Beschreibung
3. Nachgedanken und gelöschte Flammen
Das dritte und letzte Kapitel des Gesangs vom Sterben des großen Wolfes.
Vielen Dank an alle Leser, die sich die Geschichte angetan haben.
Die vollständige Version erscheint demnächst.
3. Nachgedanken und gelöschte Flammen
„… auf ewig verflucht…“
Obwohl die Worte auf der Lichtung verklangen, hallten sie in den Herzen der Zuhörer noch lange nach und die damit verbundenen Emotionen gruben sich tief in den Geist und die Herzen der Betrachter, als die Sphäre aus farbigem Feuer und Rauch zu schwinden begann und gleichsam einer rückwärtslaufenden Filmaufnahme zurück in die Tonschalen gesaugt zu werden schien.
Völlige Dunkelheit legte sich über die Lichtung, die für gerade noch vom Licht beschienen Augen der Besucher umso undurchdringlicher erscheinen musste. Das Schnappen nach Luft, das unruhige Rascheln von Kleidung und leises Gemurmel waren deutliche Anzeichen für Angst und Schrecken, welche nun in den Zuhörern aufzusteigen begannen, Angst verlassen zu sein, allein zu sein, allein und verflucht aufgrund von Taten der eigenen Urväter, gesät von den letzten Worten und Ereignissen der Geschichte, deren Zeuge sie geworden waren.
Doch gerade als aus panischem Flüstern lautes Gerede erwachsen wollte, glommen erneut gewöhnliche Flammen in den Tonschalen auf und tauchten die Lichtung erneut in ihr warmes Licht und gaben den Zuschauern auch wieder die Möglichkeit die Erzählerin in mitten der Schalen zu erkennen, die sich nicht von der Stellte geführt hatten und deren Lippen von einem freudlosen Lächeln verzogen waren.
„Habt ihr etwa gedacht, dies alles wäre einfach nur ein kleines Abenteuer für euch? Eine kleine Ablenkung von eurem ach so langweiligen Alltag? Oder das ihr jetzt Helden wärt? Das eure Fähigkeiten keinen Preis haben? Und ihr einfach, wie zuvor, weiterleben könntet? Das nach der ersten Wandlung alles einfacher wird? Ihr Träumer…“
drang ihre Stimme schneidend mit abschätzigem, gehässigem Ton über die Lichtung, kaum mehr als ein Flüstern, aber so treffend in den Vermutungen hintern den Worten, dass alle Aktivitäten der Zuhörer mit einem Male verstummten und sie diese seltsame, fremde Frau einfach nur noch anstarren konnten, wie vom Licht geblendetes Wild.
Die blonde Frau lachte leise auf, klopfte sich etwas Erde von ihren Jeans und erhob sich dann in einer geschmeidigen Bewegung aus dem Schneidersitz, wobei ihre bernsteinfarbenen Augen die Zuhörer keinen Moment lang unbeobachtet ließen. Beinahe wie in Büchern konnte sie ihre Zuhörer lesen, die verwirrten, ängstlichen Blicke, die angespannten Muskeln, den bebenden Brustkorb, das leichte Zucken von Mundwinkeln, Fingern und Ohren, nur allzu deutlich konnte sie die Wirkung der Geschichte und der Worte sehen, die Betroffenheit, ob der als real empfundenen Ereignisse. Langsam ließ sie ihren Blick nun von einem zum anderen wandern und achtete darauf immer für einen Moment Blickkontakt herzustellen.
„Später, wahrscheinlich schon auf dem Rückweg, werdet ihr euch fragen, ob das alles wirklich passiert ist oder ob ich mit Drogen und anderen Tricks beeinflusst habe.“
fuhr sie nun mit etwas sanfterer Stimme fort, während sie sich auf ihr rechtes Knie niederließ und begann die Flammen in den Schalen zu löschen, bis nur noch eine einzige Tonschale verblieb, deren flackernde Flamme ihre Gestalt und ihr Gesicht erhellte.
„Und ich kann es euch auch nicht übelnehmen, dass ihr Zweifel habt. Aber ich kann euch dafür versichern, dass diese Geschichte genauso seit Generationen überliefert wird. Und ich kann euch versichern, dass nicht alles ohne Hoffnung ist.“
Ohne in ihrer Tätigkeit inne zu halten sprach die blonde Frau weiter und bei ihren letzten Worten griff sie in einen kleinen Lederbeutel an ihrem Gürtel und pflückte einige kleine Gegenstände heraus, welche sie den Zuhörern zu warf.
Geschickt wurden die glänzenden Gegenstände aus der Luft gefangen und näher betrachtet, was bei einigen zu einem verwunderten Aufkeuchen führte, gefolgt von fassungslosen Blicken zur nun ehrlich lächelnden Erzählerin, die ihre schmutzigen Hände an ihrer ausgeblichen Jeans abwischte, was Spuren von Ruß und Erde auf dem Stoff hinterließ.
„Ja, das sind kleine Stücke aus Silber. Eine kleine Erinnerung daran, dass selbst der Mord am Gatten von einer Mutter verziehen werden kann. Aber das ist eine andere Geschichte für eine andere Nacht. Und jetzt haut schon ab, fragt eure Mentoren aus und nervt mich nicht länger.“
Mit einem Schlenker der rechten Hand waren die Zuhörer entlassen, keiner von ihnen hatte nun noch die Energie sich durch Fragen mit dieser eigenartigen Frau anzulegen. Und so verschwanden die Zuhörer in stummer Einigkeit wieder von der Lichtung und tauchten in den Schatten des nächtlichen Waldes ein, auf ihrem Weg zurück zum Ausgangspunkt ihres Weges.
Kopfschüttelnd blickte die blonde Frau den jungen Wesen nach und löschte auch die Flamme in der letzten Schale, bevor sie sich daran machte die Lichtung erneut zu reinigen und ihre Utensilien einzusammeln. Als sie ihre Sachen in einer großen Ledertasche verstaut hatte, hob sich ihr Blick gen Himmel zum abnehmenden Angesicht des Mondes.
„Sie sind noch jung und werden lernen… Schenke ihnen diese Zeit….“ murmelte sie leise und tauchte dann selbst in den Schatten des Waldes ein.