2. Dezember
Dezember ist nicht nur der Monat des meist ersehnten Fests des Jahres, sondern auch die Zeit der Weihnachtsmärkte. Auf sonst unbelebten Plätzen schießen quasi über Nacht hölzerne Buden und Verkaufsstände wie die Pilze aus dem Boden und plötzlich leuchtet und blinkt und wimmelt es überall.
Dass die Angestellten der umliegenden Geschäfte den Markt kaum von Nahem zu Gesicht bekommen werden, macht gar nichts, denn selbst bei geschlossener Ladentür bleibt er ja nicht draußen. Vor allem zur Mittagszeit grummelt einem da der Magen, wenn die Einkaufstaschen
der Kunden nach Lebkuchen und Schokolade duften und sehnsüchtig gleitet der Blick zur eigenen Armbanduhr. - Wann habe ich heute Mittagspause? Ach ja, 16.30 Uhr ...
Manche Kunden duften aber auch selbst. Nach Glühwein zum Beispiel. Oder nach dem soeben verspeisten Mittagessen. Kein Wunder, dass dem Buchhändler da bei der Frage nach einem guten Schmöker nur Rita Falks „Winterkartoffelknödel“ einfällt.
Doch so ein Weihnachtsmarkt kommt nicht nur mit allerhand Düften daher, sondern auch mit ebenso vielen Tönen. Schiefen Tönen zumeist, vor denen der gewöhnliche Weihnachtsmarktbesucher
wohl flüchten kann, der gefolterte Buchhändler im Laden nebenan jedoch nicht.
Am meisten erfreut da der Chor, dessen dreistimmiger Gesang auf wundersame Weise eher dreißigstimmig klingt und der unter dem gigantischen Weihnachtsbaum stundenlang ein Lied nach dem anderen zum Besten gibt, bis man sich wünscht, die Tanne möge Mitleid haben und dem Grauen ein jähes Ende bereiten. Der Chorleiter lässt es sich indes nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass es die zugehörigen CDs am Stand nebenan für nur fünf Euro zu erwerben gibt.
Während man in Gedanken schon den
Antrag auf Erschwerniszulage aufsetzt, ahnt man bereits, dass trotz der schiefen Töne genügend Besucher mit besagter Platte in den Händen nach Hause gehen werden. - Und sei es nur aus Mitleid mit dem in der Kälte bibbernden Standpersonal, das freundlich lächelnd frohe Weihnachten wünscht.