hier gehts weiter
Vanessa stand vor den beiden wie ein Unschuldslamm und sah besorgt zu Sandra.
Sie war eine gute Schauspielerin, tat so als würde sie sich um Evas beste Freundin sorgen
machen, obwohl sie die beiden noch nie
ausstehen konnte.
Eva wusste dass an dem Unfall nur eine verantwortlich sein konnte. Und zwar sie.
Vanessa wollte beide daran hindern, dass sie zum Casting gehen würden:
"Du spinnst wohl Vanessa!", schrie sie plötzlich ohne nachzudenken.
"Du hast Sandra die Treppen hinunter geschuppst! Weil du jetzt eifersüchtig bist!".
Sie stand ungläubig da und meinte: "Wieso ich? Nur weil ich gerade zufällig da unten stand? Das ist doch nicht dein Ernst?".
Sandra und Eva sahen sie böse an:"Oh doch! Und wie das mein Ernst ist! Du konntest dich schon von anfangen nicht damit abfinden, dass wir ausgewählt worden sind! Und außerdem hast du uns gedroht. Oder weißt du das nicht mehr, was du vorhin in der Pause gesagt hast?".
Langsam wurde Vanessa wütend. Wie konnten die Zwei nur sie verdächtigen. Nur weil sie ihnen gedroht hatte. Aber auch nur, weil sie in dem Moment sinksauer und traurig war, dachte sie.
"Aha, und nur weil ich euch gedroht und gesagt habe, dass ich euch hasse muss ich gleich Sandra die Treppen runter gestoßen haben?".
Allmählich hatte Sandra sich von dem Schreck erholt und konnte auch wieder sprechen ohne zu stottern vor Angst und der noch immer sitzenden Panik.
"Du hast doch gesagt du könntest uns umbringen. Wir haben es genau gehört wie du es leise geflüstert hast, als du im Pausenhof abgezischt bist!"
"Ich habe überhaupt nichts gesagt. Wieso sind immer alle gegen mich? Ich verstehe das nicht!", japste sie nun.
Dicke Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln und immer wieder wischte sie diese unsanft weg.
Ohne noch irgendein Wort zu sagen, drehte sie sich um und rannte in Richtung Klassenzimmer. Auf die anderen Schüler die dieses Streit aufmerksam beobachtet hatten setzten sich wieder in Bewegung und stapften in die Klassenräume.
Sandra und Eva sahen sich erstaunt an, noch nie hatten sie diese blöde Tussi weinen sehen, aber heute heulte sie wie ein Schlosshündchen. Und dass, das allererste mal. Anscheinend hatte sie doch Gefühle. Beide waren immer der Meinung, sie wäre aus Stein, so herzlos wie sie immer mit allen
umging.
"Schau mal, jetzt heult sie, diese Heulsuse. Haha geschieht ihr recht! Eigentlich hätte ich eher einen Grund zum heulen", flötete Evas Freundin. Sie half inzwischen ihr wieder auf die Beine und langsam die Stufen hoch.
Sandra hatte sich anscheinend auch noch ihr Bein verletzt, denn sie humpelte die Stufen hoch. Ob wir heute wohl noch in der Klasse ankommen?, fragte sich Eva.
Vanessa saß bereits im Klassenraum und funkelte böse zu den beiden rüber:"Ihr seid so dumm, ehrlich! So etwas blödes und Eingebildetes habe ich noch nie erlebt", giftete sie.
"Weißt du was", fing Sandra an:"Lieber eingebildet und dumm, als eifersüchtig, falsch und hinterhältig".
"Genau! Wenigstens würden wir niemanden aus Eifersucht verletzen! Siehst du den Arm von Ihr? Richtig blau und grün. Und dann noch ihr Bein! Das sieht auch nicht besser aus.
Kannst du mir bitte einmal sagen wie sie so das Casting heute schaffen soll?", zeterte sie wutschnaubend.
" Tja selber schuld, wenn man zu dämlich zum Laufen ist! Sucht euch doch einfach einen Ersatz", schlug Vanessa vor.
"Ersatz? Tolle Idee! Du weist das Frau Müller nicht die besten der Klasse ausgesucht hat. Weder ihre Lieblinge noch sonst was! Es wurde gerecht ausgelost. Und wir wurden halt gezogen!
Was können wir denn dafür? Es war Zufall!", zischte Eva.
"Trotzdem, ich wäre sicherlich besser dafür geeignet gewesen als ihr!", brüllte sie mit aller Kraft. Und ihr lautes Geschrei machte dann auch noch ein Lehrer aufmerksam, der mit den anderen Klassenkameraden vor der Klassenzimmertüre über Mathematik sprach.
"Na na! Was ist denn hier für eine Stimmung? Bitte kein Streit anfangen", befahl Herr Krüger, der das laute Gebrüll das unüberhörbar war mitbekam.
"Aber wir streiten doch gar nicht, sondern diskutieren", sprühte Vanessa ziemlich ärgerlich.
"Herr Krüger, wir können nichts dafür. Diese blöde Kuh nervt uns total! und seit dem wir
für das Casting ausgesucht worden sind,
nervt sie noch mehr!", erklärte Sandra.
"Das ist gelogen! Das stimmt doch überhaupt nicht", entgegnete Vanessa mit verzweifelnden Gesichtszügen.
Sandra zog ihre flauschig warme Jacke aus und schob ihren zu langen Ärmel nach oben. Dann hielt sie dem Lehrer den Arm hin und zeigte ihre Verletzung:"Das ist passiert, als sie mich die Treppen runter gekickt hat!".
Inzwischen färbte sich der rötliche Fleck in ein dunkles Blau und Lila.
"Und mein Bei hat auch was abbekommen, der sieht wahrscheinlich auch schon so aus. Das tut höllisch weh", jammerte sie.
Herr Krügers Blick wanderte erst zu Eva und Sandra, und dann zu Vanessa. Er kannte sie sehr gut und wusste was sie für ein Biest sein konnte.
"Vanessa, wenn du nicht aufhörst die Schüler zu tyrannisieren, dann bring ich dich höchstpersönlich zum Direktor und bekommst von mir einen Verweis. Außerdem werde ich deine Eltern darüber informieren. Weil jetzt reicht es mir endgültig!", ermahnte er mit einem finsteren Blick. Wieder kullerten dieser Ziege dicke runde Tränen über die heißen Backen.
"Aber ich schwöre es Ihnen, ich habe wirklich nichts gemacht!", wiederholte Vanessa während sie in ihrer Schultasche nach einem Tempo suchte.
Es war genau Zehn Uhr und die Schulglocke schellte laut auf. Alle Schüler strömten in die Klasse und schnatterten fröhlich miteinander.
Sie setzten sich fragend an ihre Plätze und schauten zu Vanessa, die immer noch heulte.
"Was ist denn mit der los?", wollte Alex wissen. Sandra drehte sich zu ihm und flüsterte:"Sie hat Anschiss bekommen, von Herrn Krüger! Zurecht, denn dass was sie vorhin gemacht hat war ja ein starkes Stück.
Mir tut echt alles weh", antwortete sie ihm.
Wütend drehte er sich in Vanessas Richtung und war ihr einen abwerfenden Blick zu und drohte:"Wenn du Eva und Sandra nicht in Ruhe lässt, dann kannst du aber was erleben! Hör endlich auch sie aus Eifersucht zu nerven und ihnen weh zu tun!".
Sie schaute nur verbissen, aber sagte nichts darauf.