Kurzgeschichte
Gefangen hinter der Mauer

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"Gefangen hinter der Mauer"
Veröffentlicht am 24. Januar 2012, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Gefangen hinter der Mauer

Gefangen hinter der Mauer

 

 

 

 

 

 

Gefangen hinter der Mauer

von


kleinPlattfuss

im November 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinter einer riesigen, festen Steinmauer, da bin ich. Mein Blick ist auf aufgeschichteten  Steinen gerichtet. Ich betrachte die Vielfalt der Farbnuancen.  Aber meine  Augen können nicht hindurch sehen. Sehe nicht, was sich dahinter befindet, was hinter der Mauer geschieht, sehe nicht wer auf der anderen Seite steht, wer vorbei geht. Dafür kann ich genau hören, dass  drüben Bewegung herrscht.  Stimmen dringen in meine Ohren,  laute, flüsternde, rufende, schreiende, weinende, lachende, verlockende Stimmen. Stimmen, die nach echtes Leben klingen. Diese Variationen an Stimmen, Lauten  und anderen Geräuschen machen mich neugierig. Bisher ließ ich mich nicht von dieser Neugier,  auf meiner geschützten und geborgenen Seite hinter dem Mauerwerk, locken. Jetzt jedoch, jetzt fühle ich mich immer  mehr von der anderen Seite angezogen. Bislang habe ich den mir zurufenden Stimmen entgegnet, dass es mir hier auf meiner Seite gut ginge, dass ich 

 

 

hier sicher bin, und mich wohl fühle. Oftmals entsprach es auch der Wahrheit, manchmal habe ich mich dabei aber auch selbst belogen. Denn hinter dieser steinernen Wand fühlte ich mich zunehmend einsam, isoliert und vom richtigen Leben ausgeschlossen. Einstmals wurde die Mauer aus Sicherheitsgründen erbaut, als Schutz vor den Gefahren, die Jenseits lauerten. Stein um Stein, mit Mörtel aufgeschichtet. Immer höher. Je lauter die Stimmen wurden und geräuschvoller die Laute durchdrangen, um so höher wurde das Mauerwerk. Anfangs fühlte ich mich hinter diesem Schutzwall behütet und geborgen. Hinter der Festung war mein vertrautes Nest, dort fühlte ich mich sicher und wohl. Gegenwärtig engt mich die Mauer ein, sie erdrückt mich förmlich und ich fühle mich meiner Freiheit beraubt. Gefangen hinter diesem undurchdringlichem Gemäuer, zähle ich die unzähligen Mauersteine, die scheinbar eine wachsende Zahl zu haben scheint.

 

Ich habe mich an diesen Steinen satt gesehen und möchte sie durchbrechen. Ich suche nach Rissen, bröckelnden und losen Steinen, doch die finde ich nicht. Ich versuche die Mauer zu erklimmen, um wenigstens einen neugierigen Blick darüber zu werfen, aber auch das schaffe ich nicht. Sie ist einfach zu hoch.  Suche nach einer Lösung, doch ich finde keine. So bleibe ich wo ich bin und verweile, einsam und allein. Entmutigt und verzweifelt beginne ich zu weinen, stundenlang. Aus Stunden werden Tage. Aus Tage werden Wochen. Aus Wochen werden Monate. Aus Monaten werden Jahre. Ich stumpfe ab. Werde mir gegenüber gefühlskalt. Rede mir ein, dass ich hinter der Mauer gut und glücklich leben kann. Hin und wieder überfällt mich ein Heulkrampf, wenn ich mir eingestehe, das dies nicht stimmt. Eine erneute Heulattacke wird von einer warmen und wohlklingenden Stimme unterbrochen. Sie möchte wissen, was der Grund für mein herzzerreißendes Weinen ist. Ich erzähl ihr von

 

meiner Ausweglosigkeit, von meiner Einsamkeit, mein tristes Leben in Abgeschiedenheit, von der mächtigen Mauer, die mich gefangen hält und von dem großen Wunsch diese zu zerbrechen, es aber allein nicht schaffe. Die Stimme, redet tröstend auf mich ein und bietet mir ihre Hilfe an. Erschöpft schlafe ich ein. In einem tiefen, traumlosen Schlaf. Lauter Lärm holt mich aus meinem Schlaf heraus. Ich öffne meine Augen, kann aber in diesem Augenblick  nicht herausfiltern woher das dröhnende, klopfende und ohrenbetäubende  Geräusch kommt. Nur einen Moment später sehe ich wie sich etwas durch die steinende Wand bohrt. Plötzlich bin ich hellwach und aufgeregt. Jetzt hat meine Gefangenheit ein Ende! Das Loch in der Mauer wird größer. Der Lärm hört augenblicklich auf. Stille. Mein Blick ist starr auf die kleine Öffnung gerichtet. Bewegungslos und stumm steh ich davor. Eine Hand dringt hindurch. Ich greif nach ihr. Sie fühlt sich warm an. Die helfende

 

Hand gibt mir Hoffnung. Hoffnung auf Freiheit. Ich halte sie und möchte sie nicht mehr loslassen. Jetzt will ich mehr. Kann es kaum erwarten mein Retter, mein Held zu sehen und ihn dankbar um den Hals zu fallen. Jetzt weiß ich, nichts wird mich mehr hinter dieser riesigen Mauer mehr halten können.

Ich bin frei!

 

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