In der Innenstadt Tenvoras geht in den nächtlichen Nebeln ein mörderischer Schatten um. Die Wachen sind an den Grenzen ihrer Möglichkeiten angekommen und ein wohlhabendes Mitglied des Stadtrates beauftragt einen Joker...
„Was will der Kerl, Mae?“ zischte Trison aufgebracht, sein Blick wanderte zwischen dem gutgekleideten, lebensälteren Fremden mit dem Spazierstock und der Frau, die er als nächtliche Gesellschaft ausgesucht hatte, hin und her. Verwirrung und Wut lagen in seinem Gesicht im Widerstreit, im Moment behielt noch die Verwirrung die Überhand, was sich allerdings schnell ändern konnte, falls die falschen Worte fielen. Noch bevor die Rothaarige antworten konnte, hatte sich seine Hand schon auf ihre Schulter gelegt, die Finger drückten leicht in ihren Körper unter dem wollenen Umhang, noch ohne ihr Schmerzen zu zufügen, aber die Bereitschaft dazu blieb ihr durch das leichte Zittern seiner angespannten Armmuskeln nicht verborgen.
„Ganz ruhig, Trison. Ich kenne den Kerl nicht und er scheint mich ganz offensichtlich zu verwechseln.“ antwortete sie ihm auf seine Frage aus dem Mundwinkel, den Blick weiterhin auf ihr Gegenüber gerichtet, der keine Anstalten machte den Spazierstock zu senken. Ihr Kopf neigte sich nach rechts, so als wolle sie den älteren Mann fragen, wie lange er noch gedachte dieses Spiel zu spielen, bevor er endlich verschwände. Dieser aber blieb gänzlich ungerührt von der Vorstellung der jüngeren Frau und hielt auch weiter die Spitze seines Spazierstockes gegen ihre Brust gedrückt, so dass sich die metallene Spitze, langsam aber sicher, schmerzhaft durch den Druck bemerkbar machen musste. Und somit war die Frau zwischen den beiden Männern festgesetzt und damit der Möglichkeit beraubt sich ohne körperliche Auseinandersetzung entfernen zu können.
„Würden Sie jetzt den Stock wegnehmen? Sie müssen mich verwechseln und ich bin bereits… vergeben. Ihr Arbeitgeber kann sich noch einmal melden, wenn mein derzeitiges Arrangement beendet ist.“ richtete sie nun ihre Worte auf den Fremden, der gerade dabei war den Abend mit seiner sturen Haltung endgültig zu verderben, denn das Trisons Laune konnte sie deutlich an der Verstärkung seines Griffes um ihre Schulter spüren. Ihre rechte Hand hob sich langsam, wie um den Stock beiseite zu schieben, was mit einem wissenden Lächeln und einem Kopfschütteln von dem Störenfried erwidert wurde.
„Ich bin mir sehr sicher zu wissen mit wem ich das Vergnügen habe, Fräulein Graevlin. Aber ob Ihre Begleitung auch weiß, wer sie sind?“ schüttete der grauhaarige Mann, der bisher eine namentliche Vorstellung schuldig geblieben war, noch weiter Öl in das schwelende Feuer von Trisons Zorn. Bereits vor Wut und Anspannung zitternd holte dieser Luft, um nun einen eigenen Beitrag zu dieser mehr als merkwürdigen Unterhaltung zu leisten, als seine weibliche Begleitung der Geduldsfaden riss. Mit einer schnellen Drehung ihres Oberkörper ließ sie den Stock an ihrem Körper entlangschrammen, während ihre rechten Hand mit geballter Faust zu einem hammerartigen Schlag nach unten sauste, an ihrer Hüfte vorbei und genau in Trisons ungeschützten Schritt.
Vollkommen überrascht von diesem Angriff trieb ihm der betäubende Schmerz in seinen Geschlechtsdrüsen die Luft aus den Lungen und wie von selbst klappte sein Oberkörper nach vorne, was die Frau ausnutzte in dem ihre linke Hand sich um den Gehstock des Fremden schloss und dessen Druck durch ihren eigenen Zug verstärkte, so dass die metallverstärkte Spitze gegen Trisons Stirn gerammt wurde. Vollkommen desorientiert taumelte dieser nach hinten, hatte er mit einem Mal die Kontrolle über die Situation und seinen Körper verloren, der kraftlos zusammensacken wollte. Mit vor Überraschung geweiteten Augen sah er noch die Faust seiner vorher so willigen Begleitung auf sein Gesicht zu rasen, bevor die Welt für ihn schwarz wurde und er mit einem dumpfen Krachen auf dem Boden aufschlug. Ohne das geringste Zögern war die Frau auch schon über ihm und legte dem bewusstlosen Mann mit routinierten Bewegungen metallene Handfesseln an, die wie durch Magie in ihren Händen erschienen waren und doch ihren Ursprung in einer kleinen Tasche am Rücken ihrer Korsage hatten. Klickend schloss sich die Verriegelung der Fesseln, nachdem die Frau die Arme des Mannes auf seinen Rücken gedreht und seine Hände so dort fixiert hatte. Schwache Atemgeräusche und ein bereits in der Entstehung befindlicher Bluterguss auf der Stirn des Bewusstlosen zeigten an, dass man sich fürs erste keine Sorgen um sein Befinden machen musste. Wütend funkelte es aus den grünen Augen der rothaarigen Frau als sie sich dem Störenfried zuwandte.
„Was sollte das denn? Mussten Sie mir unbedingt eine Nacht in einem bequemen Bett versauen? Ich hätte nur noch auf sein Zimmer kommen müssen… Verdammt nochmal, Sie Hohlkopf. Jetzt kann ich den Schlaf vergessen.“ fauchte sie aufgebracht und erhob sich schwungvoll aus ihrer knienden Position. Durch die Bewegung bewegten sich auch die Haare, die bisher die linke Seite ihres Gesichtes verborgen hatten, und offenbarten eine lange gezackte Narbe, die von ihrer linken Augenbraue bis hinab zum Kieferknochen verlief, was ihre eine nicht zu unterschätzende furchteinflößende Wirkung in ihrer Wut gab. Mit einem Tritt ihres linken Fußes rollte sie den Bewusstlosen herum und blickte bereits grimmig in Richtung der Rezeption, wo sich der dortige Angestellte langsam in Bewegung setzte, denn diese Szene hatte einfach zu viel Aufmerksamkeit erregt.
„Also sind Sie doch Frau Sindora Graevlin? Mein Auftraggeber besteht darauf, dass Sie sich so schnell wie möglich mit ihm treffen, Frau Graevlin. Wenn Sie mich also begleiten würden…“ erwiderte der grauhaarige Mann ungerührt auf ihre Worte, auch wenn er das erschrockene Weiten seiner Augen beim Anblick der Narbe nicht hatte verbergen können, war eine solche Verletzung bei einer Frau doch ein seltsamer Anblick umso erschreckender, wenn die übrige Erscheinung so wohlgefällig wie bei Sindora war. Diese wusste allerdings nur zu gut, wie die Enthüllung der Entstellung auf die meisten Wesen wirkte und nutze den kurzen Augenblick der Überraschung, um sich direkt vor dem Fremden aufzubauen und ihm direkt in die Augen zu blicken.
„Erstens, der Drecksack kommt mit und damit ich ihn bei der Wache abgeben kann. Das Geld lasse ich mir nicht entgehen. Zweitens, Sie spucken besser einen Namen aus, sonst wird Ihnen Trisons Zustand wie die wohlige Ruhe des Erhabenen vorkommen. Verstanden?“ knurrte sie ihren Gegenüber an und unterstrich ihre Worte mit dem Stoß ihres Zeigefingers gegen die wohlgekleidete Brust des Mannes, der nicht umhin kam ob dieser Behandlung und Bedrängnis schwer schlucken zu müssen. Beinahe schon automatisch erfolgte dann auch das Nicken des Mannes, der keine andere Möglichkeit sah die aufgebrachte und ganz offensichtlich gefährliche Frau zu beruhigen.
„Gibt es ein Problem, meine Herrschaften? Ein Bote ist bereits zur nächsten Wache unterwegs, wenn Sie bitte warten würden, bis diese hier eintrifft?“ wurde die weitere Unterhaltung Sindoras und des Unbekannte unterbrochen, als sich der Bedienstete des Hotels einzumischen gedachte. Und leider war er auch nicht alleine, sondern hatte sich Unterstützung in Form zweier muskelbepackter Gesellen mitgebracht, die wohl für die Arbeiten im Lebensmittellager und als „Mädchen für alles“ bezahlt wurden. Mit verkniffenem Mund blickte Sindora zum Auslöser all dieser Unannehmlichkeiten und seufzte frustriert auf.
„Schon gut. Wir werden warten.“ antwortete sie mit unterdrücktem Zorn und voller Resignation, wobei sie ihrem Gegenüber noch einmal den Finger gegen die Brust rammte, so dass dieser für einen Wimpernschlag ins Wanken geriet. „Und während wir warten, werden Sie mir die Zeit vertreiben… andernfalls… vertreibe ich mir die Zeit mit Ihnen.“ fuhr sie an den Auslöser der jüngsten Ereignisse gewandt fort und versetze dem langsam erwachenden Trison einen Tritt mit ihrem Stiefelabsatz gegen den Kiefer, was dem gefesselten Mann ein weiteres Mal ein Stöhnen entrang und erneut das Bewusstsein raubte. Mit einem nervösen Nicken lenkte der ältere Herr im feinen Anzug ein, wobei er unruhig seinen Anzug durch einen Ruck glättete und mit den Finger über den Knauf seinen Stockes strich, was ihn ein wenig zu beruhigen schien und dann mit seiner Erklärung begann.
„Frau Graevlin, Ihnen eilt ein gewisser Ruf voraus. Obwohl sie, meinen Quellen nach, zwar einen herausragenden Ruf als Kopfgeldjägerin haben, so haben sie dennoch auch einige Erfahrung mit, nennen wir es, außergewöhnlichen Phänomenen. Angeblich haben sie bereits mehrere Male blutsaugende Parasiten, Gestaltwandler und dämonische Erscheinungen bekämpft, was von einigen Magistern des Bewahrer-Zirkels vehement angezweifelt wird, da deren Mitglieder und Zunftbrüder für gewöhnlich diese Aufgaben übernehmen und nicht verstehen, wie sie ohne magisches Talent diese Taten zu Wege gebracht haben sollen. Und dennoch beharren die Quellen meines Arbeitgebers darauf, dass Sie, Frau Graevlin, diese Taten vollbracht haben und damit erreichten was nur wenigen Nicht-Magiern möglich ist.“ begann der Mann seine Erzählung, ein Ton der Missbilligung schwang in der wohl modulierten Stimme mit, was den vorgespielten Eindruck der Neutralität und Ruhe verdarb. Sindora hörte schweigend zu und zeigte keinerlei Regung bei der Erwähnung der Zweifel an ihren Tagen, als wäre der Glauben anderer an ihre Fähigkeiten vollkommen unwichtig. Das unverdeckte grüne Auge blieb fest auf den Erzählenden gerichtet und mit einer ungeduldigen Drehung der rechten Hand forderte sie ihn auf weiter zu erzählen.
„Frau Graevlin, mehr werde ich Ihnen nicht erzählen. Mein Auftraggeber will Sie selbst über den Auftrag aufklären, ich bin in diesem Fall nur ein einfacher Bote, der Ihnen diese Nachricht überbringt und Sie begleiten soll. Und wie Sie sicher schon bemerkt haben, ist mein Arbeitgeber sehr eigen in Bezug auf die Behandlung seiner Anliegen. Mein Name ist Marlcom Nivides und mehr an Namen werden Sie nicht vernehmen, bis Sie sich mir angeschlossen haben.“ Die letzten Worte unterstrich Marlcom mit einem Schürzen der Lippen und einem entschiedenen Schütteln des Kopfes, wobei er fest in das funkelnde grüne Auge Sindoras blickte, die sich immer noch keine Gemütsregung anmerken ließ.
Wortlos musterte sie den Mann, der durch seine Einmischung in ihre Angelegenheiten beinahe einen lang geplanten Fang zunichte gemacht hätte, und setzte sich dann auf die gepolsterte Bank im Eingangsbereich, die dazu gedacht war wartenden Gästen des Hauses die Wartezeit angenehmer zu gestalten. Mit übergeschlagenen Beinen saß sie entspannt auf dem samtigen Polster und betrachtete Marlcom aufmerksam, der sich sichtlich unwohl zu fühlen begann, auch weil Sindora ihm praktisch die einzige Möglichkeit verwehrte sich selbst zu setzen, wollte er sie nicht bitten Platz nehmen zu dürfen. Dieser Umstand schien der rothaarigen Frau durchaus bewusst zu sein, sie wandte offenbar mit ihrem Verhalten die Gepflogenheiten und Manieren des Mannes gegen ihn selbst. Seine kaum verhohlene Ablehnung ihrer Person war für Sindora einfach zu köstlich gewesen, um ihn nun während der Wartezeit, die ja auch sein Verdienst war, ein wenig dafür leiden zu lassen. Eine hochgezogene Augenbraue und die Andeutung eines gehässigen Lächelns waren die einzige Regung, die sie dem Blick ihres Gegenübers entgegenbrachte, womit sie Marlcom auch spüren lassen wollte, dass sie genau wusste, was sie tat. Die folgende Reaktion des älteren Mannes fiel dann wie von der Kopfgeldjägerin erwartet aus und bestätigte die Einschätzung seiner Person, Marlcom gehörte zu der Sorte Mann die sich wohl eine Dame für gewisse Stunden mieten mochte, aber eine solche niemals um einen Gefallen bitten würden, selbst wenn es zu ihrem eigenen Schaden war. Und das er sie für nicht weniger abstoßend als eine Dirne hielt, nun dies war deutlich genug in seinem Tonfall und seiner Körpersprache zu Tage getreten. Da er sich nun mit steifem Rücken an eine Wand lehnte und dabei seinen Gehstock als Entlastungsmöglichkeit nutzte bestätigte und vervollkommnete ihren Eindruck zu seiner Person. Denn seine Versuche immer wieder das rechte Bein zu entlasten, womit der Gehstock mehr als nur einen affektierten Ziergegenstand darstellte, und die zeitgleichen Blicke voller unterdrücktem Zorn, waren nur ein geringer Ausgleich für die Unannehmlichkeiten die er Sindora bereitete. Dabei war sich die Kopfgeldjägerin bewusst, dass dies eine kleinliche Rache war und doch der beste Kompromiss, um das lodernde Verlangen nach Vergeltung in ihrem Inneren zu besänftigen.
Die Hotelangestellten beobachteten das Geschehen ungerührt und mit ein wenig Abstand, aber immer darauf achtend, dass sich niemand entfernen konnte. Bei dem recht einseitigen Wortwechsel und den anschließenden subtilen Spielerein hätte man leicht den Eindruck gewinnen können, dass die Frau namens Sindora das Interesse an dem gefesselten Mann auf dem Boden verloren hätte, doch immer wieder wanderte ihr Blick zu dem Bewusstlosen und verweilte lang genug, um den Gesundheitszustand und den Grad seiner Bewusstlosigkeit abschätzen zu können. Bei einer genauen Betrachtung der Situation offenbarte dies wieder eine sehr pragmatische Vorgehensweise, denn da die Angestellten keinen der drei bis zum Eintreffen der Wache einfach ziehen lassen würden, konnte sie sich zurücknehmen und die Bewachung den anderen überlassen, während sie sich selbst auf wichtigere Dinge konzentrieren konnte. Wie etwa darauf, wer dieser geheimnisvolle Auftraggeber war und warum er diesen doch befremdlichen Weg gewählt hatte mit ihr in Kontakt zu treten. Und dazu kam noch die Frage, woher dieser Mann die Informationen hatte, die kaum allgemein zugänglich waren. Während diese Gedanken in ihrem Kopf zu kreisen begannen, berührte sie unbewusst das schmale messingfarbene Kettenarmband an ihrem rechten Handgelenk, doch kaum wurde sie sich dieser Bewegung bewusst, da zuckte sie zurück, als hätte sie sich an dem Schmuckstück verbrannt.
Das leise Ticken der großen Standuhr hinter der Rezeption, ein neumodisches Artefakt der neuesten Technik und gleichzeitig Ausdruck für die Stellung dieses aufstrebendes Hauses, schien das Verstreichen der Zeit nicht zu beschleunigen, sondern jede Subarn durch die deutlich wahrnehmbare Unterteilung noch weiter in die Länge zu ziehen. Unruhig wippte Sindora mit dem übergeschlagenen Fuß, wobei ihr gelangweilter Gesichtsausdruck über die steigende Spannung in ihrem Inneren hinweg täuschte. Denn je mehr sie über das Anliegen von Marlcoms Arbeitgeber nachdachte, desto mehr gelangte sie zu dem Schluss, dass sie den Auftrag wohl nicht würde ablehnen können und damit ihre eigenen Ziele fürs Erste nicht weiterverfolgen konnte. Und gerade letzteres war gerade durch den Zugriff auf Trisons Kopfgeld, der immer noch bewusstlos auf dem Boden lag, in greifbarere Nähe gerückt, zumindest der leichte Teil. Wieder richtete sich der Blick des unverhüllten grünen Auges auf Marlcom, dessen Gesicht inzwischen immer wieder kleine Anzeichen von Schmerzen verriet. Gerade öffneten sich ihre betont rot geschminkten Lippen, um ihrem lange unterdrückten Spott mit Worten Ausdruck zu verleihen, als sich die Eingangstür der Herberge öffnete und einige mit Schlagstöcken bewaffnete Wächter, deren messingbeschlagene Helme im Licht der Gaslampen funkelten, das Gebäude betraten und sich sofort um ihren Anführer herum verteilten und dabei den Gesten des Rezeptionisten folgten, der auf Marlcom, Trison und natürlich auch Sindora deutete.
Wie jede Person, die am Rande der Legalität arbeitete, hatte sich Sindora augenblicklich beim Erscheinen der Wachen aufgerichtet und bereits in Erwartung von Schwierigkeiten angespannt, doch noch bevor die beiden Wächter sie erreicht hatten, um sie für eine Befragung in Gewahrsam zu nehmen, war Marlcom auch schon auf den Anführer, einen Corporal den Rangabzeichen nach, zugetreten, wobei er ein gesigeltes Dokument aus der Brusttasche des Anzuges zog.
„Corporal, ich bin Bevollmächtigter des Stadtrates. Diese „Person“ wird für Angelegenheiten des Rates benötigt, daher würde ich vorschlagen, Sie inhaftieren diesen gesuchten Verbrecher, der glücklicherweise von Frau Graevlin unschädlich gemacht werden konnte, und bereiten das Kopfgeld für die Auszahlung. Selbstverständlich werden Sie mich und Frau Graevlin nicht weiter behelligen.“ erklang die Stimme des älteren Herrn im Vorraum des Hotels, die an zweierlei Dingen keinerlei Zweifel ließ. Erstens war er den Umgang mit der Wache gewohnt und war sich sicher, dass er jeglichen Widerstand beiseite räumen konnte und zweitens, machte er immer weniger einen Hehl daraus, dass er keinerlei Sympathien für Sindora hegte, die mit zusammengepressten Lippen den Worten lauschen musste.
Mit Falten der Irritation auf der Stirn musterte der Corporal das amtlich wirkende Schreiben, sein Mund bewegte sich leicht als er die Zeilen las. Mehrere Male musste er neu ansetzen bis er resignierend abwinkte und seine Männer zurückrief. Zwei Wächter hoben den bewusstlosen Trison vom Boden und nahmen diesen zwischen sich, während die anderen beiden Männer bereits wieder das Hotel verließen.
„Einen guten Morgen dann, die Herrschaften. Das Geld wird dann in ein paar Tagen in der Zentralwache zur Abholung bereitstehen… sobald die Identität des Mannes bestätigt wurde.“ Eine knappe Verbeugung folgte diesen Worten, bevor die Mitglieder der städtischen Wache auch schon wieder verschwanden. Sindora straffte ihre Haltung und erhob sich langsam von der Bank, ihren Blick fest auf Marlcom gerichtet.
„Ich will für Sie hoffen, dass niemand versucht mich zum Narren zu halten… oder mir meinen Lohn streitig macht…. Und jetzt bringen wir das Treffen mit Ihrem Arbeitgeber hinter uns, Herr Nivides, bevor ich ernstlich ungehalten werde.“ Ihre Worte waren erfüllt von unterschwelliger Aggression und auch einem gewissen Maß an Spott, was allerdings keinerlei Wirkung auf den Angesprochenen hatte, der einfach auf den Ausgang zu hielt und das Gebäude verließ, allerdings ohne die Tür für die Kopfgeldjägerin aufzuhalten. Ein belustigtes Grinsen erschien auf den Lippen der rothaarigen Frau, die den Mann zwar nicht unbedingt verstehen und sein Verhalten gutheißen konnte, aber immerhin seine geradlinige Haltung zu würdigen wusste.
Draußen war eine dieser neumodischen, dampfgetriebenen Kutschen ohne Pferde vorgefahren, was einen leisen, überraschten Pfiff über Sindoras Lippen kommen ließ. Nun hatte es dieser Marlcom doch noch geschafft sie zu überraschen und ganz deutlich war nun zu erkennen, dass dieser geheimnisvolle Auftraggeber über weitaus größere Mittel verfügte, als sie bisher angenommen hatte.
„Frau Graevlin. Wenn Sie bitte kommen würden… Der neue Tag ist schon angebrochen und ich will meinen Arbeitgeber nicht noch länger warten lassen.“ Der bereits im Passagierabteil des Fahrzeugs sitzende Marlcom machte sich ungeduldig bemerkbar, bevor Sindora ihre Gedankengänge vertiefen konnte. Mit betont langsamen und aufreizenden Bewegungen stieg sie in das Gefährt, welches augenblicklich zischend und rasselnd losfuhr, als die Tür des Passagierabteils geschlossen wurde. Die Fahrt durch den sich allmählich lichtenden Nebel gestaltete sich etwas weniger angenehm, als die Fahrt in einer Droschke, was aber durch eine spürbar höhere Geschwindigkeit wettgemacht wurde. Marlcom hüllte sich seit der Abfahrt und Sindora tat es ihm gleich.
Chimera Re: Erneut ein sehr interessantes Kapitel, - Zitat: (Original von Fianna am 20.01.2012 - 16:50 Uhr) das mich abermals neugierig auf eine Fortsetzung macht. Wirklich spannend geschrieben. Liebe Grüße Fianna Danke dir für deine Zeit zu lesen und zu kommentieren. Im Moment ruht diese Geschichte, bis ich das nächste Kapitel von "Ein Funke Finsternis" fertig gestellt habe. Aber dann geht es auch weiter ;-) Liebe Grüße Chimera |