Science Fiction
Project Albagan [2x03] Dominante Kräfte

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"Project Albagan [2x03] Dominante Kräfte"
Veröffentlicht am 03. Dezember 2011, 44 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Project Albagan [2x03] Dominante Kräfte

Project Albagan [2x03] Dominante Kräfte

Beschreibung

Neue Folgen jeden Freitag ab 19:00 online auf http://s-hilgert.blogspot.com || Auf der Suche nach Verbündeten stoßen die Expeditionsteilnehmer auf den Planeten Amzama. Doch auf dem scheinbar praktisch gelegenen Planeten werden die Dinge etwas anders gehandhabt...

Inistra // Nächster Tag, 0700h

„Sie hätten sich längst melden sollen.“

Captain Hedgefield betrachtete sorgenvoller die stummen Anzeigekonsolen im Kontrollraum über der Portalhalle.

„Ich bin mir sicher, dass alles in Ordnung ist,“ versuchte ihn die junge Frau am Kontrollpult zu beruhigen. Hedgefield hatte angeordnet, dass rund um die Uhr jemand hier war, um die Systeme zu beobachten. Im Moment hatte eine von den neuen von der Erde Dienst, eine schlaksige Deutsche, deren Namen er sich partout nicht merken konnte. Tuten oder so ähnlich.

„Meinen Sie, Gefreite?“

Sein Gegenüber grinste. Während der Anteil an internationalen Mitgliedern der Expedition unter der Zivilbevölkerung ziemlich hoch war, entstammten nach wie vor fast alle Militärs den USA oder bestenfalls Kanada. Das wusste auch der Captain, und deshalb versuchte er, vornehmlich um seiner Tochter ein gutes Vorbild zu sein, die wenigen internationalen Untergebenen, die er hatte möglichst freundlich zu behandeln. Davon abgesehen fiel es fast nie auf, dass er die Namen seiner Gegenüber nicht kannte oder nicht aussprechen konnte, wenn er deren Heimatsprachliche Dienstradbezeichnung verwandte.

„Ich hoffe es. Ansonsten müssten wir eine Rettungsaktion starten, und auf die kann ich eigentlich verzichten…“

Der Captain musste grinsen. Er wollte etwas erwidern, doch in dem Moment ging sein Funkgerät. Es war Rosenthal

„Schon was Neues?“

„Negativ. Wir stehen uns nach wie vor die Beine in den Bauch.“

„Wissen Sie, Captain, wenn Sie den General ganz lieb bitten, stellt er Ihnen vielleicht einen Stuhl in den Kontrollraum.“

Der Captain schnaubte unwillig. Ein bisschen Humor war gerade unter den ständig angespannten Bedingungen hier draußen sicherlich hilfreich, aber er musste aufpassen, dass er nicht zur Witzfigur verkam.

„Spotten Sie nur,“ sagte er also, „Sie können ja gerne kommen und mich ablösen.“

Er hörte Rosenthal am anderen Ende Lachen.

„Bestimmt. Aber im Ernst, wenn die sich nicht bald melden, sollten wir mal nachforschen, was da los ist. Wann sollten sie sich ursprünglich melden?“

Der Captain blickte auf seine Uhr.

„Vor knapp 12 Stunden. Eine Stunde gebe ich ihnen noch, dann senden wir einen Suchtrupp.“

„Captain, ich sollte bei diesem Rettungstrupp dabei sein.“

„Dr. Rosenthal, sie tragen einen Gips und gehen auf Krücken, und wir haben keine Ahnung was da auf der anderen Seite vor sich geht. Möglicherweise lauert auf der anderen Seite eine Falle, wir haben ja keine Ahnung was dort vor sich geht. Nein, tut mir leid, aber das kann ich nicht verantworten!“

„Captain, wenn die anderen in Schwierigkeiten stecken kann Jan mir über die Neurotransmitter wichtige Informationen übertragen. Und Sie wissen genauso gut wie ich, wie wichtig Informationen im Fall einer Rettungsaktion sein können.“

Hedgefield seufzte.

„Doktor, sie können kaum in normaler Geschwindigkeit gehen! Was wollen Sie denn machen, wenn sie einen Rückzug antreten müssen? Wir wissen ja noch nicht mal, wie es auf der anderen Seite aussieht! Auf gar keinen Fall werde ich Sie da hingehen lassen.“

Auf der anderen Seite der Verbindung trat gerade Dr. Carabezzoni in Mary Lus Krankenzimmer. Er hatte einen besorgten Gesichtsausdruck, während er an das Bett herantrat auf dem Mary Lu saß.

„Er will Sie nicht gehen lassen, hab ich Recht?“, fragte er und deutete auf den Gipsfuß, den Mary Lu auf einen Hocker gelegt hatte. Sie nickte.

„Ist auch besser so“, kommentierte der Doktor, „aus ärztlicher Sicht jedenfalls. Ich kann verstehen, warum sie gehen wollen.“

Mary Lu seufzte.

„Können Sie mir nicht ein Schmerzmittel verschreiben, was mich noch mal für ein paar Stunden einsatzfähig macht?“

Der Arzt dachte einen Moment nach.

„Könnte ich,“ sagte er dann, „aber das würde Ihren Kopf so vernebeln, dass ich Sie erst recht nicht gehen lassen könnte.“

„Und wenn Sie es mir für den Notfall mitgeben? Gips ab, meinetwegen die Krücken, und für den Notfall eine Spritze mit Morphium oder so?“

„Meinen Sie denn, Sie würden die Spritze rechtzeitig injizieren können?“

Rosenthal nickte. Der Italiener betrachtete sie zweifelnd. Dann nickte er und griff zu einer Gipsschere.

„Aber wehe, Sie ruhen sich nach diesem Irrsinn nicht mindestens zwei Wochen lang aus.“

Rosenthal lächelte und sah ihm in die Augen.

„Danke.“

Inistra, Konferenzraum

Die Stimmung war denkbar schlecht. Am Kopfende des langen Konferenztisches saß Captain Mike Hedgefield, das Gesicht eine einzige Schlechtwetterfront, und sah seine Tochter Abby eindringlich an. Es war gerade zwei Tage her, dass sie aus der Vergangenheit zurückgekehrt war, in die sie zusammen mit der Mechanikerin Laura Craig katapultiert worden war. Ansonsten saß nur noch Jan Ferden am Tisch, einen besorgten Gesichtsausdruck zur Schau stellend.

„Wenn es um die Beschwerde von Dr. Lee geht, das kann ich erklären“, sagte er in die unheilvolle Stille hinein.

„Es geht nicht um Dr. Lee“, erklärte Hedgefield, „es geht um etwas ganz anderes. Erinnern Sie sich noch an den Herbst letzten Jahres?“

Jan nickte.

„Nur zu gut“, murmelte er, böse ahnend worauf der Captain hinauswollte.

„Wie schön, ich nämlich auch. Sie haben mir damals dazu geraten meine Tochter mit hier her zu nehmen, wissen Sie auch noch, was Sie damals gesagt haben, warum ich das tun sollte?“

Jan seufzte, während Abby die Stirn runzelte. Inzwischen bekam sie so eine Ahnung, worum es gehen würde, und vor allem, dass hier etwas über ihren Kopf hinweg entschieden werden sollte.

„Sagen Sie es mir.“ In Jans Stimme lag ein Anflug von Trotz.

„Sie sagten damals, es sei sicherer, wenn sie hier sei-“

„Ich sitze auch hier, okay!?“ warf Abby verärgert ein. Sie hasste es wenn man von ihr in der dritten Person sprach während sie dabei war. Doch ihr Vater überging ihren Einwand einfach.

„Können Sie sich jetzt daran erinnern, wie Sie mir aufgezählt haben, warum es ihr hier viel besser gehen würde als auf der Erde? Ja? Dann darf ich Ihnen jetzt mal was aufzählen, Dr. Ferden.“

„Ich werde Sie wohl kaum daran hindern können…“

„Seit Abby hier ist, wurde sie entführt, beinahe als Sklavin Gott-weiß-wohin verkauft, sie ist hypnotisiert worden um eine Revolution hier in der Stadt anzuführen, wurde angeschossen und ist fast gestorben und ist schlussendlich in der Zeit zurück versetzt worden. Können Sie mir erklären, wie das sicherer sein soll als auf der verdammten Erde?“

„Nochmal, ich sitze hier, genau neben dir! Da hab ich ja wohl auch ein Wort mitzureden, oder?“

Der Captain starrte sie mit finsterem Blick an, und Abby verstummte wieder.

„Ich höre?“, forderte der Captain seine Antwort ein. Jan seufzte.

„Es ist in der Tat einiges passiert in der kurzen Zeit“, begann er, „aber ich glaube nicht, dass alles was hier bisher passiert ist schlecht war. Klar, viele der Situationen hier waren ziemlich gefährlich, aber so etwas trägt wie kaum etwas anderes zur Charakterbildung bei. Und davon abgesehen, was wäre denn die Alternative? Abby ist ja, soweit ich weiß noch nicht volljährig, müsste also im Zweifelsfalle entweder in ein Waisenhaus oder Internat. Wobei ich mich über ihren finanziellen Hintergrund nicht weiter auslassen möchte, aber ich glaube ein Internat zu bezahlen, welches in der Tat positiv zum Charakter beitragen würde übersteigt wahrscheinlich die Fähigkeiten von allen Teilnehmern dieser Expedition. Und was ihre Nahtoderfahrung betrifft, ich dachte immer ihr Amerikaner würdet so einen Einsatz für grandios und gerade zu das non-plus-ultra ansehen. Davon abgesehen war es unheimlich mutig, da kann man sagen was man will.“

„Darf ich jetzt vielleicht auch mal was sagen, bevor ihr beiden hier meine Zukunft aushandelt, ohne dass ich ein Wort dazu gesagt habe?!“

Der Captain seufzte.

„Bitte“, meinte er resignierend.

„Also ich geb ja zu, dass einiges was ich hier gemacht habe oder was mir passiert ist ziemlich gefährlich war. Aber das hier ist sicherlich einer der außergewöhnlichsten Orte mit den außergewöhnlichsten Menschen, die ich jemals gesehen habe. Und ich könnte nicht einfach wieder zurück gehen, jetzt wo ich weiß, was es da draußen noch alles gibt. Vor allem zu wissen, welche Bedrohung da draußen wartet -  der Gedanke daran, einfach irgendwo auf der Erde zu sitzen und heile Welt zu spielen, während hier möglichweise ein Krieg tobt, das würde mich wahnsinnig machen. Und außerdem sind wir zum ersten Mal seit ich mich erinnern kann wir beide als Familie hier. Ich hab nie großartig was von dir gesehen, und jetzt wo wir mal beide am selben Ort sind, willst du direkt wieder, dass ich gehe.“

Hedgefield seufzte.

„Ich mache mir einfach verdammt große Sorgen um dich. Klar es ist großartig hier, aber eben auch extrem gefährlich. Und mir wäre wohler wenn du irgendwo sicher auf der Erde wärest.“

Abby blickte zu Jan hinüber. Das Blatt begann sich zu wenden.

„Aber meinen Sie denn wirklich,“ ergriff Ferden wieder das Wort, „dass es um Abbys Sicherheit auf der Erde wirklich besser bestellt wäre? Ich kann natürlich nur von den Verhältnissen in Deutschland auf die in den USA schließen, aber ich würde mal sagen auch da hat sich seit den Tagen Oliver Twists weder in Heimen noch auf Internaten viel getan. Und ganz ehrlich, hier sitzt ein ganzes Team daran rund um die Uhr für unsere Sicherheit zu sorgen. Alles Spitzenleute, und wenn Gefahr im Verzug ist, dann zögert hier niemand auch mal auf den Schlaf zu verzichten, nur um für unsere Leute zu sorgen. Und das können Sie von einem Schulrektor, der meist mit den simpelsten Mobbing-Fällen überfordert ist nicht gerade sagen.“

Hedgefield wollte gerade etwas erwidern, als das Funkgerät knackte. Es war Mary Lu.

„Sir, Sie sollten sich das hier mal ansehen“, kam es knisternd, nachdem sich der Captain ziemlich unwirsch gemeldet hatte.

„Welche tödliche Bedrohung ist es diesmal, Doktor?“, fragte er mit ärgerlichem Spott in der Stimme.

„Gar keine“, antwortete Mary Lu, „aber ich habe in der Datenbank einen Register mit diversen Albagan-Adressen gefunden, die wir mal untersuchen sollten. Wir könnten wertvolle Verbündete finden, und, um ihre eigenen Worte sinngemäß zu zitieren, das besser heute als morgen.“

Der Captain dachte kurz nach, dann fragte er,

„Wo befinden Sie sich?“

„Im Albagan-Kontrollraum.“

„Gut wir kommen sofort zu ihnen.“

Der Captain legte das Funkgerät auf den Tisch, dann sah zu Abby hinüber.

„Diese Diskussion ist noch nicht vorbei. Fürs erste scheint es mir tatsächlich besser wenn du bleibst, aber wehe du bringst dich wieder in Gefahr!“

Abbys Gesicht hellte sich von einem Moment zum  nächsten um mindestens das dreifache auf.

„Danke, Dad!“ lächelte sie und fiel ihrem Vater um den Hals, was der mit einem halbherzigen „Na, na“, kommentierte. Jan schmunzelte. Wahrscheinlich hätte er bei seiner eigenen Tochter auch Zweifel gehabt, aber objektiv betrachtet, war sie hier sicher besser aufgehoben als alleine auf der Erde.

„Ferden, Sie kommen mit. Ich will, dass Sie mitgehen, falls auf der anderen Seite ein Problem mit der Verbindung besteht.“

Jan nickte. Der Captain machte sich indes bereits auf den Weg zur Tür, als Jan ihn fragte, wo er denn hin wolle.

„In das Kontrollzentrum natürlich“, antwortete er unwirsch. Jan gestattete sich ein nachsichtiges Lächeln.

„Von hier oben können wir auch eins der Türportale nehmen. Die führen direkt in die Portalhalle, nur umgekehrt müssen wir noch den Zug nehmen. Aus Sicherheitsgründen.“ Damit meinte er die Einschienenbahn, die den Sublevel der Portalhalle mit der normalen Hauptebene der Stadt verband.

„Und wo soll diese ominöse Portaltür sein?“, fragte der Captain leicht gereizt. Jan deutete auf eine rechteckige Anordnung von Symbolen an der dem Kopfende gegenüberliegenden Wand. Wortlos gingen die drei Anwesenden auf die Symbole zu. Dort angekommen legte Jan seinen Finger in eine kleine Vertiefung im Stein. Sofort fingen die Symbole an hellblau zu leuchten. Aus der Decke fuhr summend eine Glühbirnenförmiges Objekt hervor, als ob es die Symbole anleuchten wollte. Der Captain zog die Augenbrauen hoch. Jan berührte eins der Symbole, welches die Form eines Dreiecks hatte, und mit einem Mal begann das glühbirnenartige Objekt zu knistern – und plötzlich erschien ein Durchgang im Fels, durch den man hinter einem leicht gräulichen Schleier eindeutig die Portalhalle erkennen konnte.

„Irre“, hauchte Abby, während ihr Vater nach wie vor mit hochgezogener Augenbraue dastand. Jan grinste und ging voran. Als er vor dem Türportal stand zögerte er kurz, aber dann atmete er kurz ein und ging hindurch. Einen Moment später stand er in der Portalhalle. Er drehte sich um, und sah durch den gräulichen Schleier, wie Abby ihm zielstrebig hinterherging. Im nächsten Moment stand sie schon grinsend neben ihm, und kurze Zeit später folgte auch der Captain. Jan drehte sich zu dem Türrahmen aus dem sie gerade getreten waren und legte den Finger auf ein kreisförmiges Symbol, woraufhin die Verbindung beendet wurde, und die vor einer Wand aus solidem Fels standen.

„Dafür sind also die ganzen Türrahmen hier,“ murmelte der Captain, „und ich dachte immer das wäre alles nur Zierde…“

„Das habe ich Ihnen aber gesagt“, widersprach Jan, während sie hinüber zum Kontrollraum liefen. Dort angekommen begrüßte sie eine hochzufriedene Mary Lu Rosenthal.

„Haben Sie noch was rausgefunden, Doktor?“, fragte der Captain.

Rosenthal nickte.

„Es scheint sich um einen im Kampf recht talentierten Zweig der Chibigo zu handeln. Ich habe die Adresse hier, wir könnten sofort starten.“

„Ausgezeichnet.“

Der Captain nahm sein Funkgerät zur Hand.

„Sergeant Charleston, nehmen Sie sich ein paar von Ihren Leuten, Sie haben eine außerplanetare Mission. Start ist in einer Stunde. Hedgefield over.“

„Hier Charleston, eine Stunde, bestätigt.“

Der Captain wandte sich zu Jan und Mary Lu.

„Ich möchte, dass Sie beide mitgehen, Dr. Ferden falls auf der anderen Seite etwas schief geht, und Dr. Rosenthal um den Kontakt herzustellen.“

„Darf ich auch mit?“, fragte Abby, auch wenn sie die Antwort schon zu kennen glaubte.

„Wir haben keine Ahnung, was uns auf der anderen Seite erwartet. Du bleibst schön hier, das ist schon gefährlich genug.“

Abby seufzte, aber die Antwort überraschte nicht wirklich.

„Wie heißt der Planet eigentlich?“, fragte Jan, auch um die Situation etwas zu entschärfen.

Aiwa Amzama“, erklärte Rosenthal und humpelte ein Stück auf sie zu. Der Captain zog die Augenbrauen hoch und fragte, warum sie denn humpelte.

„Ich hab mir den Fuß gestoßen, nichts dramatisches“, wiegelte Mary Lu ab. Der Captain jedoch bestand auf einer medizinischen Untersuchung bevor sie auf einen anderen Planeten ging, ohne zu wissen, was sie dort erwarten würde. Kurze Zeit später war Dr. Carabezzoni da, und diagnostizierte einen gebrochenen Zeh.

„Was immer Sie vorhatten, vergessen Sie es. Der Zeh braucht Ruhe, ich mache da einen Gips dran, und dann ist erst mal ein paar Tage Bettruhe angesagt.“

Mary Lu wollte protestieren, aber der Doktor zeigte sich, ebenso wie der Captain unnachgiebig.

„Dann soll Charleston den Kontakt aufnehmen. Wenn das tatsächlich ein kriegerisch geprägtes Volk ist, sollte das keine Probleme geben.“

Kurze Zeit später war auch Sergeant Ray Charleston anwesend, im Schlepptau fünf Soldaten der US-Army. Jan übermittelte die Adresse an den Wählcomputer, und zwei Minuten später traten sie nacheinander durch das Albagan.

 

Auf der anderen Seite erwartete sie ein Palast aus weißem Marmor. Eine riesige Hallo erstreckte sich vor ihnen, als sie das Albagan verließen, mindestens 60 Meter lang, schätzte Ferden und sicherlich über 30 Meter breit. Ein Kuppeldach erstreckte sich über ihren Köpfen, an der höchsten Stelle an die 20 Meter hoch, getragen von sandsteinernen Säulen, die zu beiden Seiten an den Wänden entlang standen. Direkt vor ihnen, etwa auf der Hälfte der Halle war eine übermannshohe Skulptur aufgestellt, ein stilisiertes A in Chibigo, also „A“, was auch das Symbol des Albagan-Systems war. Komplett in blau und auf einen sandsteinernen Sockel, angeleuchtet von oben wirkte es ob der Größe der Halle fast verloren. Die dahinterliegende Wand besaß einen Durchgang in Form eines Halbkreises, der Scheitelpunkt etwa zehn Meter über den Boden liegend. Darüber waren golden schimmernde Buchstaben in die Wand eingelassen.

VEKTRÖM  A  AIWA AMZAMA

stand dort, willkommen auf dem Planeten Amzama.

„Können Sie das darunter entziffern?“, fragte der Sergeant Jan, nachdem sichergestellt war, dass sie sich alleine in der Halle befanden. Jan nickte.

Gunva, Firyagh, Hunavagh ga Frowa“, las Jan vor, „Wahrheit, Freiheit, Herrschaft der… Frowa. Kommt mir bekannt vor, aber ich bin mir nicht sicher, wer hier gemeint ist. Dafür sollte Mary Lu eigentlich mitkommen.“

Charleston wollte gerade etwas nachfragen, als eine Gestalt durch den Durchgang schritt. Es handelte sich um eine Frau, geschätzten mittleren Alters – so weit solche Schätzungen bei außerhalb der Erde lebenden Menschen überhaupt möglich waren – und sie kam mit sehr energischen Schritten auf die Gruppe zu. Aus dem Augenwinkel sah Jan, wie die Soldaten die Griffe ihrer Maschinenpistolen fester packten. ‚Wenn das mal gut geht‘, dachte Jan unbehaglich. Die Frau war aber offenbar nicht bewaffnet, und der Anblick von sechs nicht gerade wenig bewaffneten Soldaten schien sie nicht weiter zu irritieren. Erst als sie praktisch direkt vor der Gruppe stand, blieb sie stehen. In dem Moment fiel Jan ein, woher er das Wort Frowa kannte: Es war ein veralteter Term für ‚Frau‘, vermutlich verwand mit dem alten deutschen Wort ‚Frowe‘.

„Wer seid ihr? Und wo sind eure Frauen?“, herrschte die Frau sie in dem Moment an. Jan war der erste, der seine Sprache wiederfand, vielleicht lag das aber auch daran, dass er der einzige war, der die Frau wirklich verstanden hatte.

„Guten Tag,“ erwiderte er also betont freundlich, „mein Name ist Dr. Jan Ferden, und das hier ist Sergeant Ray Charleston.“ Er deutete auf den Sergeant. „Wir sind Teil einer Expedition und kommen vom Planeten Inistra.“

Jan wollte noch etwas hinzufügen, doch die Frau versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, was die Soldaten dazu brachte sofort ihre Waffen in Anschlag zu nehmen.

„Nicht schießen!“, brüllte Jan sofort, während er seine brennende Wange befühlte.

„Hören Sie,“ sagte er wieder an die Frau gewandt, „hier liegt sicher ein Missverständnis vor, wir sind Forscher und Entdecker und suchen nach Verbündeten im Kampf gegen die Fuetron!“

Die Frau schwieg einen Moment, dann verpasste sie ihm eine weitere Ohrfeige.

„Du lügst! Schweig, oder ich werde jedem von euch persönlich den Kopf abtrennen!“

Dann griff sie zu einem kleinen runden Knopf auf ihrer Schulter und sprach einige unverständliche Worte hinein. Kurze Zeit später erschienen gut zwanzig bis an die Zähne bewaffnete Frauen.

„Her mit den Waffen!“, befahl eine von ihnen. Jan schaute dem Sergeant kurz in die Augen. Der Befehlshaber seufzte, und ordnete an der Fremden zu gehorchen. Als sie ihre Waffen abgegeben hatten, wurden sie mit schweren Eisenketten gefesselt.

„Ihr seid jetzt Gefangene ihrer Majestät der Matriarchin von Amzama“, erklärte die, die ihre Waffen eingefordert hatte und befahl dann sie abzutransportieren.

„Na, das ist doch super gelaufen,“ kommentierte der Sergeant mit bissigem Spott, woraufhin auch ihn eine Ohrfeige zum Schweigen brachte.

Aiwa Amzama

Es war stockfinster in der kleinen Kammer in der man sie zusammengepfercht hatte, und kalt. Inzwischen war es Nacht geworden, und nur durch einen schmalen Spalt in der Decke drang etwas Mondlicht hinein. Man hatte Jan mehrfach verhört, weil er der einzige war, der flüssig genug Chibigo sprach. Inzwischen hatte er herausgefunden, dass der Spruch Herrschaft der Frau in der marmornen Halle nur zu wörtlich gemeint war: Auf diesem Planeten schienen man als Mann nicht über einen Sklavenartigen Status hinauskommen zu können. Es erinnerte ihn alles ein wenig an eine verdrehte Version von Gor, einer Buchserie die ihm ein Studienkollege mal gezeigt hatte, und die auf einem Planeten spielte, wo es normal war, dass sich die Männer einen Harem von Sexsklavinnen hielten.

Hier auf Amzama war es offenbar genau umgekehrt, und das war das Problem: Indem sie ohne weibliche Begleitung hergekommen waren, hatten sie ein sakrosanktes Gesetz gebrochen, und da sie sich dann auch noch verständnislos und wenig demütig gezeigt hatten saßen sie nun hier. Ferden lachte leise.

What’s so funny?“, fragte Charleston gereizt.

„Einer meiner Studienkollegen, für ihn wäre das hier das reinste Paradies.“

„Wie das?“

Jan lehnte sich zurück und starrte an die schimmelige Decke.

„Der stand total auf weibliche Dominanz und so… damals war das noch ne ziemlich verruchte Sache, im Gegensatz zu heute… Ich glaub er hat hinterher eine Polizistin geheiratet… Wir waren alle überzeugt, er hat das nur wegen der Handschellen gemacht, die sie immer mit sich rumgetragen hat.“

Er lachte bei der Erinnerung.

„Und was soll daran so toll sein?“, fragte der Sergeant mürrisch.

„Das müssen Sie ihn selber fragen.“

„Dazu werden wir wohl kaum die Gelegenheit bekommen.“

Jan dreht den Kopf, sodass er das Gesicht des Sergeants im fahlen Licht des Mondes erkennen konnte.

„Warum das nicht?“

„Ich glaube kaum, dass wir hier wieder rauskommen. Die Zellen hier sind bestens geschützt, ein Ausbruch wäre Selbstmord. Und im Gegensatz zu den Filmen, die Sie wahrscheinlich so gut über die Tätigkeit der Army aufgeklärt haben, geht es am Ende nicht immer gut aus. Wir sind seit über fünfzehn Stunden überfällig, Captain Hedgefield hätte längst jemanden schicken müssen, der uns hier rausholt. Entweder hat er das nicht getan, oder aber die sind auf den selben Drachen gestoßen wie wir. In beiden Fällen wird man uns für missing in action erklären, und das war’s dann.“

„Hm. Halten Sie das für so wahrscheinlich? Immerhin sind Sie der amtierende Sicherheitschef und ich der leitende Physiker. Ich hoffe doch, dass man uns ein bisschen mehr, als eine halbherzige Rettungsaktion widmet.“

Der Sergeant schnaubte.

„Ich bin nicht besonders gut dadrin Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Ich bin mit 16 von der Schule gegangen, aber wenn ich eins hab, dann ist das Erfahrung. Und die sagt mir, dass wir hier verrotten werden.“

Jan lächelte.

„Dafür haben Sie es weit gebracht, die Schule geschmissen zu haben.“

„Alles nicht mein Fall. Die ganzen Eierköpfe, mit ihren dicken Büchern – alles nicht mein Fall. Ich packe die Dinge an, darin bin ich gut, und ich hab mir einiges an Erfahrung antrainiert. Das kann ich, und darauf kann ich mich verlassen, und meine Vorgesetzten auch.“

„Welch‘ übles Schicksal jetzt mit so einem Eierkopf in einer Zelle sitzen zu müssen, was?“, spottete Jan, auch wenn er sich ziemlich sicher war, dass der Soldat nicht gegen ihn geschossen hatte.

„Sie gehen ja noch, Ferden. Aber die meisten von denen da oben halten von einem nicht mehr als von Dreck unter ihren Schuhen, nur weil man keinen Abschluss hat.“

„Naja, ich halte ja auch von den meisten Soldaten nichts. Aber es stimmt schon, manche von den Kollegen sitzen verdammt dick in ihrem Elfenbeinturm.“

Die beiden lachten leise.

„Sie sind in Ordnung, Ferden. Nicht so wie die meisten da oben.“

„Ich fühle mich geehrt. Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ich gerne ein besseres Leben führen würde als das eines Sklaven.“

„Ich auch. Aber ich sag’s Ihnen, das wird nix mehr.“

Jan kniff die Augen zusammen.

„Wir können ja wetten. Wenn Sie gewinnen und wir hier nicht wieder wegkommen, können Sie mich meinetwegen für den Rest meines Lebens als Eierkopf bezeichnen. Wenn ich gewinne, kriegen Sie den Spitznamen Rainy.“

„Rainy? Was soll denn das für ein Name sein, bitte?“

„Na, wenn ich ihre Personalakte recht im Kopf habe heißen Sie mit vollem Namen Ray N Charleston. Ray N, macht Rayn, macht Rainy. Außerdem sagt man zu Pessimisten wie ihnen in Deutschland auch, sie sähen aus wie sechs Tage Regenwetter. Deal?“

Charleston lachte.

„Deal. Und was kommt jetzt?“

„Jetzt wird gewartet. Ich bin überzeugt, dass zumindest Mary Lu sich so schnell nicht zufrieden geben wird.“

Mit diesen Worten lehnte Jan sich wieder zurück. Und wie auf Kommando, hörte er Mary Lus Stimme in seinem Kopf.

Kurz Zuvor

Als Mary Lu die riesige Halle betrat, lief sie auf speziell gehärteten Krücken der Army und in Begleitung von vier gut Trainierten Marines. Sofort versuchte sie Kontakt zu Jan aufzubauen, aber noch bevor sie die Blockade des Neuro-Transmitters richtig gelöst hatte, trat bereits eine herrisch stiefelnde Frau auf sie zu.

„Wer seid ihr?“, fragte sie auf Chibigo, wenn auch, was Mary Lu natürlich nicht wissen konnte, wesentlich freundlicher als man Jan und den anderen begegnet war.

„Wir sind Forscher einer Expedition nach Inistra. Wir suchen nach Verbündeten im Kampf gegen die Fuetron.“

Die Frau, bekleidet mit einem langen schwarzglänzenden Mantel und eng anliegendem Bodysuit musterte die Gruppe kritisch.

Assessan ulan kolerkan ?“, fragte sie mit zusammengekniffenen Augen. Wörtlich übersetzt hieße das wohl gehören sie dir, was Mary Lu allerdings weniger als Frage des Besitzes, als als Frage der Gruppenzugehörigkeit verstand. Ein verzeihlicher Fehler, den Mary Lu aber erst später bemerken sollte. Also bejahte sie die Frage der Frau.

„Du bist krank. Warum helfen sie dir nicht?“, fragte sie, und sah die Soldaten an, als seien sie eine höchst unwillkommene Art Ratte, die sich in ihrem Wohnzimmer breit gemacht hat.

„Sie beschützen mich. Den Rest kann ich auch selber,“ sagte Mary Lu, aber besonders überzeugend wirkte sie dabei nicht. Die Frau schüttelte den Kopf.

„Das ist intolerabel,“ sagte sie, und brüllte ein paar unverständliche Worte in ein handliches kleines Funkgerät. Nur einen Augenblick später traten aus einer Seitentür vier Männer, nur mit einfachen weißen Leinentüchern bekleidet, und auf den Schultern etwas tragend, was sie an eine antike Sänfte denken ließ, eine Art tragbarer Stuhl, mit dem sich zum Beispiel römische Edelleute durch die Gegend hatten tragen lassen. Gleich hinter ihnen trugen vier weitere Männer einen ähnlichen, gleichwohl viel reicher verzierten tragbaren Stuhl heran. Die Frau ließ sich darauf nieder und bedeutete Mary Lu auf der zuerst hineingetragenen Sänfte Platz zu nehmen.

„Erzähl mir mehr über diese Expedition,“ sagte die Frau, „aber nicht hier. Ich werde uns zu einem… angemesseneren Ort tragen lassen. Für deine Männer steht für die Zeit ein entsprechender Raum zur Verfügung.“

Mary Lu grinste Belustigt über die Vorstellung, dass es sich um „ihre Männer“ handeln würde. Ohne den ausdrücklichen Befehl des Captains würde wahrscheinlich keiner von denen auf sie hören. So aber salutierte der Höchstrangige unter ihnen sogar noch, bevor sich die Träger in Bewegung setzten. Und obwohl es sich anfangs ziemlich komisch anfühlte, so war Mary Lu doch froh nicht mehr auf Krücken gehen zu müssen. Da die Frau schwieg versuchte Mary Lu in der Zwischenzeit Jan zu kontaktieren. Diesmal mit Erfolg. Jan erklärte ihr seine Theorie über die Hintergründe dieser Welt, was Mary Lu zum einen oder anderen Ach-So!-Moment verhalf.

 

Nachdem Jan das lautlose Gespräch beendet hatte, drehte er sich um und grinste.

„Tja, Rainy, ich fürchte die Wette geht an mich. Mary Lu ist hier und holt uns raus.“

Der Sergeant hob erstaunt die Augenbrauen.

„Und wie will sie das anstellen?“, fragte er, ohne auf den neuen Spitznamen einzugehen. Jan zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung“, sagte er, „aber irgendwie wird’s schon klappen.“

Damit lehnte er sich wieder zurück und wartete.

 

Zur selben Zeit wurden die beiden Frauen in einen prachtvollen Saal getragen. Die Frau, die sich in der Zwischenzeit als Hulvana Nakal vorgestellt hatte, und damit ihren Status als Oberhaupt des Planeten klar gemacht hatte. Nakal befahl, dass Mary Lus Sänfte vor einem schimmernden Thron abgestellt wurde, während die Hulvana selbst auf besagtem Thron Platz nahm. Sofort eilten zwei leicht bekleidete Sklaven herbei, um ihr als Fußhocker zu dienen. Mary Lu kniff sich heimlich in den Arm, um sicherzugehen, dass es sie nicht in die abwegige Fantasie von jemand anderem verschlagen hatte.

Als sie trotz Kneifens nicht aufwachte, erkannte sie, dass dieser Planet es mit der Herrschaft der Frauen offenbar noch viel ernster nahm, als sie gedacht hatte.

„Ich sehe, Eure Untertanen liegen Euch geradezu wortwörtlich zu Füßen“, versuchte Mary Lu das Gespräch wieder in Gang zu bringen, wobei sie vorsichtshalber den ehrenvollen Majestätsplural verwandte. Nakal grinste.

„Vor vielen hundert Jahren haben wir erkannt, dass die Männer Nichtsnutze sind, und daher besser unter unserer strengen Herrschaft leben. Und das funktioniert ganz fabelhaft, im Gegensatz zu früher. Aber ich schließe aus deiner überraschten Reaktion, dass das da wo du herkommst nicht der Fall ist.“

Mary Lu schüttelte den Kopf.

„Wir bemühen uns um Gleichberechtigung, aber es funktioniert nicht immer optimal…“

Nakal machte einen verächtlichen Laut.

„Hört,“ hob Mary Lu an, „vor einigen Stunden ist eine Gruppe von Männern hier angekommen, die zu unserer Expedition gehören. Da sie Eure Gesetze ebenso wenig kannten wie ich, haben sie vermutlich auch gegen sie verstoßen. Trotzdem bitte ich Euch sie mit mir zurückkehren zu lassen. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Expedition.“

Nakal blähte die Nasenflügel auf.

„Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass diese Männer irgendetwas wichtiges oder überhaupt vernünftiges vollbracht haben könnten. Die Antwort lautet nein, unsere Gesetze sind eindeutig und lassen keine solchen Ausnahmen zu. Die Männer werden morgen auf den Markt geführt und werden den Rest ihres Lebens auf Aiwa Amzama als Sklaven verbringen.“

Hulvana, wir sind auf der Suche nach Verbündeten. Wenn Ihr über diese unglückliche Situation hinwegseht, könnten wir uns gegen die Fuetron verbünden. Damit hätten beide Seiten etwas von diesem Zwischenfall, statt keiner!“

Für eine Weile saß Nakal einfach da und dachte nach. Dann neigte sie den Kopf leicht und lächelte.

„Nun, es gäbe eine Möglichkeit…“

 

Jan wurde von dem Geräusch der Zellentür aus seinem Halbschlaf geweckt. Mit einem protestierenden Quietschen schwang sie auf, und im Schein des diesigen Lichtes stand niemand anderes als Mary Lu. Jan schlug dem Sergeant gegen den Oberarm.

„Sag ich doch!“

In dem Moment betrat eine muskulöse Frau die kleine Zelle und schlug den Männern mit dem einem Rohrstock zwischen die Schulterblätter.

„Kniet gefälligst nieder vor eurer neuen Herrin!“, keifte sie.

„Bitte?“, schnappte Jan, was ihm einen zweiten Schlag mit dem Rohrstock einhandelte.

„Tu‘s einfach“, sagte Mary Lu auf Englisch, „so ist der einzige Weg euch Jungs hier rauszuholen.“

„Versteh‘ ich das richtig,“ fragte Jan per Gedankenübertragung, während ihnen allen Hand- und Fußketten angelegt wurden, „dass du uns gekauft hast um uns hier rauszubekommen?“

Mary Lu nickte.

„Und was hast ihnen im Gegenzug versprochen?“

„Ein paar unserer Waffen zur Ansicht. Sie wollen prüfen, ob wir technisch überhaupt würdig sind mit ihnen eine Allianz einzugehen.“

Jan grunzte nur. Dann wurden sie in Richtung Albagan abgeführt.

Inistra // Der nächste Tag

Es war nebelig im Krater. Dichte Schwaden stiegen über dem See auf, und so war die Terrasse vor dem Speisesaal verlassen. Nur zwei Personen befanden sich darauf, der Rest des Teams hatte es bevorzugt drinnen zu bleiben.

„Es war ziemlich hart, wissen Sie?“, sagte Charleston, während er in den Nebel hinaus starrte.

„Kann ich mir vorstellen“, antwortete Jan, der sich ebenfalls an die Brüstung gelehnt hatte.

„Ich war sechzehn, als ich aus der Highschool ausgeschieden bin. War alles nichts für mich. Aber das hieß auch, ich musste mich von ganz unten hocharbeiten, und wenn ich ganz unten sage, dann meine ich auch ganz unten. So weit unten, dass man sich den Status eines Menschen erst mal verdienen muss.“

„Und trotzdem bist du hier, Rainy.“ Jan grinste.

„Ich hoffe nur, diese Aktion untergräbt meine Autorität nicht vollständig. Bei Ihnen mag das nichts zählen, aber bei meinen Männern ist das extrem wichtig.“

„Autorität oder Respekt muss nicht nur daher kommen, dass einer einen höheren Rang hat, damit habe ich tatsächlich wenig am Hut,“ meinte Jan nachdenklich, „sondern kann auch aus anderen Dingen entstehen. Ich zum Beispiel habe großen Respekt davor, wenn man sich so hocharbeiten kann. Und da wird kein Spitzname der Welt was dran ändern. Als ich hier ankam, da hatte ich überhaupt keinen Respekt vor dem Militär. Ich habe das Militär gehasst, du hast ja sicher mitbekommen, dass meine Schwester vor vielen Jahren von Soldaten vergewaltigt wurde und sich danach das Leben genommen hat. Aber ich habe erkannt, dass das Militär nicht nur aus betrunkenen, hirnlosen Triebarschlöchern besteht. Ihr Jungs habt auch mir das Leben gerettet, und das nicht nur einmal. Und dafür respektiere ich euch.“

Rainy nickte.

„Bewertet den Menschen nach dem was er tut, und nichts anderem“, sagte er nachdenklich in den Nebel hinein. Jan nickte.

„Übrigens,“ lächelte der Physiker, „wenn ich schon das Recht gewonnen habe, dich Rainy zu nennen, kannst du mich meinetwegen auch mit Jan ansprechen. Vielleicht reduziert das den Komik-Faktor vor deinen Leuten etwas.“

Rainy grinste.

„Ein bisschen… Jan. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal so gut mit einem Wissenschaftler verstehen würde.“

„Tröste dich, ich hätte auch nie gedacht mit einem Soldaten in einem anderen Raum als einem Gerichtssaal zu stehen. Und doch sind wir hier, Seite an Seite, und versuchen das Universum zu retten. Universen, um genau zu sein.“

Rainy lachte.

„Verrückte Welt.“

Jan nickte.

„Prost,“ sagte er und hielt feierlich seine Dose Cola in den Nebel.

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