„Weil ich mich schon drauf freue, hier mitzumachen“, log Scarlett nach Strich und Faden und verkniff sich ein breiteres Grinsen. So langsam bekam sie Übung im Lügen.

„Das ist schön“, sagte der Sekretär und blickte auf Scarletts Unterschrift, „Und in Ordnung, hiermit bist du ein offizielles Mitglied von Ivalin.“

Scarlett konzentrierte sich kurzzeitig auf ihr inneres Auge und sah sich innerhalb von vielleicht einer Sekunde den Raum genauer an. Links in der Wand war ein Geheimgang zum Zimmer nebenan und in der obersten rechten Schublade des Schreibtischs lag eine bereits geladene und entsicherte Pistole. Wenn Scarlett sich also früher oder später an den Abgang machte, durfte sie sich vorher nicht verraten. Dieser Mann schien trotz seiner Schmiererei ein guter Schütze zu sein und wenn sie Glück hatte, hatte sie vielleicht zwei Sekunden Zeit sich aus dem Zimmer zu retten. Aber das auch nur, wenn der Überraschungsmoment auf ihrer Seite war. Ansonsten blieb ihr wahrscheinlich noch nicht mal eine Sekunde, wenn sie sich tatsächlich aus irgendeinem Grund früher verabschieden musste, als das Gespräch beendet war.

„Dann wird es wohl auch Zeit, dass ich dir erkläre, was wir hier überhaupt machen und was deine Aufgabe sein wird“, sagte Herr Schrada und sah sie nachdenklich an.

„Ich bitte sogar darum“, sagte Scarlett nur und wippte von einem Fuß auf den anderen. Hoffentlich sah es so aus, als wäre sie aufgeregt, denn in so etwas hatte sie nun wirklich keine Übung.

„Gut“, sagte Herr Schrada lächelnd, „Wir hier von Ivalin sind, wie du aus einigen Gerüchten vielleicht schon gehört hast, gegen die Organisation Avalon. Und der Grund für diesen Umstand ist, dass die Leute von Avalon etwas Unverzeihliches tun. Sie behaupten, dass eine andere Lebensform, die die Menschheit mehr und mehr bedroht, nicht schlimmer sei unsere menschlichen Verbrecher. Dabei ist sie schlimmer. Sie ist kannibalisch und ernährt sich von Menschenfleisch.“

Herr Schrada sah sie ernst an. „Es handelt sich um sogenannte Dämonen, die die Menschen bedrohen. Wenn wir nichts gegen sie unternehmen, werden sie sich immer weiter vermehren und irgendwann eine ernsthafte Bedrohung für die Menschheit darstellen. Sie sind sehr gefährlich und wir von Ivalin werden sie aufhalten.“

„Aber.. Sie sprachen auch von einer Organisation namens Avalon.. Was hat sie denn mit den Dämonen zu tun?“, fragte Scarlett. Es interessierte sie mal, wie viel dieser Mann eigentlich über Avalon wusste. Oder wie viel er Neueinsteigern erzählte.

„Gutes Stichwort, Saskia“, sagte Herr Schrada lächelnd. Anscheinend freute er sich über das Interesse von Scarlett. „Die Organisation namens Avalon unterstützt die Dämonen auch noch. Sie verkauft sie als Schwerverbrecher und tut so als würde sie sie auf Lebenszeit einsperren. Dabei lässt sie sie nach einiger Zeit einfach wieder frei und das ist unverzeihlich. Außerdem ist die Organisation dabei auch immer mehr Einfluss in die Politik zu gewinnen und den wird sie dazu nutzen um die Dämonen noch weiter zu verbreiten. Sie wird die Welt ins Chaos stürzen und dem Untergang weihen. Deshalb müssen wir Avalon zusammen mit den Dämonen vernichten.“

Scarlett biss sich unauffällig auf die Unterlippe, damit sie bei dem Schwachsinn nicht plötzlich anfing zu lachen. Das war ja noch abgefahrener als der Unsinn, den sie schon von Irene, Reika und Angelina gehört hatte. Die Welt vor dem Untergang zu bewahren? Wo hatte man denn schon mal so einen Schwachsinn gehört?

„Um das zu schaffen, brauchen wir Leute wie dich und deine Freundinnen“, sagte Herr Schrada, „Junge Leute, die von uns die Mittel dazu bekommen, die Katastrophe zu verhindern, die sich anbahnt. Mit den Talismanen, die wir euch geben, seid ihr in der Lage Magie einzusetzen und so Waffen heraufzubeschwören, mit denen ihr die Dämonen und die Mitglieder von Avalon bekämpfen könnt. Wir haben zwar die Mittel Avalon aufzuhalten, aber uns fehlt immer noch die nötige Stärke um einen vernichtenden Angriff zu starten.“

„Aber.. Wie kann das überhaupt sein?“, fragte Scarlett, „Woran erkennen Sie denn die Dämonen? Es könnten doch auch normale Leute sein.“

„Die Talismane beinhalten auch Sensoren, die sofort reagieren, wenn ein Dämon in der Nähe ist“, antwortete Herr Schrada, „Und du scheinst ja eher zu denen zu gehören, die nicht sofort alles glauben, was man einem erzählt.“

„Oft genug wird ja auch purer Schwachsinn erzählt“, sagte Scarlett und versuchte nicht zu ironisch zu klingen, „Nimmt man nur mal die Zeitungen. Streicht man die Hälfte weg und setzt dafür etwas frei Erfundenes ein, kommt man vielleicht etwas näher an die Wahrheit heran.“

„Stimmt schon. Und trotzdem lesen sie fast alle Leute, auch wenn sie es wissen“, sagte Herr Schrada lächelnd, „Ich denke, wir verstehen uns.“

„Aber wie funktioniert das eigentlich?“, fragte Scarlett, „Ich meine, ich bin hier zwar Mitglied, aber kann ich jetzt wirklich einfach auf Dämonenjagd gehen?“

„Natürlich bekommst du ein paar Wochen lang noch ein intensives Training mit unseren Spezialisten“, sagte Herr Schrada, „Und du erhältst auch einen Talisman, wie du ihn vielleicht schon bei deinen Freundinnen gesehen hast.“

Scarlett nickte nur.

„Damit wären wir wohl auch beim Thema angekommen.“ Herr Schrada holte auf einmal ein Taschenmesser aus der Brusttasche seines dunkelgrauen Jacketts, das Scarlett vorhin übersehen haben musste. „Wir brauchen ein paar Tropfen Blut. Da dein individueller Talisman noch für dich hergestellt werden muss und nur du ihn benutzen sollst, brauchen wir ein paar Tropfen Blut. Sonst funktioniert das mit der Übereinstimmung nicht und du kannst ihn nicht verwenden.“

 Scarlett fand inzwischen, dass es Zeit war zu verschwinden. Wenn jetzt auch noch mehrere Tropfen Blut gebraucht wurden, von denen vielleicht einer für den Talisman verwendet wurde und der Rest für irgendwelche anderen Sachen, sollte sie sich lieber verziehen. Dennoch durfte sie sich das nicht anmerken lassen und trat langsam näher an den Schreibtisch.

„Keine Angst, es tut nicht weiter weh“, sagte Herr Schrada lächelnd und hielt ihr das Messer hin.

Scarlett streckte eine Hand aus, doch dem Moment sah sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Mit ihrem inneren Auge sah sie, dass der Mann, der zuvor im Türrahmen gelehnt hatte, näher gekommen war und den Arm erhoben hatte. Da Scarlett nicht die Zeit hatte, die vollkommene Aura-Sicht zu verwenden, konnte sie auch nicht sagen, was er in der Hand hatte. Trotzdem musste sie auf der Stelle abhauen und zusehen, dass sie aus dem Zimmer kam – die gesammelten Informationen dürften gut die von Cecil gesammelten ergänzen.

Als sie nach schräg rechts sprang, sah sie bereits, wie Herr Schrada zur oberen Schublade griff. Aber Scarlett war schneller, sie sprang kräftig ab und riss nur schützend den Arm hoch, damit ihr Kopf nichts abbekam. Sie brach durch das rechte Fenster und hörte nur das Klirren von Scherben, als sie bereits in Richtung Erdboden sauste. Zwar konnte Scarlett ihre Tarnung sowieso vergessen, doch sollte jemand aus dem Fenster sehen, erkannte er sie vielleicht nicht sofort als Mitglied von Avalon. Darum rollte sie sich bei der Ladung gleich mehrere Male ab, denn einen Sturz aus dem dritten Stock verkraftete ein normaler Mensch eigentlich nicht so mal eben.

Trotzdem kam sie schnell wieder auf die Beine und lief für ihre Verhältnisse noch langsam davon. Sie verharrte eine Weile in einem Hauseingang, der von dem Fenster, aus dem sie gesprungen war, aus nicht einzusehen war. Allerdings sah sie dank ihrem inneren Auge, durch das sie auch durch das schützende Überdach sehen konnte, die Auren von gleich drei Männern in der Nähe des Fensters. Der eine schien noch mit etwas auf sie zu zielen, bis ein anderer scheinbar etwas sagte und der erste daraufhin wieder vom Fenster verschwand.

„Ich habe sie von Anfang an für verdächtig gehalten“, bemerkte Martin, einer der in schwarz gekleideten Männer neben Herrn Schrada.

„Ach was, ich glaube eher, dass sie schüchtern ist“, erwiderte Herr Schrada lächelnd und betrachtete das Messer in seiner Hand.

„Schüchtern?“, fragte der andere Mann in Schwarz, „Für mich sah sie viel zu sicher aus.“

„Nach außen hin vielleicht“, sagte Herr Schrada lächelnd, „Aber im Inneren war sie unsicher. Ich denke, sie wird ein hervorragendes Mitglied unserer Organisation werden. Sie hat viele Talente und ist viel sportlicher als die anderen drei ihrer Altersklasse.“

„Das mag sein, aber ich halte sie immer noch für verdächtig“, sagte Martin nur etwas unsicher.

„Worüber regst du dich so auf?“, fragte Herr Schrada lächelnd, „Sie hat den Vertrag bereits ohne irgendwelche Einwände unterschrieben. Dort hätte man am besten feststellen können, ob sie wirklich vorhat hier mitzumachen. Ich vermute eher, dass sie Angst bekommen hat als du plötzlich ausgeholt hast, Martin.“

Dieser knurrte nur etwas Unverständliches.

 

Am nächsten Morgen reichte Scarlett den Bericht über Ivalin und das, was sie über die neue Organisation in Erfahrung gebracht hatte, ein. Sie wäre auch noch länger dort geblieben und hätte noch etwas Zeit geschindet, doch so war es unter Umständen möglich noch einmal dort unerkannt einzudringen.

Am späten Nachmittag hatte sie Cecil und Ivan ebenfalls davon erzählt und die beiden waren auch der Meinung gewesen, dass es so klüger war, als erst noch ein Risiko einzugehen. Denn ein Formular mit einem toten Namen zu unterzeichnen war eine Sache, doch wer wusste, was die dort noch mit ihrem Blut angestellt hätten?

 In der Schule traf sie auf Bianca. Diese wollte natürlich wissen, um was es sich bei diesem Job von Irene und den anderen nun handelte.

„Das ist alles blanker Unsinn“, sagte Scarlett dazu, „Ich frage mich nur, wie sie Irene rumgekriegt haben, die ist doch sonst auch nicht auf den Kopf gefallen.“

„Ist es wirklich so ein Mist?“ Bianca runzelte die Stirn.

„Ja, lass dich um Himmelswillen nicht darauf ein“, seufzte Scarlett.

In dem Moment versteckte sich Bianca auf einmal hinter Scarlett und sah nur über ihre Schulter.

Diese zog die Stirn kraus. „Was hast du denn so plötzlich?“

„Da hinten ist Sasha“, sagte Bianca und wurde ein wenig rot im Gesicht.

„Ja, und?“, fragte Scarlett mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Und? Ich hab euch doch schon vor einer Weile erzählt, dass ich.. dass ich ihn mag“, sagte Bianca verlegen und wurde noch roter.

„Was ist schon dabei?“, fragte Scarlett und ihre Falten auf der Stirn wurden immer tiefer. Sie mochte Cecil und Ivan auch, also wo lag das Problem? Sie lief doch auch nicht gleich rot an.

„Ich bin in ihn verliebt“, sagte Bianca und sie klang ein wenig schockiert, „Du hörst dich ja gerade so an, als hättest du noch nie davon gehört.“

„Gehört ja, aber was die Leute an diesem Quatsch finden, weiß ich heute noch nicht und ich werde es wohl nie verstehen“, bemerkte Scarlett lediglich resigniert.

„Warst du noch nie verliebt?“, fragte Bianca ungläubig.

„Ich hab keine Zeit für so einen Müll“, erwiderte Scarlett und schüttelte nur den Kopf.

Bianca fiel in dem Moment auf, dass Sasha mit den schönen blonden Haaren in ihre Richtung sah und sogar winkte. Daraufhin wurde Bianca noch um ein ganzes Stück roter und Scarlett schüttelte erneut den Kopf. Wenn verliebt sein bedeutete, dass sie die ganze Zeit über so aussah wie eine reife Tomate, wollte sie lieber nichts damit zu tun haben. So was konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen.

In dem Moment bemerkte sie von schräg links aber drei Gestalten, die in ihre Richtung kamen. Scarlett packte augenblicklich Biancas Arm und zog sie mit sich mit. Auf keinen Fall durfte sie Irene, Reika und Angelina in die Arme laufen. Sie hatte sich fast die ganze Nacht über den Kopf zerbrochen, doch ihr war keine plausible Ausrede für ihren plötzlichen Sprung aus dem Fenster eingefallen. Da sie im dritten Stock gewesen waren, funktionierte die Ausrede, dass ihr plötzlich was eingefallen war, nämlich nicht. Deshalb musste Scarlett den drein in der nächsten Zeit aus dem Weg gehen.

Kapitel 13

Den nächsten Morgen verbrachte Scarlett zusammen mit Bianca damit, Irene und ihren beiden Freundinnen aus dem Weg zu gehen. Am Nachmittag hatten sie, Cecil und Ivan dann keine besonderen Aufgaben, weshalb sie nur patrouillieren würden. Wie üblich, wenn sie keine vorgeschriebenen Aufträge erhielten. Scarlett fragte sich zwar immer noch, wie sie Irene endlich aus den Fängen von Ivalin befreien konnte, doch da sie auf die Dauer Kopfschmerzen davon bekam, unterließ sie das direkte Nachdenken. Sie zog wie immer den schwarzen Mantel an, der seit dem Vorfall, bei dem Zachary sie gebissen hatte, wirklich von der Schneiderin verstärkt worden war. Ein fast undurchdringlicher, harter, aber auch schwerer Stoff war noch in den normalen Stoff ihres Mantels eingearbeitet worden. Er sollte den Zähnen von Dämonen standhalten und das tat er glücklicherweise auch.

Als sie jedoch gerade die Einzimmerwohnung verlassen wollte, sprang auf einmal das Faxgerät an. Ein einzelner Zettel kam heraus und lag auf der Kommode. Scarlett ging stirnrunzelnd hin und nahm den Zettel.

„Hiermit ist allen Huntern der ab sofort gültige Auftrag erteilt die Mitglieder von Ivalin gefangen zu nehmen. Nach Möglichkeit soll dies lebend geschehen. Tötet sie nur, wenn euch keine andere Wahl bleibt“, las Scarlett ungläubig.

Jetzt war er also gekommen. Der Befehl. Jedoch war es ein anderer als Scarlett erwartet hatte. Sie sollten die Mitglieder von Avalon gefangen nehmen und nicht töten, wie es zuvor hieß. Einen Moment lang war sie noch vollkommen erstaunt, dann schlug sie sich kräftig die Hand vor den Kopf. Allerdings hatte sie so heftig zugeschlagen, dass sie zwei Schritte rückwärts taumelte, ehe sie sich wieder gefangen hatte.

„Mein Gott, war ich schon immer so blind?“, fragte sie schließlich kopfschüttelnd und faltete den Zettel zusammen. Dann haute sie die Tür der beiden Jungen beinahe ein, bis ihr endlich geöffnet wurde.

„Wie seht ihr denn aus?“, fragte Scarlett und ihr linkes Auge zuckte.

Cecil stand in der Tür und hatte noch seinen Pyjama an. Ivan lag etwas weiter hinten im Bett und schien noch tief und fest zu schlafen. Allerdings sah auch Cecil so aus als würde er gleich im Stehen einschlafen.

„Wir schlafen“, sagte Cecil auch prompt und rieb sich den Schlaf aus den Augen.

„Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?“, fragte Scarlett und ihr Mundwinkel begann ebenfalls zu zucken.

„Keine Ahnung, aber hast du eine Ahnung, wie lange wir noch wach waren?“

„Es ist mir gleich, was ihr am Abend noch treibt, aber seht zu, dass ihr in die Hufe kommt“, sagte Scarlett gereizt.

„Wir haben keine Aufträge, also warum die Eile?“, fragte Cecil nur und Ivan knurrte irgendetwas Unverständliches von hinten.

Scarlett überlegte einen Augenblick lang, wie sie ihrem Ärger am besten Luft machen konnte. Anschließend betrat sie einfach die Wohnung der Jungen und ging nach hinten zum Fenster. Das Rollo war noch heruntergelassen, doch sie zog nur einmal kräftig an der Schnur und es rollte sich auf. Ivan knurrte daraufhin wieder etwas und zog sich die Decke über den Kopf. Cecil hielt sich ebenfalls eine Hand vor die Augen, denn die Sonne blendete seine verschlafenen Augen. Scarlett packte unterdessen Ivans Decke und zog sie weg. Tatsächlich hatte auch Ivan noch seinen Schlafanzug an und verzog bei der fröhlich scheinenden Sonne das Gesicht.

„Wenn ihr abends zu lange wach bleibt, habt ihr selber Schuld und jetzt kommt endlich mal die Gänge“, sagte Scarlett aufgebracht und stemmte die Hände in die Hüften.

„Du scheinst ja ziemlich gute Laune zu haben“, stellte Cecil nur resigniert fest und setzte sich auf sein Bett. Wegen der Sonne verzog er allerdings immer noch das Gesicht.

„Wie kommst du denn jetzt da drauf?“, fragte Scarlett leicht verwirrt.

„Wenn du fröhlich oder glücklich bist, sinkt deine Selbstbeherrschung zum Teil auf ein Minimum und dann regst du dich mitunter ziemlich schnell auf und lässt es dann meistens an uns aus“, erklärte Ivan und setzte sich auf. Er zog das etwas nach oben gerutschte Oberteil wieder nach unten und rieb sich die Augen.

„Ihr habt doch einen Knall“, sagte Scarlett nur, „Meine Güte, es ist halb zwölf, so langsam könntet ihr doch wirklich mal wach sein. Was habt ihr so spät eigentlich gemacht?“

„Hast du nicht eben noch gesagt, dass es dich nicht interessiert?“

„Und es wäre nett, wenn du raus gehen würdest“, bemerkte Ivan, „Es sei denn, du willst uns dabei zusehen, wie wir uns umziehen.“

„Erspart mir den Anblick“, stöhnte Scarlett nur kopfschüttelnd, „Aber beeilt euch.“

„Ja, ja“, sagte Ivan nur und gähnte herzhaft.

Scarlett verließ die Wohnung der beiden und schloss die Tür hinter sich. Zwar kamen ihr die beiden fast wie ihre eigenen Brüder vor, doch sehen, wie sich die beiden umzogen, wollte sie trotzdem nicht. Eigentlich war sie, was das anging, zwar recht schmerzbefreit, doch das ging gegen die Privatsphäre der beiden.

Nachdem sie knappe fünf Minuten gewartet hatte, öffnete Cecil wieder die Tür. Er und Ivan hatten ihre Arbeitsklamotten angezogen, doch beide wirkten immer noch verschlafen. Scarlett konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Mit noch halb geschlossenen Augen und völlig verschlafenen Gesichtern sahen sie irgendwie ganz süß aus.

„Ja, ja, lach nur“, brummte Ivan und schloss hinter sich die Tür.

„Eure Gesichter habe ich nur schon lange nicht mehr so gesehen und es ist immer wieder ein amüsanter Anblick“, bemerkte Scarlett, „Aber machen wir uns auf die Socken. Die meisten der anderen Hunter sind schon vor Stunden aufgebrochen.“

Zwar dauerte es eine Weile, doch als sie einige Zeit lang durch die Straßen gewandert waren, wurden die Jungen allmählich wacher. Scarlett erzählte den beiden auch von dem Auftrag, der für alle Hunter war: dass sie die Mitglieder von Ivalin gefangen nehmen sollten.

„Das ist doch mal eine gute Nachricht“, sagte Cecil und rieb sich unter der Brille einen letzten Rest Schlaf aus den Augen.

„Deswegen bist du so aufgekratzt“, stellte Ivan resigniert fest, „Du willst Irene und wahrscheinlich auch die anderen beiden gefangen nehmen.“

„Das Erste habe ich überhört, aber das Zweite ist korrekt“, sagte Scarlett, „Ich frage mich nur, warum ich nicht schon früher auf die Idee gekommen bin. Das ist doch die beste Möglichkeit Ivalin unschädlich zu machen. Wenn sie nicht mehr genügend Mitglieder haben, können sie uns auch nicht gefährlich werden und immer weniger Dämonen töten.“

„Ja, da hatten wir wohl ein Brett vor dem Kopf“, sagte Cecil nur und unterdrückte ein Gähnen.

Inzwischen waren sie wieder bei den etwas einsameren Straßen angekommen und Scarlett wollte sich gerade mithilfe der normalen Aura-Sicht umsehen, mit der man die Auren und sonst nur Schwärze sehen konnte, als sie auf einmal einen Schrei hörten. Es hörte sich nach einem Kind an und Scarlett blieb etwas verwirrt stehen.

„Was ist?“, fragte Ivan.

„Wahrscheinlich hat sich das Kind nur erschrocken“, bemerkte Cecil.

Scarlett horchte jedoch. Dann erklang auf einmal ein verzweifelter Hilfeschrei aus einem geöffneten Fenster im vierten Stock des Hauses neben ihnen.

„Wir sehen nach“, sagte Scarlett ernst und ging schnellen Schritts auf den Hauseingang zu. Ihr war auch so als wäre hier irgendwo die Aura eines Dämons. Sie nahm immer drei Stufen auf einmal und sprang so in Windeseile die Treppe hoch. Im vierten Stock war tatsächlich eine der Türen offen und Scarlett sah auf den ersten Blick, dass sie gewaltsam geöffnet worden war. Ein erneuter Schrei und das darauf folgende Scheppern ließ Scarlett sofort die Wohnung betreten, gefolgt von den beiden Jungen. Sie sah einige demolierte Gegenstände und kam so zu der großen Küche. Dort standen in einer Ecke ein vielleicht achtjähriger Junge und ein kleines Mädchen, das vielleicht vier Jahre alt war und vor Angst weinte. Der Junge warf panisch mit allen möglichen Sachen, die er irgendwie in die Hände bekam, nach dem Mann, der den beiden immer näher kam.

„Schluss jetzt!“, rief Scarlett und der Dämon drehte sich zu ihr um. Scarlett ging langsam um ihn herum und zog ihren Revolver aus dem Halfter. Vor den beiden Kindern blieb sie stehen. Sie wollte allerdings nicht schießen, das würde die beiden kleinen Kinder wahrscheinlich endgültig verängstigen. Darum musste ihr schnell etwas anderes einfallen. In dem Moment aber ging der Dämon in die Hocke und setzte zum Sprung an.

„Scarlett!“

Sie fing gerade noch die Pfanne, die Ivan ihr plötzlich zugeworfen hatte. In dem Moment sprang der Dämon ab und Scarlett schlug mit voller Wucht zu. Die Pfanne traf mit Schwung den Kopf des Dämons und er ging zu Boden.

„Das funktioniert ja“, stellte sie etwas erstaunt fest und sah die Pfanne an, in der man deutlich den Abdruck des Kopfes sehen konnte, „Aber ich glaube, hier wird eine neue Küchenausstattung benötigt...“

Auf einmal traf sie etwas am Kopf und Scarlett sah, wie eine Tomate auf den Boden fiel. Etwas verwirrt drehte sich um. Der Junge stand schützend vor dem Mädchen und hatte noch mehr Früchte in der Hand. Scarlett wollte gerade näher treten, als ihr das Bild für die beiden Kinder in den Kopf kam. Für die beiden musste sie wirklich ziemlich furchteinflößend aussehen. Darum nahm sie erst die Sonnenbrille ab und ging dann in die Hocke. Der Junge griff gerade schon zur nächsten Tomate, als Scarlett lächelnd auch die Schirmmütze abnahm. Nun sah der Junge ein wenig verblüfft aus, da Scarletts hochgesteckte, rotblonde Haare zum Vorschein kamen.

„Es ist alles in Ordnung“, sagte sie, „Der Mann wird euch nichts mehr tun.“

 Das Mädchen kam vorsichtig hinter dem Jungen hervor und sah von dem zurzeit bewusstlosen Dämon zu Scarlett. Auch der Junge wirkte verblüfft.

„Man kann über sie sagen, was man will“, bemerkte Cecil leise und lächelte, „Aber sie denkt vor dem Handeln nach.“

„Und wer sagte vorhin, dass hier nichts los wäre?“, fragte Scarlett resigniert die beiden älteren Jungen, „Und Ivan, hast du Rebecca angerufen?“

„Das wollte ich gerade machen“, sagte der Junge nur und zog sein Handy aus der Tasche.

Scarlett sah sich unterdessen um. In der Küche und vor der Haustür sah es aus wie auf einem Schlachtfeld. Die Küche hatte es besonders schwer getroffen, da die Kinder hier versucht hatten sich mit allem Möglichen zu wehren. Die Scherben wiesen auf einige ehemals sehr schöne Teller und Gläser hin. In dem Moment hörten sie das Klacken von Absatzschuhen im Treppenhaus, das nun schneller wurde. Eine vollkommen verwirrte Frau erschien in der Tür zur Küche und Scarlett setzte schnell ihre Schirmmütze und die Sonnenbrille auf. Der Blick der Frau wanderte zu den beiden Kindern, die in dem Moment hinter Scarlett hervor kamen und auf die Frau mit der dunkelvioletten Jacke und dem gleichfarbigen Rock zugelaufen kamen.

„Mama!“ Die beiden Kinder fielen der Frau in die Arme, die nur in die Knie gegangen war und die beiden erleichtert an sich zog.

Cecil trat nun auch neben die Frau und achtete darauf, dass die Brille und das Kap richtig saßen. „Entschuldigen Sie das Chaos hier, aber anscheinend ist der Mann dort unbefugt in die Wohnung eingedrungen und hat ihre Kinder bedroht. Wir kamen gerade noch rechtzeitig und haben ihn.. für´s erste lahmgelegt, um es einfach auszudrücken. Wenn Sie nichts dagegen haben, nehmen wir ihn mit und liefern ihn bei Avalon ab.“

„Avalon?!“ Die Frau sah Scarlett, Cecil und Ivan beinahe fassungslos an.

„Wir verabschieden uns“, sagte Scarlett, „Die Versicherung sollte eigentlich für den Schaden aufkommen und sollte es Probleme geben, die Nummer von Avalon steht im Telefonbuch.“

Cecil und Ivan hatten den Dämon bereits mehr oder weniger geschultert und verließen schon die Wohnung. Die beiden Kinder sahen Scarlett in dem Moment noch mal an und winkten lächelnd.

„Wiedersehen Scarlett“, sagte das kleine Mädchen sogar lächelnd.

Scarlett war ein wenig erstaunt, dass sich die kleine ihren Namen gemerkt hatte, doch sie winkte lächelnd und verließ ebenfalls die Wohnung. Da sie selten noch einschreiten konnten, bevor die Dämonen ihre Opfer erlegten, wusste sie nicht, was sie sonst noch zu der Frau hätte sagen sollen, und machte sich daran die beiden Jungen wieder einzuholen.

Wenig später kam der Abholdienst, auch wenn Scarlett dem Dämon zur Sicherheit noch eine Betäubungspatrone verpasst hatte, da sie nicht genau wusste, wie viel es brachte einen Dämon mit einer Bratpfanne eins überzubraten.

Dann schlenderten sie, Cecil und Ivan noch eine Weile weiter durch die Straßen und Gassen und gegen späten Nachmittag hin sprangen die drei wieder auf die Dächer. Scarlett mochte die Zeit, zu der die Sonne sich dem westlichen Horizont näherte besonders, denn der Himmel wies zu der Zeit immer so schöne Farben auf. Daher verbrachte sie die letzten zwei bis drei Stunden ihrer Patrouille immer auf den Dächern der Stadt. Cecil und Ivan schienen ebenfalls nichts dagegen zu haben, jedenfalls hatten sie sich noch nie darüber beschwert. Nach einer Weile schloss Scarlett einfach die Augen, als sie gerade über ein recht weitläufiges Dach gingen. Die Sonne war angenehm warm und sie nahm auch die Schirmmütze ab. Als sie die Klammern gelöst hatte, fielen ihr ihre Haare über die Schultern und sie schüttelte einmal den Kopf.

„Du weißt schon, dass wir das eigentlich nicht sollen“, bemerkte Ivan lächelnd. Sie sah wirklich wunderschön aus, auch wenn er das Kompliment nicht aussprach. Das zog nämlich meistens einen Kinnschieber oder Tritt nach sich, denn Scarlett kaufte ihm und auch Cecil nicht ab, dass sie das Kompliment ernst meinten. Im Prinzip nahm Scarlett niemanden ernst, der ihr ein Kompliment machte, sie schien demjenigen irgendwie nie zu glauben.

„Wer soll uns denn hier oben schon se...“ Scarlett konzentrierte sich kurz und ging zur Aura-Sicht über. Etwas weiter hinten, aber über ihren Köpfen, waren drei menschliche Auren. Erschrocken drehte Scarlett ihre Haare ein und hielt sie hoch. Sie setzte noch schnell die Schirmmütze auf und hoffte, dass das auch so halten würde, denn sie hatte nicht die Zeit ihre Haare erst noch groß mit Klammern hochzustecken. Auch Cecil und Ivan hatten die drei bemerkt und drehten sich um. Scarlett war soweit fertig und sah zwischen den beiden Jungen hindurch, dass Irene, Reika und Angelina in ihren komischen Kleidern und mit ihren Waffen in der Luft schwebten. Sie waren vielleicht zehn Meter entfernt und sahen Scarletts Gruppe ernst an.

„Heute hat euer letztes Stündchen geschlagen“, sagte Irene laut und erhob ihr Schwert, „Wir werden Avalons Mitglieder besiegen und die Dämonen gleich mit euch.“

Scarlett seufzte. „Fangt ihr schon wieder mit diesem Schwachsinn an?“

„Du kannst noch was erleben!“, sagte Reika gereizt und spannte ihren Pfeil.

„Mit euch zu reden ist zwecklos“, sagte Angelina und entsicherte ihre Pistole.

„Zwecklos.. so erscheint mir das Gespräch mit euch ebenfalls“, stellte Scarlett fest und zog Nye aus dem Halfter, „Man hat euch solch einen Schwachsinn erzählt, ein paar alberne Talismane als Verstärker gegeben und schon liegt ihr denen zu Füßen. Ich weiß nicht, ob ich Mitleid mit euch haben oder euch verachten soll.“

„Angriff!“, schrie Irene, die vor Wut rot angelaufen war. Damit flogen die drei Mädchen auf Scarlett, Cecil und Ivan zu.

„Denkt an unseren Auftrag“, sagte Scarlett nur und machte sich bereit die drei abzuwehren.

In Cecils und Ivans Hand erschienen das Langschwert Zessiro und die Lanze Xavier. Auch die beiden Jungen machten sich bereit. Dann schoss Reika auch schon den ersten Pfeil ab. Zu Scarletts Schrecken kopierte sich dieser plötzlich mit rasender Geschwindigkeit, sodass auf einmal rund zehn Pfeile auf sie zu flogen. Leicht erschrocken sprangen die Jungen und Scarlett zur Seite. Nun schoss auch Angelina und die Kugeln vervielfältigten sich ebenfalls so schnell, dass das Auge kaum hinterher kam. Die Jungen konnten noch ausweichen und Scarlett sprang ebenfalls zur Seite, doch sie musste auch einige der Kugeln mit Nye abwehren. Eine entwischte ihr jedoch und striff sie am Oberschenkel.

„Mist.“ Scarlett landete leicht ungelenk und warf einen kurzen Blick auf die Wunde. Glücklicherweise hatte der Schuss sie nur gestreift, ansonsten hätte sie es wirklich schwer gehabt.

„Der Nächste wird treffen“, sagte Angelina und richtete ihre Waffe auf die beiden Jungen.

 Reika zielte ebenfalls auf sie.

Scarlett war einen Augenblick lang verwirrt, dann spürte sie hinter sich einen Luftzug und sprang nur schnell nach vorne. Irenes Schwert verfehlte sie nur haarscharf und Scarlett drehte sich während der Landung zu ihr um.

„Seit wann hast du es nötig von hinten anzugreifen?“, fragte sie ernst.

„Seit wann bist du so langsam, Scarlett?“, fragte Irene grinsend, „Ich habe mein Training beinahe beendet und werde dich heute besiegen. Das wird ein wahrhaft schöner Abschluss.“

„Das werden wir ja noch sehen“, sagte Scarlett. Eigentlich wollte sie nicht gegen ihre Freundin kämpfen, doch wenn sie es nicht tat, wären die Konsequenzen für sie wahrscheinlich verheerend.

Irene ging nun mit dem Schwert wieder auf sie los. Scarlett parierte den Schlag mit Nye, doch in dem Moment leuchtete der Talisman in Irenes Tasche plötzlich auf. In Irenes linker Hand erschien ein weiteres Schwert und mit dem schlug sie zu. Scarlett machte schnell einen Flickflack rückwärts und entkam so dem Hieb, der sie sonst den Kopf gekostet hätte.

„Kannst du es wirklich verkraften, einen Menschen zu töten?“, fragte Scarlett daraufhin. Sie konnte nicht ganz glauben, dass Irene wirklich dazu bereit war einen Menschen zu töten.

„Ihr seid Verbündete der Dämonen!“, sagte Irene und eines der beiden Schwerter verschwand wieder, „Euch ist nichts anderes vergönnt als der Tod und das Schmoren in der Hölle.“

Scarlett war für einen Augenblick lang beinahe fassungslos. War das dort wirklich Irene? So etwas hatte sie noch nie gehört. Und selbst die Verwünschungen der Dämonen klangen nicht so derbe und ernst wie Irene in dem Moment. Das war schon ein mittlerer Schock. Plötzlich jedoch stand Irene direkt vor Scarlett und riss ihr Schwert hoch. Scarlett legte noch den Kopf in den Nacken, doch die Spitze von Irenes Schwert erwischte ihre Brille und die Schirmmütze.

Scarlett lehnte sich schnell nach hinten und stieß sich dann mit den Händen am Dach ab. Als sie wieder landete, bemerkte sie, dass Irene sie vollkommen fassungslos ansah. Dann fielen Scarlett ihre langen, rotblonden Haare über die Schultern und sie sah ihre Sonnenbrille und die Schirmmütze auf dem Dach liegen. Scarlett erstarrte zur Salzsäule.

 Auch die anderen beiden Mädchen hatten inne gehalten und starrten verdattert in ihre Richtung. Cecil und Ivan entfernten sich daraufhin langsam von den beiden und kamen zu Scarlett.

„Das.. ist unmöglich“, sagte Irene und sie klang wirklich fassungslos, „Das kann doch nicht wahr sein...“

Scarlett zögerte einen Moment, doch dann atmete sie tief durch und richtete sich wieder auf. „Es ist wahr.“

„Aber Saskia.. du...“ Irene schüttelte den Kopf. „Das muss ein Scherz sein. Du warst doch gestern noch bei Ivalin und hast den Vertrag unterzeichnet.“

„Als Saskia Anders“, sagte Scarlett, „Die schon seit mehr als zehn Jahren tot ist.“

Irene starrte sie fassungslos an.

„Mein Geburtsnamen habe ich vor gut zehn Jahren abgelegt“, sagte Scarlett ernst und erhob Nye, „Ich bin Scarlett und niemand anderes. Saskia ist tot und in ihre Fußstapfen ist Scarlett getreten.“

„Aber, du arbeitest doch in einem Supermarkt“, sagte Irene, die ihre Fassung immer noch nicht wiedergefunden hatte, „Du musst das Geld für dich und deine Großeltern verdienen und hast am Nachmittag deshalb nie Zeit.“

„Ich habe keine Zeit, weil ich nach der Schule auf Dämonenjagd gehe“, sagte Scarlett, „Ich habe meine Ausbildung vor etwas mehr als zwei Jahren beendet und seitdem arbeite ich als Hunter für Avalon.“

Irene starrte sie ungläubig an. Inzwischen kamen auch Reika und Angelina zu ihr. Die beiden wirkten zwar verwirrt, doch nun redeten sie leise auf Irene ein. Diese schüttelte immer wieder den Kopf, bis ihr Gesicht dann auf einmal ernst wurde.

„Was sollen wir jetzt machen?“, fragte Cecil leise. Er stand schräg hinter ihr und hatte sich vorgebeugt, damit nur Scarlett ihn hören konnte.

„Wir führen den Auftrag aus“, antwortete Scarlett lediglich.

„Wie du wünscht“, seufzte Ivan, „Nur wie es aussieht, werden sie es uns nicht gerade leicht machen.“

Irene, Reika und Angelina hatten sich mit erhobenen Waffen nebeneinander aufgestellt und sahen die Gruppe ernst an. Ihre Blicke waren so ernst, dass man die Luft schon beinahe knistern hörte.

„Jetzt hat man dir also schon eine Gehirnwäsche verpasst“, sagte Irene, „Das ist unverzeihlicher als alles andere. Ich werde nicht zulassen, dass diese beiden Jungen dich weiter verwirren. Wir werden dich zu Ivalin bringen, damit du dort wieder zu dir selbst finden kannst.“

Scarlett entgleisten die Gesichtszüge und selbst Ivan und Cecil wirkten ungläubig. Das konnte Scarlett nun wirklich nicht fassen. Das schoss ja noch bei weitem über ihre bisherigen verrückten Aussagen hinaus. Doch dann gewann die Empörung und vor allem die Wut die Oberhand und auch Cecil und Ivan waren kurz davor ihre Selbstbeherrschung zu verlieren.

„Ohne die beiden hätte meine Mutter mich damals erschlagen!“, schrie Scarlett wütend, „Und wenn du noch ein einziges Mal behauptest, dass man mich einer Gehirnwäsche unterzogen hat, wirst du das bereuen! Diejenige, die das volle Gehirnwäscheprogramm bekommen hat, bist du!“

In Irenes linker Hand erschien das zweite Schwert. „Keine Sorge, wir werden dich schon wieder zur Vernunft bringen...“

„Halt endlich den Mund!“, schrie Scarlett. Langsam verzweifelte sie. „In letzter Zeit höre ich nur noch Schwachsinn, wie ich ihn noch nie gehört habe, aus deinem Mund und du hast sogar versucht Bianca mit in die Sache hineinzuziehen. Ist dir eigentlich klar, dass es hier um mehr als ein abgedrehtes Spiel geht? Das ist die Wirklichkeit! Du kannst doch nicht einfach Menschen umbringen und behaupten, dass es dein Recht ist. Auch du kannst falsch liegen und dann mussten die Menschen einen vollkommen unnötigen Tod sterben. Mich würde das Wahnsinnig machen!“

„Mich macht es wahnsinnig, dass ihr mit den Leben der Menschen spielt“, sagte Irene und in ihrer Stimme lag Hass, „Ihr bringt alle in Gefahr und habt sogar Saskia einer Gehirnwäsche unterzogen, das werde ich euch niemals verzeihen.“

Cecil und Ivan sah man ihre Wut an, doch sie blickten unsicher zu Scarlett. Diese stand mit gesenktem Kopf auf dem Dach und starrte nach unten. Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann hörten die beiden Jungen, wie Scarlett tief einatmete. Schließlich sah sie wieder auf und hob Nye, sodass der Lauf nach oben gerichtet war und direkt vor ihrer Nase verharrte.

„Jungs“, sagte Scarlett ernst, „Hiermit nehmen wir Irene, Reika und Angelina im Auftrag von Avalon gefangen.“

Cecil und Ivan seufzten schon beinahe erleichtert und stellten sich schräg hinter Scarlett. Wenn sie diesen Ton hatte, war sie voll konzentriert und plante dem ein Ende zu machen. Wenn sie diesen Ton hatte, dauerte es nie lange, bis ihr Ziel erlegt war. Allerdings hatten die beiden Jungen – der jüngsten Aussagen von Irene wegen – auch eine ungute Vorahnung.

„Glaubt ihr, wir lassen uns einfach so gefangen nehmen?“, fragte Reika empört und richtete ihren Pfeil direkt auf Scarlett.

„Daran werdet ihr gar nichts ändern können“, sagte Scarlett nur. Sie gab den beiden Jungen ein Zeichen und ging langsam auf die drei Mädchen vor ihnen zu. Cecil und Ivan warteten zwei Schritte, dann kamen sie hinter ihr her. Jetzt legte sich besser niemand mit Scarlett an, denn der würde es bereuen.

Reika ließ ihren Pfeil von der Sehne schnellen und er vervielfältigte sich natürlich sofort. Scarlett konzentrierte sich jedoch nur einzig und allein auf die Pfeile. Die drei Mädchen würde sie auch ohne die Aura-Sicht besiegen, da hatte sie schon um einiges schwerere Gegner vor sich gehabt. Dank des Trainings kamen ihr die Pfeile auch gar nicht mehr so schnell vor, wie einem normalen Menschen vielleicht. Sie musste sich nur richtig konzentrieren. Bei einigen Pfeilen hob sie einfach nur einen Fuß an, um ihnen auszuweichen, bei anderen trat sie einen Schritt zur Seite oder neigte nur den Kopf nach rechts oder links. Nur einige wenige wehrte sie mit Nye ab. Reika sah sichtlich verwirrt aus, doch da schoss Angelina schon mit ihrer Pistole auf Scarlett. Für diese war es kein Problem dasselbe Spiel wie bei den Pfeilen noch mal zu wiederholen.

Als die drei Mädchen vor ihnen sie entgeistert anstarrten, fragte Scarlett: „Ist das schon alles?“ Nye hielt sie wieder vor ihrem Kopf und sie kam den drein auch langsam immer näher. Inzwischen fehlten vielleicht noch sechs Meter.

„Verdammt“, sagte Irene, „Wir greifen direkt an, los!“

Damit stürmten sie auf Scarlett, Cecil und Ivan zu. Scarlett nickte nur einmal kurz und die beiden Jungen hinter ihr entfernten sich ein Stück nach rechts und links. Reika und Angelina änderten ebenfalls die Richtung und stürmten auf sie zu. Irene hielt weiterhin auf Scarlett zu und erhob ihr erstes Schwert. Den ersten Streich lenkte Scarlett mit Nye ins Leere und bei dem Zweiten zog sie einfach den Kopf ein. Dann machte sie einen Schritt nach vorne und schlug Irene kräftig in den Magen.

„Da reden bei dir nichts mehr bringt, bleibt mir ja nichts anderes übrig als dich zu bekämpfen“, sagte Scarlett nur und beförderte Irene mit einem Tritt ein ganzes Stück weiter nach hinten. Diese stolperte und fiel hinten über. Zwei Schüsse hallten wider und die Schwerter von Irene lösten sich auf. Sie starrte Scarlett entgeistert an.

„Du bist ein paar Jahre zu früh, um es mit mir aufzunehmen“, sagte Scarlett nur und blickte zu den anderen. Cecil hatte Reika überwältigt und sie saß mit einem beleidigten Gesicht vor ihm auf dem Boden und Ivan hatte Angelina ebenfalls bereits entwaffnet. Scarlett seufzte.

„Jetzt!“, rief Irene jedoch plötzlich und holte ihren Talisman heraus.

 Reika und Angelina holten ihre beiden ebenfalls hervor und die drei Talismane begannen zu leuchten. Doch noch ehe mehr zu sehen war, erklangen erneut drei Schüsse.

„Es reicht“, sagte Scarlett und ließ Nye sinken. Der Kipplauf sprang auf und die leeren Patronen fielen auf das Dach. Die Einzelteile der Talismane, die Scarlett alle mit je einem einzigen Schuss zerstört hatte, landeten ebenfalls auf dem Dach. Irene, Reika und Angelina waren zu geschockt um etwas zu sagen.

„Ich glaube, das war´s jetzt aber“, sagte Cecil, „Bringen wir sie zu Avalon.“

„Niemals!“, schrien die drei gleichzeitig.

„Ich kann euch auch anschießen oder betäuben“, sagte Scarlett kalt und lud einige neue Patronen.

„Und glaubt mir“, sagte Ivan resigniert, „Nach der Betäubung seid ihr für mehr als sechs Stunden unfähig euch zu bewegen.“

„Und vergesst die Kopfschmerzen nicht.“

Scarlett drehte sich überrascht um und sah Zachary verdattert an.

Dieser verschränkte lächelnd die Arme hinter dem Kopf und kam näher. „Das sah ja wirklich spektakulär aus.“

„Du bist ja schon wieder ausgebrochen“, stellte Cecil resigniert fest.

„Ein Dämon!“, rief Irene erschrocken, „Warum vernichtet ihr ihn nicht! Er wird die Menschen auffressen, wenn ihr es nicht tut.“

Zachary hob nur eine Augenbraue und sah Scarlett kurz an, die nach einem Seufzen nickte. Sie war nervlich vollkommen fertig und hatte keine Lust mehr. Und da der Dämon vor ihr ungefährlich war, sollte er tun, was er wollte. Zachary trat daraufhin vor Irene, die zitternd am Boden saß und ihn verängstigt ansah.

„Sie ähnelt dir, Scarlett, bei unserem ersten Treffen“, sagte Zachary nur und legte den Kopf schief, „Riecht mir aber viel zu sehr nach Schweiß. Wer die fressen will, leidet an Geschmacksverirrung.“

„Das würden die normalen Dämonen von dir behaupten“, bemerkte Ivan und kam mit Angelina näher. Allerdings machte sie das wahrscheinlich nur, weil die Lanze hinter ihrem Rücken nicht gerade stumpf aussah.

Cecil kam ebenfalls zu ihnen und hielt Reika sein Schwert an den Hals.

Scarlett sah kurz in den Himmel, doch dann fing auf einmal alles an sich zu drehen. Sie schwankte kurz und kippte nach hinten. Cecil und Ivan wollten gerade zu ihr laufen, als Zachary schon hinter ihr stand und sie auffing.

„Ohnmächtig“, stellte der Dämon leicht verblüfft fest.

„Warum ist sie denn plötzlich bewusstlos geworden?“, fragte Irene etwas verwirrt, „Hab ich sie doch erwischt?“

Cecil hatte gerade doch zu Scarlett gehen wollen, aber er verharrte vor den drei Mädchen und sah sie wütend an. „Ja, du kannst dich freuen. Du hast sie dort getroffen, wo es am meisten weh tut.“

Irene runzelte die Stirn.

„Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie es ist, wenn eine deiner wahrscheinlich besten Freundinnen plötzlich behauptet, dass du einer Gehirnwäsche unterzogen wurdest?“, fragte Ivan und auch er klang wütend, „Kannst du dir nur ansatzweise vorstellen wie das ist, wenn deine Freundin versucht dich zu töten?“

„Und weißt du eigentlich, dass Scarlett sich tagelang den Kopf darüber zerbrochen hat, wie sie verhindern kann, dass einige der weniger nachdenkenden Hunter dich töten?“, fragte Cecil und sah sie verachtend an, „Und erinnerst du dich, als was du sie alles beschimpft hast? Wie du alles, für das sie hart gearbeitet hat, als falsch bezeichnet hast, obwohl du es noch nicht mal wirklich wusstest? Kannst du dir nur ansatzweise vorstellen, wie das für sie ist, von ihrer eigenen Freundin so beschimpft zu werden?“

„Wir haben schon darauf gewartet, dass sie es nicht mehr aushält“, stellte Ivan tonlos fest, „Aber ihre Selbstbeherrschung und ihr Wille haben länger durchgehalten als ihr Körper. Dein Werk kannst du da sehen. Da kannst du sehen, wie jemand aussieht, der von seiner eigenen Freundin vernichtend geschlagen wurde.“

Irenes Gesicht zeigte bodenlose Fassungslosigkeit. Sie starrte das Dach an und anscheinend wurde ihr so langsam klar, dass das da wirklich ihre alte Freundin war.

„Wir gehen zurück zu Avalon“, sagte Cecil und ging zu Zachary, „Pass du auf den einen Hitzkopf da auf, ich nehme sie.“

„Wie du willst“, sagte Zachary nur und überließ Cecil Scarlett. Dieser nahm sie auf den Arm, während der Dämon zu Reika kam, die deutlich verängstigt war.

„Und wehe irgendeine von euch macht einen Aufstand“, sagte Cecil und sah die drei Mädchen mit einem tödlichen Blick an.

Keine von ihnen wagte es zu widersprechen und so machte sich die Gruppe auf den Weg zu Avalon.

Kapitel 14

Scarlett wurde nur langsam wieder wach, doch mit der Zeit erschien ihr die Lage ein wenig unbequem. Sie öffnete die Augen und sah Cecil verwirrt an, der sie auf dem Arm hatte.

„Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt und blieb stehen.

„Warum denn nicht?“, fragte Scarlett stirnrunzelnd und sah sich um. Ivan und Zachary standen hinter drei Mädchen, die ein wenig verängstigt wirkten und recht seltsame Kleider trugen.

„Und wer sind die drei da?“, fragte Scarlett etwas verwirrt.

Cecil, Ivan und allen anderen Anwesenden entgleisten die Gesichtszüge. Sie starrten Scarlett fassungslos an.

„Was ist? Hab ich was verpasst?“, fragte diese und kam wieder auf ihre Füße, denn auf Cecils Arm war es ihr inzwischen wirklich zu unbequem.

„Ich glaube, wir suchen die Krankenstation bei Avalon auch noch mal auf“, sagte Ivan stockend.

„Warum sollten wir auf die Krankenstation? Ist einer von euch verletzt?“, fragte Scarlett verwirrt. Langsam bekam sie wirklich das Gefühl, dass sie irgendetwas nicht mitbekommen hatte.

„Weil du anscheinend eine leichte Amnesie hast“, sagte Cecil nur und seufzte, „Das hat uns gerade noch gefehlt.“

„Amnesie?“ Scarlett blinzelte verwirrt.

 

„Ja, eine leichte Amnesie“, sagte die Krankenschwester schließlich. Sie saß auf einem Hocker vor Scarlett, die auf einer Liege saß und noch immer leicht verwirrt aussah.

„Und wieso habe ich.. eine Amnesie?“, fragte Scarlett.

„Das ist unterschiedlich“, sagte Krankenschwester, „Bei dir ist es wahrscheinlich, weil du dich an etwas nicht erinnern willst. Etwas, das so schlimm ist, dass dein Körper dich davor schützt.“

„Aber was kann das sein?“, fragte Scarlett und sah zu Cecil und Ivan, die beide in der Tür standen und sich gegenseitig ansahen.

„Das kann ich dir nicht sagen.“

„Und wann wird das wieder nachlassen?“, fragte Scarlett darum.

„Das ist ebenfalls unterschiedlich“, seufzte die Schwester, „Bei einigen dauert es nur Stunden bis wenige Tage, bei anderen Wochen, Monate oder sogar Jahre. Es gab auch einige Fälle, in denen sich die Betroffenen nie vollständig erinnert haben und damit hatten leben müssen. Ich kann dir also unmöglich sagen, ob und wann du dich wieder erinnern wirst.“

Scarlett seufzte. „Na von mir aus, solange es mich nicht weiter an der Arbeit hindert, soll es mir recht sein.“ Sie sprang von der Liege und dankte kurz der Schwester, dann schob sie sich an den beiden Jungen vorbei nach draußen.

„Also gut ihr zwei“, sagte Scarlett, „Da ihr mir anscheinend nicht mal wenigstens ein paar Hinweise geben wollt, frage ich gar nicht erst nach, weswegen ich diese Amnesie habe.“

Cecil und Ivan sahen sich nur betroffen an. Sie wollten es ihr sagen, doch Scarlett hatte so furchtbar verletzt ausgesehen und war wegen der Sache mit Irene so fertig gewesen, dass sie es im Moment einfach nicht fertig brachten. Vielleicht tat ihr etwas Abstand zu der Sache ja gut. Jedenfalls konnten es die beiden Jungen nur hoffen, denn sie wollten auf keinen Fall, dass Scarlett litt. Sie war für die beiden schließlich wie ihre eigene Schwester.

„Wo sind die drei Mädchen von Ivalin jetzt?“, fragte Scarlett.

„Im ersten Untergeschoss“, antwortete Ivan, „Zusammen mit den anderen Gefangenen von Ivalin.“

„Mit den anderen?“ Scarlett runzelte etwas verwirrt die Stirn. „Es wurden noch mehr gefangen?“

„Ja, ein paar mehr sogar“, sagte Cecil, „Anscheinend hatte Ivalin heute auch einen Befehl gegeben, laut dem die Mitglieder Avalons Macht schwächen sollten. Völlig bescheuert meiner Meinung nach, aber dadurch sind uns eben ein paar mehr ins Netz gegangen, als erwartet.“

„Einige waren vielleicht ein wenig problematisch, aber keines unserer Teams hat versagt“, sagte Ivan und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, „Da sieht man den Unterschied zwischen ein paar Wochen und ein paar Jahren Training.“

„Das würde ich auch so sehen“, sagte Scarlett nur und ging durch die große Eingangshalle direkt zu den Treppen ins Untergeschoss. Sie holte kurz ihren Ausweis hervor und zeigte ihn im Vorbeigehen den beiden Wärtern. Auch Cecil und Ivan kamen ganz einfach durch und sie gingen hinunter ins Untergeschoss.

„Hallo ihr drei“, sagte Sebastian lächelnd. Er saß auf einem Schreibtischstuhl in dem Raum gleich neben den Treppen, doch die Tür war auf.

„Also manchmal kommt es mir so vor, als würdest du regelrecht auf uns warten“, bemerkte Scarlett und lächelte schief.

„Wer weiß?“ Sebastian stand lächelnd auf. Er klappte den Ordner auf dem Tisch zu und kam zu ihnen. „Und? Wie ist es gelaufen?“

„Eine leichte Amnesie“, antwortete Scarlett, „Aber da ich mich an alles, was ich gelernt habe und was ich über Avalon wissen sollte, erinnere, kann ich mich ganz normal bewegen und auch Aufträge erledigen.“

„Schön zu hören“, sagte Sebastian und sah dann den Gang hinunter, „Aber inzwischen haben wir ganze achtundzwanzig Mitglieder von Ivalin gefangen. Und da es immer mehr werden, geht uns langsam der Platz aus.“

„Oje“, sagte Scarlett nur mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Aber sie sind alle gleich“, sagte Sebastian und grinste schief, „Alle tragen höchst seltsame bis ziemlich abgedrehte Klamotten und alle hatten irgendwelche kleinen Talismane dabei, die wir ihnen erstmal abnehmen mussten, damit sie hier nicht alles umgestalten.“

„Tja, unsere Scarlett hat die Dinger einfach mit einem Schuss zu Kleinholz verarbeitet“, bemerkte Ivan.

„Ist immer noch die einfachste Methode, wie?“ Sebastian seufzte. „Aber unsere Analytiker sind gerade dabei die Dinger auseinanderzunehmen und genauer zu untersuchen.“

„Sind schon irgendwelche Ergebnisse bekannt?“, fragte Scarlett, „Bis jetzt wissen wir nur, dass sie irgendwie eine Verbindung zur Astralebene herstellen und auch als Sensoren für Dämonen fungieren.“

„Ja, das haben wir schon von einigen Teams gehört und auch aus deinem Bericht gelesen“, sagte Sebastian und seufzte, „Aber mehr ist uns leider noch nicht bekannt. Laut den Analytikern wird es noch eine ganze Weile dauern, etwas über die Talismane herauszufinden. Sie sind äußerst stabil und anscheinend ist unser geschätztes Orichalcon das einzige Metall, das in der Lage ist, sie zu zerstören. Wie wir die Dinger aber, ohne sie zu zerstören, öffnen sollen, kann bis jetzt noch niemand sagen.“

„Also lassen die sich wie immer viel Zeit“, bemerkte Scarlett resigniert.

„Na ja, das sind ja auch nicht die einzigen Dinge, um die sie sich kümmern müssen“, erwiderte Sebastian.

„Mag sein, aber sie könnten sich trotzdem mal etwas beeilen“, sagte Ivan nur.

„Hören wir auf, uns über die Analytiker zu ärgern“, sagte Sebastian schließlich lächelnd, „Was führt euch dieses Mal hier nach unten?“

„Wir wollten hauptsächlich mal nachsehen, wie die Dinge hier stehen“, sagte Cecil, „Machen die Mitglieder von Ivalin große Probleme?“

„Nicht mehr als frisch eingefangene Dämonen“, sagte Sebastian und er klang ein wenig gelangweilt, „Sie sind immer noch nicht mehr als normale Menschen mit ein paar Wochen Kampferfahrung.“

„Und die kann mit unserer jahrelangen Ausbildung natürlich nicht mithalten“, bemerkte Scarlett.

„Gut aufgepasst“, sagte Sebastian, „Aber wenn ihr wollt, kann ich euch mal den Aufenthaltsraum zeigen, in dem wir sie zur Zeit versammelt haben.“

„In welchem eigentlich?“, fragte Ivan stirnrunzelnd.

„In einem der Aufenthaltsräume der Dämonen“, sagte Sebastian schulterzuckend, „Im Größten, da wir noch mehr von ihnen erwarten.“

„Alle auf einem Haufen?“, fragte Cecil ein wenig ungläubig.

„Was sollen sie schon anstellen?“, fragte Sebastian gelassen, „Die Möbel sind alle am Boden befestigt, die Scheibe können selbst Dämonen nicht zerstören und die Wände sind auch zu hart, um durchzudringen.“

„Vielleicht hecken sie aber einen Plan aus, wie sie die Wachen ausschalten können“, warf Cecil skeptisch ein.

„Ob sie das nun einzeln oder in einer großen Gruppe tun, wo liegt da bitte schön der Unterschied?“, fragte Sebastian, „Sollten sie etwas versuchen, werden wir es merken und einschreiten.“

„Wie viele Hunter sind mit der Bewachung beschäftigt?“, fragte Ivan.

„Rund zehn an verschiedenen Stellen“, sagte Sebastian, „Aber es sind noch Weitere hier unten und alle haben Funkgeräte.“

„Ist es hier?“ Scarlett konnte sich die Frage allerdings schon selbst beantworten. Inzwischen standen sie vor einem mehr als zehn Meter langen Fenster. Es ging nicht bis zum Boden und rund herum war die Wand aus verstärktem Stahl. Durch das Fenster konnte man in den großen Raum blicken und auch die rund achtundzwanzig Mitglieder von Avalon sehen. Sie alle trugen mehr oder weniger komische Klamotten und zurzeit schienen sie gerade Kriegsrat zu halten. Um einen langen Tisch hatten sie sich versammelt und redeten angeregt, aber leise miteinander.

„Die tuscheln ja schon wieder“, seufzte Sebastian und verschränkte die Arme vor der Brust, „Das machen sie schon die ganze Zeit über. Einen Ausbruchsversuch haben sie auch schon gestartet, aber der ist gründlich misslungen.“

„Und jetzt überlegen sie sich einen neuen Plan“, stellte Cecil fest.

„Was sollen sie auch anderes machen?“, fragte Scarlett, „Und ich glaube nicht, dass sie sich über ein paar Kartenspiele freuen würden.“

Sebastian grinste schief. „Vielleicht sollten wir das mal ausprobieren. Womöglich fehlt ihnen wirklich nur eine Beschäftigung.“

Inzwischen hatten einige der Mitglieder von Ivalin sie vor dem Fenster entdeckt und machten auch die anderen darauf aufmerksam. Scarlett entdeckte auch die Mädchen, die Cecil und Ivan Irene, Reika und Angelina genannt hatten. Sie blickten in Scarletts Richtung und wirkten ein wenig unsicher.

Scarlett konnte sich nicht helfen, zwar kamen ihr die drei schon irgendwie bekannt vor, doch sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Dann kamen die drei nach vorne ans Fenster und Cecil und Ivan stellten sich vor Scarlett, die deswegen ein wenig verwirrt war. Sebastian schien die Geschichte bereits gehört zu haben, denn er wirkte nicht sonderlich verwundert.

„Saskia“, sagte Irene und schien irgendwie an den beiden Jungen vorbeisehen zu wollen, „Ich möchte mit dir reden. Bitte hör mir zu.“

 Scarlett schob die beiden Jungen zur Seite, ehe diese etwas sagen konnten. Dann stellte Scarlett sich direkt vor das Fenster und sah Irene an, die in der Mitte stand und sie schon fast flehend ansah.

„Ich bin nicht Saskia, sondern Scarlett“, sagte Scarlett nur, „Und mir fällt gerade kein Grund ein, aus dem ich mit dir reden sollte.“

Cecil und Ivan schluckten beide bei Scarletts Ton und selbst Sebastian schien nun doch ein wenig verwundert zu sein. Zumindest deutete seine hochgezogene Augenbraue darauf hin. Auch wenn Scarlett die letzten Umstände vielleicht vergessen hatte, schien sich ein Teil von ihr noch daran zu erinnern und dafür zu sorgen, dass Scarletts Stimmung auf ein Minimum sank. Denn genauso kalt klang sie gerade.

Irene schien darüber auch ein wenig erschrocken zu sein und Reika und Angelina sah man ihre Verwunderung ebenfalls deutlich an.

Scarlett wollte noch etwas sagen, doch in dem Moment fiel ihr etwas auf. Sie ging augenblicklich in die normale Aura-Sicht über und sah nach oben in das Erdgeschoss des Hauptgebäudes von Avalon. Inzwischen kannte sie fast jede einzelne Aura, selbst wenn sie die Person, zu der sie gehörte, noch nicht mal mit Namen kannte oder sie nie gesehen hatte. Eine jedoch kam ihr absolut unbekannt vor. Sie hatte eine fast blutrote Farbe und wirkte bedrohlich. Zurzeit hielt sie sich noch am Eingang auf und schien nicht ganz zu wissen, wohin sie sollte, doch dann ging sie langsam in die Richtung der Treppe in die Kellergeschosse.

„Wir kriegen Besuch“, sagte Scarlett ernst und auch die Jungen und Sebastian sahen nach oben.

„Du hast recht“, stellte Sebastian erstaunt fest, „Wie es aussieht, versucht gerade einer von Ivalin hier nach unten zu kommen. Die sind gar nicht so schlecht...“

„Aber ziemlich dumm“, sagte Scarlett und lud die normalen Patronen in ihren Revolver, „Wenn du erlaubst, sammle ich mal Nummer neunundzwanzig da oben ein.“

„Nur zu“, sagte Sebastian, „Aber denk daran, nicht alle da oben sind Hunter. Auch die normalen Mitglieder aus der Verwaltung, des Archivs und so weiter sind da oben, also pass ein bisschen auf.“

„Ich hatte nicht vor eine Schießerei anzuzetteln“, erwiderte Scarlett nur nüchtern und machte sich auf den Weg nach oben.

Cecil und Ivan blickten ihr kurz nach, dann sahen sie zu Irene, Angelina und Reika, zu denen sich inzwischen noch ein paar weitere Mitglieder von Ivalin gesellt hatten. Anscheinend hatten sie gehört, dass jemand aus ihrer Organisation hier war.

„Mach euch keine Hoffnungen“, sagte Ivan nur, „So wie Scarlett gerade drauf ist, bekommt ihr bald noch mehr Gesellschaft hier unten.“

Scarlett war bereits am Treppenansatz oben angekommen und flüsterte den Wärtern kurz etwas zu, damit diese zu Not gewarnt waren. Dann machte sie einen Bogen um den Eindringling und ging wieder auf die normale Sicht mit ihren fünf Sinnen über. Es war Esteban von Ivalin, dem Scarlett bereits einmal begegnet war. Zu dem Zeitpunkt hatte Zachary ihn gekonnt überlistet, doch dieses Mal wollte Scarlett ihn selber schnappen. Esteban hatte seine dunkelblonden Haare unter einem schwarzen Hut versteckt und auch sein Mantel war recht dunkel und reichte fast bis auf den Boden. Er trug auch noch eine Sonnenbrille und Scarlett musste schief lächeln. Wenn er hier drinne so auftauchte, machte er sich schon allein durch sein Auftreten verdächtig. Die Hunter mussten zwar draußen so rumlaufen, doch hier drinnen vermummte sich niemand so sehr.

Zwar sah Esteban sich die ganze Zeit über um, doch er schien Scarlett nicht zu bemerken. Dabei fiel ihr auch ein, dass er sie nur mit Schirmmütze, Sonnenbrille und Mantel gesehen hatte, nicht ohne Mantel und mit offenen Haaren. So schwenkte Scarlett ohne große Bedenken nach links ab und begab sich hinter ihn. Die beiden Wachmänner am Kellereingang sahen bereits unauffällig in ihre Richtung und Scarlett gab ihnen das Zeichen, dass sie Esteban einfach durchlassen sollten. Esteban zog seinen Hut weiter runter und ging ungehindert an den beiden Wachmännern vorbei. Scarlett beschleunigte nun ihren Schritt und holte lautlos auf, als Esteban gerade die Treppe betreten hatte. Erst als sie Nye bereits an seinen Kopf hielt und ihren Revolver entsicherte, schien Esteban aufzufallen, dass jemand hinter ihm war.

„Schön weiter gehen“, sagte Scarlett nur, „Du kannst gleich zu deinen Freunden mit ins Untergeschoss.“

Esteban knurrte etwas und wollte in seine Tasche greifen, doch Scarlett schlug mit Nye auf seine Hand. Sie hatte natürlich nicht so viel Kraft verwendet, wie bei einem Dämon, doch Esteban hielt sich trotzdem fluchend seine Hand.

„Ich habe wohl vergessen zu sagen, dass wir deinen komischen Talisman erst mal konfiszieren“, bemerkte Scarlett und gab ihm einen Schubs, „Und jetzt weiter, sonst schieß ich.“

Nur murrend ging Esteban weiter bis ins erste Untergeschoss. Scarlett führte ihn ohne große Umwege zu dem großen Aufenthaltsraum, in dem auch die anderen von Ivalin waren. Davor standen auch noch Cecil, Ivan und Sebastian.

„Oh, Esteban“, sagte Cecil und eine leichte Schadenfreude war in seiner Stimme zu hören, „Ich hätte nicht gedacht, dich schon so früh hier zu sehen.“

„Unverschämter Dreikäsehoch“, knurrte Esteban, doch dann fiel sein Blick auf Sebastian, der die Arme immer noch vor seiner Brust verschränkt hatte und ihn nur gelangweilt musterte.

„Du solltest dir noch mal überlegen, ob du dich mit Sebastian anlegen willst“, bemerkte Ivan, „Egal wie gut du bist, er ist besser.“

„Ach ja?“ Esteban schoss mit einem Mal auf Sebastian zu und griff in seine Hosentasche. Etwas leuchtete auf und in seiner Hand erschien ein ziemlich großes Schwert. Er schwang es durch die Luft und schlug zu. Scarlett war einfach stehen geblieben und Cecil und Ivan waren sicherheitshalber ein Stück zurückgetreten. Sebastian stand gelassen da und hatte nur ein vergleichsweise schmales Schwert in der Hand, mit dem er Estebans allerdings mühelos abblockte. Mit nur einer Hand wohlgemerkt, während Esteban beide Hände fest um den Griff seines ziemlich großen Schwertes gepackt hatte und ziemlich angestrengt aussah.

„Ist das alles, was eines der besten Mitglieder von Ivalin drauf hat?“, fragte Sebastian, „Das ist ja langweilig. Geh aus dem Weg Scarlett.“

 Diese gehorchte und drückte sich an die Wand des Gangs. Nicht mal eine Sekunde später schwang Sebastian sein Schwert einmal und Esteban flog quer durch den Gang. Er schlug unsanft auf dem harten Boden auf und rieb sich die Schulter, auf der er anscheinend gelandet war. Es dauerte einen Augenblick, bis er sich wieder aufsetzte. Dann griff er jedoch wieder in seine Tasche und der Talisman begann kurz zu leuchten. Allerdings geschah nichts.

„Ist das Ding vielleicht kaputt?“, fragte Cecil schadenfroh.

„Was ist denn hier los?“ Kathleen kam nun auf einmal um die Ecke und sah die versammelte Gruppe verwirrt an. Ihre langen, fuchsroten Haare hatte sie heute zur Abwechslung mal zu einem Pferdeschwanz hochgebunden, doch bis auf das trug sie ihre übliche Arbeitskleidung. „Und was ist das für ein blinkender Kasten hinter dem Typen?“

Scarlett hörte in dem Moment auch das leise Ticken und wollte schon loslaufen, doch es war zu spät. Es gab ein Klicken und plötzlich schien dieser Kasten zu explodieren. Grauer Rauch breitete sich in rasendem Tempo im gesamten Gang vor dem Fenster aus und Scarlett hielt sich schnell ihre Hand vor Mund und Nase. Auch die beiden Jungen und Sebastian taten dies zur Sicherheit, da sie nicht genau wussten, was das für ein Rauch war. Doch er versperrte ihnen auch die Sicht und auf einmal hörte Scarlett Kathleens überraschten Schrei. Daraufhin fing Scarlett sich augenblicklich wieder und wechselte zur Aura-Sicht. Esteban war auf dem Weg zu dem Raum vor dem, in dem die anderen Mitglieder von Ivalin saßen. Er war jedoch noch im Gang und Scarlett erhob kurzerhand Nye. Sie zielte kurz und betätigte dann den Abzug. Zielsicher traf die Kugel Estebans Oberschenkel und dieser ging stöhnend zu Boden.

Scarlett stand mit wenigen Schritten neben ihm, auch wenn er sie wahrscheinlich bei dem Rauch nur als Schemen erkennen konnte. Nun wusste sie auch, was er sich vorhin noch durch den Talisman beschafft hatte. Eine Gasmaske. Er sah sie jedoch an und wirkte ziemlich erschrocken angesichts dessen, dass sie trotz dieses dichten Rauchs zielsicher getroffen und ihn auch einfach gefunden hatte.

Scarlett entfernte sich nun zwei Meter und trat an die Wand. Nach kurzem Suchen fand sie den Knopf und betätigte damit die Lüftungsanlage. Ein mehr oder weniger leises Rattern verriet die Arbeit der Maschine und innerhalb weniger Sekunden wurde der Rauch durch die Belüftungsschächte abgezogen und frische Luft in die Gänge gepumpt. Sobald aller Rauch abgezogen war, betätigte Scarlett den Knopf ein weiteres Mal und die Anlage stellte die Arbeit wieder auf den normalen Betrieb ein. Dieser Knopf aktivierte nur die speziellen Abzugsanlagen, die für giftigen Dampf oder andere, möglicherweise gefährliche Gase oder Rauch ausgelegt waren. Die normalen Anlagen brauchten für den Luftaustausch viel zu lange und bei giftigen Dämpfen waren manchmal schon Sekunden entscheidend. Deswegen gab es auf jedem Stockwerk der Untergeschosse mehrere solcher Knöpfe und noch weitere, die für eher außergewöhnliche Fälle gedacht waren.

Scarlett hustete kurz, da sie die Luft ziemlich lange hatte anhalten müssen, doch sie hatte sich schnell wieder beruhigt. „So, nachdem du dich schon so schön auf den Weg zu dem derzeitigen Verwahrungsraum gemacht hast, sollten wir dich auch dort abliefern, Esteban.“

 Dieser zog seine Maske vom Kopf und sah sie hasserfüllt an. „Das werdet ihr noch bereuen! Die anderen Mitglieder von Ivalin werden euch ausrotten!“

„Ach ja? Wir Hunter genießen nicht umsonst eine jahrelange Ausbildung“, sagte Scarlett kalt, „Ein paar Wochen oder von mir aus zwei Jahre kommen dagegen nicht an. Ihr seid einige Jahre zu früh, um es mit uns aufnehmen zu können.“

„Und bevor ihr noch anfangt zu streiten, da geht es lang“, sagte Sebastian und deutete nach rechts in einen vielleicht zwei Meter langen Gang, an dessen Ende nur eine Tür war. Durch diese kam man in den Vorraum und von dort durch eine weitere Tür in den derzeitigen Verwahrungsraum der der Mitglieder von Ivalin.

„Rein da“, sagte Sebastian und gab Esteban einen verhältnismäßig leichten Stoß in den Rücken, nachdem sie ihn zuvor gefesselt hatten, damit ein Arzt seine Schusswunde verbinden konnte. Als dieser fertig gewesen und aus dem Vorraum verschwunden war, hatten sie Esteban wieder von seinen Fesseln befreit und nun stapfte er gerade wütend zu seinen Freunden, auch wenn er humpeln musste.

„Saskia...“

Als Sebastian gerade die Tür wieder schließen wollte, erschien Irene in dieser und sah Scarlett an.

„Bitte Saskia, hör mich an“, sagte Irene flehend und kam einen Schritt näher, doch da machte Sebastian ihr durch eine bloße Bewegung mit dem Arm klar, wo sie sich immer noch befand.

Scarlett seufzte unterdessen. „Wie lange wird es wohl dauern, bis du begreifst, dass ich Scarlett und nicht Saskia bin? Aber wenn du unbedingt reden willst.. lass sie raus Sebastian.“

Dieser hob nur eine Augenbraue, weil man als Außenstehender gerade fast der Meinung sein konnte, dass Scarlett hier die Befehle erteilte und nicht er. Dann seufzte Sebastian nur und ließ Irene den Vorraum betreten, doch hinter ihr schloss er die Tür wieder.

Irene sah sich etwas verunsichert um und die feindseligen Blicke von Cecil und Ivan schienen sie nur noch mehr zu verunsichern, doch schließlich sah sie wieder Scarlett an. „Ich.. Es tut mir leid.“

„Was tut dir leid?“, fragte Scarlett und verschränkte die Arme, „Ich kann mich immer noch an nichts erinnern, was mit dir im Zusammenhang steht. Also wäre ich dir dankbar, wenn du mich mal aufklären würdest, wofür du dich gerade entschuldigen willst.“

Irene sah zu Boden. „I-Ich hab dir einige schreckliche Dinge unterstellt und Sachen gesagt, die ich nicht hätte sagen dürfen.. Und du hast Recht. Ich und auch die anderen haben keine Ahnung, was wirklich los ist. Ich hab nochmal über alles nachgedacht und ich muss zugeben.. Ich war dumm. Ich hab das Ganze wirklich mehr für ein Spiel gehalten. Es war so abgefahren und aufregend, dass ich vollkommen vergessen habe darüber nachzudenken. Ich dachte wirklich, ich könnte die Welt retten oder etwas dergleichen vollbringen. Es ist schon komisch, was für Schwachsinn der Mensch manchmal glaubt. Als könnte ich einfach so alle Dämonen auslöschen, das ist so bescheuert und ich frage mich auch, wie ich das glauben konnte.. Aber noch mehr frage ich mich, wie ich denken konnte, dass du einer Gehirnwäsche unterzogen wurdest. Das ist unverzeihlich und ich weiß, dass du mich dafür wahrscheinlich hasst. Ich habe alles, für das du hart gearbeitet und wofür du schon seit Jahren kämpfst, einfach für falsch erklärt, obwohl ich nichts wusste.. Absolut gar nichts...“

 Scarlett wurde nachdenklich. So langsam kehrten die Erinnerungen an die letzten Geschehnisse wieder zurück und sie erinnerte sich wieder daran, wie Irene sie beschimpft hatte. Doch der Anblick dieses Häufchen Elends vor ihr, ließ die Härte und den Schmerz der Erinnerungen ein wenig abklingen.

„Ich werde das nie wieder gut machen können“, sagte Irene niedergeschlagen, „Und ich weiß, dass ich unsere Freundschaft damit beendet habe, aber bitte nimm meine Entschuldigung an. Ich weiß, dass es eine törichte Bitte ist, aber...“

„Und warum stellst du sie dann?“, fragte Scarlett, „Man sollte über sein Handeln auch mal nachdenken und seine Taten in Frage stellen. Du hast noch nicht mal an der Richtigkeit deines Handelns gezweifelt und sogar versucht Menschen zu töten. Von den Dämonen gar nicht zu sprechen.“

Irene sah aus, als wäre jedes einzelne von Scarletts Worten ein Peitschenhieb ins Gesicht. „I.. Ich war so aufgeregt und Herr Schrada hat alles so glaubwürdig und absolut erklärt.. Ich habe keine Entschuldigung dafür. Alles, was ich tun kann, ist sagen, wie sehr es mir leid tut. Aber das hilft dir auch nicht, ich weiß. Trotzdem, es tut mir leid, dass es so gekommen ist. Es tut mir leid, was ich alles über dich gesagt habe und es tut mir unendlich leid, dass ich an dir gezweifelt habe. Ich hätte es besser wissen müssen, aber das habe ich nicht. Es tut mir leid. Es tut mir leid, es tut mir leid, es...“

„Schon gut, schon gut, schon gut“, sagte Scarlett und musste wegen Irenes verzweifelten Gesichts irgendwie lächeln, „Hauptsache du siehst es ein.“

Irene und auch die restlichen Anwesenden im Raum sahen Scarlett verwirrt an. Ihre Stimmung hatte sich so abrupt gedreht, dass keiner hinterher kam. Überhaupt waren sie wegen diesem Wechsel vollkommen verwirrt.

„Wenn du es verstanden hast, war die Sache wenigstens nicht umsonst“, sagte Scarlett lächelnd, „Und falls noch keiner drauf gekommen ist, ich glaube, meine Amnesie ist verschwunden. Ich kann mich wieder an alles erinnern.“

Allerdings wirkten die Gesichter der anderen nur noch verwirrter und zugleich erstaunter.

„Was seht ihr mich so an?“, fragte Scarlett, „Ist es so verwunderlich, dass ich mich wieder an alles erinnere?“

„N-Nein“, sagte Cecil immer noch erstaunt, „Wir hatten nur.. in dem Fall eine ganz andere Reaktion erwartet.“

„Und wieso?“, fragte Scarlett, „Sie hat es schließlich verstanden, also was soll ich weiter auf der Sache rumreiten? Außerdem hasse ich diese Stimmung, auf die Dauer bekomme ich davon noch Kopfschmerzen...“

„Scar!!“ Plötzlich flog die Tür zum Gang auf und Lilly kam hereingesprungen.

Scarlett konnte die kleine Dämonin gerade noch auffangen und stolperte bei dem Schwung der Kleinen einige Schritte zurück. Lilly schmiegte sich nur an sie und legte ihren Kopf auf Scarletts Schulter. Diese sah sie nur ziemlich überrascht an.

„Huch...“ Das war alles, was der überaus erstaunte Sebastian dazu sagte.

Cecil und Ivan sahen bereits resigniert zur Tür, durch die in dem Moment auch Zachary gelaufen kam. Er blieb stehen und sah die Anwesenden an.

„Ist die Kleine zu schnell für dich oder warum kommst du erst jetzt hier an?“, fragte Cecil lediglich resigniert, „Mal davon abgesehen, dass du schon wieder ausgebrochen bist.“

Zachary grinste kurz, ehe sein Blick auf die blasse Irene fiel. Sie hatte zwar bereits zugegeben, dass sie falsch gelegen hatte, doch sie schien immer noch Angst vor Dämonen zu haben.

Scarlett trat nur lächelnd neben sie. Daraufhin aber sprang Irene überrascht ein Stück zur Seite, da Scarlett nach wie vor Lilly auf dem Arm hatte. Nun konnte Scarlett sich ein kurzes Kichern nicht verkneifen. „Es ist alles in Ordnung, Irene.“

„A-Aber die beiden sind doch Dämonen“, sagte Irene verunsichert, „Ich weiß mit Sicherheit, dass Dämonen sich von Menschenfleisch ernähren. Das habe ich selbst gesehen, also kann es keine Lüge sein.“

„Das ist auch ein Fakt“, sagte Scarlett schief lächelnd, „Aber die beiden kann man nicht mir normalen Dämonen vergleichen.“

„Das kann man wirklich nicht“, sagte Ivan nur, „Der große da heißt Zachary und sein Lieblingsessen ist nicht Menschenfleisch, sondern Pfannkuchen, und die Kleine heißt Lilly und sie zieht Lesen dem Jagen von Menschen vor.“

Irene starrte Ivan ungläubig an.

„Was ist eigentlich mit Reika und Angelina?“, fragte Scarlett ernst, „Glauben sie auch, was Herr Schrada ihnen erzählt hat.“

Irene schien sich in der Gegenwart der Dämonen nicht entspannen zu können und wirkte nach wie vor unsicher. „Ja, fast noch mehr als ich es getan habe.“

„Zweifeln sie oder ist ihr Glaube so standfest, dass ihn vorerst nichts ins Wanken bringen kann?“, fragte Scarlett weiter.

„Ich weiß es nicht genau“, sagte Irene, „Sie sind auf jeden Fall nicht leicht zu überzeugen.“

Scarlett seufzte. „Auch wenn die Chancen gering sind, möchte ich eigentlich ganz gerne mal versuchen, mit den beiden zu reden. Und du Irene hilfst mir dabei.“

„I-Ich?“, fragte Irene verdattert.

„Ja du“, sagte Scarlett und gab Sebastian einen Wink, „Und hör auf so unsicher zu sein. Ich brauche die Irene, die mir immer die Schillischoten ins Pausenbrot schummelt, weil ich vor ihr und Bianca losgehe.“

Irene sah sie kurz noch verwirrt an, dann schien sie zu begreifen. Wegen der beiden Dämonen in ihrer Nähe schien sie sich allerdings noch immer nicht ganz sicher zu sein.

In der Zwischenzeit hatte Sebastian Reika und Angelina herausgerufen und die beiden waren auch gekommen. Als sie jedoch in der Tür standen und die anderen Anwesenden, inklusive der beiden Dämonen, sahen, schienen sie am liebsten wieder umdrehen zu wollen. Da schob Sebastian sie jedoch schon weiter in den Raum und schloss die Tür. Da in der Wand allerdings noch einige verglaste Fenster waren, konnten die anderen Mitglieder von Ivalin durchaus sehen, was im Vorraum passierte.

„W-Was soll das?“, fragte Reika unsicher.

„Was habt ihr mit uns vor?“, fragte Angelina ebenfalls verunsichert.

„Und was tun zwei Dämonen hier?“, fragte Reika.

„Ich würde euch raten, erstmal alles zu vergessen, was dieser komische Herr Schrada euch erzählt hat“, sagte Scarlett gelassen, „Und im Übrigen gehören diese beiden Dämonen zu meinen engsten Freunden, also wäre ich euch dankbar, wenn ihr nicht so abfällig von ihnen sprechen würdet.“

Nicht nur Reika und Angelina, sondern auch Irene sah erstaunt aus, als Scarlett das mit den engsten Freunden sagte.

„Also bin ich doch dein Freund“, bemerkte Zachary grinsend.

„Du solltest mit deinen Sprüchen aufpassen“, sagte Scarlett gereizt, „Da ich schon weiß, was gleich wieder alles kommt, habe ich nicht allzu gute Laune.“

„Hjuuu, wie immer, wenn ich da bin“, seufzte Zachary, doch sein Grinsen war noch lange nicht verschwunden.

„Woran liegt das wohl?“, fragte Scarlett genervt, „Weil du andauernd das machst, was du nicht sollst, statt dich mal an die Regeln zu halten.“

„Ich dachte, dass mit den Spielen wäre verboten“, sagte Zachary schmunzelnd und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.

Scarlett seufzte beherrscht. „Das sind sie auch, aber Regeln gibt es auch im richtigen Leben, falls du es vergessen hast.“

„Und Regeln sind da um gebrochen zu werden“, flötete Zachary grinsend.

Scarletts Hand ballte sich abwechselnd zur Faust und entspannte sich wieder. Ihre Rechte berührte immer wieder das Halfter von Nye an ihrem Oberschenkel.

„Ich halt schon den Mund“, sagte Zachary daraufhin und sein Grinsen wurde schief, „Auf die Kopfschmerzen kann ich verzichten.“

„Brav“, knurrte Scarlett nur seufzte erneut, „Also wo war ich stehen geblieben?“

„Du hast den anderen geraten, das Gesagte von Herrn Schrada zu vergessen“, bemerkte Zachary.

„Ah ja, danke.“ Scarlett fiel jedoch etwas auf. „Du sollst doch den Mund halten!“

„Davon war nie die Rede“, entgegnete Zachary.

„Jetzt ist davon die Rede, also halt deine vorlaute Klappe“, konterte Scarlett und ihre Stimme klang aufgebracht.

„Tse.“ Zachary wirkte ein wenig empört. „Du erteilst mir Befehle?“

„Das tut sie schon die ganze Zeit über“, präzisierte Cecil resigniert, „Und du hörst auch ziemlich gut auf sie.“

„Ihr vergesst wohl langsam, dass ich immer noch der gefährlichste Dämon hier bin“, bemerkte Zachary und nun war er derjenige, der resigniert klang.

„Und komischerweise bist du auch der einzige Dämon, Lilly mal ausgenommen, dem ich mich ohne eine Waffe nähern würde“, sagte Scarlett unbeeindruckt.

„So wie früher?“ Zachary hob eine Augenbraue.

„Da hatte ich die Fernbedienung für dein Halsband, falls du es vergessen hast“, bemerkte Scarlett.

„Ach ja. Das Ding, das immer so kribbelt“, sagte Zachary wenig begeistert, aber auch grinsend.

„Ja, das Ding“, bestätigte Scarlett nur ungläubig.

„Und bevor ihr jetzt ganz und gar in der Vergangenheit versinkt, wir haben hier immer noch ein paar Gäste von Ivalin unter uns“, bemerkte Cecil kopfschüttelnd.

„Stimmt ja“, sagte Scarlett nur und sah die beiden an, „Was Herr Schrada euch erzählt hat, könnt ihr im Prinzip alles vergessen. Ich war ja selber dort und musste aufpassen, dass ich bei dem Schwachsinn keinen Lachanfall bekomme. Die Welt zu retten ist etwas, das in Spielfilmen vorkommt, aber nicht im realen Leben. Man kann nicht eine ganze Welt retten. Man kann sich nur um bestimmte Dinge kümmern und dafür sorgen, dass richtig mit ihnen umgegangen wird. Wir von Avalon, zumindest die Abteilung für das Fangen von Dämonen, sind darauf spezialisiert Dämonen lebend zu fangen und sie hier her zu bringen. Was euer geschätzter Herr Schrada euch nämlich verschwiegen hat, bevor wir Dämonen wieder unter die Menschen lassen, unterziehen wir sie einer Ausbildung. Während dieser lernen sie wie normale Menschen zu leben und auf Menschenfleisch zu verzichten. Einzelne Schritte zu erklären würde Wochen dauern, deswegen sind meine Ausführungen nur kurz. Glaubt mir oder glaubt mir nicht, das ist eure Sache. Aber nur wenn die Dämonen die Ausbildung vollständig absolviert haben und sie von unseren Begutachtern als reif angesehen werden, lassen wir sie mit einem Hunter als Aufpasser zusammen in die Menschenwelt. Und erst wenn sie sich dort wirklich ein eigenes Leben aufgebaut haben und sicher ist, dass sie nicht rückfällig werden, lassen wir sie allein. Außerdem behalten alle Dämonen diese Halsbänder, die ihr auch bei Zachary sehen könnt. Abgesehen von ihren anderen Funktionen, dienen sie nämlich auch als Peilsender zum Finden entlaufener Dämonen, die mit ihrer Ausbildung eigentlich noch nicht fertig sind. Egal was euch Herr Schrada erzählt hat, das hier ist die Wahrheit und das ist auch die hauptsächliche Arbeit von Avalon.“

Irene, Reika und Angelina wirkten alle drei ziemlich erstaunt. Anscheinend hatten sie all das wirklich nicht gewusst. Es herrschte eine ganze Weile lang Schweigen.

„A-Aber was machen dann diese beiden Dämonen hier?“, fragte Angelina, auch wenn sie noch ziemlich verwirrt klang.

„Ich hab euch doch schon gesagt, dass er ungefährlich ist“, seufzte Scarlett, „Genau wie Lilly hier auf meinem Arm.“

Die drei wirkten noch immer ungläubig und erstaunt zugleich, doch dann sahen sie misstrauisch zu Zachary. Lilly schienen sie komischerweise für ungefährlich zu halten, allerdings wirkte sie in Scarletts Armen ja auch fast wie eine süße Puppe.

Scarlett verdrehte die Augen. „Zachary.“

„Hast du dieses Mal wenigstens geduscht?“, fragte Zachary resigniert.

Scarlett holte kurzerhand aus und schlug mit ihrer Faust nach seiner Nase, doch Zachary zog den Kopf ein. „Also heute mal nicht“, sagte er nur.

Scarlett jedoch nahm daraufhin ihren Ellenbogen und dieses Mal traf sie ihn direkt an der Stirn.

„Aua!“ Zachary rieb sich die getroffene Stelle, obwohl ihm das wahrscheinlich weniger wehgetan hatte als Scarlett, die es sich verkniff den schmerzenden Ellenbogen zu reiben.

„Hast doch selber Schuld“, sagte sie nur, „Aber wie ihr vielleicht seht, ist er wirklich mehr wie ein Mensch als ein Dämon.“

„Er ist.. wirklich komisch“, gab Irene nach einigem Zögern zu.

„Wieso nennt ihr mich eigentlich alle komisch?“, fragte Zachary resigniert und verdrehte die Augen, „Können nicht auch die anderen komisch sein?“

„Nein“, sagten Scarlett, Cecil und Ivan nüchtern.

Zachary verzog das Gesicht. „Ihr seid gemein.“

„Was anderes kommt gegen dich ja nicht an“, bemerkte Scarlett.

„Pff.“ Zachary verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich könnte jetzt auch ganz einfach verschwinden, wenn ich wollte. Ich könnte euch auch als meine heutige Hauptspeise ansehen...“

„Ja, ja, ja...“ Scarlett klopfte ihm auf die Schulter. „Ich spreche mal mit Magarita und bitte sie, morgen zum Frühstück deinen geliebten Pfannkuchen zu machen.“

„Mmmmh, da lass ich doch glatt mit mir reden“, grinste Zachary.

Sebastian, der immer noch an der Tür zu dem Verwahrungsraum der Mitglieder von Ivalin stand, schüttelte ungläubig den Kopf. Dieser Dämon hatte sich nicht verändert. Er war absolut unberechenbar und selbst wenn Sebastian ihn in eine der Hochsicherheitszellen einsperren würde, würde er es wahrscheinlich irgendwie schaffen wieder auszubrechen. Er konnte mit Sicherheit auch alle in diesem Raum einfach innerhalb weniger Sekunden ausschalten und fressen, wenn er wollte.

Inzwischen hatte Sebastian herausgefunden, dass es einige höhere Dämonen gab, die den anderen weit überlegen waren. Zachary schien zu diesen Magicans zu gehören, auch wenn Sebastian sich noch nicht ganz sicher war, zu welcher der vier Familien er gehörte. Jedenfalls hatte er wahrscheinlich sogar genug Macht um sich mit mehreren Hunter-Teams gleichzeitig anzulegen und sie alle zu besiegen. Nur warum tat dieser Dämon das nicht? Er konnte sich locker befreien, doch er schien ja regelrecht seinen Spaß daran zu haben Keith und die anderen Hunter zu ärgern.

Außerdem schien er zu Scarlett eine besondere Beziehung zu haben. Obwohl sie seine Fängerin war, benahm er sich ihr gegenüber am offensten und die beiden gingen miteinander um, als wären sie alte Klassenkameraden oder sogar enge Freunde. Sebastian konnte die Sache drehen wie er wollte, diesen Dämon konnte niemand verstehen. Zwar war auch die kleine Lilly ein etwas seltsamer Fall, doch Zachary würde wohl kein Dämon mehr übertreffen. Er war gegen die Betäubungen so weit resistent, dass er nur schwer zu stoppen sein würde, wenn er sich doch gegen Avalon auflehnen sollte.

Sebastian kannte die Meinungen des hohen Rats, auch sie hielten Zachary für äußerst gefährlich, doch sie wollten ihn auch nicht wieder gehen oder an eine der äußeren Stationen auswandern lassen. Sie wollten ihn direkt im Hauptquatier behalten. Und das war recht seltsam, wo sie doch sonst alles, was eine Bedrohung darstellen konnte, ohne große Umwege hinaus schafften. Irgendetwas braute sich da zusammen. Etwas von ganz oben.

Scarlett seufzte. „Also wenn es um Pfannkuchen geht, würdest du fast alles machen.“

„Alles nun nicht, aber so manches“, grinste Zachary.

Irene und auch die anderen beiden Mädchen schien bei diesem Anblick ein kalter Schauer über den Rücken zu laufen. Dabei waren Zacharys Zähne eigentlich nicht sehr viel anders als die der Menschen. Sie waren nur ein klein wenig spitzer, da Dämonen ja eigentlich reine Fleischfresser waren.

„Ihr müsst euch wirklich keine Sorgen machen“, sagte Scarlett lächelnd, „Bei den anderen Dämonen solltet ihr zwar ein bisschen vorsichtiger sein, aber er hier ist der Einzige, der euch durchaus auch mal in der Stadt begegnen könnte.“

Die drei sahen sie entgeistert an.

„Er macht gerne.. heimliche Ausflüge“, sagte Scarlett resigniert, „Und er ist der Einzige, der damit durchkommt.“

„A-Aber das bedeutet doch...“, setzte Reika ungläubig an.

„Ihr braucht keine Angst zu haben“, seufzte Scarlett, „Ich bin die Letzte, die er richtig gebissen hatte, und das war vor etwa zweieinhalb Jahren.“

Irene, Reika und Angelina schienen nun endgültig fassungslos zu sein.

„Ja, die Narbe habe ich heute noch“, bemerkte Scarlett nur gelassen, „Aber das ist damals halt passiert. Ich kann es nicht mehr ändern und er hat sich ja geändert, also was soll ich noch Angst vor ihm haben?“

„Ich glaube, da fallen ihnen so einige Gründe ein“, warf Cecil ein und er klang ebenfalls ungläubig.

„Fall mir gefälligst nicht in den Rücken“, sagte Scarlett angesäuert, „Ich bin gerade dabei den drein klarzumachen, dass sie vor unserem Tunichtgut hier keine Angst haben müssen.“

„Ein bisschen mehr Respekt schadet aber nicht“, bemerkte Zachary, „Du hast mir davon manchmal ein bisschen sehr wenig.“

Scarlett seufzte erneut. „Wäre es dir lieber, wenn ich Angst vor dir hätte und dich meiden würde, du alter Besserwisser?“ Sie sah ihn dabei jedoch nicht an.

Zachary sah sie an und berührte das weiße Haarband an seinem Haaransatz, dann lächelte er leicht. „So lange die anderen nicht auf die Idee kommen, dir das nachzumachen, soll es mir recht sein.“

Scarlett lächelte ebenfalls leicht. Schon oft hatte sie über Zachary nachgedacht. Jedes Mal waren ihr die gleichen Fragen durch den Kopf gegangen und jedes Mal kam sie zu demselben Schluss. Sie konnte ihm vertrauen. Er hielt das Versprechen von damals und bewies ihr damit, dass sie ihm vertrauen konnte. Zwar war er noch immer ein Spieler, doch das konnte ihm wohl keiner mehr abgewöhnen. Er war wie er war und wenn man sich damit nicht abfinden konnte, sollte man sich nicht mit ihm anfreunden. Doch Scarlett musste zugeben, dass die Freundschaft mit ihm auch etwas für sich hatte. Langweilig wurde es in seiner Gegenwart jedenfalls nie und er schaffte es immer wieder sie zu überraschen.

Kapitel 15

Nachdem sich Scarlett noch mehrere Stunden lang mit dem Rat der Hunter angelegt hatte, konnte sie einigermaßen ruhig schlafen. Sie wusste nicht mehr ganz, wie sie es eigentlich geschafft hatte, doch heute konnten Irene, Angelina und Reika mit Scarlett ganz normal zur Schule gehen. Allerdings trug Scarlett die Verantwortung und in der näheren Umgebung der Schule hielten sich drei Hunter auf, die über die drei von Ivalin wachten. Nach der Schule würden die drei nämlich wieder zu Avalon zurückkehren müssen, das war die Bedingung des Rates. Dabei hielt der Rat der Hunter diese Entscheidung noch vor dem Rat der Ältesten und Gründer von Avalon geheim. Denn egal welche Argumente Scarlett auch hervorgebracht hätte, die Antwort wäre immer nein gewesen.

Die Hunter hatte Scarlett jedoch überzeugen können und so trafen sich an diesem Morgen, statt wie zu Letzt nur zwei, fünf Mädchen am üblichen Treffpunkt. Auf dem Weg zog Scarlett die ziemlich überraschte Bianca zur Seite und erklärte ihr mithilfe einer Ausrede, warum Irene, Reika und Angelina auf einmal mit ihnen gingen. Es war zwar eine bescheuerte Ausrede, doch wie immer konnte Scarlett Biancas Toleranz der Dinge nur loben. Ohne weitere Fragen zu stellen nahm sie es hin.

Zu Scarletts Erleichterung versuchten Irene, Reika und Angelina auch gar nicht abzuhauen, sondern liefen still neben ihnen her. Sie schienen über die Geschehnisse vom gestrigen Tag nachzudenken. Scarlett hoffte, dass die drei endlich gemerkt hatten, dass Scarlett die Wahrheit sagte. Denn nur wenn sie jetzt nichts Dummes mehr anstellten, konnten sie später unter der Aufsicht von Avalon wieder einigermaßen normal leben. Ansonsten wurden sie in Gewahrsam genommen und das wollte Scarlett auf keinen Fall.

Die Schule war langweilig wie eh und je und heute waren es Irene, Reika und Angelina, die für ihre Unachtsamkeit gerügt wurden. Letztlich aber machten sich die drei ohne einen Zwischenfall zurück auf den Weg zu Avalon. Über den Türöffner am Tor vom Gelände von Avalon staunten die drei Mädchen von Ivalin allerdings nicht schlecht und Scarlett schüttelte bloß den Kopf. Sie kam sich dabei irgendwie dumm vor, aber anscheinend teilten die anderen ihre Meinung nicht.

Die drei mussten jedoch wieder zurück in den Verwahrungsraum zu den anderen Mitgliedern von Ivalin, denn das hatte Scarlett dem Rat der Hunter nicht ausreden können. Die drei widersprachen jedoch auch nicht, als Sebastian sie wieder zum Verwahrungsraum begleitete. Scarlett wäre auch bei ihnen geblieben, doch sie und die beiden Jungen hatten per Fax neue Aufträge erhalten. Vier Dämonen mussten sie heute einfangen. Einer war entlaufen, von zwei neuen war der Standort bekannt und von einem dritten war fast nichts bekannt, außer einem weitläufigen Gebiet, in dem er sich irgendwo aufhielt. Auf den vierten Dämon war auch ein zweites Hunter-Team angesetzt worden, damit er auf jeden Fall gefangen wurde. Scarlett konzentrierte sich erstmal allerdings auf die drei Dämonen, von denen sie die Aufenthaltsorte kannten. Anschließend machten sie, Cecil und Ivan sich auf den Weg um Dämon 9634, den Letzten auf ihrer Liste, einzufangen.

„Wie wollen wir ihn eigentlich finden?“, fragte Cecil nach einer Weile.

„Keine Ahnung“, sagte Scarlett schlicht.

„Also sollen wir einfach durch die Gassen irren?“ Ivan runzelte die Stirn.

„Wieso? Bis jetzt hatten wir auf diesem Weg doch immer Glück“, bemerkte Scarlett optimistisch.

Die beiden Jungen schüttelten nur lächelnd die Köpfe. Nachdem die Sache mit Irene sich geklärt hatte, war Scarlett wieder mehr sie selbst geworden. Ein etwas seltsames Mädchen, das gerne vor sich hin träumte und immerzu aufbrausend wurde, wenn man sie auf irgendeine Weise aufregte. Nicht eine Sekunde hatten die beiden Jungen es bereut, sie damals gerettet zu haben.

„Kommt ihr zwei langsam mal in die Gänge?“, fragte Scarlett genervt. Inzwischen war sie bereits ein Stück weiter vorne und sah über die Schulter erwartungsvoll zu den beiden Jungen.

Cecil und Ivan sahen sich kurz an, dann folgten sie ihr. Eine Zeit lang gingen sie dann schweigend durch die schmalen Gassen. Da sie beim Erledigen der anderen Aufträge recht zügig gewesen waren, war es erst früher Nachmittag und die Sonne ließ sich noch Zeit beim Nähern des westlichen Himmelsrandes. Scarlett wollte am liebsten auf die Dächer, da man von dort einen viel besseren Überblick hatte, doch das war leider nicht möglich. Der Dämon war irgendwo hier unten und von oben wäre es schwieriger ihn zu finden.

Allerdings war ihr schon vor einigen Minuten noch etwas anderes aufgefallen. Sie wurden beobachtet. Gelegentlich sah sie, wie ein Gullideckel kurz angehoben wurde oder wie eine Mülltonne plötzlich anfing ein Stück zu laufen; auch die Gardinen vor einigen Fenstern schienen sich immer wieder wie von Geisterhand zu bewegen und ein paar Mal erschien oben auf den Dächern kurzzeitig ein Schatten. Am Anfang ignorierte Scarlett das noch gekonnt, doch mit der Zeit ging ihr das auf die Nerven.

„Wie lange soll dieses Versteckspiel eigentlich noch anhalten?“, fragte Ivan und sein linkes Auge begann leicht zu zucken.

Scarlett entsicherte zur Antwort Nye und zog ihren Revolver unauffällig aus dem Halfter. Im nächsten Moment bemerkte sie wieder ihre heimlichen Beobachter und schoss einfach. Eine Kugel prallte nur knapp an einem angehobenen Gullideckel weiter vorne ab, eine andere landete in einem Fensterrahmen und hinterließ einige duzend Sprünge in der Scheibe und die Dritte brachte eine vergleichsweise schmale Mülltonne um ihren Deckel.

„Ihr könnt langsam mal rauskommen, ihr seid schon lange entdeckt“, sagte Scarlett genervt und der Kipplauf von Nye sprang auf. Scarlett entfernte die leeren Patronenhülsen und ersetzte sie durch vollgeladene.

„Ah! Wir sind es nur, wir sind es nur!“ Ein Mädchen schob den Gullideckel ganz beiseite und kletterte fix aus dem Loch. Es sah Scarlett feindselig an. Die langen, dunkelbraunen Haare hatte es zu einem Pferdeschwanz hochgebunden und es trug ein rotes Top, darüber eine weiße, bauchfreie Jacke und eine dunkelblaue Jeans. Auf dem Kopf trug es noch einen ebenfalls weißen Damenhut mit einer recht weiten Krempe.

„Die anderen beiden sollten zu ihrer eigenen Sicherheit auch rauskommen“, bemerkte Cecil nur genervt.

Das demolierte Fenster im ersten Stock wurde vorsichtig geöffnet und ein Junge sprang heraus. Er landete neben dem Mädchen und sah zu Scarlett und ihren beiden Kameraden. Seine kurzen Haare waren rotbraun und er trug ein gelbes Hemd unter einer schwarzen Jacke und dazu noch eine dunkle Hose.

Währenddessen stieg aus der anscheinend leeren Mülltonne fast direkt neben ihnen ein weiterer Junge und gesellte sich zu der Gruppe. Er trug einen roten Mantel und da die Schnallen geschlossen waren, konnte man außer diesem nur noch die dunkle Hose und seine Sonnenbrille sehen. Die Spitzen seines hellen Haars reichten bis auf seine Schultern.

„Dass ihr uns entdeckt habt, war nur Glück!“, sagte das Mädchen aufgebracht und stemmte die Hände in die Hüften.

„Ich denke eher, wir waren ein bisschen zu auffällig“, warf der Junge mit den rotbraunen Haaren resigniert ein.

„Nein!“, rief das Mädchen, „Na ja.. ihr wart zu auffällig!“

„Warum nur wir?“, fragte der Junge mit den hellen Haaren, „Du warst von uns allen immer noch am auffälligsten.“

„Ich?!“ Das Mädchen starrte ihn wütend an. „Und wer ist auf die Idee gekommen sich in einer Mülltonne zu verstecken!? Das nenne ich auffällig!“

„Ach ja? Wenn sich alle paar Sekunden der Gullideckel bewegt, ist das ja wohl auch nicht gerade unauffällig!“, erwiderte der Junge mit den hellen Haaren.

„Entschuldigt mal, aber wer seid ihr eigentlich?“, fragte Scarlett.

Die drei starrten sie entgeistert an und auch Cecil und Ivan sahen Scarlett nur ungläubig an. Was nicht überaus wichtig war, das vergaß sie gerne mal. Diese etwas dumme Eigenschaft von ihr hatten die beiden Jungen ganz vergessen.

„Eh.. ehe.. du willst doch nicht etwa sagen, dass du uns vergessen hast?“, fragte das Mädchen beinahe fassungslos.

„Sollte ich wissen, wer ihr seid?“, fragte Scarlett unbeeindruckt.

Das Mädchen und die beiden Jungen aus ihrer Gruppe schienen immer noch nicht glauben zu können, was sie da hörten. Zumindest sahen ihre Gesichter so aus als könnten sie es nicht ganz fassen.

„Die drei arbeiten auch für Avalon“, flüsterte Cecil und er konnte seine eigene Ungläubigkeit nur schwer verbergen, „Sie bilden mit uns zusammen die jüngsten Hunter-Teams und sind nur ein Jahr nach uns dazu gestoßen.“

„Erinnerst du dich nicht? Wir hatten am Anfang unserer Laufbahn und auch während des Unterrichts einige Male mit ihnen zu tun“, bemerkte Ivan und er machte sich nicht die Mühe anders als resigniert zu klingen, „Später haben sich unsere Wege mehr und mehr getrennt, weil wir schwerere Fälle als die drei übernommen haben. Deshalb haben wir zuletzt nichts mehr voneinander gehört.“

„Hm...“ Scarlett überlegte. „Das sagt mir zwar immer noch nichts, aber egal.“

„Von wegen egal!“ Das Mädchen starrte Scarlett wutentbrannt an und schien sich kaum beherrschen zu können. „Wir sind Konkurrenten und schon bald werden wir euch drei übertreffen!“

„Huh?“ Scarlett hob eine Augenbraue.

Das Mädchen knurrte aufgebracht. „Mann bist du vergesslich! Wie kann jemand wie du nur so einen hohen Status unter den Huntern haben?! Ich bin Céres! Und das sind Yves und Trace!“

„Jo“, sagte Trace mit den hellen Haaren und dem roten Mantel nur und Yves mit den rotbraunen Haaren und der schwarzen Jacke schwieg ganz.

„Ähmm.. Ich glaube, ich habe die Namen schon mal irgendwo gehört“, sagte Scarlett nachdenklich.

„Also erinnerst du dich doch an uns“, sagte Céres lächelnd und rieb freudig die Hände, „Dann...“

„Stimmt! Das war doch in der Werbung für diese neue Mikrowelle“, sagte Scarlett und hob eine Augenbraue, „Aber was macht ihr dann hier?“

Ein kalter Wind blies durch die Gasse. Céres, Yves, Trace, Cecil und Ivan konnten es alle nicht fassen. Sie starrten Scarlett vollkommen fassungslos an.

„D-Das kann doch echt nicht...“ Céres begann nun jedoch vor Wut bald zu kochen und stapfte auf Scarlett zu. „Na warte! Ich werde dich schon noch daran erinnern wer wir sind...!“

„Dämon...“, murmelte Scarlett und wechselte kurz zur Aura-Sicht, nur um sich dann zu Cecil und Ivan umzudrehen, „Er ist hier!“

Die beiden Jungen wirkten im ersten Moment ein bisschen überrascht, doch dann nickten sie.

„Fangen wir ihn und dann ab in den Feierabend“, sagte Scarlett nur und ging strammen Schritts los.

Ihr folgten allerdings nicht nur die beiden Jungen, sondern auch Céres, Yves und Trace. Die drei wirkten zwar immer noch aufgebracht und schienen ihre Wut über Scarlett nur schwer im Zaum halten zu können, doch sie folgten ihr. Es ging um einige Ecken und dann hielt Scarlett auf ein recht großes Lagerhaus zu. Da es ziemlich verlassen aussah und die Beleuchtung in solchen Gebäuden meistens nicht funktionierte, nahm sie ihre Sonnenbrille vorsichtshalber ab. Sie nahm auch die Schirmmütze ab, da sie eigentlich nicht glaubte, in dieser Gegend einem ihrer Bekannten zu begegnen. Ihre Haare ließ sie, nur für den Fall, aber hochgesteckt. Als sie sich dann vor dem Tor umdrehte, runzelte sie die Stirn.

„Was macht ihr drei denn noch hier?“, fragte Scarlett.

Céres ballte eine Hand zur Faust. „Wir wurden auch auf diesen Dämon angesetzt! Also werden wir selbstverständlich auch mitgehen!“

„Solltet ihr versagen, muss ja schließlich jemand dafür sorgen, dass ihr nicht gefressen werdet“, bemerkte Trace.

„Außerdem hat es bestimmt einen Grund, dass zwei Teams auf einen Dämon angesetzt wurden“, fügte Yves ernst hinzu.

„Das stimmt schon“, räumte Cecil ein, „Nur wegen des weitläufigen Geländes Gebiets setzt Avalon eigentlich keine zwei Teams ein. Wir wurden schließlich dafür ausgebildet, die Dämonen auch in größeren Gebieten zu finden.“

„Warum warten wir dann noch?“, fragte Scarlett, „Finden wir doch einfach raus, warum Avalon zwei Teams auf diesen Dämon angesetzt hat.“

„Dafür bin ich auch“, sagte Ivan und trat einmal kräftig gegen das verrostete Vorhängeschloss. Daraufhin zerbrach dieses schon fast von alleine in seine Einzelteile und Ivan zog das große Tor auf, für das sonst bestimmt drei Männer von Nöten waren. „Hereinspaziert“, sagte er nur.

„Danke der Herr“, erwiderte Scarlett und betrat das Lagerhaus gefolgt von Cecil und den anderen drei. Ivan schloss hinter ihnen wieder das Tor und trat dann neben Scarlett. Diese war inzwischen froh, dass sie ihre Sonnenbrille abgenommen hatte. So sah sie wenigstens ein bisschen was, denn das Licht schien wirklich nicht zu funktionieren. Soweit Scarlett es erkennen konnte, lagerten hier noch einige aufgestapelte Kisten, die man wohl bei der Abreise vergessen hatte. Weiter hinten entdeckte sie auch einen einarmigen Verladekran, doch ansonsten sah sie nur immer wieder und überall nur Holzkisten.

Dann hörten sie allerdings ganz leise Schritte und zwischen zwei Kisten schien etwas längs zu huschen. Scarlett sah zu Cecil und Ivan, die beide lediglich nickten. Als Scarlett sich dann zu den anderen drei umdrehte, hob sich wieder eine ihrer Augenbrauen. Céres stand nun auf einmal hinter den beiden Jungen aus ihrer Gruppe und sah sich ein wenig ängstlich um.

„Auch das noch“, murmelte Scarlett und zog Nye aus dem Halfter, „Cecil, Ivan und ich sehen uns das mal genauer an, ihr wartet erstmal hier.“

„Äh.. Hey! Tut nicht so als könnten wir euch nicht helfen!“, rief Céres nur aufgebracht.

„Du siehst nur gerade nicht so aus, als könntest du hier richtig auf dich selber aufpassen“, bemerkte Scarlett, „Es wäre für dich selber am sichersten, wenn du mit Yves und Trace hier wartest. Wir rufen euch sonst, wenn wir euch brauchen.“

Céres verzog das Gesicht.

„In Ordnung“, sagte Yves nur, „Aber kommt nicht auf die Idee, den Dämon ganz alleine einzufangen.“

„Keine Sorge, wir rufen euch, bevor es richtig los geht“, versicherte Ivan.

„Vergesst es nur nicht“, erwiderte Trace und seine Augen wurden schmal.

„Wir werden sehen“, sagte Cecil dazu nur und nahm seine Brille ab.

„Kommt ihr zwei nun?“ Scarlett hatte Nye inzwischen entsichert und wartete nur noch auf Cecil und Ivan.

„Schon da“, sagte Cecil lächelnd.

„Los geht´s.“ Ivan ging bereits an Scarlett vorbei.

Diese überholte ihn allerdings schnell wieder und übernahm die Führung. Dann zeigte sie kurz nach rechts und links und die beiden Jungen bogen in die angegebenen Richtungen ab. Sie schoben sich zwischen den Kisten längs und Scarlett blieb vorerst in der Mitte. Wo versteckte sich ihr Dämon? Dann hörte sie auf einmal ein Schaben und als sie nach oben blickte, erblickte sie die bereits fallende Kiste. Gerade eben noch konnte sie zur Seite springen und mit einem Krachen schlug die Kiste auf dem Boden auf. Der Deckel hatte sich gelöst und etwas verwirrt bemerkte Scarlett, dass in der Kiste Feuerwerkskörper waren. Sie schienen jedoch schon ziemlich alt zu sein und Scarlett zweifelte stark daran, dass die Raketen, Böller und anderen Knaller noch funktionierten.

Das Krachen weiterer Kisten, die auf dem Boden aufschlugen, verriet Scarlett, dass ihr Dämon ganz schön fix sein musste, um so schnell von einem Ort zum nächsten zu kommen. Sie hörte auch das leise Fluchen von Cecil und Ivan und machte sich darauf gefasst erneut ausweichen zu müssen. Dann kam auch schon die nächste Kiste und Scarlett sprang zurück, doch da stieß sie sich den Kopf an einer anderen Kiste, die hinter ihr herunter fiel. Scarlett rieb sich den Schädel und sah sich um. Von dem Dämon war immer noch keine Spur zu sehen, er versteckte sich wirklich ziemlich gut. Außerdem hörte sie Cecil und Ivan nicht mehr. Langsam beschlich sie auch der Verdacht, dass hier etwas nicht ganz stimmte.

„AAAHHH!“

Scarlett drehte sich ruckartig um und lief sofort wieder in die Richtung von Céres und ihren beiden Freunden. In dem Moment aber fiel ein ganzer Turm von Kisten direkt vor ihre Füße und Scarlett musste aufpassen, dass sie nicht erschlagen wurde. Ein lautes „Au!“ von Cecil verriet Scarlett, dass sie anscheinend nicht die Einzige war, die gerade fast erschlagen worden war.

In dem Moment wurde ihr jedoch etwas klar und sie sprang über den Trümmerhaufen von Kisten hinweg. Schnell war sie wieder an der Stelle, an der sie Céres, Yves und Trace zurückgelassen hatte. Tatsächlich schlugen die drei sich nun mit einem Dämon herum, der sie wohl ganz plötzlich angegriffen hatte. Yves hatte seine zwei Revolver gezogen und schien mit Betäubungspatronen auf den Dämon zu schießen. Céres hatte ihre Lanze, wie es aussah, wohl vergessen und Trace war gerade dabei seine Maschinenpistole zu laden. Allerdings war der Dämon mit den dunkelblauen Haaren ganz schön wendig und Yves schienen dann auch noch die Patronen auszugehen.

Scarlett wollte eingreifen, doch auf einmal wurde sie von hinten gepackt und zur Seite geschleudert. Im Flug konnte sie sich gerade noch drehen und so verhindern mit dem Kopf voran gegen eine der Kisten zu schlagen. Sie riss aber sofort ihren Revolver hoch und schoss auf Dämon Nummer zwei in diesem Lagerhaus. Dieser sprang jedoch zur Seite und schien abhauen zu wollen, aber da kippte auf einmal ein weiterer Stapel Kisten um und plötzlich kugelte noch ein dritter Dämon über die Trümmer und Feuerwerkskörper. Cecil und Ivan stiegen ebenfalls auf den Scheiterhaufen und sahen Scarlett kurz etwas verwirrt an, ehe auch ihnen ein Licht aufzugehen schien.

Scarlett lud in der Zeit schon die Betäubungspatronen und visierte den Dämon von Cecil und Ivan an, doch als sie schießen wollte, sah sie aus den Augenwinkeln, wie der zweite Dämon auf sie zu sprang. Scarlett konnte sich gerade noch nach hinten lehnen und so seiner packenden Klaue entkommen. Der andere Dämon schien sich nun auch wieder erholt zu haben und stürzte sich knurrend auf Cecil und Ivan.

Yves hatte unterdessen die letzte Patrone verschossen und musste sich mit einem Sprung vor dem Dämon in Sicherheit bringen. Dann stürzte sich der Dämon jedoch auf die unbewaffnete Céres und Yves konnte sie gerade eben noch zur Seite stoßen. Als er gerade schon den Schmerz erwartete, sprang plötzlich Trace´ Maschinenpistole an und der Dämon wurde von den Schüssen zur Seite gerissen. Leider nur waren es die normalen Patronen und keine zur Betäubung, weshalb sich der Dämon nur den mehrfach getroffenen Arm hielt. Und Yves hatte anscheinend seine ganzen Patronen für heute verbraucht, auch die Betäubungspatronen. Wie also konnten sie den Dämon ausschalten?

Ivan wehrte den Dämon mit seiner Lanze ab. Cecil holte zur gleichen Zeit mit seinem Schwert Zessiro aus und schlug nach dem Dämon, doch dieser sprang zur Seite und Ivan musste den Kopf einziehen um nicht ohne dazustehen.

Scarlett sprang nach oben auf eine Kiste und wollte einfach auf den Dämon schießen, doch dieser warf sich gegen die Kiste und Scarlett kippte hinten über. Als sie bereits ziemlich in der Schieflage war, erschien der Dämon über ihr und riss sein Maul auf, um zuzubeißen. Doch Scarlett war nicht blöd und hatte dies bereits erwartet, Nye lag passend in ihrer Hand und sie schoss einmal. Dann landete sie auf dem Boden und rollte sich schnell zur Seite, damit der Dämon nicht auf ihr landete. Er war zwar betäubt, aber das Risiko vielleicht doch gebissen zu werden war einfach zu groß.

Die beiden Jungen hechteten derweil ihrem Dämon hinterher und Cecil gelang es ihm einen Beinhacken zu stellen. Der Dämon landete auf dem Rücken und Cecil und Ivan rammten ihre Waffen direkt neben seinem Hals in den Boden. So hatten sie ihn fein säuberlich festgenagelt, da er bestimmt nicht vorhatte sich selbst den Hals aufzuschneiden. Ein Schuss und das aufhörende Knurren des Dämons verrieten dann, das Scarlett ihm auch bereits eine Betäubungspatrone verpasst hatte.

Der Dämon gegenüber von Céres, Yves und Trace schien sich inzwischen schon wieder einigermaßen erholt zu haben und sah sie knurrend an. Dann ging er in die Hocke und Céres kam im selben Moment eine Idee. Als er gerade auf sie zu sprang und nach ihr schnappen wollte, lief sie geschwind nach hinten und griff nach einer Kiste voller Feuerwerkskörper. Yves schien zu begreifen, was sie vorhatte, und kam ihr zur Hilfe, während Trace ihnen Deckung gab. Es dauerte nicht lange den Deckel von der Kiste zu entfernen und Céres und Yves traten mit der Kiste neben Trace. Als der Dämon dann noch ein weiteres Mal angesprungen kam, warfen sie die Kiste hoch.

Allerdings landete er nicht wie eigentlich erwartet in der Kiste, sondern krachte nur mit ihr zusammen auf den Boden neben den anderen, umgestoßenen Kisten. Doch dadurch hatte er nun überall die alten Feuerwerkskörper und das Pulver an sich und Céres lief schnell auf ihn zu. Erst wollte das Streichholz in ihrer Hand nicht brennen, doch als der Dämon gerade den Kopf schüttelte, fing es endlich Feuer. Schnell warf Céres es auf das überall verstreute Pulver aus den Knallern und Raketen und lief einige Schritte zurück.

Scarlett, Cecil und Ivan wollten gerade zu den anderen drei rüber kommen, als auf einmal ein ohrenbetäubender Knall zu hören war und darauf noch sehr, sehr viele kleinere. Mit einem Mal war die das alte Lagerhaus hell erleuchtet von den alten Feuerwerkskörpern, die plötzlich mit einer raschen Kettenreaktion alle samt losgegangen waren und der Lärm hallte durch die hohe Decke und die kahlen Wände mehrfach wieder. Raketen schossen hoch und überall flogen bunte Lichter durch die Gegend. Der Rauch verbreitete sich ziemlich schnell und zusammen mit den bunten Lichtern schien es so als wäre Innenraum in einen gespenstischen Nebel getaucht. Dann war ein weiterer Knall zu hören und Scarlett sah nichts mehr.

Schließlich wurde es aber wieder still, auch wenn der Lärm der mehr als tausend alten Silvesterknaller noch allen in den Ohren klang. Scarlett rieb sich den Ruß von den Augen und hustete erstmal, ehe sie sich umsah. Irgendeiner der Knaller hatte wohl einen noch funktionierenden Lichtschalter gefunden, denn einige der Lampen an der Decke waren angesprungen. So konnte Scarlett auch sehen, dass so gut wie alles in dieser Halle von Ruß geschwärzt war. Alles, einschließlich ihr selbst. Ein Blick über die Schulter genügte, um zu sehen, dass Cecils weiße Sachen dringend in die Reinigung mussten und dass Ivan wohl mehr oder weniger eine Allergie gegen diesen Ruß hatte, denn er nieste bereits zum sechsten oder siebten Mal hintereinander.

„Wer hat hier ein Streichholz fallen gelassen?“, fragte Scarlett nun, nachdem sie an sich selber herunter gesehen hatte und ihr dabei klar geworden war, dass auch ihre Sachen in die Reinigung mussten. Die Frage war an die drei rußgeschwärzten Gestalten ein Stück weiter hinten gerichtet, die sich noch nicht wieder gerührt hatten.

„Das war keine gute Idee“, stellte Yves dann allerdings fest und hustete einmal.

„Deiner Meinung“, sagte Trace und rieb sich den Ruß aus dem Gesicht.

Céres hustete nur mehrmals.

„Der Meinung sind wir auch“, bemerkte Ivan mit einem Niesen und nahm den ebenfalls von Ruß geschwärzten Dämon vor sich über die Schultern, während Cecil mit einem etwas resignierten Knurren zustimmte und den zweiten Dämon schulterte. Anscheinend war er gerade nicht sehr glücklich darüber, dass seine Sachen jetzt eine komplett andere Farbe hatten als ursprünglich.

„Also, wer von euch drein hat von einem Streichholz Gebrauch gemacht, obwohl wir in einem Lagerhaus voller alter Feuerwerkskörper sind?“, fragte Scarlett erneut und auch sie klang nicht begeistert.

Céres hustete wieder und Yves und Trace blickten unauffällig in ihre Richtung.

„Aha, und wer von euch hat dem zugestimmt?“, fragte Scarlett und steckte Nye wieder in ihr Halfter.

Yves und Trace sahen sich gegenseitig an.

„Ah ja, ich verstehe schon“, sagte Scarlett und verdrehte die Augen, „Und jetzt schnappt euch den gegrillten Dämon da und raus hier.“

„Seit wann hören WIR auf DEINEN Befehl?“, fragte Céres gereizt.

„Seit ihr hier fast das ganze Lagerhaus in die Luft gejagt habt“, erwiderte Scarlett nur.

„Und ihr dürft auch die Reinigung bezahlen“, fügte Cecil genervt hinzu, „Wisst ihr eigentlich, wie schwer es ist, die Flecken wieder rauszubekommen?“

Céres gab etwas Unverständliches von sich und Yves und Trace warfen sich nur resignierte Blicke zu.

„Abmarsch, und zwar heute noch“, sagte Scarlett nur und ging mit Cecil und Ivan an den anderen drei vorbei. Diese sahen sich kurz an, dann nahm Yves den dritten Dämon über seine Schulter und sie folgten Scarlett und ihrem Team.

Die Leute vom Abholdienst staunten nicht schlecht über die sechs Rußmännchen, ließen sie aber im Transporter mit zu Avalon zurückfahren. Als Scarlett, nachdem sie geduscht und den Bericht geschrieben hatte, bei Rebecca vorbeikam und ihr den Bericht gab, lachte Rebecca schallend darüber.

„Da wäre ich nur zu gerne dabei gewesen“, sagte Rebecca kichernd und strich eine Strähne ihres vergleichsweise kurzen, hellblonden Haares hinter ihr Ohr.

„Ich fand das gar nicht so witzig“, stellte Scarlett resigniert fest.

„Was war denn so witzig?“

Scarlett drehte sich überrascht um und erblickte Sebastian, der die Ärmel seines blau-grauen Hemdes wie immer bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte und sie grinsend ansah. Zu ihrem Erstaunen hatte er noch einen Zahnstocher zwischen den Zähnen, der aus seinem Mundwinkel lugte. Wo er diesen etwas gewöhnungsbedrüftigen Trend allerdings aufgeschnappt hatte, war ihr schleierhaft.

„Ach, hallo Sebastian“, sagte Rebecca und fing schon wieder an zu kichern, wobei ihre Brille allmählich etwas ins Rutschen geriet.

„Also nun möchte ich langsam mal eingeweiht werden“, bemerkte Sebastian und trat neben Scarlett.

Diese verdrehte genervt die Augen.

„Tja, es sieht so aus, als hätten sich die drei Dämonen in einem alten Lagerhaus voller Feuerwerkskörper versteckt“, sagte Rebecca schmunzelnd, „Und Céres kam wohl auf die gelungene Idee ein Feuerwerk zu veranstalten, um den letzten Dämon zu fangen.. Dabei sind aber anscheinend alle hochgegangen und der Innenraum des Lagerhauses gleicht einem rußgeschwärzten Scheiterhaufen...“

 Rebecca fing schon wieder an zu lachen und Sebastian, der sich das anscheinend gerade bildlich vorgestellt hatte, fiel gleich mit ein. Scarletts linkes Auge begann zu zucken und sie atmete tief durch, um die beiden Erwachsenen nicht gleich noch ungehalten anzuschreien. Nach einer Weile reichte es ihr allerdings doch.

„Ich unterbreche euch nur ungerne“, sagte sie beherrscht, „Aber dürfte ich erfahren, was die Mitglieder von Ivalin machen?“

Sebastian beruhigte sich langsam wieder, auch wenn es ihm sichtlich schwer fiel. „Tja, nachdem noch ein weiterer Ausbruchsversuch am heutigen Morgen gescheitert ist, scheinen sie sich so langsam damit abzufinden, dass sie hier festsitzen. Bis auf diesen einen Versuch eben verhalten sie sich aber ganz ruhig. Und deine drei Freundinnen scheinen mit den anderen zu reden.. auf jeden Fall wirken die Meisten inzwischen nachdenklich. Vielleicht haben wir Glück und sie kapieren endlich, dass sie sich auf die falsche Seite eingelassen haben.“

„Das wäre wirklich mal eine gute Nachricht“, sagte Scarlett nachdenklich.

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Über den Autor

SilverRose
Tjaaa.. eigentlich ich bin mehr eine Einzelgängerin und eine komlette Tagträumerin dazu xD
Aber ab und an bin ich auch gerne unter Leuten, wobei es mir etwas an Gesprächsstoff fehlt, es sei denn es geht ums Schreiben und meine Geschichten. Da kann ich tagelang drüber reden :P
Allerdings möchte ich hier auch mal zu meinen Geschichten anmerken, dass sie wirklich lange Stories sind, die sich über einen längeren Zeitraum erst richtig entwickeln und daher auch gut und gerne zwischen zwanzig bis vierzig Kapitel mit unterschiedlichen Längen varieren. Sie sind nichts für Leute, die nur gerne kurze Happen lesen, sondern mehr für die, die auch im normalen Buchladen gerne mal zu einem drei - bis vierhundert-Seiten-Wältzer greifen. Sorry, aber kurz schreiben ist nicht gerade meine Stärke. Wenn ich das versuche, werden sie am Ende nur umso länger xD
(Auch wenn ich ja mittlerweile auch wenigstens ein paar Kurzgeschichten zum Reinschnuppern in meinen Schreibstil habe :P)
Und (der Ordnung halber) die erste Interviewfrage hier oben: Welche Geschichten hast du bisher schon verfasst?
Hm, das sind mittlerweile so einige...meine abgeschlossenen sind der Reihenfolge nach:
Meine abgeschlossenen Manuskripte sind der Reihenfolge nach:
1.1) Das Geheimnis der Federn: Die Wächterinnen der Federn;
1.2) Das Geheimnis der Federn: Der Kampf gegen die Finsternis;
2) Kyra: Die Wahl zwischen Licht und Finsternis;
3) Scarlett und das Geheimnis von Avalon;
4.1) Kampf der Geister: Vertrag;
4.1) Kampf der Geister: Geschwister der Dunkelheit;
5) Das verlorene Buch;
6) Silver Rose: Das Gesetz der Killer;
7) Der Schlüssel zum Tor der Feuergeister;
8) Reinblut & Halbblut;
9) Die Wächterin von Reilong;
10) Die letzte Zauberin;
11.1) Juwelenritter: Das vergessene Jahr des Blutes;
11.2) Juwelenritter: Die sieben Höllenfürsten;

Meine noch laufenden Geschichten (auch wenn ich nicht weiß, ob und wann ich es schaffe sie zu beenden) sind:
11.3) Juwelenritter: Dämonenherz (aktiv)
12) Bund mit dem Tod (neu - auf Standby)

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