Nach dem Zerstörung der Regierung, des Systems muss es weiter gehen. Man kann nicht stehen bleiben. Aus den Zerstörern werden nun die Schaffer der neuen Welt.
„Wir sind festgenagelt“, er brüllte laut, dennoch drang kaum ein Wort zu der Angesprochenen.
Natalie zog ihr Magazin aus der Waffe, um zu erkennen, das die Lage wirklich so aussichtslos war wie sie schien, als sie ihr letztes in ihr Sturmgewehr schob.
Die Revolutionäre hatten sich ein einem ehemalige Wohnhaus verschanzt. Die Hausfassade war an vielen Stellen löchrig wie ein Sieb. Drei hielten den Flur sauber vor Eindringlingen. Walter und Natalie standen am neben dem Fenster, an die Wand gepresste. Eigentlich sollten sie die Regierungstreuen auf der Straße ausschalten.
Sie strich sich ihre braunen Haare, die sich aus dem Zopf gelöst hatten aus dem Gesicht. „Fünf gegen 50, keine Muni, wie sollte es anders sein?“ Ihre Worte wurden von einer Kakophonie von Gewehrsalven begleitet. „Ficken, MG“, noch während dem Sprechen ließen sich beide auf den Bauch fallen.
Die Hände schützend über dem Kopf bemerkte Walter: „Hin und wieder könnten sie auf solche Spielereien verzichten.“
„Raus hier.“ Die beiden robbten dicht auf den Boden gepresst in Richtung Ausgang.
Das Maschinengewehr verstummt. Natalie sprang auf und feuerte eine Salve auf das Fahrzeug auf dem es befestigt war. Sie erwartete keinen ernsthaften Schaden. Reine Ablenkung. Walter rannte raus in den Flur. Er erkannte, dass nur noch Manuel und Veit lebten, Richard hatte es erwischt. Er wollte gerade Anweisung geben, als Natalie aus dem Raum sprang, vor Schrecken verzerrtes Gesicht. Sie konnte sich nicht mehr Erklären. Der Knall und die herumfliegenden Trümmer genügten.
„Raus hier, die wollen uns Rösten.“
„Runter oder hoch?“, Veits Frage wurde durch einen Trupp herauf stürmender Regierungstreuer beantwortet. Sie rannten abwechselnd, gaben sich nach hinten Deckung.
„Wieso muss es eigentlich immer noch oben gehen. Wie sollen wir da weiter kommen?“, in Manuels Stimme klang echte Verzweiflung mit. Er dachte an die Geschichten, was mit Gefangenen der Regierung passierte. Er mochte seine Körperteile so wie sie waren.
Natalie drehte sich um, ein Feuerstoß. Blut spritzte an die Wand. Wieder einer weniger. „Verdammt Manuel, uns gehört die Welt. Von so einem Dreck lassen wir uns nicht erwischen. Für die Freiheit.“ Sie liefen immer schneller die Stockwerke nach oben. Das Treppenhaus endete in einer Tür auf das Dach. Verschlossen. Walter zögerte nicht lange. Mit ein, zwei gezielten Schüsse, gab das Schloss nach. Er gab Deckung während die anderen beiden Männer ins Freie rannten. Natalie blieb stehen, holte aus einer Tasche der Weste eine kleine Dose. „Baby enttäusch' mich nicht.“ Sie legte einen Schalter um und legte sie in die Ecke. „Rennt.“
Sie ließen es sich nicht zweimal sagen. Die Häuser waren hier eng gebaut, die meisten mit Flachdach. Fast als wolle man das man über die Dächer rennen sollte. Kaum hatten sie das zweite Haus erreicht, hörten sie die Explosion. Die Revolutionäre brauchten sich nicht umzusehen. Wenn Natalie Spielzeuge von Speck bekommt, dann konnte man sich sicher sein, das sie einen Zufriedenstellten. Wenn sie sich umgedreht hätten, hätten sie gesehen, das das halbe Dach in Flammen stand und das Treppenhaus unbenutzbar war. Auf diesen Weg würde sie niemand mehr verfolgen. Doch ihre Feinde hatten andere Mittel. Diesmal in Form eines T-62 TransÂportÂhubÂschrauÂbers, wo auch immer er hergekommen war. Wahrscheinlich hatte er in der Nähe gewartet. Die zwei HochÂleistungsÂmaschinenÂgewehre unter den Flügel konnten mehr als nur die Landezone sichern. Jeder Rotor am Ende der Flügel bescherten ihm einen stabilen Flug, während er ohne Unterlass feuerte. Der Pilot im aus dem Rumpf hervorragenden Cockpit, brauchte kaum etwas machen. Der Bordcomputer flog den Helikopter fast alleine.
Natalie hatte mit ihrem Team Deckung hinter einer kleinen Mauer gefunden die ein Begehbares Dach begrenzte. Die Backsteine würden aber den Beschuss nicht lange standhalten.
„Verdammt was ist denen so gelegen an dieser Gegend?“, brüllte Walter.
Sie zuckte nur mit den Schultern. Manuel schrie zurück: „Mach dir darüber später sorgen, erstmals müssen wir hier raus, verdammt.“
Das größte Problem an MGs war, das viele von ihnen die Neigung haben, zu überhitzen. Noch schlimmer war, wenn der Feind es von einer Gewöhnlichen Feuerpause unterscheiden konnte. Wahrlich Fatal war, wenn der Pilot an Passagiertransporten ausgebildet wurde und vom Krieg nicht die leiseste Ahnung hatte. Er wunderte sich über die Fehlermeldung auf dem Display, aber nicht lange. Veit war aufgesprungen und feuerte. Das Glas hielt die Kugel ab. Wenigstens die ersten. Bald schon waren Kratzer und Risse zu erkennen. Für einen Augenblick dachte der Pilot ihm könne nichts passieren. Sein Hubschrauber war für den Einsatz im Krieg ausgerüstet gewesen. Er hatte recht. Bis Veits Hand verrutschte, vom Normalen Abzug zu dem für den Unterlaufgranatwerfer. Ohne auf das Ergebnis zu warten sprang er wieder hinter die Deckung. Die Geräusche ließen aber nur einen Schluss zu.
Als es Still wurde, stand erst Natalie, dann Walter und Manuel auf, zum Schluss Veit. Er musste sich erst einmal überzeugen, das er sich nicht in die Hose gemacht hatte. So sicher war er sich nicht mit den überhitzten MGs.
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Der Wind zog mild über die Felder. Lange war hier schon nichts mehr angebaut worden. Das Getreide wurde von Unkräutern verdrängt, die so hoch wuchsen, das vier Freunde lagern konnten und sich sicher waren, nicht entdeckt zu werden. Selbst mit Luftüberwachung, war es nur schwer sie zu finden. Walter hielt dennoch Wache. Sei es aus Gewöhnung oder Paranoia. Um die Zeit zu vertreiben erlaubte er sich an die Vergangenheit zu denken, nahm nur noch unterbewusst die Umgebung war.
Die Ãœberwachung nahm zu, die Ãœbergriffe der Polizei erreichten bedrohlich Ausmaße, Elend und Not wurden Alltäglich, der Staat kontrollierte selbst das Scheißen des kleinen Bürgers. Man war kein Mensch, nur eine Zahl, nur ein Teil des Fundaments des Wohlstands. Selbst der dümmste und bequemste konnte das nicht auf Dauer ertragen. „Wir wollen Rechte, Freiheit und ein Leben“, wurde plakatiert, geschrien. Doch der Staat reagierte nur mit Gewalt gegen die erst noch friedlichen Demonstranten. Bald schon flogen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper. Autos wurden angesteckt, Fenster eingeschlagen. Auf den Straßen der so sicheren Industrieländer herrschte bald schon Krieg. Die Zahl der Toten erreichten schon bald die Tausende, allein in diesem Land. Ehe die Regierung, den kleinen Mann vernichten konnte, brannten die halbe Hauptstadt. Die Polizei, verlor die Koordination, das Militär erhielt keine Befehle. Die Anarchie war ausgebrochen. Das System war zerbrochen.
Walter spürte förmlich wie er wieder Steine warf. Die Befriedigung, als er merkte, wie das Gesicht des Bullen aufplatzte, wenn er darauf einschlug. Die innere Wärme der brennenden Autos. Er war ein Anarchist der ersten Stunde. Noch bevor das Chaos begann hasste er den Staat. Der hatte zu viel in sein Leben eingegriffen. Niemand diktierte ihm etwas. Er hatte einen eigenen Kopf. Er würde ihn nutzen bis er verfault.
Eine Bewegung riss ihn aus seinen Gedanken. „Wieder Wache?“, gähnte Natalie. Sie wickelte sich aus ihrer Decke. Man brauchte kein Licht um zu erkennen, das sie noch einige Zeit Schlaf brauchen würde um sich halbwegs als Wach zu bezeichnen.
„Wieder Wache“, bestätigte er, „Solang es noch Idioten gibt die zur Regierung halten, oder Monstren die meinten sie könnten alles tun, werde ich nicht selig schlafen können.“
„Wenn du die Menschheit loshaben willst fang' bitte nicht bei dir an.“
„Die Anarchie ist das beste System, es gibt für niemanden Nachteile und für jeden Vorteile.“
„Wenn nicht der Mensch ein Teil dieses Systems wäre.“
Walter seufzte. Mehr Bestätigung wollte er nicht liefern. Doch er wusste genau, das Natalie recht hatte.
Schweigend erinnerten sie sich daran wie es früher war. Ganz am Anfang, als sie noch kleine Scheißer waren, damals als die Leute noch halbwegs zufrieden waren, die Wirtschaft mehr oder minder florierte und der Staat dem Bürger wenigstens ein wenig Luft ließ. Auch schon da wollten sie beide den Sturz des Schweinesystems. Sie wollten keinen der ihnen Regeln gab und die mit Härte und Gewalt auch durchsetzte. Schon als Jugendliche kannten sie den Innenraum eines Gerichtes. Wussten wie es sich anfühlte wenn der Richter die Worte der Strafe aussprachen. Sie wurden davon aber nicht in die Bahn der Folgsamen gedrängt, nein, ihr Hass wurde noch viel Größer.
Jede Demonstration gegen den Staat, nahmen sie mit. Keine Möglichkeit Chaos zu sähen, ließen sie aus. Jeder der etwas von irgendeinem Führer predigte musste aufpassen, nicht ihre Fäuste oder Stiefel zu spüren.
Natalie sah Walter an. Ihre Ideale verband sie. Der Grund ihrer engen Freundschaft, doch hatte sich nie mehr Entwickelt. Sie fand es schade, sehnte sie sich doch ein wenig nach menschlicher Nähe, aber passte Liebe in ihre Vorstellung des Absoluten Chaos?
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Man empfing sie mit einer Menge Jubel, was aber noch viel wichtiger war, mit einer Menge Alkohol. Vor allem Veit, hatte er doch einen T-62 zerstört. Eine beachtliche Leistung. Es würde einige Wochen bis Monate dauern, bis die Regierungstreuen einen neuen bauen konnte.
Etwas das mit der Anarchie einherging; das Erliegen der Industrie. Wer will freiwillig am Fließband stehen? Jetzt wo ihm alles ermöglicht wird. Natürlich ein paar Fabriken produzieren weiter. Sie bildeten oft das Zentrum einer Kommune, doch die Erzeugnisse wurden weniger, immerhin brauchten die meisten Fabriken, Rohstoffe und Energie. Sie waren auf Zulieferer angewiesen. Etwas das man sehr schwer fand.
Der größte Vorteil der Regierungstreuen war ihre Ausrüstung. Das meiste hatten sie aus alten Militärbeständen. Eine endliche Quelle. Je mehr zerstört wird, desto eher wird eine Chancengleichheit geschaffen.
Natürlich wäre der Jubel noch größer ausgefallen, hätten sie den T-62 erbeutet, doch ein solcher Hubschrauber benötigt etwas um ihn anzutreiben, vermutlich wäre er ausgeschlachtet worden. Mit manchen Teilen konnte man Handeln, mit anderen selbst etwas anfangen.
Die ganze Feier getrübt durch Richards Ableben außerdem durch die beunruhigend Nachrichten, das die Regierungstreuen soviel Mann und Gerät aufbrachten um durch die Stadt zu ziehen. Andere Trupps hatten ähnliches berichtet. Es ließ nur einen Schluss zu; als Ordnung getarnte Tyrannei breitete sich immer weiter aus. Wie eine Krankheit infizierte sie alles. Ehe man sich versah war wieder ein System etabliert, in dem keiner glücklich wird außer die Obersten.
„Ich bin ungern hier. Es gibt Jagd-Gesellschaften“, stellte Walter fest, als Natalie zu ihm trat. Er hatte sich aus dem Trubel zurück gezogen. Genoss den Blick in die Leere. Auch wenn nicht weit von ihnen ein Dorf lag, war es doch leer. Der Ausbruch hatte vielen Menschen das leben gekostet, andere waren in unbesiedelte Gebiete gezogen, weit in den Osten und Norden, um den Kämpfen zu entgehen.
„Ich weiß, aber es gibt hier auch Felder, bestellte. Wir brauchen was zu essen“, mit einem Blick auf seine Bierflasche fügte sie hinzu: „und zu trinken.“
Walter starrte noch immer in die Leere. Er wollte sie nicht ansehen. Er wollte niemanden ansehen. Eine Welle von Depressionen hatte ihn erfasst. Etwas, das die letzte Zeit immer häufiger geschah. Sein Glaube an die Anarchie fing an zu bröckeln. Sein Lebensziel fing an zu bröckeln. In seinen Träumen funktionierte es perfekt, das regierungslose Regierungssystem, doch in der Realität sah es anders aus.
Als deutlich wurde, das er nichts darauf erwiderte fuhr sie fort: „Wenn es hier Jäger gibt, gibt es hier keine Regierungstreuen. Vielleicht finden wir ein paar neue Anhänger.“
„Wieso gründen wir nicht einfach eine eigene Kommune. Leben unser ungeregeltes Leben bis zum bitteren Ende?“
„Du weißt genau was passieren wird, wenn die Regierungstreuen davon Wind bekommen. Wir sind ihre größten Feinde. T-62 wären dann unsere kleinste Sorge. Solang sie so viel von ihrem Kriegsgerät haben bleibt uns nichts anderes übrig als durch die Gegend zuziehen, Anhänger zu finden und den Arschlöchern die Hölle heiß zu machen.“
Walter seufzte laut Jetzt wo der Staat zerstört ist, war es die Aufgabe etwas neues zu errichten. Eine Mission die einem Zerstörer mehr als schwer fiel.