Beschreibung
Nur der kleine Zettel ist frei erfunden.
An einem Abend im November war Jana mit ihren Eltern unterwegs auf dem Weg nach Hause. Es war schon spät und obwohl der Kalender noch Herbst anzeigte, war es schon eisig kalt. In dieser Nacht war der Himmel sternenklar und man konnte meinen, es roch nach Winter.
Im alten klapprigen Wagen schaffte es die Heizung nicht, den Innenraum zu erwärmen. Selbst in der dicken Jacke und den Wollhandschuhen zitterte Jana. Um sich ein bisschen abzulenken und sich die Zeit zu vertreiben, beobachtete sie während der Fahrt die Sterne. Es sah so aus, als würden sie sie begleiten. So träumte sie die ganze Fahrt vor sich hin. Sie hoffte, vielleicht sogar eine Sternenschnuppe entdecken zu können. Aber an diesem Abend sollte sie kein Glück haben. Endlich konnte sie den Parkplatz sehen. Geschafft. Nur noch ein kurzer Fußmarsch, dann wäre sie endlich im Warmen, würde sich schnell umziehen und dann ab ins Bett huschen.
Ihr Vater stellte den Wagen neben einer Hecke ab, und die Eltern stiegen aus. Und auch Jana wollte gerade die Tür öffnen und aussteigen. Doch plötzlich hielt sie inne. Sie starrte wie gebannt auf die Hecke. Und anstatt auszusteigen, rutschte sie etwas zurück. Träumte sie noch? Oder bildete sie sich das alles nur ein? Sie starrte weiter und war sich felsenfest sicher: Mitten in der Hecke hatte sie ein menschliches Ohr und einen Teil eines menschliches Kopfes gesehen. Da saß jemand in der Hecke! Ihre Gedanken fuhren Achterbahn. Warum saß dort jemand im Gebüsch? Bei der Kälte. Um diese Uhrzeit. Jana war überzeugt, dass dieser Jemand nichts Gutes im Schilde führte. Sie überlegte was sie tun sollte. Trotzdem auf dieser Seite aussteigen? Nein, sie wählte dann doch lieber die andere Seite. Aus irgendeinem Grund traute sie sich auch nicht ihren Eltern davon zu erzählen. Vielleicht würden sie sie ja nicht ernst nehmen. Kinder haben schließlich eine lebhafte Fantasie.
Noch während sie zum Haus gingen, drehte sich Jana immer wieder um. Noch immer war der Kopf trotz der Dunkelheit zu erkennen. Und obwohl Jana ohnehin schon fror, bemerkte sie, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Sie hatte Angst. Doch trotzdem schwieg sie.
Eine viertel Stunde später lag sie erleichtert im Bett. Erleichtert, weil sie nun endlich hundemüde aber warm eingekuschelt im Bett lag, aber auch, weil sie sich in Sicherheit fühlte.
Sie dachte die ganze Zeit darüber nach. Und je länger sie grübelte, desto häufiger fragte sie sich, ob sie sich das alles nicht eingebildet hat. Schließlich war es dunkel, kalt und sie war müde. Dann schlief sie ein.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, dachte sie sofort wieder an die Hecke. Allerdings machte ihr das keine Angst mehr. Jane hatte sich das alles nur eingebildet. Die Kälte der Nacht spielte ihr einen Streich. Für sie war das Thema daher erledigt.
Am gleichen Nachmittag, verabredete sie sich mit ihren Freunden zum Spielen. Es war nach wie vor eiskalt, aber das sollte sie nicht davon abhalten Verstecken zu spielen. Sie spielten gerne am Parkplatz. Dort gab es eine Menge Verstecke. Dort standen jede Menge Autos und es wuchsen überall Gebüsche und Bäume, die wunderbar zum Klettern geeignet waren.
Doch das erste, an das Jana plötzlich wieder denken musste, war das Ohr. Dieses Bild ließ sie einfach nicht los. Doch sie hatte eine ganz einfache Erklärung dafür, jetzt, wo sie die Hecke wiedersah. Laub. An der Hecke hingen noch große hellbraune Blätter. Das war es also. Jana musste schon selber ein bisschen über sich schmunzeln.
Die erste Runde im Versteckspiel ging los. Während ihr Freunde noch wild durcheinander liefen, hatte Jana schon ihr Versteck gefunden. Sie ging in genau diese Hecke, die ihr letzte Nacht noch so eine Angst einjagte. Sie presste sich schließlich zwischen die Zweige. Doch plötzlich war sie wie versteinert. Sie konnte nicht glauben, was sie dort sah. Sie wollte schreien, weglaufen, sich irgendwie bemerkbar machen. Doch es gelang ihr nicht. Der Platz an dem sie stand, war plattgedrückt. Sie hatte also doch nicht geträumt. Und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf einen Zettel auf dem stand:
Ich komme wieder…