Diese Geschichte widme ich zwei Frauen; zum einem meiner Ex-Freundin, weil du mir am Anfang viel meiner Last abgenommen hast, bis du mich mit allem allein gelassen hast, danke. Zum anderen, einer Freundin, für die ich mich mitten in der Nacht hinsetze und ihr auf Kosten meiner Gesundheit und meines Verstandes Geschichten schreibe. Es macht immer wieder Spaß.
Das Wetter war mies, die Arbeit getan, Freunde waren alle beschäftigt, die bessere Hälfte nicht existent. Also war es an mir, mich mit mir zu beschäftigen. Was gab es denn da besseres, als ein paar Seiten Buch zu schreiben. Ich hatte sowieso mal wieder Lust ein wenig zu schreiben, zweimal an meinem Buch.
Bevor ich mich daran machen konnte, musste ich ein paar Vorbereitungen treffen; da der Tag schon länger ging kochte ich erst einmal Kaffee, dennoch nahm ich zu Unterstützung eine Koffein-Tablette, Müdigkeit war der größte Feind, also musste man ihn schon mal im Keim ersticken, das wäre damit geschehen. Zusätzlich holte ich noch zwei Flaschen Wasser, für den Durst. Für das Leibliche Wohl war gesorgt. Jetzt ging ich an den Computer. Mit wenigen Tasten, hatte ich eine ansehnliche Wiedergabenliste für 120 Stunden, nicht das ich so lange schreiben wollte, aber man konnte ja schon mal vorsorgen. Mittlerweile war der Kaffee durchgelaufen. Ich nahm gleich die ganze Kanne mit zum Tisch. Wenn ich jedes Mal aufstehen musste um neu einzuschenken, würde mich das aus meinem kreativen Schaffen reisen.
Es war alles soweit. Die Stifte hatte ich schon das letzte Mal gespitzt auf dem Block waren auch noch genug Seiten. Also ging es los:
Wenn sich ein Ereignis in dein Gedächtnis brennt wie das Brandzeichen eines Pferdes. Wenn man keine Kleinigkeit davon jemals vergessen wird, bis man zu Staub zerfällt und darüber hinaus. Wenn es so schlimm ist, dass man alles geben will um es zu vergessen. Wie sehr zählt es als Ausrede für seine Taten?
Mein Stift jagte über das Papier. Aus dem Boxen dröhnten alle möglichen Genres wild durcheinander gemischt. Von klassischen Irish-Folk, über revolutionären Punk, bis hin zu modernem Metal, und wenn Mozart gespielt worden wäre, es wäre egal gewesen, ab dem ersten Wort war ich in die Welt der Worte eingetaucht. Nein ich lebte völlig in dieser Welt. Das Feuer, das ich beschrieb, legte sich heiß auf mein Gesicht. Ich musste hier weg. Diese Hitze war unerträglich. Jetzt bekam auch noch mein Protagonist eins über den Kopf gezogen. Überall diese Sterne.
Fluchend stellte ich fest, dass alle drei Bleistifte stumpf geworden sind, jetzt musste ich sie auch noch spitzend. Der Block würde auch nicht mehr solange halten, noch lauter fluchend ging ich einen Neuen aus meinen Reserven holen. Der Kaffee war auch leer die Blase war voll, also auch Zeit diesen Zustand wieder umzudrehen. Während ersteres brühte ging ich wohlig seufzend Pinkeln.
Die Unterbrechung hatte schon viel zulange gedauert. Fast zehn Minuten waren einfach mit solchen Rumtrödeleien vergangen. Es war also an mir, diese Zeit wieder aufzuholen. Wieder schoss mein Stift über die leeren Seiten.
„Das macht nichts“, bemerkte ich lächelnd. „Es wäre nicht die erste Narbe in meinem Leben.“ Noch während ich sprach, bemerkte ich den Fehler. All die Spuren von Verletzungen, die ich in den beinahe 200 Jahren meines Lebens erhalten habe, habe ich jede einzelne für eine Menge Geld magisch heilen lassen. Ein makelloser Körper war das Resultat. Ein wenig Eitelkeit hatte noch niemanden geschadet.
Es war ein wunderbares Gefühl wie ich in den Zuber stieg. Das warme Wasser um mich herum. Das Haus war zugig, aber was erwartet man von einer Unterkunft von einfachen Bauern? Etwas vibrierte. Magie? Wie in Eiswasser getaucht, kehrte ich in die Realität zurück.
Es war mein Handy. Eine Folge von wilden Flüchen lärmte durch den Raum. Ohne darauf zu schauen wer es war, drückte ich es weg. Machte das Handy aus. Als ich es in der Hand hielt, hatte nicht viel gefehlt und ich hätte es mit aller Macht gegen die Wand geworfen. Was fiel ihm eigentlich ein mich aus meiner Welt zu reisen?
Ich spürte wie mein Puls raste. Meine Hände zitterten. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. EGAL.
Das einzige was störte war die geistige Trägheit die mich langsam begriff. Ich sprang vom Stuhl griff nach den Hantel, machte verschiedene Übungen damit. Zahlreiche Liegestützen. Der Sport ließen meine Gedanken wieder klar werden. Um noch sicher zu gehen, nahm ich aus dem Kühlschrank eine Packung Eiswürfel schmiss sie ins Waschbecken, gab Wasser drüber und tauchte meinen Kopf hinein. Erst als meine Lungen anfingen zu brennen, tauchte ich wieder auf. Völlig durchnässt ging es mir wieder besser. Also verschwendete ich keinen Augenblick, schon saß ich wieder am Tisch und schrieb und schrieb, auf weises Papier.
Emotionslos starrte ich sie an. Zum ersten Mal fühlte ich mich in der Geschichte mehr als eine kleine Spielfigur. Das Wissen das ich besaß würde entscheiden ob ein Konflikt entstehen wird oder diesen im Keim erstickt. Eine Tatsache die mir erstmals bewusst wurde.
Die Erregung wie die Seiten sich füllten, das Leid, das ich mit meinen Charakteren trug. Es wurde alles eins. Blut lief aus der Nase, nicht groß darauf achtend wischte ich es weg. Selbst als es mehr wurde. Schlimmer war die Peitsche die sich in das Fleisch grub, oder das Schwert das mir in den Oberschenkel schnitt. Eine Faust traf mich hart im Gesicht. Alles Erträglich. Wieder fiel ein Akt.
Es war eine Ekstase die man mit nichts vergleichen konnte, weder Sex, Drogen noch Musik. Es war einfach das Beste was passieren konnte und viel davon. Noch mehr.
Der harte Weg führte irgendwann zum Höhepunkt. Im Rausch schreiend, windend und stöhnend, schrieb ich die letzten Worte. Machte den Punkt und war fertig.
Das monotone Piepsen des EKGs wurde von der Stimme des Doktors unterbrochen: „Er hat mehrere Tage nichts gegessen, kaum oder gar nicht geschlafen, deutlich zu viel Koffein zu sich genommen. Er kann froh sein, das er noch lebt.“
„Warum?“, ich konnte nicht ganz die Stimme des Gesprächspartners jemanden zuordnen.
„Als er gefunden wurde, war er über mehrere hunderte Seiten handschriftliches gelegen. Er schien die letzten Tage nichts anderes mehr gemacht zu haben als zu schreiben.“
Ich war noch nie so glücklich wie jetzt.