Beschreibung
Pessahfest in Israel vor 10 Jahren
Das Glas erhoben, gebannt auf den hochgewachsenen Mann am anderen Tischende blickend, seinen erhebenden Worten lauschend. Seine Sprache ist mir fremd, doch die jungen Frauen um mich herum strahlen erst, dann lachen sie erfreut, also freue ich mich mit ihnen. Er bringt seine Ansprache zum Abschluss, die Menschen um mich herum prosten und stoßen strahlend an. Der kristalline Klang hebt noch die Stimmung.. Ich stoße mit der Dame zu meiner rechten an und leere mein Glas.. Die Coke ist schön kalt, Alkohol kriege ich noch keinen, nicht dass ich welchen wollte. Jemand schaltet die Anlage ein, fröhliche Musik ertönt.
Einige Leute wollen einen Tanz wagen… Die Wohnung erbebt, das Geschirr tänzelt auf dem Tisch, die Vibration spüre ich bis in die Knochen. Erneut klirren die Gläser, diesmal mit einem bedrohlichen Unterton. Dann kommt die Schallwelle, der folgende Druck belegt das Trommelfell. Im Hinflug habe ich zum Glück gelernt wie man das reversiert. Alle anwesenden starren sich erschrocken an. Man ahnt was geschah, aber die Unsicherheit bleibt. Der Mann schaltet den Fernseher ein, doch noch ist nichts extraordinär. Eine der Frauen ruft die Anderen in die Küche, sie sollen aus dem Fenster sehen.
Ich dränge mich zwischen die Gäste um einen Platz am Fenster zu ergattern, zum Glück bin ich nicht allzu groß. Ich schaue Richtung Meer, ein e grelle Flamme erleuchtet die Nacht, nur wenige hundert Meter von unserem Haus. Sirenen heulen, Menschen schreien, die Panik ist beinahe greifbar. Eine Oase der Stille umgibt mich, die Welt herum vibriert erneut. Diesmal kann ich es sehen. Staub und Gestein werden am Ort der Flamme empor geschleudert, wieder dieser unheimliche Druck der meine Ohren belegt. Die Fenster in den umgebenden Häusern zerspringen, wir haben Glück, dass unsere geöffnet sind.
Die Schreie sind verstummt. Wir stieren weiter gebannt in die Nacht, unfähig das Geschehene zu erfassen, unfähig das Ausmaß dessen was passiert ist zu begreifen. Eine unbestimmte Zeit bleiben wir noch regungslos am Fenster, doch langsam kehren die Gäste zum Wohnzimmer zurück. Nun sammeln wir uns vor dem Fernseher, denn langsam trudeln die ersten Informationen ein. Der Schock sitzt noch immer tief, weicht jedoch der Resignation Aufgeregte Menschen werden gezeigt, Rettungskräfte, Militärangehörige.
Dann wird das Foto eines Mädchens in etwa meinem Alter, in einen Hijab gehüllt, gezeigt. Daneben wird eine Schwarzweiß-Aufnahme eingeblendet, sie geht eine Lobby entlang. Andere Menschen gehen unbeschwert an ihr vorbei, dann vergehen sie in der Detonation, die Einblendung ist zu ende. Die Sprecherin plappert aufgeregt irgendetwas, die Laufschrift kann ich genauso wenig erklären. Meine Schwester übersetzt das Gezeigte. Eine etwa 14-jährige kam in das nun zerstörte Hotel und sprengte sich und die Anwesenden.
Als die Rettungskräfte eintrafen um die Verletzten zu versorgen, explodierte ein weiterer Sprengsatz. Eine beliebte Möglichkeit die Opferzahlen nach oben zu treiben und die Angst noch zu steigern. Fassungslos über den unermesslichen Hass, verwerfliche Verachtung jeglichen menschlichen Lebens. Indoktrination und Agitation schon im frühkindlichen Alter, die Vorbereitung auf ein Leben für den Tod.
Die darauffolgende Zusammenfassung der Attentate dieser Woche hebt die Stimmung auch nicht gerade. Zerrissene Busse, zerschmetterte Fassaden, zerfetzte Leiber. Der Fernseher wird schwarz. Jemand hat ihn abgeschaltet. Wir nehmen wieder unsere Plätze am Tisch ein, fassen uns bei den Händen, senken unsere Köpfe und schließen unsere Augen.
- Feiern sie Pessah in Netanya und erleben sie unvergessliche Momente für die ganze Familie.