Marc Hartkamp
Monat 13
Als Marc erwachte sah er sich nackt, die Gliedmaßen fest verschnallt, auf einer Bahre liegend. Das pompöse Bett, seine Spielwiese, war verschwunden. Ebenso sämtliches andere Mobiliar des Zimmers. Wo sich sonst die Wände befanden quoll eine wabernde, schwarze Masse gleich dichtem Nebel, der den Raum nun grenzenlos erscheinen ließ. Marc glaubte vage Bewegungen darin wahrzunehmen, welche diesen Schwaden ein beunruhigendes Eigenleben verlieh. Bei jeder, wenn auch ungewollten, Bewegung seines Körpers zogen sich diese pulsierenden, schleimigen Gurte enger um Arme und Beine. Diese schienen eigenwillig zu Handeln. Sie bestanden aus einer fleischigen Substanz um die sich ein Geflecht aus pochenden, blauen Adern schlang.
„Was soll diese kranke Scheiße! Befreit mich sofort von dieser beschissenen Liege!“ Seine Klage blieb ungehört.
Marc drückte und zerrte mit Armen und Beinen gegen die Riemen, die sich sofort unerträglich eng zusammenzogen. Zusätzlich schnellten etliche Schlingen unter der Bahre empor die seine Glieder nun völlig bewegungslos fixierten. Am Kopfende legte sich ein breiter Gürtel dieser ekelerregenden Gebilde quer über seine Stirn und presste den Kopf gegen die Liege. Hilflos und unfähig sich zu rühren, kugelten seine Augen nervös in den Höhlen herum und blickten sich im Raum um. Einige Gestalten zeigten sich nun im Dunst aus der Richtung zu seinen Füßen. Eine trat aus dem Nebel hervor und schritt träge an das Gefängnis heran. Vor ihm erschien der nackte, mit Schnitten und Wundmalen übersäte Körper einer jungen Frau. Ihre milchig, trüben Augen fokussierten Marc auf der Bahre. Schließlich begannen ihre blauen, rissigen Lippen zu zucken und formten ein Wort, welches kehlig im Raum widerhallte. „ Bereue!“
Blitzartig schoss die Erinnerung in seine Gedanken. Er kannte dieses Mädchen; schließlich trug er doch die Schuld an ihrem Tod. Er versuchte die Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen, jedoch bohrten sie sich schmerzhaft in seinen Sinn und zerrten die grausigen Darstellungen seiner Tat hervor. In einem Zeitraffer blitzten sie nun vor seinem geistigen Auge: Seine Spielwiese, der wunderschöne, nackte Körper des Mädchens darauf, hemmungsloser, tabuloser Sex und schließlich seine Hände an ihrer Kehle, die erbarmungslos zudrückten. Dann die unzähligen Schnitte der Klinge in seiner Hand, die diesen perfekten Leib zerstörten. Konfrontiert mit diesem abartigen Szenario begann Marc zu schreien: „ Ich habe genug gesehen! Hör auf! Hör bitte auf!“
Etliche entstellte Frauenkörper gesellten sich nun, aus dem Dunkel taumelnd, zu der mahnenden Erscheinung vor ihm, die nun schallend zu ihm sprach: „ Dies ist dein abscheuliches Werk! Sieh uns an! Zwölf Leben in zwölf Monaten hast du genommen! Zwölf Körper hast du zerstört! Doch im dreizehnten Monat wirst du büßen! Dreißig Tage der Qual stehen dir bevor. Dreißig Tage, deine Taten zu bereuen. Der Tod wäre keine Strafe für dich! Willkommen im Monat dreizehn!“
Die Fesseln lösten sich kurzzeitig und die Liege veränderte schlagartig ihre Form. Marc wurde in eine sitzende Haltung gerissen, die lebenden Riemen schlangen sich erneut um Glieder und Kopf. Die geschändeten Körper umringten nun den Stuhl. Eine der Frauen schob einen Tisch heran, auf dem zahllose Klingen, Haken und Chirurgensägen verschiedenster Formen lagen. Ihre kalten, leblosen Augen blickten auf ihn herab, während sie sich der Folterinstrumente bedienten. Marc spürte wie sich seine Blase entleerte. „Nein, bitte! Ich bereue! Ja, ich bereue, bei Gott!“, begann er zu wimmern.
„Dies ist noch keine Reue! Glaube mir, Gott hat dich längst verlassen!“
Klingen, Haken und Sägen attackierten seinen wehrlosen Körper. Sie schnitten, sägten und bohrten sich in seine Haut und das darunterliegende Fleisch. Die kalten Hände schnitten, zerrten und schälten, unaufhaltsam und gewissenlos. Seine Schreie hallten grell, jedoch unbeachtet, in dieser Folterkammer wider. Ein nie gekannter, unerträglicher Schmerz durchfuhr seine Nerven. Der Ohnmacht nahe, bettelte er in Gedanken um Erlösung doch Etwas hielt ihn, dieser Grenze der Unempfindlichkeit, mit Gewalt fern. Es ließ ihn jedoch kurzzeitig in die wohltuende Welt der Gefühllosigkeit hinab, um seine Empfindung dann zurück in die unerbittliche Realität des Schmerzes zu reißen. Er sollte fühlen und bereuen, im Monat 13.
Als Marc erwachte, sah er sich nackt, die Gliedmaßen fest verschnallt, auf einer Bahre liegend….
Your suffering will be legendary, even in Hell! - Pinhead