Sie liebten sich beide, doch keiner Wollt es dem andern gestehn; Sie sahen sich an so feindlich, Und wollten vor Liebe vergehn. Sie trennten sich endlich und sahn sich Nur noch zuweilen im Traum; Sie waren längst gestorben, Und wußten es selber kaum. [Heinrich Heine]
Alexej saß wie jeden Abend auf seinem Bett und weinte.
Er hielt wieder die Briefe in der Hand, hatte sie sich zig Mal durchgelesen. Er wusste nicht, von wem sie stammten, wer überhaupt genug über ihre Beziehung gewusst hatte, um ihm nun so etwas zu schreiben.
Aber wer würde so etwas tun, wer würde ständig diese verdammten Briefe schreiben und ihn so ständig an seine Lilly erinnern?
Schon wenn er nur in sein Zimmer ging und die roten Umschläge auf dem Schreibtisch sah, musste er an sie denken. In letzter Zeit hatte er nur noch an sie gedacht, egal ob er gerade seinen Rundgang in den Straßen machte oder alleine zu Hause saß. Und genau das war das Schlimme- seit Milo gegangen war, stand er alleine da. Keiner der anderen Hüter hatte Lust darauf, sich seine Probleme anzuhören oder für ihn da zu sein.
Als wäre das nicht genug, schrieb diese Person jetzt auch noch, dass Milo bei ihr wäre.
Alexej stand langsam auf und ging zu seinem Schreibtisch. Dort standen noch die Fotoalben von Lilly und ihm… Eines davon warf er in seinen Reisekoffer, das andere packte er gleich in seinen Rucksack, damit er es sich auf der Fahrt ansehen konnte. Bis nach Nam-Bay würde es eine lange Reise werden.
Ich öffnete langsam die Augen und sah mich um. Wieso war Alexej nicht mehr da? Ich hatte ihn doch gerade noch gesehen, er war doch bei mir gewesen… Wie in Trance stand ich auf und verließ mein Zimmer. Er hatte gerade das Essen auf den Tisch gestellt und kam nun auf mich zu. Ich legte meine Arme um seinen Hals und lächelte ihn zufrieden an. „Bekomme ich denn keinen Kuss?“, fragte ich leise.
Er sagte jedoch nichts, sondern stand nur reglos da und starrte mich an.
Ich zog ihn weit zu mir herunter und küsste ihn zärtlich, doch bereits nach wenigen Sekunden löste er sich von mir, sodass ich in seine grauen Augen sehen konnte. „Ich bin nicht Alexej. Bitte vergiss das nicht“, flüsterte er traurig.
Binnen eines Augenblicks hatte Milo mich aus meiner Trance gerissen. Seine Worte durchbohrten mein Herz wie ein Messer, es war als hätte er den Alptraum um mich herum wieder geschaffen. Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, unterdrückte sie jedoch. Milo griff nach meiner Hand und fädelte seine Finger in meine. Als ich erneut zu ihm aufblickte, erkannte ich, dass auch er weinte.
„Schon gut, Evi.“ Er zog mich an sich und streichelte mir sanft über den Kopf. „Bald wird alles wieder gut sein…“
Bis zum Abend hatten Milo und ich nur auf dem Sofa gelegen, gegessen und uns irgendwelche schwachsinnigen Sendungen angesehen. Er sagte kaum etwas, genauso wie ich, doch es reichte mir auch schon, dass er hier war und ich mich bei ihm ausweinen konnte.
Irgendwann am Nachmittag kam Nymphadora wieder, doch als sie uns zusammen auf der Couch vorfand, war sie sofort in ihrem Zimmer verschwunden. Mich störte es jedoch auch nicht, solange ich weiter bei Milo bleiben und in seinen Armen liegen konnte.
Erst am Abend stand ich wieder auf, um ihm etwas zu essen zu machen. Ich nahm mir vor, ausnahmsweise richtig zu kochen, da er seit heute Morgen nichts mehr im Magen hatte. Er schlief noch, also hatte ich genug Zeit, um ihm ein kleines Menü zu zaubern. Als Vorspeise gab es zwei kleine Kekse, die die Form von zusammenhängenden Herzen hatten. Danach machte ich ihm Lasagne –mein Lieblingsessen- und anschließend gab es noch Vanillepudding mit kleinen Schokoherzen darin.
Nach über einer Stunde war ich schließlich mit allem fertig und stellte zufrieden einen Cocktail neben seinen Teller.
Gerade, als ich die Küche verlassen und ihn wecken wollte, stand er auch schon vor mir.
„Seit wann bist du wach?“ Er gähnte herzhaft und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
„Schon seit einer Weile. Ich habe dir etwas zu essen gemacht“, sagte ich lächelnd.
Er schaute mich überrascht an und sah über mich hinweg in die Küche. Als er die Lasagne entdeckte, breitete sich auch auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. „Evi, das hätte echt nicht sein müssen.“
„Doch, und das weißt du. Du musst mal etwas essen, hier, man sieht schon überall deine Knochen.“ Ich piekte ihn einige Male in den Bauch und nahm schließlich seine Hand. „Außerdem… wollte ich mich bei dir bedanken.“
„Das brauchst du nicht, Evi. Du kannst dich immer auf mich verlassen.“ Er drückte kurz meine Hand und setzte sich schließlich an den Tisch, wo er sofort sein Essen verschlang.
Währenddessen machte ich mich bereits wieder für die Jagd fertig. Da die Sachen von gestern viel zu verdreckt waren, holte ich einige neue heraus. Im Grunde genommen waren es dieselben, nur in anderen Farben. Als ich mich vor den Spiegel stellte musste ich an die ruhige Zeit denken, als ich mit Nymphadora stundenlang vor dem Klavier saß oder tanzte, ohne an irgendetwas anderes denken zu müssen.
„Hast du irgendetwas vor?“ Nymphadora kam langsam in mein Zimmer und beäugte mich misstrauisch.
„Ich gehe mit Milo die freien Hüter suchen.“
„Und warum hast du mich nicht gefragt, ob ich mitkommen will?“, fragte sie enttäuscht.
„Nymphadora, ich mache das doch nicht aus Spaß. Es ist gefährlich, und…“
„Ach, meinst du, ich würde es nicht schaffen, gegen diese Menschen zu kämpfen?“
Ich seufzte genervt und stellte mich vor sie. „Das meine ich nicht. Ich möchte einfach nicht, dass dir etwas passiert, jetzt, wo du mit Ashton zusammen bist.“
Sie antwortete jedoch nicht, sondern trat nur zur Seite und ließ mich in die Küche gehen. Milo war bereits fertig mit essen, er musste sich nur noch anziehen und dann konnten wir endlich los.
„Wo gehen wir heute hin?“, fragte er, als wir die Straße betraten.
„Ich würde sagen, wir beobachten noch mal ihr Versteck, vielleicht kommen wir ja irgendwann rein.“
„Okay, du bist der Chef.“ Milo lächelte mich liebevoll an und nahm meine Hand, als wir uns auf den Weg zur Insel machten.
Diesmal dauerte es jedoch nur eine halbe Stunde, bis wir endlich dort waren. Auch den Weg zum Versteck kannten wir nun ein wenig, sodass es relativ leicht zu finden war. Vor dem Gebäude waren wie immer zwei Wachen postiert. Zwei weitere umrundeten es gleichmäßig, wodurch es noch schwerer war, hineinzugelangen. Wenigstens hatten sie die Leichen der beiden Hüter, die wir das letzte Mal ermordet hatten, schon entsorgt. Das einzige, worauf wir achten mussten waren die anderen vier Hüter, die im Wald patrouillierten.
Wir wussten weder, wann sie losgegangen waren, noch welche Route sie durch den Wald führte. Sie konnten genauso gut jeden Moment hinter uns auftauchen und uns umbringen, wenn wir nicht aufmerksam genug waren.
Nachdem wir etwas über eine Stunde in dem Gebüsch gesessen und auf eine Gelegenheit gewartet hatten, die Hüter anzugreifen, gaben wir die Hoffnung auf. Es marschierten ständig neue Hüter herein oder raus, wobei sie immer gleich eine zusätzliche Runde um das Gebäude oder den Wald drehten, sodass wir gar keine Chance hatten, hineinzukommen. Es waren einfach zu viele.
„Milo, ich denke, wir sollten erst einmal gehen“, sagte ich enttäuscht.
„Warte mal.“ Er zeigte auf einen der Hüter, der in unsere Richtung gelaufen kam. „Den schnappen wir uns.“ Bevor ich ihn aufhalten konnte, zerrte er den Mann zur Seite und drückte ihm eine Hand auf den Mund. Er wehrte sich und zappelte wie ein verrückter unter ihm, doch Milo ließ nicht locker.
„Was hast du jetzt vor?“, fragte ich zögernd.
„Was wohl, wenn wir irgendwann da reinwollen, müssen wir sie umbringen“, rief er mir zu.
Irgendwie verängstigte mich seine Entschlossenheit. Es stand zwar von Anfang an fest, dass wir gegen die Hüter vorgehen wollten, doch als ich zum ersten Mal gesehen hatte, wie viele es waren, kam mir der Gedanke dermaßen grotesk vor, dass ich mich nicht mehr wohl dabei fühlte. Wir konnten nicht einfach all diese Menschen umbringen… „Lass ihn los…“, sagte ich leise.
„Wir können ihn nicht einfach gehen lassen! Du wolltest auf die Jagd gehen, du hast selber gesagt, dass du sie alle umbringen willst! Dass sie dafür büßen würden, was sie Alexej angetan haben!“
Als der Hüter seinen Namen hörte, riss er erschrocken die Augen auf. Anscheinend wusste er, dass Alexej damals zusammengeschlagen wurde, und auch, was aus seinen Kollegen geworden ist. Nun versuchte er erneut verzweifelt, sich aus Milos griff zu befreien, doch er ließ nicht locker. Stattdessen holte dieser sein Messer heraus und stieß es dem Hüter tief ins Herz, sodass er sofort starb.
„Milo, was…“ Ich starrte ihn entsetzt an und sank langsam auf den Boden.
Er wich jedoch meinem Blick aus und reinigte die Klinge. „Du hast gesagt, dass du dich an all diesen Leuten rächen willst. Wir haben einmal begonnen, also gibt es kein Zurück. Wenn wir alle laufen lassen, werden sie uns jagen.“
Dennoch konnte ich nicht fassen, was er getan hatte. Natürlich war es genau das, was ich tun wollte, doch es überraschte mich, wie leichtfertig er mit dem Leben anderer umging. „Lass… lass uns nach Hause gehen…“
Er nahm meine Hand und zog mich nach oben. „Evi, was ist denn auf einmal los mit dir… gestern hättest du dich zu gerne auf alle Leute hier gestürzt, und heute möchtest du keiner Fliege etwas zuleide tun?“
„Ich… weiß doch auch nicht…“ Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare und sah mich um. „Bitte lass uns gehen, bevor noch jemand kommt.“
Milo seufzte und folgte mir widerwillig.
Die Heimreise kam mir irgendwie länger vor, wahrscheinlich lag es an dieser angespannten Stimmung, die zwischen uns herrschte. Ich wusste selber nicht, warum ich auf einmal Mitleid mit diesen Leuten empfand, doch ich wollte sie auch nicht einfach so davonkommen lassen. Sie mussten alle dafür büßen, was sie Alexej und den anderen Hütern angetan hatten.
Nach fast einer Stunde kamen wir zu Hause an. Ich zog mich sofort um und streifte ein weites Shirt über, während Milo sich einfach bis auf die Unterhose auszog. Er legte sich auf mein Bett und wartete, dass ich zu ihm kam. Zögernd setzte ich mich zu ihm, drehte mich jedoch von ihm weg.
„Evi, was ist denn auf einmal los mit dir?“, fragte er besorgt.
„Milo, ich… ich kann einfach nicht all diese Leute umbringen… wer weiß, wie viele freie Hüter dort sind, vielleicht sind es ja hunderte und…“
„Schon gut… Komm her.“
Ich rückte ein Stück weiter zu ihm und ließ mich nach hinten fallen. „Weißt du… ich will das alles einfach nicht mehr… ich will keine Sukkubus sein und mich um die Probleme anderer Leute kümmern… Vor allem aber habe ich es satt, ständig von Alexej zu träumen und an ihn denken zu müssen, ich will nicht immer weinen und ihn vermissen… ach scheiße…“ Schon wieder musste ich weinen. Ich wollte das alles einfach nicht mehr, so, wie mein Leben zur Zeit lief, war es einfach nur mies.
Milo beobachtete mich die ganze Zeit, während ich geredet hatte. Schließlich legte er einen Arm um meine Hüfte und zog mich an sich. „Evi, hör auf zu weinen, bitte“, sagte er leise.
„Ich kann aber nicht…“
Er drückte mich noch enger an sich und streichelte mir sanft über den Rücken. Irgendwann schlief er auch so ein, doch ich lag noch einige Stunden wach und versuchte, meine Gedanken zu sortieren.
„Evi? Bist du noch wach?“
„Ich dachte, du schläfst.“ Ich setzte mich langsam auf und schaltete das Nachtlicht ein.
Milo lag noch immer neben mir, doch anstatt zu schlafen starrte er mich einfach an. „Geht es dir besser?“
„Etwas, ja.“ Ich lächelte ihn vorsichtig an und nahm seine Hand. „Danke.“
„Wofür?“, fragte er überrascht.
„Dafür, dass du mir zugehört hast.“ Ich beugte mich zu ihm herunter und gab ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.
Er hielt mich jedoch weiter fest und küsste mich immer wieder, legte sich auf mich und küsste mich vorsichtig am Hals. „Warum versuchst du nicht einfach, Alexej endlich loszulassen… Evi, es bringt ihn um, immer wieder diese Briefe zu lesen, die du ihm schreibst…“ Er richtete sich auf und sah mir in die Augen. „Bitte, tu es nicht nur für ihn, sondern auch für dich.“
„Ich liebe ihn…“
„Ich weiß… Vielleicht sollten wir für einige Tage aufhören, nach den Hütern zu suchen, und uns etwas ausruhen.“
„Nein, je länger wir warten, umso mehr Menschen werden sie umbringen“, sagte ich entschlossen.
„Okay, wenn du meinst…“ Er küsste mich erneut und umklammerte dabei fest meine Handgelenke. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber Alexej, da ich hier mit
Milo, einem seiner besten Freunde lag, während er alleine nach Nam-Bay zu seiner Familie reiste…
„Milo, hör bitte auf…“
Sofort ließ er mich los und legte sich neben mir auf das Bett. „Tut mir Leid.“
Ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm und zog ihn so zu mir, dass er seine Hand auf meinen Bauch legen konnte. „Ich musste an Alexej denken…“
„Davon bin ich ausgegangen.“ Er küsste mich sanft am Hals und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. „Wir sollten vielleicht etwas schlafen…“, flüsterte er mir ins Ohr.
„Wahrscheinlich, ja.“ Ich nahm seine Hand und schloss zufrieden die Augen.
Bereits nach wenigen Stunden wachte ich wieder auf. Es war schon um zehn und die Sonne schien in mein Zimmer. Auch Milo regte sich neben mir und wurde schließlich wach.
„Und, wie hast du geschlafen?“
„Ganz gut soweit.“ Er lächelte mich liebevoll an und stand auf. „Ich werde gleich einkaufen gehen, ihr habt kaum noch was zu essen im Kühlschrank.“
„Oh, also… hast du noch Geld?“
„Ja, klar.“ Er streifte sich seine Jeans und ein Shirt über und ging zur Tür. „Bis gleich.“ Hastig zog er noch seine Jacke an und ging.
„Ja… bis gleich…“ Sobald er das Haus verlassen hatte, ging ich zu Nymphadoras Zimmer. Klar, die Tür stand offen, sie war wieder nicht da. Warum versuchte ich eigentlich erst, mit ihr zu reden und diesen dämlichen Streit zu vergessen.
Trotzig setzte ich mich vors Klavier und drückte auf einige Tasten. Ich hatte zuerst keine Ahnung, was ich spielen sollte, bis mir etwas einfiel. Es war ein ruhiges, trauriges Stück, dessen Noten mir urplötzlich in den Kopf kamen. Ich schrieb hastig die Noten mit und überprüfte jede einzelne Zeile, ob es sich genau so spielte, wie ich es mir vorstellte. Ich spielte es immer und immer wieder, bis ich mir jede Einzelheit fest eingeprägt hatte. Auch, als Milo wiederkam, saß ich noch vor dem Klavier.
„Ich bin wieder da“, sagte er lächelnd und stellte das Essen in die Küche. „Was machst du da?“
„Oh, hi. Ich habe gerade etwas gespielt, und…“
„Kann ich es hören?“
Ich sah ihn überrascht an, rückte dann jedoch auf dem Hocker etwas zur Seite, sodass er auch Platz hatte. Er setzte sich sofort und hörte mir aufmerksam zu, während ich das Lied spielte.
„Es klingt super“, sagte er leise.
„Danke.“
Wir saßen noch einigen Minuten schweigend da, bis Milo schließlich wieder das Wort ergriff. „Also… willst du etwas essen?“
„Ja, gleich. Ich gehe nur noch mal kurz rüber.“ Ich verschwand in meinem Zimmer, wo ich mich sofort aufs Bett warf und die Augen schloss. Wie immer konzentrierte ich mich auf Alexej, und auch auf den Ort, an dem er sich nun befand.
„Grischenka, sieh nur, Aljoscha ist wieder da!“ Seine Mutter stürmte aus dem Haus und nahm ihn in die Arme.
„Hallo Mutter…“ Er versuchte, etwas zu lächeln, was ihm letztendlich auch gelang. Es sah zwar unecht aus, doch seiner Mutter reichte es für den Anfang.
„Los, komm rein, die anderen sind alle im Wohnzimmer.“ Sie zog ihn am Arm herein und schob ihn vor die anderen. Grigorij kam sofort angelaufen und schüttelte ihm überschwänglich die Hand.
„Hallo Aljoscha, schön, dass du wieder da bist!“ Er nahm seine Koffer und schleppte sie hinauf in Mikhails Zimmer.
„Hey ihr…“ Er ließ sich neben den anderen auf die Couch fallen und setzte erneut dieses künstliche Lächeln auf.
„Wo hast du Evelinka gelassen?“, fragte Anna.
Mit einem Mal verschwand sein Lächeln. Er stand eilig auf, würdigte die anderen jedoch keines Blickes mehr und ging hinauf in sein Zimmer. Grigorij war schon wieder verschwunden, er hatte nur noch eine Matratze auf den Boden gelegt, auf der er schlafen sollte. Alexej ließ sich langsam darauf nieder und schloss die Augen. Er war hierhergekommen, um Lilly zu vergessen, und nicht, um noch mehr an sie erinnert zu werden…
„Ljoschenka, was ist denn los?“ Mikhail kam vorsichtig herein und setzte sich zu ihm. „Ist es wegen Evelinka?“
Er wandte jedoch nur den Kopf von ihm ab und holte eines ihrer Fotoalben heraus.
„Hat… hat sie dich wegen einem anderen verlassen?“, fragte er zögernd.
„Nein…“ Alexej spürte, wie ihm die erste Träne über die Wange lief. Er starrte dennoch weiter das Album an und sah zu, wie die Träne auf den Einband tropfte. „Sie ist tot…“, sagte er leise.
Mikhail riss erschrocken die Augen auf. „Was? Aber das…“
„Eine Sukkubus hat sie während des Angriffs auf Venedig umgebracht…“ Er drehte sich leicht zu ihm und umklammerte das Fotoalbum noch fester. „Gott, ich vermisse sie so sehr…“
Ohne zu zögern nahm Mikhail ihn in die Arme und drückte ihn fest an sich. „Schon gut…“
Alexej löste sich langsam wieder von ihm und sah auch in Mikhails Augen einige Tränen. Er lächelte ihn vorsichtig an und wuschelte ihm durch seine Haare. „Tut mir Leid.“
„Hey, deine Freundin ist grade gestorben…“ Sie gingen zusammen wieder herunter, schwiegen jedoch darüber, was oben gerade passiert war, vor allem, was er Mikhail erzählt hatte. Er würde es ihnen auf jeden Fall noch erzählen, aber nicht heute.
„Aljoscha, was war denn gerade los?“, fragte Eleonora leise.
Bei der Art, wie sie seinen Namen aussprach, zog sich alles in ihm zusammen. Genau so hatte Lilly ihn auch ständig genannt, hatte diesen Namen geliebt, so wie sie überhaupt alles an Kasachstan geliebt hatte. Seine Familie sorgte sich anscheinend um ihn, doch er wollte noch nicht darüber reden. Er wollte erst einmal nur hier sein und die entspannte Atmosphäre unter den anderen genießen. „Es ist nichts, Eleonora“, sagte er mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht.
Ich setzte mich langsam wieder auf. Wie lange hatte ich geschlafen?
Ich sah kurz zur Uhr und erschrak. Es war bereits fast eine Stunde vergangen, Milo würde sicher schon auf mich warten. Ich rannte sofort aus dem Zimmer direkt in die Küche, wo er bereits saß und ungeduldig wartete.
„Hast du nicht gesagt, du bist gleich wieder da?“
„Ja, tut mir Leid, ich… ich hab nach Alexej gesehen“, sagte ich zögernd.
„Oh, und… wie geht es ihm?“
„Er ist nach Nam-Bay zu seiner Familie gefahren, vielleicht kann er sich dort etwas ablenken…“
„Ja, das hoffe ich doch für ihn.“ Er reichte mir ein Brötchen und eine Tasse Kaffee.
„Danke.“
„Also, ich nehme an, wir gehen heute Abend wieder zu dem Versteck, oder?“, fragte er nach einer Weile.
„Wahrscheinlich schon, ja…“
„Weißt du, ich habe mir überlegt, dass wir das Gebäude doch auch tagsüber observieren können. Vielleicht könnten wir ein Zelt oder so was zum Übernachten mitnehmen und…“
„Stimmt, vielleicht haben sie tagsüber nicht so viele Wachen postiert.“
„Genau das meine ich.“
Als ich fertig war mit essen, stellte ich mich vor die Spüle und wusch das Geschirr ab, während Milo sich wieder auf das Sofa verkrümelte. Ich sah ihm noch kurz hinterher, als er ins Wohnzimmer ging, und wandte schließlich den Blick von ihm ab.
Es war so unglaublich verwirrend. Ich liebte Alexej, dabei war ich mir sicher, doch was ich für Milo empfand, wusste ich immer noch nicht. Normalerweise würde ich sagen, dass er seit Nathan der beste Freund war, den ich je hatte, doch sobald er mich küsste, war da noch etwas. Es fühlte sich anders als bei Alexej an, zwischen uns herrschte einfach nicht diese Spannung, und trotzdem fühlte ich mich zu ihm hingezogen.
Mein Leben war einfach wieder ein einziges Chaos.
Bevor wir losgingen, wollte ich eigentlich noch mit Nymphadora reden, doch wie immer war sie nicht zu Hause sondern hing bei Ashton rum. Also machten wir uns auf den Weg und gingen direkt zum Versteck der freien Hüter.
Der Weg zur Insel ging diesmal schneller, doch als wir gerade durch den Wald liefen, um zu dem Gebäude zu gelangen, kamen uns zwei der Hüter entgegen. Ich zog Milo hinter einen der Bäume, bevor die beiden uns sehen konnten.
„Ich habe langsam keinen Bock mehr auf die ganze Scheiße!“, schrie einer der beiden Hüter.
„Beruhige dich wieder. Es läuft alles nach Plan, du brauchst dir also keine Sorgen machen.“
„Laurent, wir bringen unschuldige Menschen um!“
„Weil sie es verdient haben!“ Der Mann, also Laurent, sprang den anderen an und drückte ihn gegen einen der Baumstämme.
„Milo hat uns schon verlassen. Er war unser bester Krieger. Willst du die anderen auch noch gegen dich aufhetzen?“
„Nein, sie werden mir alle folgen, so wie du. Und jetzt beende gefälligst deinen verdammten Rundgang!“ Er stieß den anderen zu Boden und ging schließlich zurück in Richtung des Verstecks.
„Komm, gehen wir zu ihm! Vielleicht kann er uns helfen“, flüsterte ich Milo zu.
„Aber er gehört zu den freien Hütern“, erwiderte er trotzig.
„Ja, genauso, wie du einer warst.“ Milo wollte mich noch festhalten, doch ich sprang bereits auf und lief zu dem Mann, der gerade dabei war, aufzustehen. „Hey!“
Erschrocken drehte er sich um und zog seine Waffe, als er mich sah. „Was willst du?“, sagte er mit bedrohlicher Stimme.
„Ich möchte mit dir reden.“
Er sah mich überrascht an und ließ die Waffe etwas sinken. „Worüber?“
„Über die freien Hüter.“
„Also… bist du diejenige, die die anderen ermordet hat?“, fragte er leise.
„Nicht nur ich.“ Ich drehte mich zu Milo, der immer noch hinter dem Baum lauerte und schließlich doch hervorkam.
„Milo?“ Der Mann sah ihn entsetzt an.
„Ja, Elias…“ Milo stand reglos da und starrte den Mann an. „Was hatte das eben zu bedeuten?“
„Nun, es gibt immer öfter Aufstände in unseren Kreisen, vor allem, seit du gegangen bist. Viele der Hüter lehnen sich gegen Laurent auf, doch noch sind wir nicht genügend, um ihn endlich zu stürzen.“
„Naja, nehmen wir mal an, ihr hättet ein wenig Hilfe…“ Ich sah kurz zu Milo, der genau wusste, was ich meinte.
„Wessen Hilfe?“, fragte Elias aufgeregt.
„Die der Sukkuben.“
Er sah mich erschrocken an. „Aber Hüter arbeiten nicht mit Sukkuben zusammen.“
„Wenn sie die gleiche Absicht haben, schon. Ihr würdet endlich von Laurent loskommen und sie hätten einige Opfer.“
„Wow, das… klingt verrückt.“
„Und genau deswegen wird es funktionieren“, sagte ich lächelnd. „Ich werde sofort zu den Sukkuben gehen und alles mit ihnen absprechen. Sag du solange den anderen Hütern Bescheid, wir werden morgen Abend wiederkommen, um euch zu helfen.“
„Okay. Wir werden warten.“
„Elias, du bist viel zu spät dran!“, rief ein Mann, wahrscheinlich kam er aus dem Versteck.
„Los, lass uns verschwinden!“ Milo nahm meine Hand und rannte mit mir durch den Wald zurück an den Rand der Insel. Wir hielten keuchend an und sahen uns noch einmal um. Anscheinend war uns niemand gefolgt.
Anstatt wie gewohnt nach Hause zu fliegen, gingen wir erst zu meiner Mutter. Sie war wie immer überrascht, mich zu sehen, empfing uns jedoch freundlich.
„Ah, Milo, der Verräter. Willkommen in unseren heiligen Hallen.“
„Hallo Josefina.“
„Mum, wir brauchen deine Hilfe.“
„Oh, schon wieder“, sagte sie lächelnd.
„Ja. Wir müssen mit den freien Hütern zusammenarbeiten, und…“
„Was? Wie kommst du darauf, dass wir so etwas tun würden?“
„Lass mich doch erst mal ausreden“, sagte ich trotzig. „Natürlich springt für euch auch etwas dabei raus. Wir müssen nur den freien Hütern helfen zu entkommen. Alle anderen, die auf Laurents Seite sind, gehören euch.“
„Du meinst, als unsere Opfer?“ Ein breites Grinsen verunstaltete ihr sonst zierliches Gesicht.
„Genau das meine ich. Du kannst so viele Sukkuben mitnehmen, wie du willst, solange sie nur die freien Hüter jagen, die gegen uns sind. Sobald die Sonne morgen Abend untergegangen ist, geht es los.“
„Okay, ich werde allen Bescheid sagen.“ Sie wandte sich an Milo, der schweigend neben uns stand. „Wir sehen uns später, Milo.“
„Ja, Josefina.“
„Bis morgen, Mum.“ Wir verließen das Versteck und gingen langsam zurück zum Haus.
„Meinst du, morgen funktioniert alles?“, fragte ich nach einer Weile.
„Warum nicht?“
„Es kommt mir alles viel zu einfach vor…“ Wir betraten das Haus und waren wie immer allein. Ich warf meine Sachen zur Seite und ging in die Küche, wo ich zuerst einige Sandwiches für Milo machte.
„Hey, du bist ja schon wieder fleißig.“ Er stellte sich hinter mich und legte seine Arme um meine Hüfte.
„Klar, du musst doch irgendwann was essen.“ Ich drehte mich um und schubste ihn leicht zur Seite, sodass ich genug Platz hatte, um die Küche zu verlassen. Ich stellte die Sandwiches auf den Tisch im Wohnzimmer, legte mich auf die Couch und wartete, dass Milo zu mir kam.
„Willst du nichts essen?“
„Nein, mir reicht es, dir zuzugucken“, sagte ich lächelnd. Ich schaltete den Fernseher ein und kuschelte mich unter meine Decke. Als er fertig war, legte er sich wie immer hinter mich und nahm meine Hand. „Woher kennst du meine Mutter eigentlich?“
Meine Frage schien ihn sichtlich zu überraschen.
„Naja, ich habe sie kennengelernt, als ich meine Schicht hatte. Damals, als ich noch im Hauptquartier gearbeitet hab.“
„Und warum hilfst du ihr?“
„Weil sie mich in einen Inkubus verwandeln wird.“
Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn entsetzt an. „Das ist nicht dein ernst, oder?“
„Doch. Ich möchte nicht mehr als schwächlicher Mensch leben und auf all das angewiesen sein. Ich möchte unabhängig sein und meine eigenen Entscheidungen treffen.“
„Weißt du, wie schrecklich es ist, eine Sukkubus zu sein?“, sagte ich leise. „Du kannst tagsüber nicht raus. Alle deine Freunde kennen dich nicht mehr und jeder hasst dich. Du brauchst Blut oder Lebensenergie der Menschen, um zu überleben, du musst das Leben unschuldiger Leute opfern…“
„Ich weiß.“
Ich starrte ihn immer noch fassungslos an. Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte, um ihn von dieser dämlichen Idee abzubringen. Nun, letztendlich sagte ich auch nichts, ich tat es einfach. Bevor Milo es realisierte, hatte ich meinen Mund an seinen Hals gesenkt und meine Zähne in sein Fleisch gestoßen. Er schrie gequält auf und bohrte mir seine Fingernägel in den Rücken, während ich sein Blut trank. Bereits nach wenigen Sekunden ließ ich ihn los und wischte mir das Blut vom Mund.
Er lag immer noch mit schmerzverzerrtem Gesicht vor mir und hielt sich die Hand auf den Hals. „Verdammt, Evi, was sollte das?“, fragte er wütend.
„Genau so wird es sich für die Leute anfühlen, die du später umbringst“, sagte ich ernst. Ich wusste nur zu gut, wie es war, von einer Sukkubus gebissen zu werden. Ich kannte die Schmerzen und auch, was für Folgen ein tödlicher Biss haben konnte…
Er sah mich immer noch entsetzt an. Schließlich schien er zu begreifen, was ich ihm hatte sagen wollen, und entspannte sich wieder ein wenig. „Das hättest du auch gleich sagen können“, murmelte er trotzig.
„Anders hättest du es nicht verstanden.“
„Dafür hab ich jetzt was gut bei dir.“ Er zog mich zu sich herunter und küsste mich sanft.
„Das reicht für heute“, flüsterte ich ihm ins Ohr.
„Super, du darfst mein Blut trinken und ich bekomme nur einen Kuss von dir.“
„Hey, hör auf zu meckern, sonst schläfst du alleine auf der Couch.“
Er murrte noch eine Weile rum, bis er schließlich einschlief. Ich konnte jedoch noch nicht schlafen und entschloss mich, noch einmal nach Alexej zu sehen.
„Ljoschenka, kommst du?“ Natalja stand nur mit einem halbdurchsichtigen Nachthemd bekleidet in der Tür und wartete.
„Ja, sofort.“ Er stolperte die Treppen hinauf und ging vorsichtig in sein Zimmer. Vielleicht hätte er doch nicht so viel trinken sollen, doch wie sollte er Lilly besser vergessen können, als mit Alkohol und einer anderen Frau?
„Zum Glück ist Mikhail heute nicht da“, flüsterte er ihr ins Ohr. Er stieß sie grob auf das Bett und zog sein Shirt aus.
„So haben wir das ganze Zimmer für uns…“ Sie spreizte die Beine, sodass Alexej sich dazwischen legen konnte und küsste ihn stürmisch. Er riss ihr aufgeregt das Nachthemd vom Körper und berührte sie überall. Seine Küsse wanderten von ihren Brüsten bis zu ihrem Bauch und schließlich ihrer Taille, wo er kurz inne hielt und sich aufrichtete.
„Was ist denn?“, fragte sie irritiert.
„Nichts.“ Er musterte ihren gesamten Körper und lächelte sie zufrieden an. Nun, Lilly sah zwar deutlich besser aus, doch für den Anfang würde sie schon reichen. Er beugte sich wieder herunter, um sie zu küssen, während er sich hastig die Hose auszog.
‚Verdammt, ich will hier raus.‘
„Los, Ljoschenka, tu es“, stöhnte Natalja erregt.
‚Ich muss wieder nach Hause, nach Venedig. Weg von hier.‘
Er warf vergnügt seine Hose zur Seite und küsste sie erneut. „Sei nicht so unruhig…“, flüsterte er ihr ins Ohr.
‚Sofort!‘
Bevor ich mich versah, landete ich endlich wieder in meinem eigenen Körper. Ich konnte nicht fassen, was Alexej tat. Er schlief tatsächlich mit Natalja –ausgerechnet der Frau, wegen der wir uns damals schon gestritten hatten. Er tat einfach, als hätte es mich nie gegeben.
Ich setzte mich langsam auf und sah zu Milo, der schlafend neben mir lag.
Nun, wenn Alexej sich so sein Leben erleichterte, konnte ich das auch.
Ich setzte mich auf Milo und beugte mich zu ihm herunter. „Hey, aufwachen“, flüsterte ich ihm ins Ohr.
Er öffnete langsam die Augen und sah mich an. „Was ist denn los, ist irgendwas passiert?“
„Nein, nichts.“ Ich küsste ihn am Hals und zog ihm vorsichtig das Shirt aus.
„Was wird das denn jetzt?“, fragte er überrascht.
Ich lächelte ihn jedoch nur an und öffnete langsam seine Hose. Ich spürte, dass er sofort erregt war, und zog seine Boxershorts gleich mit herunter. Als ich anfing, ihn vorsichtig zu streicheln, stöhnte er leise auf und legte den Kopf in den Nacken. Ich setzte mich langsam auf ihn und genoss, wie er in mich eindrang. Nun, da Alexej sich selber mit einer anderen vergnügte, war mein schlechtes Gewissen wie weggeblasen. Ich genoss den Sex mit Milo, wie er mir an den Hintern fasste und sanft meine Brüste massierte. Nach einigen Minuten setzte er sich auf und legte sich auf mich, sodass sein gesamtes Gewicht auf mir lastete. Ich krallte mich in seinen Rücken und schlang die Beine um seine Hüfte, um ihn noch intensiver zu spüren. Milo richtete sich ein wenig auf und sah mir in die Augen, sagte jedoch nichts. Seine Haare sahen noch zerzauster aus als sonst, was ihn im Moment jedoch nur noch heißer machte. Ich drückte ihn wieder fest an mich und rang erregt nach Luft.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis wir beide zum Höhepunkt kamen, und doch war alles viel zu schnell vorbei.
Milo ließ sich erschöpft neben mich fallen und nahm meine Hand. „Ich weiß ja nicht, was du dazu sagst, aber ich fand es großartig“, keuchte er.
„Sogar mehr als das.“ Ich lächelte ihn zufrieden an und schloss die Augen.
Milo drehte sich zu mir und legte einen Arm um meine Hüfte. „Da hast du Recht.“
Wir lagen noch eine Weile zusammen auf dem Sofa und sahen uns einen Film an, bis wir schließlich zu müde waren und einschliefen.
Am nächsten Morgen stand ich langsam auf und ging in die Küche, um Kaffee zu kochen.
Gestern war wohl die schrecklichste Nacht gewesen, die ich je hatte… Jetzt, wo alles vorbei war, hatte ich irgendwie doch ein schlechtes Gewissen. Es war einfach nur mies.
Zwar hatte es mich verletzt, dass Alexej sich einfach eine andere suchte, doch wie konnte ich nur so dumm sein und denselben Fehler machen? Ich liebte Alexej, nicht Milo, ich wollte ihn unbedingt zurück, egal wie. Doch wenn er sich jetzt schon eine andere suchte, konnte ich das wohl vergessen.
Ich hielt die Kaffeetasse fest umklammert, während ich in mein Zimmer ging, und stellte sie auf den Tisch. Es schien mir eine Ewigkeit her zu sein, seit ich Alexej richtig gesehen oder ihm einen Brief geschrieben hatte…
Dies wird der letzte Brief sein, den ich dir schreibe.
Ich verspreche dir, dass du danach nie wieder von mir hören wirst, ich werde nie wieder zu dir kommen oder dich in meinen Träumen besuchen;
denn was ich gestern Nacht sah, kann ich nicht vergessen. Ich kann nicht vergessen, wie du Natalja in den Armen hältst, sie küsst und streichelst, so wie mich damals.
Ich komme mir vor, als wäre ich ein Nichts; als hätte es mich nie gegeben, als wäre ich unwichtig. Als würdest du mich nicht mehr lieben.
Selber bin ich zwar nicht besser; noch letzte Nacht habe ich mit Milo geschlafen. Ich würde es am liebsten rückgängig machen, um nicht dieses elende schlechte Gewissen dir gegenüber zu haben, doch nun ist es zu spät.
Egal, mit wem ich schlafe, wie viel ich trinke oder kämpfe, ich würde es nie schaffen, dich zu vergessen. Du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben, ob ich nun ein Mensch oder eine Sukkubus bin.
Ich liebe dich einfach zu sehr, um je mit einem anderen Mann glücklich zu werden.
Dennoch werde ich versuchen, dich in Ruhe zu lassen.
Milo und ich gehen heute mit den Sukkuben zum Versteck der freien Hüter. Wenn wir alle Leute, die gegen die staatlichen Hüter sind, ermordet oder zur Besinnung gebracht haben, ist meine Arbeit hier erledigt. Ich werde wahrscheinlich fortgehen, zurück nach Frankreich, und versuchen, dort ein neues Leben als Sukkubus anzufangen.
So, wie du dir dein neues Leben in Nam-Bay aufbauen wirst.
Eveline
Ich spürte, wie mir eine Träne die Wange hinunterlief und schließlich auf den Brief tropfte. Schnell legte ich ihn in einen Umschlag, schrieb die Adresse von Alexejs Mutter darauf und steckte ihn in meinen Rucksack.
„Was machst du denn hier?“
Ich drehte mich erschrocken um und sah Milo vor mir stehen. Er trug nur seine Shorts und ein schwarzes Shirt, dass er sich schnell angezogen hatte. „Oh, ich… habe wieder einen Brief geschrieben. Den letzten.“
Er kam langsam zu mir und legte die Arme um mich. Ich musste sofort an letzte Nacht denken und spürte, wie ich rot wurde. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, flüsterte er mir ins Ohr.
„Du hast sonst auch nicht viel Schlaf, also habe ich dich erst mal in Ruhe gelassen…“
Ich wollte mit ihm ins Wohnzimmer gehen, doch Milo stellte sich mir in den Weg und stieß mich auf mein Bett.
„Milo, was…“
Er ließ sich neben mir auf das Bett fallen und legte einen Arm um mich. „Willst du dich nicht auch mal entspannen?“
Ich lächelte ihn vorsichtig an, und die nächste Zeit schwiegen wir uns beide an, sodass ich die Ruhe nutzte, um mal wieder meine Gedanken zu ordnen. Wenn ich mit Milo schlief, konnte ich für eine Weile wenigstens alles um mich herum vergessen; alles außer Alexej. Ich hatte trotzdem an ihn denken müssen und ständig dieses Bild vor Augen, wie er sich an Natalja ranmachte. Es erinnerte mich an unsere Zeit in Nam-Bay, als er mich ebenfalls mit ihr betrogen hatte. Ich schloss kurz die Augen und stellte mir vor, er wäre hier. Wie er auf mich einreden würde, weil ich wieder alles falsch machte und mit jedem schlief, der mir über den Weg lief. Genau diese Predigten waren es, die mir so sehr fehlten.
Ich sah vorsichtig zu Milo, der ebenfalls an die Decke starrte und überlegte. Ich wusste nicht, was er für mich fühlte, ob er genauso oft über dieses seltsame Verhältnis zwischen uns nachdachte wie ich. Eigentlich hatte ich gedacht, er wäre nur ein Freund, doch daraus war anscheinend geworden; ich würde am liebsten ständig bei ihm sein, fühlte mich so wohl in seiner Gegenwart. Wenn ich in seinen Armen lag, hatte ich keine weiteren Sorgen, konnte mich einfach fallen lassen und diese ruhigen Stunden genießen. Es war, als würde ich ihn lieben, doch es fühlte sich völlig anders als bei Alexej an. Wahrscheinlich hatte er mit seiner Abwesenheit einfach so ein riesiges Loch in mir hinterlassen, dass ich nicht mehr wusste, wie sich wahre, aufrichtige Liebe anfühlte. Das einzige, was ich jetzt noch kannte war die Sehnsucht, die ich Alexej gegenüber empfand und die Zuneigung, die Milo mir jeden Tag schenkte.
Damals in Fortezza hatte ich mich aufgeregt, weil ich immer diese schrecklichen Träume hatte, doch meine Situation jetzt war ein wirklicher Albtraum. Ich fühlte mich zwischen den beiden hin- und hergerissen, doch das schlimmste war, dass Alexej mich nicht einmal wollte. Und wenn ich Pech hatte, war es bei Milo genauso. Wir hatten noch nie über unsere Gefühle füreinander geredet, es hatte sich einfach nie richtig ergeben, obwohl es mich jetzt brennend interessierte. Stattdessen hatten wir nur miteinander geschlafen, wobei ich mich eher als ein Sexobjekt gefühlt hatte, anstatt dass er es wirklich aus Liebe tat. Nun, letzte Nacht war ich eigentlich selber nicht besser gewesen.
„Evi?“
„Ja?“ Ich drehte mich ein Stück weiter zu ihm und legte die Hand auf seine Brust. „Was ist denn los?“
„Nun… wir haben jetzt schon ein Mal miteinander geschlafen, aber… was ist jetzt eigentlich mit uns?“
Ich lächelte ihn an und gab ihm einen kurzen Kuss auf den Mund. „Sag mal, kannst du Gedanken lesen? Genau darüber hab ich auch gerade nachgedacht.“
„Was für ein Zufall“, sagte er grinsend. „Also… ich weiß ja nicht, wie du darüber denkst, aber… ich meine, vielleicht sollten wir es mal probieren, vielleicht passen wir ja wirklich zusammen und...“ Er wurde beim Reden immer schneller und fuhr sich verlegen durch die Haare.
„Hey, bleib ruhig“, sagte ich leise. „Weißt du, ich brauche einfach noch etwas Zeit…“
„Oh, okay.“ Er schien etwas enttäuscht zu sein, blieb aber liegen.
„Du, wir müssen langsam raus. Ich wollte noch mal gucken, ob Nymphadora im Versteck ist und…“
„Dafür ist doch noch genug Zeit.“ Er zog mich an sich und nahm meine Hand.
„Milo, wenn heute Abend alles schief läuft, bist du schuld.“
Den restlichen Tag verbrachten wir mit unseren Hobbies. Ich setzte mich hinter das Klavier und tanzte wieder ein wenig, während Milo auf der Couch saß und irgendeinen Krimi las.
„Wann gehen wir eigentlich los?“, fragte er irgendwann am Nachmittag.
„Ich weiß nicht, ich wollte ja noch einmal zu Nymphadora.“
„Falls sie überhaupt im Versteck ist.“
„Ich denke schon, Ashton lebt ja auch dort. Wo sollte sie sich sonst rumtreiben.“ Ich warf einen der Gymnastikbälle zur Seite und setzte mich zu ihm. „Und, wie ist dein Buch?“
„Ziemlich langweilig.“ Er legte es auf den Tisch und wandte sich zu mir. „Evi, falls heute Nacht irgendetwas passiert, ich… wollte dir nur sagen, dass ich…“
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Nymphadora stürmte in das Haus. Sie ignorierte uns einfach und lief wütend in ihr Zimmer.
„Milo, kannst du kurz warten?“ Ich lächelte ihn vorsichtig an und nahm seine Hand.
„Ja, okay“, sagte er mürrisch.
Ich folgte Nymphadora in ihr Zimmer und ging langsam hinein. „Was ist denn los?“
„Josefina hat Ashton eine andere Sukkubus vorgeschlagen. Sie meinte, ich wäre doch nicht die Richtige für ihn.“
„Oh, und… wieso auf einmal?“
„Keine Ahnung! Vielleicht will sie mich ja einfach loswerden, weil ich dich angeblich davon abhalten würde, eine richtige Sukkubus zu sein.“
„So ein Quatsch“, sagte ich lachend und setzte mich zu ihr. „Was sagt Ashton denn dazu?“
„Der meint wie immer dass er mich liebt und alles, aber wenn Josefina ihren Willen durchsetzen will, dann schafft sie das auch.“
„Ach komm, wenn er sich selber nicht einmal davon überzeugen lässt, was sie rumlabert, kannst du ihm doch glauben.“
„Ich hoffe doch… Ach, habt ihr die freien Hüter eigentlich schon gefunden?“
„Ja, wir werden heute mit den Sukkuben zu ihrem Versteck gehen. Gestern Abend haben wir nämlich einen von den Hütern getroffen, der selber nichts mit den Morden zu tun haben will, und er ist nicht der einzige.“
„Also warst du bei Josefina? Hat sie auch etwas über mich gesagt?“, fragte sie aufgeregt.
„Nein, nichts. Nur wegen heute Abend.“
„Oh… Naja, vielleicht sagt sie dir ja doch noch was…“
Ich lächelte sie kurz an und stand schließlich auf. „Wir werden uns morgen früh sicher sehen, oder?“
„Klar, dann warte ich hier, bis du wiederkommst.“
Ich verließ ihr Zimmer und ging in meins, um meine Sachen zu packen und mich anzuziehen. Wie immer zog ich etwas Kurzes an, worin ich mich gut bewegen konnte, schnallte meine Waffen um und ging wieder zu Milo.
„Machst du dich fertig?“
„Ja, klar. Kannst du mir noch was zu essen machen?“
Ich nickte kurz und ging in die Küche, wo ich einige Sandwiches für Milo vorbereitete. Ich war total aufgeregt wegen heute Abend, und bevor ich mich versah, hatte ich einen Teller fallen gelassen. Milo kam sofort angerannt, um nach mir zu sehen, und atmete schließlich erleichtert aus.
„Was ist denn los?“, fragte er besorgt.
„Nichts, ich… hab nur etwas Angst wegen nachher. Ich hoffe einfach, dass nichts schief geht…“
Er kam zu mir und nahm mich tröstend in die Arme. „Ist schon gut. Die Sukkuben helfen uns doch, wir werden das schon schaffen.“
„Wahrscheinlich hast du recht, ja.“ Ich löste mich aus seinem Griff und reichte ihm die Sandwiches. „Hier, wenn du gegessen hast gehen wir los, ja?“
„Geht klar.“ Er lächelte mich an und ging schließlich ins Wohnzimmer. Ich blieb jedoch noch in der Küche und versuchte, mich zu beruhigen. Als Sukkubus war ich eigentlich stärker als die anderen, trotzdem hatte ich Angst, dass mir –vor allem aber Milo, der als Mensch noch verwundbarer war- etwas passieren würde. Dennoch mussten wir heute Abend da hin, um die Leben der anderen Hüter zu schützen. Wenn wir die freien Hüter nicht aufhielten, würden weitere Menschen wegen ihnen sterben.
„Milo, ich muss noch mal weg, treffen wir uns dann hier vor dem Haus?“, rief ich ihm zu und ging schon mit meinem Rucksack zur Haustür.
„Ist okay.“
Ich verließ eilig das Haus und lief die Straßen entlang. Es war zwar noch nicht richtig dunkel, doch immerhin dämmerte es schon, sodass kaum Leute auf den Straßen unterwegs waren. Zwar wäre ich schneller gewesen, wenn ich geflogen wäre, doch dafür hätte ich so auch mehr Aufsehen erregt. Nach etwa einer Stunde kam ich schließlich beim Postamt an, wo ich den Brief an Alexej einwarf. Mir stiegen die Tränen in die Augen als ich daran dachte, dass es der letzte sein würde, den ich ihm je schrieb, doch Milo und Nymphadora hatten recht, ich musste ihn endlich loslassen. Als Sukkubus konnte ich eh nie mit ihm zusammen sein, egal wie sehr ich ihn liebte. Alexej würde immer versuchen, mich umzubringen, sobald er mich sah.
Ich wischte mir die Tränen vom Gesicht und machte mich auf den Rückweg. Die Sukkuben würden auch bald aufbrechen, also musste ich wieder zu Milo, der sicher schon auf mich wartete. Als ich am Haus ankam, stand er wie erwartet bereits unten. Diesmal flogen wir bereits vor dem Haus und nicht erst vor der Küste los, damit wir schneller auf der Insel ankamen. Gerade, als wir landeten, sahen wir die Sukkuben. Es war eine riesige Gruppe, die gemeinsam über die Insel flog und zwischen den Bäumen verschwand. Als ich sie sah, wuchs meine Aufregung nur noch. Ich nahm Milos Hand und machte mich mit ihm auf den Weg. Wir rannten die meiste Zeit, um die Sukkuben nicht warten zu lassen und das Zeichen der freien Hüter nicht zu verpassen, sodass wir bereits nach wenigen Minuten bei ihnen waren. Sie hatten sich ringförmig um das Versteck postiert und freuten sich sichtlich auf den bevorstehenden Kampf.
„Da seid ihr ja endlich.“ Meine Mutter kam auf uns zu und umarmte mich herzlich.
„Tut mir Leid, ich hatte noch was zu erledigen. Also… habt ihr Elias oder jemand anders von den freien Hütern gesehen?“
„Nein, bis jetzt nicht. Es war alles ruhig, nur die Hüter, die das Gebäude umrunden, sind draußen.“
„Okay, dann müssen wir wohl noch eine Weile warten.“
Die Sonne war mittlerweile vollständig untergegangen, sodass alles um uns herum dunkel war. Wir hatten den Vorteil, dass wir auch in der Nacht sehen konnten, doch Milo und die anderen Hüter waren dabei im Nachteil.
„Ich hoffe, sie kommen bald“, sagte Milo genervt.
„Ich denke, dass… Sieh mal, da ist Laurent!“ Er kam zusammen mit den anderen freien Hütern mit erhobenen Waffen herausgestürmt. Als sie schließlich alle vor dem Versteck standen und sich verwirrt umsahen, versperrten die anderen Hüter ihnen den Weg.
„Das ist eine Falle!“, rief Laurent aufgebracht und wandte sich an Elias, der vor der anderen Gruppe stand. „Was soll das, Elias?“, zischte er und richtete die Waffe auf ihn.
„Das ist der Widerstand, von dem ich dir die ganze Zeit schon erzählt habe“, sagte er grinsend.
„Wag es dir ja nicht, dich gegen mich aufzulehnen. Ihr werdet es niemals schaffen!“ Laurent schien außer sich vor Wut zu sein, doch irgendwie hatte er auch Recht. Die Hüter, die gegen ihn waren, befanden sich in der Unterzahl, doch dafür waren wir ja auch hier.
„Oh, doch, das werden wir.“ Die Hüter zogen ihre Waffen, und ich nahm an, dass dies unser Stichwort war. Bevor sie sich alle aufeinander stürzten und wir die Hüter nicht mehr auseinanderhalten konnten, traten wir aus dem Wald hervor und umzingelten sie, sodass keiner von ihnen fliehen konnte. Laurent starrte uns entsetzt an. Anscheinend war er sprachlos aufgrund dieses Hinterhalts. Letztendlich war er der erste, der sich auf einen der anderen Hüter stürzte. Seine Leute folgten ihm sofort, doch die meisten Sukkuben waren schneller. Sie griffen sich einfach einige Menschen heraus und flogen mit ihnen davon, oder kämpften kurz mit ihnen, nur um sie geschwächt zu verschleppen. Viele halfen aber auch den anderen Hütern im Kampf und versuchten, sie vor schlimmeren Verletzungen zu schützen- so wie ich. Laurents Diener war der erste, gegen den ich vorging. Er hatte dieselben Waffen wie ich, doch im Gegenteil zu ihm wusste ich, wie ich sie am besten nutzen konnte. Als er nahe genug vor mir stand, holte ich meine Sense hervor, während er noch seine Waffe erhoben hatte. Ich schlug sie ihm mit einem gekonnten Tritt aus der Hand und richtete meine Sense auf ihn. Es war ein verhältnismäßig kurzer Kampf, denn bereits nach wenigen Minuten trat er nahe genug an mich, sodass ich ihn mit meiner Sense enthaupten konnte. Noch im selben Moment stürzte sich einer der Feine von hinten auf mich, doch ich verpasste ihm einen kräftigen Schlag ins Gesicht, sodass er wieder rückwärts taumelte und zu Boden fiel. Mit einem Schuss in die Brust war auch er tot, sodass ich mich dem Rest widmen konnte. Viele der freien Hüter, die mit uns kämpften, hatten sich bereits zurückgezogen, da sie ihr Leben in diesem Kampf nicht riskieren wollten. Noch dazu waren kaum noch Sukkuben hier, da auch von ihnen die meisten mit ihren Opfern verschwunden waren. Dennoch waren unsere Gegner in der Unterzahl, sodass wir die meisten von ihnen in kurzer Zeit erledigten. Als die Wiese vor dem Versteck so gut wie leer war, wollte auch ich mich zurückziehen, als ich plötzlich Milos Schrei hörte. Ich lief erschrocken ans andere Ende der Wiese, wo Laurent ihn bereits mit einem seiner Leibeigenen davonschleifte,
und richtete meine Waffe auf ihn.
„Du wirst ihm nichts tun!“, rief ich wütend.
„Oh, und ob ich das tun werde.“ Laurent stieß ihn zu Boden und warf sich mit einem Messer auf ihn, während auch sein Leibeigener eine Waffe hervorzog.
„Lass ihn los!“ Ich trat näher an sie, doch auch Laurent ging einen Schritt weiter.
Er drückte Milo zu Boden und schnitt ihm mit seinem Messer quer über die Brust, sodass er erneut aufschrie. Er hatte von dem Kampf so schon genug Wunden davongetragen, doch ihn jetzt zu sehen, wo er durch Laurent leiden musste, raubte mir die letzten Nerven.
„Hör auf!“, schrie ich ihn verzweifelt an.
„Du hast meine Männer umgebracht!“, erwiderte Laurent. „Also werde ich den Verräter umbringen.“ Er setzte das Messer an Milos Hals an, doch bevor er ihn ernsthaft verletzen konnte, stürzte ich mich auf ihn. Ich riss Laurent von ihm herunter und hielt ihm meine Waffe an den Kopf, doch er lachte nur belustigt auf. „Du hast wohl vergessen, dass ich noch einen meiner Männer hier habe.“ Er zeigte auf den Mann hinter uns, der Milo auf die Beine zog. Er schaffte es jedoch kaum noch, ordentlich zu stehen, was mich nur noch wütender machte.
„Dann sag ihm, dass er Milo loslassen soll, oder du wirst sterben“, zischte ich ihn an.
„Erst, wenn du mich gehen lässt.“
Ich zögerte kurz, stand dann jedoch vorsichtig auf und ließ Laurent los. Er grinste mich hinterhältig an, blieb jedoch, wo er war.
Er wandte sich an den Mann, der Milo festhielt. „Lass ihn los, wir verschwinden.“ Sofort stieß der andere Milo von sich und rannte mit Laurent davon.
Ich lief zu Milo, der wieder am Boden lag und nach Luft rang. „Wie geht es dir?“, fragte ich vorsichtig. Er sah einfach nur schrecklich aus mit all den Wunden…
„Naja, es ging mir schon mal besser“, sagte er mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht.
Ich spürte, wie mir die erste Träne die Wange herunterlief, und nahm ihn vorsichtig auf die Arme. „Ich bringe dich weg von hier, ja?“ Ich sah kurz zu ihm, doch Milo hatte die Augen bereits geschlossen. „Milo? Du musst wach bleiben!“, rief ich verzweifelt, während ich ihn zum Hauptquartier der Wächter brachte. „Milo!“
Die restliche Nacht war wie ein einziger Albtraum verlaufen. Nachdem ich Milo zu den Wächtern gebracht hatte, versorgten sie ihn zwar sofort, doch es sah trotzdem nicht gut für ihn aus. Es war schon ein Wunder, dass er überlebt hatte, doch am meisten wunderten sich alle darüber, wie er es zu ihnen geschafft hatte. Die ganze Zeit über hatte ich an seinem Fenster gesessen, doch sein Zustand verbesserte sich nicht. Er lag nur in seinem Bett, die Augen geschlossen, und schlief.
Irgendwann bevor die Sonne aufging, flog ich schließlich zurück zum Haus. Erschöpft ließ ich mich in mein Bett fallen und sah mich um. Es kam mir alles so fremd vor, obwohl ich gerade mal einige Stunden weggewesen war. Ich fühlte mich als gehöre ich nicht hier hin, als sollte ich woanders sein. Vorsichtig ging ich zum Fenster und beobachtete den Sonnenaufgang.
Alexej hatte mir immer erzählt, wie schön es in Nam-Bay wäre, wenn die Sonne aufging. Vielleicht saß er genau jetzt mit Natalja am See und sah sich ebenfalls den Sonnenaufgang an…
Ich verdrängte jeglichen Gedanken an Alexej und spürte, wie mir langsam die Augen zufielen. Ich legte mich langsam in mein Bett und zog die Decke bis zum Kinn. Eigentlich wollte ich noch mit Nymphadora reden, doch nun hatte ich einfach nicht mehr die Kraft dazu…
Als ich am nächsten Tag erwachte, war es bereits hell. Ich stand vorsichtig auf und sah aus dem Fenster. Anscheinend müsste ich mit meinem Besuch bei Milo noch eine Weile warten…
Also setzte ich mich vor meinen Schreibtisch und holte wieder einmal mein Schreibzeug heraus. Zwar wollte ich Alexej keine Briefe mehr schreiben, doch solange ich sie nicht abschickte, konnte ich mir selber auch keine Vorwürfe machen.
Ich schrieb in den Brief alles herein, was mich seit den letzten Tagen beschäftigte; angefangen bei dem Kuss zwischen mir und Milo, wie Alexej mit Natalja geschlafen hatte und schließlich der Angriff auf die freien Hüter. Als ich von Milo schrieb und wie schwer er verletzt wurde, kamen mir wieder die Tränen. So konnte es unmöglich weitergehen, ich konnte ihn nicht weiter diesen Gefahren aussetzen…
Nach ungefähr drei Seiten hörte ich schließlich auf, zu schreiben. Ich hätte so noch ewig weitermachen können, doch ich wollte meine Zeit nicht so verschwenden und lieber zu Milo gehen –auch, wenn es am Nachmittag noch sehr riskant war. Ich steckte den Brief dennoch in meine Tasche und machte mich auf den Weg.
Ich warf wie immer meinen Mantel um und versuchte, mich zwischen all den Leuten hindurch zu drängen. Die meisten nahmen mich gar nicht erst war, was mir nur recht sein konnte, und gingen einfach an mir vorbei. Einige drehten sich nach mir um, wenn ich an ihnen vorbeilief, aber ließen mich ansonsten in Ruhe. Nach einer Weile kam ich schließlich am Hauptquartier an. Es sah wie immer schäbig aus, doch damit hatte ich mich mittlerweile abgefunden. Ich kletterte die Hauswand hinauf und hielt vor dem dritten Stock. Milo lag noch immer in seinem Bett, doch im Gegenteil zu letzter Nacht hatte er die Augen geöffnet. Er lag einfach da und starrte vor sich hin.
Vorsichtig stieg ich durch das Fenster hinein und stellte mich neben ihn ans Bett.
„Evi, was machst du denn hier?“, fragte er leise.
„Ich muss mit dir reden.“ Ich versuchte, ernst zu bleiben und nicht schwach zu wirken bei dem, was ich ihm nun zu sagen hatte.
„Ich bin mir sicher, dass es mir bald besser gehen wird, dann können wir wieder los um Laurent zu suchen und…“
„Du wirst nicht mehr mitkommen.“
„Was?“ Er sah mich erschrocken an und setzte sich auf. „Evi, mir geht es schon viel besser…“
„Ich will dich aber nicht mehr dabei haben.“
In seinem Blick veränderte sich etwas, er sah mich nicht mehr so entsetzt, sondern eher traurig an. „Ich dachte, wir…“
„Milo, ich konnte dich noch nie leiden. Ich brauchte dich nur, um bei der Suche nach den Hütern voran zu kommen. Den Rest schaffe ich alleine, dazu brauche ich dich nicht.“ In mir sträubte sich alles dagegen, diese Worte zu sagen, doch es musste sein. Ich konnte nicht zulassen, dass Milo noch einmal verletzt wurde, nur weil ich unbedingt gegen die Hüter vorgehen wollte…
„Also war das alles nur gespielt?“
„Ja. Ich hasse dich. Schon seit ich dich das erste Mal sah. Ich möchte nicht, dass du nach mir suchst oder versuchst, mir irgendwie zu helfen, ich will einfach nur meine Ruhe vor dir haben.“ Ich konnte förmlich sehen, wie ich ihm das Herz brach, doch es konnte auch nicht so weitergehen wie bisher. Ich drehte mich um und ging zum Fenster, damit er meine Tränen nicht sah. „Lass mich einfach in Ruhe, ich werde mein Leben weiterführen und du deines.“ Ohne auf seine Antwort zu warten, sprang ich heraus und rannte die mittlerweile dunklen Straßen entlang. Seit der Trennung von Alexej hatte ich nicht mehr so gelitten, doch ich wollte Milo auch nicht unnötig in Gefahr bringen. Früher oder später würde er über mich hinwegkommen und froh sein, dass er nicht weiter mit einer Sukkubus zusammenlebte.
Wie immer ging ich zu der Wiese, auf der wir den Angriff auf Venedig bemerkt hatten. Ich ließ mich auf das feuchte Gras fallen und schloss die Augen.
Ab jetzt war ich auf mich allein gestellt. Ich hatte keine Ahnung, wo ich nach Laurent suchen sollte, doch ich musste ihn finden. Ansonsten würde er sich wieder einige Leute suchen, mit denen er gegen die Hüter vorgehen würde.
Als die Sonne aufging, lag ich immer noch wach auf der Wiese. Erst jetzt bemerkte ich, wie trostlos die Stadt eigentlich aussah. Viele Häuser waren noch beschädigt von dem Angriff, ihre Wände waren geschwärzt und die Dächer teilweise eingestürzt. Es war schrecklich, dass ein einziger Tag solche Folgen auf die Stadt hatte, vor allem, da die Leute sonst immer diese Fröhlichkeit ausstrahlten. Doch seitdem waren viele einfach nur verängstigt, sie liefen mit gesenkten Köpfen durch die Straßen und verschanzten sich in ihren Häusern. Ich fragte mich, wie es seitdem wohl in Fortezza vorging. Wahrscheinlich ließen sie die Schüler nicht mehr ohne Aufsicht außerhalb der Schule herumlaufen und beaufsichtigten auch das Schulgelände selbst.
Ich versuchte, mich ein wenig zu entspannen, und schlief schließlich ein.
kruemelkeks Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von xXMiaXx am 01.01.2012 - 17:58 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 31.12.2011 - 14:13 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 31.12.2011 - 14:00 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 31.12.2011 - 13:23 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 30.12.2011 - 20:14 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 29.12.2011 - 20:03 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b issa gar ni :D xD toll da wirste den typen im 2.teil bei mir sicher och ni leidn könn :D naaa super :D noch so ein arsch :D n bisschen arschloch müssn se sein sonst isses ja langwielig xD naja aber ni so dolle :) wann kommt was neues von dir? gleich, muss nur noch was für die beschreibung suchen^^ & das kann ne weile dauern xD |
xXMiaXx Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von kruemelkeks am 31.12.2011 - 14:13 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 31.12.2011 - 14:00 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 31.12.2011 - 13:23 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 30.12.2011 - 20:14 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 29.12.2011 - 20:03 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b issa gar ni :D xD toll da wirste den typen im 2.teil bei mir sicher och ni leidn könn :D naaa super :D noch so ein arsch :D n bisschen arschloch müssn se sein sonst isses ja langwielig xD naja aber ni so dolle :) wann kommt was neues von dir? |
kruemelkeks Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von xXMiaXx am 31.12.2011 - 14:00 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 31.12.2011 - 13:23 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 30.12.2011 - 20:14 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 29.12.2011 - 20:03 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b issa gar ni :D xD toll da wirste den typen im 2.teil bei mir sicher och ni leidn könn :D naaa super :D noch so ein arsch :D n bisschen arschloch müssn se sein sonst isses ja langwielig xD |
xXMiaXx Re: Re: Re: Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von kruemelkeks am 31.12.2011 - 13:23 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 30.12.2011 - 20:14 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 29.12.2011 - 20:03 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b issa gar ni :D xD toll da wirste den typen im 2.teil bei mir sicher och ni leidn könn :D naaa super :D noch so ein arsch :D |
kruemelkeks Re: Re: Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von xXMiaXx am 30.12.2011 - 20:14 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 29.12.2011 - 20:03 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b issa gar ni :D xD toll da wirste den typen im 2.teil bei mir sicher och ni leidn könn :D |
xXMiaXx Re: Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von kruemelkeks am 29.12.2011 - 20:03 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b issa gar ni :D |
kruemelkeks Re: Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von xXMiaXx am 29.12.2011 - 08:34 Uhr) Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P isser wohl :b |
xXMiaXx Re: Re: geschafft :D - Zitat: (Original von kruemelkeks am 28.12.2011 - 20:04 Uhr) Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b naja und dein scheiß alexej is oh ni besser :P |
kruemelkeks Re: geschafft :D - Zitat: (Original von xXMiaXx am 28.12.2011 - 19:42 Uhr) ach man, die soll doch zu dem milo zurück gehen oder er soll auch sowas werden wie evi :D scheiß auf alexej der sich an die nächst beste ranmacht -.- und du regst dich über baldric auf :P ja baldric is ja och scheiße :b |