19. Dezember
Dass von Weihnachten gestresste Kunden besonders an den späteren Dezemberabenden vor verschlossenen Ladentüren stehen und mit wachsender Verzweiflung auf die Öffnungszeiten starren, ist keine Seltenheit. Auch der Wunsch nach längeren Verkaufstagen ist dem Buchhändler nicht neu.
Unter Kunden scheint es eine weitverbreitete Annahme zu sein, dass die im Handel angestellten Damen und Herren keine Kinder und auch sonst keine Familie haben können. Ja, nicht einmal ein eigenes Heim. Schließlich leben sie für den Laden - und deshalb
vermutlich auch gleich darin.
„Ich finde es schrecklich, dass Sie schon um acht schließen. In der Weihnachtszeit sollten die Läden bis 24 Uhr geöffnet sein, damit ich nach der Arbeit in Ruhe einkaufen gehen kann!“, tönt ein Herr, als man ihm - mit einer halben Stunde Verspätung - freundlich erklärt, dass man den Laden nun gern schließen wolle. „Wie soll ich sonst alle Weihnachtsgeschenke zusammenbekommen? Und an Heiligabend öffnen Sie nur bis zwei? Also das geht ja mal gar nicht ... Wo bleibt denn da die Kundenfreundlichkeit?“
Dass man - frei nach dem Motto ‚my
home is my Firma‘ - schon eine Stunde länger hinter der Ladentheke steht als sonst und die meisten anderen Läden bereits seit zwei Stunden geschlossen sind, tut ja nichts zur Sache. Warum auch?
Aber der gute Mann will ja ‚mal nicht so sein‘ und entschließt sich zu gehen. Doch nicht, ohne vorher noch einen Klassensatz der geplanten Schullektüre zu ordern, damit seine Schüler über die Ferien auch etwas zu tun haben.
Während man die Tür hinter seinem Rücken schließt und die Neonlichter löscht, schleicht sich ein wehmütiger Gedanke ins Buchhändlerhirn:
Ach, Weihnachtsferien ... die hätte man
jetzt auch gern.