Er hatte sich schick gemacht. Das Peterlein. Dem Betrachter fiel Karl Lagerfeld ein. Eigentlich war das Peterlein, ja auch ein Modedesigner. Heute, an seinem freien Tag, stolzierte er mit seinem selbstkreierten und selbstgeschneiderten Fummel durch die Bar. In der er arbeitete.
Jeder sollte wissen, das Peterlein war auch ein anderer.
Er schwang sich an den Tresen. Bei seiner Lieblingsbardamen ließ er sich bewirtschaftete.
Ja, man erkannte ihn. Ansprechen wollte man ihn ja nicht unbedingt.
Er sprach auch nicht mit jedem. Das wusste man ja und spürte es sogar.
Schließlich war er 6 Tage am Stück, a 10 Stunden in dieser Bar, der Barkeeper.
Wenn man es genau betrachtete, dann war es eigentlich seine Bar.
Ja leider, die Köche hatte er nicht sicher im Griff, wie gewollt.
In seinem Kostüm näherte er sich der Küche.
Die rumlungernden Köche hatten Pause. Rauchten vor der Essenausgabe. Erzählten sich Witze.
Schnell wollte Peterlein seine Bestellung abgeheben, denn auch ein Bald-designer hat mal Hunger.
Regungslos, rauchend, in die Luft schauend, hörte die Köche dem Peterlein zu.
Als der mit seiner Bestellung fertig war meinte einer Köche:
„hey, sag mal, Peterlein „gehste zum karnevall oder was soll das sein ?“
Peterlein im Gesicht rot an.
Am liebsten hätte er irgendwas in die Küche geworfen. Er stammelte irgendwelches Zeug und dann sagte er:
„du verdammte, bekloppte Proll Zecke........
Heftig wand er sich ab und verzichtete auf seinen Schmaus.
Peterlein träumte noch immer von seiner Designer Karriere.
Vor vielen Jahren, hatte er einen Preis gewonnen. Frauenoberteile hatte er die Brüste ausgeschnitten. Eine Große Sache. Schrille Models mit kreller Musi, machten die Show. Glückselig wanderte der Preis in Peterleins Arme. Ach, wie wunderbar.
Der Preis wurde erst mal versoffen. Abgefeiert. Ein bisschen Koka und Hulahup. Posieren auf der Piste.
Aber dann wurde hart gearbeitet. Erst mal in der Bar. Um ein Label zu bezahlen.
Aber all das dauerte: einige Jahre vergingen so.
Also celebrierte man sich und beschwor das Endziel. Endlich berühmt und gefeiert werden, als Modedesigner.
Aber vorerst hatte man kleine Dinge im Auge.: neue Tattoos, Piercing und Schmuck. Die kleinen Trostpflästerchen, die man sich gönnte.
Natürlich verschluckten die wieder Unsummen, aber das musste schon sein.
Nach der Barkeeperschicht warf man sich in Schale und dann war man die Queen auf der Piste. Bis tief in die Nacht. Disco und Fummel und Trends.
Was macht jener Designer und wer ist gerade In. Darum drehte es sich den ganzen Tag.
„haste schon die neue Paspel bei Ive Sant Laurant gesehen“,
„ganz genial, so phantastisch“.
Am nächsten Tag war ich der Koch und das Peterlein der Barkeeper.
Wir hatten viele Stunden zusammen gearbeitet.
Jeder in seinem Revier.
Wenn Peterlein saubere Tassen brauchte oder Löffel, ließ er sich am Pass sehen und rief dominant in die Küche: „Tassen schleunigst, sonst warten die Kunden“ und dabei hatte er einen überheblichen Singsang in der Stimme.
Leider wusste er nicht wirklich, das die Köche ihn schon Hunderte male für dieses Singsang sterben lassen wollten. Am besten in der Friteuse.
Auch ich hatte mal wieder seine komplizierten Essensbestellungen überstanden.
Ein bisschen von dem und von jenem, das anders und jenes so.
Meistens schaute ich in die Luft. Um nicht los zu kichern, wenn ich die Gestiken zu der Bestellung sah.
Na ja, ich gewöhnte mich daran.
„Die Schwuchtel kann nicht einfach mal, einfach sein, .....hm“
sagte ich zu Olli.
Dann machte ich Feierabend.
Meistens gab´s noch ein paar Drinks am Tresen und Olli paffte dabei Joints.
An diesem Tag aber hatte ich einen Termin. Also radelte ich nach hause, duschte, zog mich um. Kam zur Bar zurück, in der ich 9h gekocht hatte.
Bettina saß schon am Tresen.
Geduldig warteten wir, bei Peterlein bestellen zu können.
Aber das Peterlein sah uns gar nicht.
Obwohl wir ihm genau gegenüber saßen. Bettina fragte mich dann:
„was ist denn mit ihm los?“, „hm“ machte ich.
Peinlich war das schon.
Ich wusste es nicht. Ein bisschen wollte ich noch warten.
Da niemand da war, der noch bedient werden musste, blickten wir etwas verständnislos. Das Petersein putzte.
Schließlich wurde es mir zu bunt. Ich betrat das Revier von Peterlein und machte mich an der Kaffeemaschine zu schaffen.
Peterlein kam aufgeregt angerannt und echofierte sich. Pluderte sich auf und wollte mich mit Worten traktieren.
Irgendwie schubste ich das Peterleid und sagte: „du würdest lieber einer Kuh auf dem Platz Wasser bringen, als deinem Kollegen einen Kaffe an zu bieten“
Arme nach oben werfend, schnaubte Peterlein an das andere Ende der Bar.
Er schmollte.
An diesem Tag wollte ich nichts mehr von ihm hören.
Darauf folgender Tag.
Die Kellnerin bereitete das Lokal zur Öffnung vor.
Sie hatte sich eine cd von pearl jam eingelegt. Obwohl die Musik sie beruhiegen sollte, eilte sie flink an den Tischen vorbei und deckte sie ein.
Dann rief sie den Koch aus der Küche und trank mit ihm Kaffe.
Es war neun Uhr und langsam kamen die Gäste.
In diese ruhige Cafehausatmosphäre rauschte anderthalb stunden später das Peterlein rein.
Eine dicke Duftnote, hinter sich und seinem Modelgang her ziehend.
Er ordnete sich und die Dinge für die Arbeit. CD`s die er abspielen wollte, legte er neben den Player.
Aber etwas, schien jetzt schon zu fehlen. Die fremde Musik der Kellnerin gellte ihm im Ohr. Er riss also die spielende CD aus dem Player und sagte zur Kellnerin: „wenn ich arbeite präsentiert meine Musik den Laden und das Gejaule , wäre doch nicht zu ertragen.“
Aber an diesem Morgen hatte die Kellnerin nicht den nötigen Respekt.
Was war los mit ihr ?
Sie nahm ihre hingeworfene Cd und legte sie wieder ein. Peterlein war außer sich.
Aber wie er die fette Glucke am Player stehen sah, wurde ihm schlecht und übel.“ Diese verdammte Bitch“, murmelte er.
Im besonders hüftschwingenden Gang, an der Kellnerin vorbei mit einem „ph“ in den Raum werfend, durchmaß Peterlein die Bar. Durchquerte den Gastraum, bis zu einer Hintertür.
Die Treppe hoch, den Gang an der Küche vorbei, bis zum Büro des Chefs.
Jetzt wollte er Crazy Food zeigen, das es einen Löwen gibt in diesem Laden und der konnte brüllen.
Peterlein trabte also in dem kleinen Büro hin und her. Stampfte und schimpfte.
Crazy Food, wußte nicht wie ihm geschah und um was es ging.
Fast Mitleidig schaute er dem explodierenden Peterlein zu.
Als sich das Peterlein dann auf die Erde schmiss und das flennen begann, war Crazy Food sprachlos.
Unter Tränen und schluchzen stammelte Peterlein:“ du weißt, seit Jaaaaahren präsentiere ich den Laden, unterstützt von meiner Musik.............
Seit Jahren zieh ich die Gäste an mit meiner Aufmerksamen und mit meiner charmanten Art in den Laden. Es werden täglich mehr Gäste. Aber jetzt kommt so eine studentische Aushilfs Votze und legt ihre Musik ein und behauptet noch, das wäre gute Musik.
Und weinerlich fügte er hinzu: „ du musst jetzt mal für mich was tun, bitte....sag der Votze das ich verantwortlich bin, bitte, sag es ihr und das ich die Musik zu bestimmen habe.......bitte, bitte, ich brauche diesen Respekt.....“
Crazy war ganz gerührt, kannte er doch solche wöchentlichen Anfälle.
Am liebsten aber hätte er das Peterlein mit einer Müllschippe aufgefegt und entsorgt.
Aber anstatt dessen, näherte sich Crazy dem schluchzenden Peterlein und sagte beruhigend: „ ich red nachher mit ihr“.
Peterlein machte eine Kehrtwendung und ließ sich langsam von Crazy aus dem Büro schieben. Da stand er nun.
Zu den Köchen konnte er nicht. Die hatten wohl alles mit angehört und verkneiften sich jetzt das feixen.
An den Tresen wollte er noch nicht.
Also blieb noch die öffentlich Toilette.
Mascara: „ was wäre wohl eine Schwuchtel ohne Rollenspiel“ sagte sich Peterlein.
Noch schluchzend wusch er sich die Tränen vom Gesicht. Tief atmete er in seine Brust und betrachtete sich im Spiegel. Dann schob er leicht das Kinn in die Höhe, zückte eine Kajalstift und zog sich die Augenlieder nach.
In der anderen Westentasche fand er sein au de toilette. Damit salbte er sich noch mal so richtig ein.
Und dann sollte die Kellnerin was erleben.
Ein letzter Abschlussblick in den Spiegel. Dann ging es los: im Modellschritt fegte Peterpein hinter den Tresen. Man hörte seine gelederten Schenkel klatschen.
Die Bitch übersah er in den nächsten Stunden. Zur nächsten Schicht kam ja die Verstärkung. Dann wollte er mal sehen, wer hier das Sagen hat und dann wollte er auch mal so richtig brüllen.
franziw2000 ... - Ich konnte mir das Peterlein so richtig gut vor stellen. Was wäre die Gastronomie ohne solche Leute?! Sehr lustig auch wenn sich hier und da ein paar Fehlerchen eingeschlichen haben. LG Franzi |