Beschreibung
Der Kreis um Fritz Ferdinand schließt sich wieder ...
Fritz Ferdinand und das Casanova-Gefühl
Schauspiel in 4 Aufzügen und 5 Auftritten
Abschluss der Trilogie („Der Postbote, „Kater George, Vaterliebe und der Tod einer Amsel“ und ebendieses)
Klara Ferdinand
Fritz Ferdinand
Gäste in einem Café, darunter
2 junge Frauen in der Nähe von Klara und Fritz Ferdinand sitzend
1 junge Frau, Elvira Finke
Da hatte Fritz Ferdinand so viele Jahre glücklich mit seiner Erika im trauten Ehestand getreulich treu seinen Tag gelebt, da setzte buchstäblich ein mittleres Erdbeben dieser Idylle ein Ende. Die Nachbarin, Frau Elisabeth Kluge, hatte ihn bei Erika in Verruf gebracht. Weil Elisabeth Kluge eine Lügengeschichte zu einem Annäherungsversuch seitens Fritzen gegenüber seiner Gattin Erika aufgezogen hatte, wollte Fritz Ferdinand es mit einer Entschuldigung als sozusagen „erledigt“ von Elisabeth Kluge nicht annehmen. Fritzens Verweigerungshaltung führte schlussendlich dazu, dass seine Erika ihm so sehr zürnte, dass sie bei ihm aus- und zur Witwe Elisabeth Kluge, unglaublich dieses, so dachte Fritz, einzog. Bah. Klara, Fritzens etwas jüngere Schwester, eine ledige Jungfer, zog zu ihm ein und versorgte ihn und den Haushalt nach allen Regeln der weiblichen Kunst.
Heute brachte Fritz Klara zum Bahnhof ab. Sie wollte einige Tage zur Mutter Ferdinand fahren. Mutter Ferdinand, Anfang siebzig, hatte sich eine fiebrige Erkältung zugezogen und musste das Bett zu hüten.
1. Aufzug. 1. Auftritt.
Am Bahnhof. Im Café einer Bäckerei. Viele Menschen. Viele Gesprächs- und Essgeräusche. Fritz und Klara finden an einem Stehtisch Platz. Gegenüber, Gesicht zu Gesicht, zwei Freundinnen. Offensichtlich wollte die Blonde die Dunkelhaarige zu einer längeren Reise abbringen. Beide sehr jung. Beide sehr attraktiv.
Klara: Ich denke, dass ich in einer Woche wieder bei Dir bin, Fritz. Ich habe alles besorgt. Der Kühlschrank ist prall gefüllt. Morgen hast Du nur etwas Brot neu einzu … Frihitz, Fritz! Hörst Du mir überhaupt zu?
Fritz: Aber ja, Klara. Der Kühlschrank ist prall gefüllt. Du wirst eine Woche bei Mutter bleiben!
Klara: Ja. Und morgen Brot … Ich denke, dass ich eine Woche bei Mutter bleiben werde! Frihitz, Fritz! Wo schaust Du hin?
Klara dreht sich in Fritzens Blickrichtung um und sieht die beiden Freundinnen miteinander reden und lachen.
Klara: Du schaust doch nicht etwa zu den Küken dort hin? Was? Was sollen die denn von Dir altem Gockel denken. Die bekommen ja einen Lachanfall, wenn Du denen schöne Augen machst. Fritz, die sind doch höchstens Anfang zwanzig. Vielleicht sogar jünger. Man weiß das heute nicht so genau. Frihitz! Fritz! Ist denn das die Möglichkeit mit Dir!
Fritz: Ich weiß gar nicht, was Du willst Klara. Ich bin jetzt solo! Dich darf ich nicht heiraten, Du bist meine Schwester. Und ich kann die jungen Dinger anschauen, solange ich das möchte. Ich kann auch reife Frauen anschauen, solange ich das möchte. Ich kann auch junge oder alte Männer anschauen, solange ich das möchte!
Klara: Frihitz. Fritz. Du bist doch nicht etwa …? Nein, das glaube ich nicht! Ist Erika deshalb von Dir …?
Fritz, etwas ungehalten: Was ich mache, ist falsch. Was ich sage, ist falsch. Es war nur ein Beispiel. Ein Beispiel. Ich bin nicht …!
Klara: Ist ja gut, gut. Das wäre ja noch was gewesen, wenn ich unserer kranken Mutter hätte erzählen müssen, dass Du …
Fritz: Mutter hat eine Grippe. Erzähle Mutter, dass ich Erika überwunden habe und jetzt scharf auf junge Dinger bin …
Klara, etwas entrüstet: Das werde ich Mutter … Fritz … Frihitz … jetzt gehe bitte bezahlen … ach, das hast Du schon direkt … gut so. Wir gehen jetzt bitte zum Bahnsteig.
Frihitz hatte sich bis zur Abfahrt des Zuges, immerhin noch gute dreißig Minuten, eine Reihe von wertvollen Ermahnungen und Ratschlägen anzuhören, bis seine Schwester endlich nicht mehr zu sehen war … und der Zug auch nicht. Zur Sicherheit blieb Fritz so lange am Bahnsteig stehen. Man hatte schon Pferde … sehen. Dann ging Fritz vom Bahnhof aus in Richtung Innenstadt. Er wollte sich entweder eine neue CD oder ein neues Buch zulegen. Eines von beiden auf jeden Fall.
2. Aufzug. 1. Auftritt
Fritz Ferdinand in einer Bücherei. Sieht sich diverse Neuerscheinungen an. Eine junge Frau tritt hinzu.
Elvira Finke: Hallo. So trifft man sich wieder. Haben Sie Ihre Frau zum Bahnhof gebracht? Jetzt haben Sie Langeweile und wollen etwas lesen, was?
Fritz Ferdinand, etwas erschrocken und erstaunt: Hallo. Ach? Waren Sie vorhin nicht auch in dem Café auf dem Bahnhof?
Elvira Franke: Na, nun tun Sie mal nicht so! Sie Schäker Sie! Sie konnten sich doch gar nicht sattsehen an mir, oder meinten Sie etwa meine Freundin?
Fritz Ferdinand, leicht verlegen, fühlt sich ertappt, reagiert etwas ärgerlich wirkend: Na, na. Junge Frau. Wo denken Sie hin? Ich könnte Ihr Vater sein, glaube ich jedenfalls. Mal hübsch langsam. Ziemlich dreist die Jugend heute, was?
Elvira Franke: Mein Vater sieht älter aus als Sie. Sie gefallen mir.
Fritz Ferdinand, leicht verlegen, zugänglich: Das war meine Schwester. Sie fährt zu unserer an Grippe erkrankten Mutter … für eine Woche. Ich? Ich bin seit drei Monaten glücklich geschieden … nein, nein … zu meinem großen Glück geschieden!
Elvira Franke: Was wollen wir beide heute noch zusammen anstellen?
3. Aufzug 1. Auftritt
In einem Hotelzimmer. Fritz und Elvira rauchen. Fritz einen Zigarillo und Elvira eine Zigarette. Sie inhalieren beide in regelmäßigen Zügen und tief.
Elvira: Ja, stimmt. Du könntest vom Alter her mein Vater sein. Ja, das Alter stimmt. So ungefähr fühlt sich also mein Vater an … Schau´ nicht so entgeistert. Rein altersmäßig betrachtet. Du hast wohl länger nicht …
Fritz: Wieso, war das nicht so …
Elvira: Typisch Mann! Wie war ich? War ich gut? Ja, ja, ja …
Fritz: Wieso bist Du plötzlich so gereizt? War ich wirklich nicht gut? Rein altersmäßig betrachtet …
Beide strahlen sich jetzt an und lachen lauthals los. Sie umarmen sich erneut. Dann genießen sie wieder ihre Fremdheit … und es geht „alles“ wie von selbst …
4. Aufzug. 1. Auftritt
Fritz liegt zu Hause auf seinem roten Sofa und träumt von seinem außerordentlichen, ja außergewöhnlichen Nachmittag. Er sonnt sich in einer Art Casanova-Gefühl. Das Telefon klingelt. Fritz nimmt den Hörer ab. Klara meldet sich.
Klara: Wo warst Du denn? Rufe ich doch schon zum dritten Mal an. Hörst Du die Mailbox …
Fritz: Bin gerade erst nach Hause gekommen.
Klara: Wo warst Du denn so lange. Mutter und ich haben uns schon Sorgen gemacht!
Fritz: Das finde ich lieb von Euch. Doch ich bin schon erwachsen.
Klara, etwas beleidigt redend: Du kannst ja machen, was Du willst, Frihitz. Doch wir hatten verabredet, zu telefonieren, wenn ich bei Mutter eingetroffen bin. Wo warst Du denn, Frihitz?
Fritz: Ich war mit der jungen Frau, der Blonden, Du weißt, eine von den beiden im Café, im Hotel.
Klara, erregt: Wahas? Woho? Im Hotel? Du hast doch nicht etwa mit ihr …?
Fritz: Dohoch, dohoch, habe ich. Gleich mehrmals …
Klara: Du glaubst es nicht. Ich glaube es nicht! Du beträgst Dich wie ein Kleinstadt-Casanova, Du. Kaum lässt man Dich aus den Augen … ziehst Du mit so einer …
Fritz: Das ist nicht so eine … Ja, ich könnte ihr Vater sein …
Klara: Ihr Vater sein!Ja! Das sagst Du einfach so? … und dann gleich mehrmals …
Fritz: Weißt du was, Klara, bleibe bitte ganz und gar bei Mutter!
Fritz legt abrupt den Hörer auf und anschließend neben den Apparat. Dann legt er sich wieder auf das Sofa.
4. Aufzug. 2. Auftritt.
Ebenda. An der Haustür klingelt es. Fritz geht zur Tür und öffnet diese.
Fritz: Komme doch bitte herein.
Erika: Klara hat angerufen. Sie war ziemlich aufgeregt. Sie sei sehr erbost und Deine Mutter wohl auch, sagte sie. Sie stammelte so etwas wie, dass Du mit einem so jungen Ding auf …
Fritz: Ja, es war sehr schön … eine prima Erfahrung …
Erika: Elisabeth, also Frau Kluge, meinte, ich sollte eine Flasche Rotwein zu Dir mitnehmen. Hier diesen, ist ein erdiger Bordeaux. Den magst Du doch so gerne trinken, oder? Stehen die Gläser … ja, sie stehen noch dort ...
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29. Januar 2012