Beschreibung
Nur ein seltsamer Gedankengang, der allerdings vielleicht mal zu einem richtigen Buch werden wird...
Der in mir
Die Wasseroberfläche schien ferner denn je, ich sah nur noch verschwommen irgendwo weiter oben ein schwaches Glitzern. Die dunklen Fluten zogen mich in die Tiefe und wollten mich verschlingen. Gegen ihre eisigen Finger konnte ich mich nicht wehren und so sank ich hinab zum düsteren Grund. Finsternis empfing mich. Luftblasen stiegen auf als der letzte Rest Sauerstoff aus meinen Lungen wich. Ich war verloren. Kaltes Wasser strömte durch meinen Mund und ich spürte die nahende Ohnmacht. Meine Lungen füllten sich mit der eisigen, unbarmherzigen Flüssigkeit und mir wurde schwarz vor Augen.
In genau dem Moment jedoch geschah es. Das, was mein Leben auf ewig verändern sollte.
Ein Pochen durchfuhr meinen Körper und ich spukte das Wasser wieder aus. Da war kein Sauerstoff, doch die Bewusstlosigkeit war zurückgeschlagen. Ein warmes Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus, doch noch während ich spürte wie eine mir unbekannte Energie anwuchs, wurde ich plötzlich zurückgestoßen. Es war so als stände ich vor einem Fenster, durch das ich nach draußen sehen konnte, und wurde nun auf einmal davon weggezogen.
„Tritt zurück.“ An meine Stelle trat jemand anderes nach vorne an das Fenster. Ich konnte die Person nicht genau erkennen, ich sah nur einen dunklen Schemen. Allerdings hatte er die Gestalt eines Jungen, der wohl der Größe nach zu urteilen älter war als ich. „So ein Ärger, wie kann man nur so blöd sein mitten im Winter auf einen zugefrorenen See zu gehen, wenn das Eis noch nicht dick genug ist?“
Ich sah durch das Fenster hindurch und spürte zugleich, wie mein Körper plötzlich anfing sich trotz der eisigen Kälte zu bewegen. Diese neue, heiße Kraft schien meine Muskeln aufzutauen und ich schwamm – auch wenn ich keinerlei Kontrolle über meinen Körper hatte – zurück zur Oberfläche.
„Was.. passiert hier?“, fragte ich nur ungläubig.
Der Junge schien sich zu mir umzudrehen, auch wenn ich ihn nach wie vor nicht erkennen konnte. Bis auf seine schon fast leuchtenden, blutroten Augen. „Ich rette dir das Leben, du kleiner Trottel.“
Auf einmal brach ich durch die Wasseroberfläche in dem Loch, durch das ich zuvor erst in diesen See gestürzt war, und stützte mich auf dem Eis ab, um mich aus dem Wasser zu ziehen. Glücklicherweise hielt es meinem Gewicht stand und ich tat mehrere tiefe Atemzüge und füllte meine Lungen mit klarem, kühlem Sauerstoff. Anschließend schüttelte ich den Kopf, dass die Tropfen und kleinen Eisstückchen nur so flogen, und setzte ich mich erstmal hin.
„Lass solch gefährliche Unternehmungen gefälligst, immerhin wärst du nicht die Einzige, die dadurch in Schwierigkeiten kommt.“
Damit trat der Junge wieder an mir vorbei, obwohl ich eigentlich noch ganz schön viele Fragen hatte, und gab mir einen Schubs, sodass ich wieder vorne am Fenster stand und die Kontrolle über meinen Körper zurückerlangte. Sogleich spürte ich meine klatschnassen Klamotten an mir kleben und den beißenden, eiskalten Wind. Ich zitterte und fing natürlich sofort an zu niesen. Von meinen klappernden Zähnen gar nicht zu sprechen.
„Kira!“
Ich drehte den Kopf ein Stück und erblickte am Ufer meine vor Angst ganz bleich gewordene Schwester. Weiter hinten hörte ich auch bereits die Feuerwehrsirenen und konnte mir denken, was sie in der Zwischenzeit gemacht hatte, nachdem ich im Eis eingebrochen war.
Eigentlich wollte ich ihr antworten und sagen, dass es mir den Umständen entsprechend gut ging, doch ich nieste nur schon wieder und sparte mir die Worte. Hoffentlich hatten die netten Feuerwehrmänner ein paar warme Decken und was Heißes zu trinken dabei, ich kam mir vor wie frisch aus der Tiefkühltruhe auferstanden.