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Malcom hörte das dumpfe Donnern der Kanone und richtete sich blitzschnell etwas auf. Er horchte. Und dann kam die Antwort. Drei Schüsse – das war das Signal. Ein bekanntes Piratenschiff näherte sich der Insel.
„Es tut mir so leid, Cheriè. Ich hätte mich gerne noch länger diesem süßen Zeitvertreib hingegeben, aber wir bekommen Besuch!“
Shanna war etwas verwirrt. Sie hatte die Kanonenschüsse auch gehört und fragte ihn:
„ Was heißt Besuch?“ Woher wisst ihr das, Sire?“ Sie richtete sich jetzt auch auf und schaute auf das Meer hinaus.
„ Ich kann kein Schiff sehen. Seid ihr Hell- seher oder habt ihr ein geheimes Signal?“
„ Richtig, Madame. Wenn sich ein Schiff der Insel nähert, feuern wir die Kanone ab und wenn es ein bekanntes Schiff ist, kennt der Kapitän die Antwort.“
„ Und wenn er die Antwort nicht kennt,- was dann?“
„ Nun, meine Süße – dann säße ich hier schon lange nicht mehr herum, sondern alle wären schon auf ihrem Posten, um diese Lebensmüden gebührend zu empfangen“, erklärte er ihr lässig.
Shanna schaute ihn mit großen Augen an und dachte daran, was passieren würde, wenn ihr Vater…Nein, sie wollte nicht darüber nachdenken. Sie konnte irgendwie nicht – jetzt nicht.
Malcom stand auf. Mit seiner vollen Größe
aufgerichtet, spähte er auch auf das Meer hinaus – genau genommen hatte er den Klippenvorsprung auf der rechten Seite der Insel im Visier.
Mit einem nachdenklichen Blick streckte er Shanna seine Hand entgegen.
„ Steht auf, meine Liebe. Es wird Zeit, um Euch in die Hütte zu bringen“.
Sie ergriff seine Hand und schon wurde ihr biegsamer Körper an seinen Brustkorb gepresst- starke Arme hielten sie gefangen
und nun begann er tatsächlich an ihrem Ohrläppchen zu knabbern. Sein heißer Atem ließ die kleinen Haare in ihrem Nacken sofort eine senkrechte Position einnehmen und ihre Knie wurden ganz weich. Oh, wie sie ihn dafür
hasste!
„ Wir sind leider unterbrochen wurden, Cherié. Aber ich verspreche Euch, dass wir heute Nacht genau da weiter machen werden, wo wir jetzt aufgehört haben. Also, nicht traurig sein, meine Süße,“ flüsterte er dicht an ihrem Ohr.
Erst zog eine Gänsehaut über ihren Körper, gefolgt von blanker Empörung.
Shanna drehte und wand sich in seinen Armen, aber sie konnte sich nicht befreien. Nun - er wollte es nicht anders. Mit ihren Lippen suchte sie sich ein StĂĽckchen Haut auf seiner Brust und biss mit aller Kraft zu.
„ Verdammtes Weib,“ brüllte er und stieß sie von sich.
Fassungslos inspizierte er die Stelle, wo sie
gerade noch ihre Zähne in sein Fleisch ge- schlagen hatte, rieb mit der Hand über den sich rötenden Abdruck ihres Gebisses, um festzustellen, ob er blutete.
Shanna senkte den Kopf; nicht weil es ihr leid tat, sondern damit er ihr grinsen nicht sehen konnte.
„ Verflucht noch mal, Weib - was habt ihr Euch dabei gedacht! Ihr seid giftig wie eine Viper und anscheinend habt Ihr auch so kräftige Zähne“, wütete er.
Sie erntete einen vernichtenden Blick von ihm, hatte allerdings größte Mühe, nicht laut los zu prusten.
„ Los jetzt, wir gehen“, raunzte er und ergriff wieder ihrer Hand.
Mit weit ausholenden Schritten ging er den
Strand entlang und Shanna stolperte im Laufschritt hinter ihm her.
Ian kam ihnen entgegen gelaufen und meldete seinem Kapitän aufgeregt, dass es sich bei dem ankommenden Schiff um die Black Swan handelte.
„ Bist du sicher?“
„ Aye Kapitän, ich habe die Flagge gesehen. Was denkt Ihr?“
„ Ich denke, der stinkende Schellfisch muss sich mal wieder in Sicherheit bringen“, lachte er böse.
„ Sollen wir uns vorbereiten?“
„ Nein, das nicht, aber heute Abend lässt sich niemand volllaufen. Ist das klar!“
Malcom hatte wieder seine Augenbraue hochgezogen und in dem Gesicht von Ian
stand deutlich, dass er seinen Kapitän verstanden hatte.
„ Ach noch etwas. Schau, dass du etwas anderes zum Anziehen für dies Weib findest. Etwas Hochgeschlossenes, nicht so ein Ding, wo die Brüste herausfallen.Hast du kapiert, Ian?“
„ Aye Kapitän, hab kapiert.“ Der rothaarige Bootsmann drehte sich um und marschierte eilig von dannen.
Malcom war wĂĽtend, oder besorgt - genau konnte Shanna seinen Gesichtsausdruck nicht lesen. Jedenfalls war er auf keinen Fall in der Stimmung, irgendwelche Fragen zu beantworten, dessen war sie sich sicher.
Er schaute ihr mit kaltem Blick in die Augen,
hob mit einem Finger ihr Kinn etwas an und sprach mit ebenso kalter Stimme:
„ Ihr hört mir jetzt gut zu. Der Kapitän der Black Swan ist kein Gentleman, Madame. Er ist ein tückischer Haifisch, der seine Zähne gerne ausprobiert. Ich traue ihm nicht und werde ihn im Auge behalten. Ihr solltet Euch möglichst unsichtbar machen. Ich rate Euch, immer dicht an meiner Seite zu bleiben und besonders Euer Temperament im Zaum zu halten, Shanna. Widerborstige Weiber sind hier nicht gut gelitten“.
Er hatte seine Ansprache beendet, nahm die Hand von ihrem Kinn und wartete auf eine Reaktion von ihr.
Shanna nickte kräftig mit dem Kopf, schaute ihn aber immer noch fassungslos an.
Zufrieden über ihre Bestätigung schnappte er sich die kleine Hand und beide gingen das letzte Stück bis zur Hütte schweigend neben- einander.
Ian hatte eine Bluse gefunden, die höher geschlossen nicht sein konnte. Sie bekam kaum Luft in dem Ding, doch Malcom war sehr zufrieden. Auch er hatte sich umge- zogen und trug nun eine enganliegende Hose, daüber ein weißes weites Leinenhemd mit breitem Gürtel. Seine langen Haare band er zu einem Zopf zusammen und zog sich eine derbe Lederweste an.
„ Ich werde Euch abholen, sobald ich die Lage gepeilt habe“, informierte er sie,steckte sich rechts und links eine Waffe in den Gürtel,
schnappte sich seinen Säbel und ging zur Tür.
„ Ihr rührt Euch nicht vom Fleck. Habt Ihr das verstanden, Madame?“ polterte er und war verschwunden. Anscheinend erwartete er keine Antwort.
Sie verriegelte sofort die Tür und setzte sich danach steif auf die Bettkante. Nervosität machte sich in ihrem Innersten breit. Was konnte sie tun, damit ihre Anwesenheit hier so wenig Aufsehen, wie möglich erregte. Unsichtbar machen! Pah, er hatte gut reden!
Malcom hatte ihr aufgetragen die rote Haar- pracht unter einem Tuch zu verbergen. Sie schnappte sich das bunte Stoffteil und wickelte es so geschickt um den Kopf, dass es die lange Mähne vollständig verbarg.
Zufrieden betrachtete sie ihr Werk in der GlastĂĽr des BĂĽcherschrankes. Ihre Nerven waren immer noch zum ZerreiĂźen gespannt. Ein Glas Brandy wĂĽrde helfen, ĂĽberlegte sie. Der erste groĂźe Schluck lief heiĂź die Kehle hinunter und brannte, doch unmittelbar danach ging es ihr schon besser. Jedenfalls glaubte sie jetzt ihre Nerven besser in Griff zu haben.
Dies war ein Trugschluss, wie sie wenige Minuten später feststellen sollte. Lautstarkes trunkenes Gegröle war vor der Hütte zu hören. Aufgeregt fröhliches Frauengekicher begleitete die Männerstimmen und sagte ihr, dass die Willkommensfeier für die Besatzung der Black Swan schon in vollem Gange war.
Sie horchte ängstlich nach draußen. dann
war es vorbei. Shanna versuchte sich zu entspannen. Plötzlich ein schabendes Geräusch am Fenster. Sie glaubte einen Schatten zu sehen….und schrie – lautlos, denn ihr Bewußtsein brauchte Zeit, das Entsetzen zu realisieren, doch dann löste sich ihre Stimme aus der starre und ein gellender Angstschrei entwich ihrer Seele.
Ein donnernder Aufprall. Holz splitterte, die Tür brach aus ihren Scharnieren und nun hing sie schräg am Rahmen….
Shanna wich panisch bis an die Wand zurück und sah entsetzt auf die Umrisse einer Männergestalt….
Fortsetzung folgt...