Die Kindheit meiner Großmutter
Der zweite Weltkrieg hat gerade sein Ende gefunden, überall liegen Trümmer
zerstörter Häuser, die Deutschen haben Nichts mehr.
Unser Blick fällt auf ein kleines Haus, das die Bombeneinschläge überstanden hat.
Es gibt einige davon, dennoch ist Berlin ein einziges Schlachfeld.
Wo man auch hinsieht, sieht man Obdachlose, Verletzte, Trauernde.
Menschen, die ihre Familie verloren haben. Menschen, die verzweifelt unter den Backsteinen
nach ihrem Bruder, ihrer Schwester oder sonst einem geliebten Menschen suchen.
Auf den Straßen, begegnet man Menschen mit leeren Blicken und Menschen, die wieder
gelernt haben zu lächeln.
Zu dem Haus, das uns ins Auge fiel, laufen eine Frau mit einem Baby, ein kleines Mädchen und ein junger Mann. Es ist der 20.Juli 1945. Dieses Baby ist etwas besonderes, es wird es nicht leicht haben, jetzt, wo die Deutschen Nichts mehr besitzen außer ihren Frieden.
Durch die Berliner Luftbrücke wurden sie mit Nahrung versorgt. Es war nicht viel, gerade genug, um zu überleben. Wir sehen die junge Familie, wie dankbar sie ist, für das bisschen
Nahrung.
Die Jahre vergehen, Berlin wird wieder aufgebaut. Es ist immernoch sehr wenig, was den
Deutschen zur Verfügung steht, doch weil der junge Vater Soldat ist, können sie sich eine
Wohnung leisten. Sogar Klavierunterricht für die ältere der beiden Töchter. Sie ist nicht seine
leibliche Tochter, doch das stört ihn nicht. Er liebt sie genauso, wie er seine leibliche Tochter liebt. Diese ist inzwischen fünf Jahre alt und liebt es mit ihrem Puppenhaus zu spielen.
Doch viel mehr liebt sie es ihrem Vater zuzuhören, wenn er wieder eine seiner Geschichten erzählt.
Sie bewundert ihn. Seine großen grünen Augen und dunklen Haare. Beides hat sie von ihm
geerbt und ist stolz darauf. Und wie Stolz sie ist!
Auch ihre große Schwester liebte sie, trotz der altersbedingten Unterschiede.
Rosemarie ist immerhin acht Jahre älter als die kleine Dorit.
Immer steht sie etwas über ihrer kleinen Schwester.
Besonders als Dorit die Schule besucht, besteht Rosemarie darauf, dass
die Hausaufgaben immer , und vor allem immer Richtig, gemacht werden.
Dorit hasst es, wenn ihre Schwester bei den Hausaufgaben über ihr steht und
über ihre Schulter starrt. Dieser Druck sorgt nur dafür, dass Dorit gar nichts mehr richtig macht und beginnt zu weinen.
Was Dorit aber an ihrer Schwester liebt, ist , dass Rosi sie immer mitnimmt,
wenn sie mit ihren Freunden draußen auf der Straße, oder im Hinterhof spielt.
Einige Jahre später, Dorit ist 18 Jahre alt, ist Rosi schwer verliebt. Ein junger Mann
mit kräftigem, blondem Haar hat ihr Herz erobert.
Sein Name ist Klaus und er ist sehr intelligent. Doch auch Dorit hat sich verliebt.
In Jörg, einen 15 Jährigen jungen Mann, der auf dem Bau arbeitet.
Die Vier unternehmen viel gemeinsam, sie verstehen sich gut.
Nachdem Vier weitere Jahre vergangen sind, heiraten Dorit und Jörg mit der
Erlaubnis Hildegards. Hildegard ist Jörgs Mutter, eine strenge, aber herzliche Frau, die nach dem Tod von Dorits und Rosemaries Mutter die Mutterrolle übernahm .
Zur Hochzeit wächst in Dorit schon ein neues Leben heran. Ein kleines Mädchen.
Den Babybauch sieht man in dem gut geschnittenem Kleid nicht.
Einige Monate vergehen, die Schwangerschaft verläuft gut und Jörg arbeitet hart, um seine kleine Familie versorgen zu können. Er will nicht, dass seine Frau arbeiten gehen muss,
Es ist soweit! Die Geburt der kleinen Tochter steht bevor.
Rosemarie und Klaus, die einige Jahre zuvor Eltern geworden waren, warten vor dem
Kreissaal.
Viele Stunden vergehen bis die kleine Andrea gesund und munter auf die Welt kommt.
Gesund und munter? Nein... Sie hat Gelbsucht, aber das ist eine andere Geschichte.