Beschreibung
Musik: Franz Schubert, Serenade
http://www.youtube.com/watch?v=JtA9Js-22ko
Bild:
http://www.rhoenbilder.de/img-kirschbaum-in-bluete-263.htm
Von eisiger Kälte durchdrungen, regungslos erstarrt, sitze ich da und schaue zum Fenster. Meine Seele lechzt nach Wärme, nach Sonnenstrahlen, nach Frühling. Draussen ist es dunkel – und schwarz ist es auch in mir. Die Wintermelancholie ist beinahe unerträglich. So hoffnungslos lange scheint die kalte Zeit noch zu dauern.
Schuberts Melodie legt meinen Gedanken ein schützendes Mäntelchen um und trägt sie durch den Raum. Sie berühren das Fenster, langsam öffnen sich die Flügel. Meine tiefe Sehnsucht dringt nach draussen und wird erhört.
Nie gekannte Sanftheit tritt mir entgegen und holt mich aus der Finsternis. Schwerelos bin ich ein Teil der Metamorphose, die sich um mich und in mir abspielt. Licht besiegt die Dunkelheit, der Himmel reisst sich auf und schickt goldene Sonnenstrahlen zur Erde. Eis und Schnee schmelzen. Bächlein sprudeln wieder munter. Knospen spriessen. Sträucher und Bäume werden mit zartem Grün bekleidet. Wiesen beginnen zu leben, Gänseblümchen, Löwenzahn!
Ich atme die frische Frühlingsluft, erquicke mich am Erwachen der Natur. Kirschbäume stehen in voller Pracht. Vögel trillern – freuen sich aufs Paaren. Über Blüten turteln Schmetterlinge. Emsige Bienen stecken ihre Rüssel in die Kelche. Käfer krabbeln an Halmen empor. Grashüpfer federn durch die Lüfte. Von überall grüssen kleine Glücks direkt in meine Seele – es sind Kostbarkeiten von unschätzbarem Wert.
„Nimm mich mit!“ höre ich ihre zarten Stimmchen rufen. Mit grosser Dankbarkeit sammle ich sie ein. Sie strahlen und funkeln, ihr Lächeln tut so gut. Mit grösster Sorgfalt bringe ich die Schätze in meine leere Vorratskammer, die sich sofort in einen Festsaal verwandelt.
Nach und nach kehren meine Gedanken wieder zurück. Das Fenster schliesst sich und draussen herrscht wieder der Winter. In mir aber hat die Wandlung angehalten. Leuchtende Farben wärmen mich. Voll Zuversicht huscht ein Lächeln über mein Gesicht. – Ich weiss, ich werde es schaffen, dem Winter zu trotzen. Und ich weiss auch, dass du es warst, die meine Gedanken entführt und mich zu den kleinen Glücks gebracht hat.
Schon in wenigen Tagen werde ich das Fenster wieder öffnen und in vollen Zügen den Frühling einatmen. Dann werde ich hinausgehen und die Glücks einpflanzen – hier und dort und überall.