Fantasy & Horror
Schnitte

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"Schnitte"
Veröffentlicht am 24. Dezember 2011, 10 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Marc_Hartkamp@twitter.com
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Marc Hartkamp

 

Schnitte

 

 

Marc’s Verhalten zeigte sich in zunehmendem Maße auffällig. Er versuchte sich bisher so normal wie nur irgend möglich zu verhalten, um sein Geheimnis zu wahren. Jedoch geschah es seit einiger Zeit auch an öffentlichen Orten, an denen er sich befand, wie zum Beispiel bei Bekannten und Freunden, oder wie neulich bei seinen Eltern während des Essens. Er schnitt gerade mit einem Steakmesser in das saftige Fleisch, als sich eine Stimme schmerzhaft  in seine Gedanken bohrte. „ Lass es bluten!“ Verwirrt blickte er auf den Teller vor ihm. Das Messer hatte sich tief in den  Handballen seiner linken Hand  gesägt. Vergeblich versuchte Marc die rechte Hand vom Griff des Messers zu lösen, doch diese versagte ihm den Dienst und schnitt beharrlich tiefer in sein Fleisch. Hilflos blickte er sich um. Keiner der Beteiligten hatte bisher etwas bemerkt. Die Klinge sägte erbarmungslos weiter und teilte das Fleisch des Ballens, bis sie schließlich den Knochen erreichte. Marc spürte keinen Schmerz. Hastig sprang er auf und schrie: „ Hör auf damit verdammt!“ Er stand verwirrt, mit dem blutigen Messer in der rechten Hand und einer klaffenden Wunde an der linken, vor seinen Eltern. Blut tropfte auf den Teller vor ihm und vermischte sich mit dem des medium gebratenen Steaks.

Seit dem mied er strikt die Öffentlichkeit, verließ seine Wohnung lediglich um dringende Einkäufe zu tätigen, die Wunden notdürftig verbunden, und vermummt in weiten Kleidern um seine Wundmale zu verbergen.

Rasierklingen samt Rasierer wurden aus der Wohnung entfernt, und durch einen Elektrischen Apparat ersetzt. Vor einigen Tagen, beim rasieren, fuhr seine rechte Hand so unkontrollierbar oft über seine linke Wange, bis die Klinge schließlich einen enormen Hautlappen von seinem Gesicht schälte. In seinen Gedanken vernahm er  höhnisches Gelächter verschiedenster Klangarten. Er entkam der Situation glücklicherweise indem er seinen Kopf mit der Hand voran gegen die Wand schlug, und der Rasierer zu Boden fiel. Den herunterhängenden Hautlappen, pappte er notdürftig über die schmerzlose Stelle und klebte mehrere Pflaster quer darüber.

Sämtliches Essbesteck verbannte Marc ebenfalls aus seinem Heim. Zu allererst die Messer. Er gewöhnte sich an sein Essen lediglich mit einer Gabel zu verzehren, bis er irgendwann, gedankenverloren in einer Fernsehsendung, die Selbe tief in seinem  linken Unterarm steckend vorfand. So fanden auch schließlich alle Gabeln ihren Weg in einen Karton, welchen er in den Keller verbannte.

Scheinbar hatte er ihnen nun alle Möglichkeiten genommen ihn zu verletzten. Die Frage woher diese Stimmen in seinem Kopf kamen und was sie mit ihren Verletzungen bezweckten, stellte sich ihm schon lange nicht mehr. Lediglich der hilflose Versuch sich davor zu schützen trieb ihn noch an. Jedoch tönten die Stimmen in seinen Gedanken stetig drängender und schmerzender:“ Lass es bluten! Let it bleed! Laat het bloeden!“ Er drückte beide Hände gegen die Schläfen, in dem Glauben, so diesen unerträglichen Druck zu mildern. Ein promptes Taubheitsgefühl in den Händen ließ ihn jedoch erneut die Kontrolle verlieren. Die Fingernägel gruben sich tief in die Wangen und kratzen unaufhaltsam Richtung Hals herab. Blut quoll aus den Rissen und tropfte zu Boden. Schreiend und fluchend suchte er nach einem Ausweg aus dieser bedrohlichen Situation. Er schrie nicht des Schmerzes wegen. Die Attacken verliefen stets schmerzlos jedoch extrem zerstörend und blutig. Wieder rannte er mit den Händen voran gegen die Wände. Er vernahm das knackende Geräusch brechender Knochen. Endlich ließen die Pranken von ihm ab. Hautfetzen hingen an den blutigen Fingerkuppen herab. Verzweifelt suchte er im Badezimmer nach der Nagelschere um  sich seinen viel zu langen Fingernägeln zu entledigen. Nach einigem Suchen fand er sie schließlich und versuchte den verkrümmten Daumen und Zeigefinger der rechten Hand durch die Ohren der Schere zu zwängen. Dies gelang nach einigen Versuchen. Er setzte an und stutzte sich den Nagel des linken Daumens erfolgreich. Ein ungewollter Blick in den Wandspiegel ließ ihn erschauern. Fetzen rohen Fleisches und Hautlappen baumelten an seinen Wangen herab, die fast bis zu den Schultern reichten. Ein lähmender Druck in seiner rechten Hand ließ Marc herabblicken. Einige Fingerkuppen der linken Hand waren bereits komplett abgetrennt und lagen in einer Blutlache am Boden. Die Schere schnitt sich gerade in die Kuppe des kleinen Fingers und knipste sie schließlich, nach einigem Wiederstand der Haut ab. Die Macht über seine Hand mochte er verloren haben, jedoch nicht die seines Armes. Kraftvoll ausholend wirbelte er den Arm herum und schlug die Hand auf das Waschbecken. Die Klaue verbog sich mit einem knackenden Geräusch grotesk am Gelenk ab, und das Schneidwerkzeug flog in eine Ecke des Raumes.

Kraftlos und dem Wahnsinn nahe sank Marc auf die Knie nieder, lachte und schrie: „ Die Nagelschere! Natürlich, ich habe die Nagelschere übersehen!“ Er hielt sich die Hände instinktiv vor sein Gesicht zerrte sie jedoch erschrocken, in einer bösen Vorahnung, zurück.

In einem Delirium aus Angst und nahendem Wahnsinn, schleppte er sich in das Wohnzimmer, öffnete mit der verstümmelten linken Hand die Tür der Schrank-Bar, griff sich die Flasche Whiskey, öffnete den Verschluss mit seinen Zähnen und spuckte ihn fort. Brennend rann die Flüssigkeit seinen Schlund hinab und zeigte schon nach einigen Minuten seine beruhigende Wirkung. Starr blickte er in die kleine, beleuchtete Spiegelwand  der Bar, sah hinter den Flaschen sein zerfetztes Gesicht, setzte die Flasche erneut an seinen Mund und leerte sie in einem Zug. Entschlossen und gierig schluckte er, mit zitternder Hand, so viel er nur aufnehmen konnte. Lediglich einige Tropfen rannen seine Mundwinkel hinab. Danach schmetterte er das Glasgefäß mit aller übrigen Kraft, auf die malträtierte Reflektion seines Gesichtes, in den Spiegel der Bar. Glasscherben, vermischt mit Flüssigkeit, stoben explosionsartig zu allen Seiten des Raumes und bildeten ein Meer aus Scherben und Hochprozentigem zu seinen Füßen. Der maßlose Alkoholkonsum zeigte nun schlagartig seine Wirkung auf den geschwächten Körper. Sein willenloser Leib schlug auf die Knie und viel dann rücklings in die Splitter am Boden.

Beide Arme lagen, vom Torso abgespreizt, am Boden. Die Hände begannen zu zucken und krochen, einer Spinne gleich, über den Grund. Sie griffen sich jeweils, zwischen Daumen und Zeigefinger, eine große Glasscherbe und kletterten mühsam, das Gewicht der Arme schleppend, den reaktionslosen Körper hinauf. Sie erlangten nach einiger Zeit ihr Endziel.

In einem Rausch aus Betäubung und völliger Gleichgültigkeit glaubte Marc Bewegungen auf seinem Gesicht und Hals wahrzunehmen. Flüsternde Stimmen erklangen hallend in seinen Gedanken:“ Lass es Bluten!“

 

 

Blutbücher sind wir Leiber alle; wo man uns aufschlägt: lesbar rot.- Clive Barker

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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