Fantasy & Horror
Klaue der tausend Geschichten 4

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"Klaue der tausend Geschichten 4"
Veröffentlicht am 10. Februar 2012, 14 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

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Klaue der tausend Geschichten 4

Klaue der tausend Geschichten 4

Beschreibung

Vierte Kapitel der ersten Episode.

Kapitel 4 - Ankunft

 

Ängstlich sah sich Joy um, konnte jedoch nichts erkennen.

Im nächsten Moment wurde es aber wieder schlagartig hell, sodass sie geblendet wurde. Eine Reihe von Geräuschen und Gerüchen bombardierten sie, sodass ihr schwindelig wurde. Die Eindrücke überforderten sie. Ihre Beine gaben unter ihr nach und ihre Knie fielen auf einen feuchten, aber weichen Untergrund. Schnell und heftig zuckte ihr Schwanz von einer Seite auf die andere und erzeugte dabei raschelnde Geräusche. Joy blinzelte die Tränen aus ihren Augen, während sie sich langsam an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnte. Verwirrt sah sie sich um und fand sich mitten in einem Wald wieder. Durch das lichte Blätterdach fielen die Sonnenstrahlen auf ihre Haut und spendeten ihr eine freundliche Wärme. Ihre Ohren zuckten und nahmen die kleinsten Geräusche wahr. Während sie ihre Umgebung absuchte und die neuen Sinneseindrücke, die Gerüche und Geräusche, den einzelnen Pflanzen und Lebewesen des Waldes zuordnete, richtete sich ihr Schwanz auf und verlangsamte seine Bewegung von links nach rechts.

„Das muss ein Traum sein…“, flüsterte Joy, nachdem sie sich in ihrer neuen Umgebung zu Recht gefunden hatte. Wandte sich dann aber um und strich zögerlich über das Fell ihres Schwanzes. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in ihr aus, was ihr ein gequältes Lächeln abrang.

„Jetzt bin ich den Katzen wirklich näher gekommen… Meine Allergie ist damit wohl auch nur noch eine Geschichte…“, flüsterte sie und stand dann langsam auf. Ihre Beine fühlten sich nach wie vor an wie Gummi, doch der Schock saß sich nicht mehr so tief in ihren Knochen. Sie spitzte förmlich die Ohren und versuchte sich zu orientieren. Doch selbst ihre neuen Sinne, waren nicht in der Lage etwas anderes, als den Wald wahrzunehmen. Unsicher zögerte sie, fasste dann aber ihren Entschluss. Schleichend fing sie an ihre Umgebung zu erkunden, um irgendeinen Anhaltspunkt zu finden.

 

Mehrere ereignislose Stunden, in denen Joy sich immer mehr an ihre neuen Körperteile und ihre neue Sinnesschärfe gewöhnte, vergingen. Und dann vernahm sie ein Geräusch, dass nicht in den Wald gehörte. Mit einem Ruck richteten sich ihre Ohren nach vorne, geradewegs in die Richtung, aus der der Laut zu ihr gedrungen war. Langsam und vorsichtig selbst keine Geräusche durch knackende Äste oder raschelnde Blätter zu verursachen, pirschte Joy sich immer weiter vorwärts. Je weiter sie ging, desto stärker fielen ihr die Zeichen auf. Alle paar Meter entdeckte sie gefällte Bäume und der Boden wies hier und da frische Trampelpfade auf. Nach einigen Minuten hatte sie schließlich den Waldrand erreicht, versteckte sich hinter einem breiten Baum und lugte mit angespannt zuckender Schwanzspitze auf die ebene Fläche, die sich vor ihr ausbreitete.

 

Nur wenige hundert Meter von ihr entfernt, befanden sich mehrere Felder, auf denen monströse Weizenpflanzen in die Höhe schossen. Joys Kinnlade klappte herunter. Die Pflanzen würden selbst einen groß gewachsenen Mann um mehrere Köpfe überragen. Doch dann schloss sie ihren Mund wieder und sah sich weiter um. Hinter den Feldern erkannte sie die Umrisse mehrere Gebäude. Bevor sie sich diese genauer ansehen konnte, vernahm sie eine Bewegung im Feld. Sofort drückte sie sich enger an den Baum und richtete ihre Ohren auf die entsprechende Stelle. Wenige Augenblicke später trat ein junger Mann zwischen den dicken Stämmen der Pflanzen hervor. Er stieß etwas aus, das sich wie ein Fluch anhörte, und kratzte sich an seinem dichten Bart. Dann drehte er sich um und ging auf den Rand des Waldes zu. Scharf sog Joy die Luft ein. Er kam geradewegs zu ihr, auch wenn er sie noch nicht entdeckt hatte. Mit pochendem Herz zog sie ihren Kopf aus seinem Sichtfeld und presste sich mit dem Rücken gegen den Baumstamm. Sie schluckte und versuchte ihre Gedanken zu beruhigen. Ihr empfindliches Gehör nahm seine Schritte immer deutlicher wahr. Auch sein Gemurmel wurde verständlich:

„Ich war mir sicher, dass ich die Axt mitgenommen habe…“

Suchend tastete Joys Hand die Stelle ab, wo sich ihr Armband einst befunden hatte. Als sie jedoch nur ihre eigene Haut spürte, biss sie sich auf die Unterlippe und musste durch ein schnelles Zwinkern verhindern, dass eine Träne ihren Augenwinkeln entschlüpfte. Als sie dann seine Schritte nur noch wenige Schritte entfernt vernahm, ließ sie ihre Hand zurücksinken, zögerte, trat dann aber aus ihrem Versteck hervor.

Der Mann brauchte etwas, um Joys verunsicherte Gestalt zu bemerken, weil er seinen Blick suchend über den Boden wandern ließ. Doch schließlich entdeckte er ihre Füße. Er blieb stehen und ließ den Fokus seiner Augen langsam an ihren unbedeckten Beinen hochwandern. Joy entging dabei nicht, dass sich seine Mundwinkel verräterisch nach oben zogen. Ihre Schwanzspitze reagierte darauf mit einem drohenden Zucken. Als er dann jedoch die ersten Ansätze ihres Schwanzes entdeckte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Seine Augen weiteten sich überrascht, sein Blick wanderte schneller und die Lippen presste er aufeinander. Schließlich blieben seine Augen an ihren Ohren hängen und seine Mundwinkel zuckten.

„Du brauchst gar nicht so blöd zu gucken!“, entschlüpfte es Joy, deren Wangen ein leichtes Rot angenommen hatten. Doch anstelle einer vernünftigen Antwort brachte der Mann nur ein leises Lachen hervor. Zuerst versuchte er es noch aufzuhalten, aber sobald sich Joys Schwanz sträubte und ihr ein beleidigtes Fauchen entglitt, wurde sein Lachen immer schallender. Es dauerte einige Minuten, bis er sich wieder beruhigt hatte und Joy ohne zu schmunzeln ansehen konnte.

„Das. Ist. Nicht. Lustig.“, brummte Joy und warf ihm böse Blicke zu. Doch er winkte nur ab und meinte:
„Tschuldige. Aber das… Es ging einfach nicht anders. Was bitte hast du getan, dass dir die Göttin der Schwelle solch einen Körper verpasst?“

Joy biss sich aus Reflex auf die Lippe und entblößte dem Mann dabei ihre katzenhaften Eckzähne, die er respektvoll betrachte.

„Sie war nicht begeistert über die Tatsache, dass vor mir schon jemand das Tor betreten hatte…“, erwiderte Joy vorsichtig, während sie ihrerseits den Fremden nicht aus den Augen ließ.

„Aber warum bist du hier? Gibt’s hier noch andere Menschen?“, fragte sie neugierig.

„Jede Menge sogar. Ein ganzes Königreich um genau zu sein.“

Verblüfft klappte ihr Kinn nach unten. Darauf lachte der Mann und sagte:
„Das ist die typische Reaktion jedes Neuankömmlings“, er grinste breit, „Du solltest jetzt lieber gut zuhören. Also spitz deine haarigen Ohren!“

Der Mann breitete die Arme aus und deutete mit einer umfassenden Bewegung auf die Welt hinter ihm.

„Herzlich willkommen in Suma, dem Land der erfüllten Wünschen, mein kleines Kätzchen.“

„Ich bin kein Kätzchen!“, fauchte Joy sofort, während ihr Schwanz aufgeregt zuckte. Der Mann überging ihren Einwand und erklärte:

„Bevor du fragst, möchte ich dir ein paar Dinge erklären. Jeder, der hier ankommt hat wohl die gleichen Fragen. Erstens: Wenn du wieder zurück willst musst du zur Hauptstadt und dir deine Rückkehr verdienen. Zweitens: Schaffst du es nicht, oder willst du nicht tun, was von dir verlangt wird, werden dir deine Wünsche genommen und du wirst den Rest deines Lebens hier bleiben. Und drittens: Nein du kannst nicht einfach den gleichen Weg zurück nehmen, den du gekommen bist. Der König hat es verboten.“

„Das heißt, Kyrill wird zur Hauptstadt gehen?“

„Kyrill?“, fragte der Mann verdutzt und kratzte sich am Bart,

„Ist das derjenige, der vor dir kam?“

„Ganz genau! Hast du ihn gesehen? Kannst du mir sagen wo er ist?“

Doch der Mann schüttelte nur den Kopf und erklärte weiter:

„Jeder Neuankömmling wird an einem anderen Ort dieser Welt ankommen. Wir glauben, dass es zufällig ist, wo man auskommt, aber so ganz sicher können wir uns da nicht sein.“

„Aber Kyrill wird definitiv zur Hauptstadt gehen?“

„Das ist sehr wahrscheinlich. Jeder auf dem Land ist angewiesen den Neuankömmlingen zu erklären, dass ihre einzige Chance auf Rückkehr in der Hauptstadt liegt. Also wird er sich vermutlich direkt auf den Weg dorthin machen. Außer er würde nicht in seine Welt zurückwollen.“

„Wie komme ich da hin?“, bohrte Joy sofort weiter nach ohne auf seine letzten Worte einzugehen.

Das Lächeln des Mannes wurde breiter und er gab ein wissendes „Hm?“ von sich, bevor er meinte:

„Was dein Liebling wohl dazu sagen wird das seine Freundin plötzlich zu einer halben Katze geworden ist?“

Damit trieb er die Röte weiter in Joys Gesicht, auch wenn diese vehement erwiderte:
„Er ist nicht mein Liebling! Eher so etwas wie mein Bruder. Und jetzt wisch dir gefälligst dieses bescheuerte Grinsen aus deinem Gesicht!“

„Schon gut, schon gut, Kätzchen“, meinte er amüsiert, drehte sich halb zur Seite und deutete auf das Dorf,

„Wenn du zum Dorf gehst, wirst du eine Straße finden, die geradewegs zur Hauptstadt führt. Und keine Sorge. Für euch Frauen wurde es extra ausgeschildert.“

Wieder fauchte Joy. Doch dieses Mal schossen auch ihre Krallen aus ihren Fingerkuppen hervor. Erschrocken wich der Mann zurück und hob beschwichtigend die Hände.
„Ganz ruhig. Das sollte nur ein Scherz sein“, erklärte er rasch, wobei sein Blick unruhig zwischen ihren Krallen, ihren Zähnen und ihrem gesträubten Schwanz hin und her zuckte.

„Wenn mit deinem Körper so etwas angestellt worden wäre, wärst du auch nicht in der Laune für dumme Witze!“, fauchte Joy wütend. Dabei schlichen sich animalische Katzenlaute in ihre Stimme, die ihr einen bedrohlichen Charakter verliehen.

„Ich hab mich doch schon entschuldigt“, erwiderte der Mann, der Joy um mindestens zwei Köpfe überragte hastig, während er einen Schritt zurückwich. Mit seiner Bewegung erreichte plötzlich ein ihr unbekannter Geruch ihre Nase. Zuerst konnte sie ihn nicht zuordnen, doch dann meldete sich ihr Instinkt. Es war Angst. Sie roch seine Angst. Sie registrierte es und es beruhigte sie auf eine seltsame Art und Weise. Mit einem sehr leisen reibenden Geräusch fuhren ihre Krallen zurück und das Fell ihres Schwanzes glättete sich langsam wieder.

„Gut… Und danke für deine Hilfe. Ich mach mich gleich auf den Weg“, erwiderte sie noch immer fauchend. Der Mann nickt und folgte ihr mit Blicken, als sie an ihm vorbeiging und in Richtung Dorf aufbrach.  

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