Ferien! Das war das einzige woran ich jetzt noch denken konnte. Felix, der Zwillingsbruder meiner besten Freundin, war gerade da, da ich ihm trotz Ferien Nachhilfe geben sollte. Er schaute nur kurz von seiner Arbeit auf als meine Schwester Julia das Zimmer betrat. Nachdem Felix gegangen war, wollte ich mir zusammen mit meiner Schwester einen schönen Abend machen, da wir alleine zu Hause waren. Ich setzte mich auf ihr Bett und wollte einfach mal so von Schwester zu Schwester mit ihr plaudern, aber sie schien irgendwie abwesend. Sie zögerte erst, aber gestand dann, dass sie in Felix verliebt war. Es gab da nur ein klitzekleines Problem: Felix war einer von den Typen, die bei den Mädchen sehr beliebt waren, obwohl sie ständig ihre Freundinnen wechselten. Oft spielte er auch nur mit ihnen. Leider wusste das meine Schwester nicht. Julia besuchte eine andere Schule als Felix. Wir, meine beste Freundin Anna und ich, gingen auf dasselbe Gymnasium wie Felix. Anna hat mir die ganzen Geschichten über ihn erzählt, obwohl ich den größten Teil schon wusste. Das lag daran, dass er meistens mit einer meiner Freundinnen zusammen war. Ich verstand es nie, warum er sich ausgerechnet sie aussuchte, wenn er ganz andere hätte haben können. Auf jeden Fall war er ziemlich nerv tötend, denn immer wenn ich bei meiner Freundin war, war auch er da und ließ uns nie allein. Jetzt erzählte ich Julia die ganzen Geschichten, die ich über Felix kannte. Doch Julia dankte mir nicht, nein, sie wurde wütend, sehr wütend. „Du willst doch Felix nur für dich alleine haben, aber den Gefallen tue ich dir nicht.“ „Was soll der Scheiß denn jetzt? Wieso sollte ich ihn für mich alleine haben wollen? Er ist ein Arsch, ein Aufreißer, ein Angeber, ein Macho! Mehr nicht. Im Prinzip ist er sogar unter dem Durchschnitt!“, sagte ich verzweifelt. Leider glaubte sie mir kein Wort und schmiss mich buchstäblich aus ihrem Zimmer. Niedergeschlagen ging ich hinaus. Nachdem ich auf dem Flur stand, knallte sie die Tür hinter mir zu. Wieso sollte ich Felix lieben? Er war doch so gar nicht mein Typ. Plötzlich fiel bei mir der Groschen. In meinem Zimmer hing ein Bild von Anna, mir und Felix. Wir hatten es vor zwei Jahren mal aufgenommen, aber vom Äußeren hatten wir uns nicht verändert. Felix stand in der Mitte und grinste frech in die Kamera. Anna und ich standen jeweils links und rechts neben ihm und küssten ihn auf die Wange. Zu diesem Zeitpunkt war er ein echt netter Junge gewesen. Man hatte mit ihm reden, aber auch allerhand Blödsinn machen können. Doch von diesem Felix war heute nichts mehr übrig.
Ich rief meine Schon-seit-immer-und-für-ewig-beste-Freundin an und kurz darauf trafen wir uns im Café "La Rose". Bei einer Riesenportion Eiscreme erzählte ich ihr mein Problem. „Oh nein! Da haben wir aber ein ernsthaftes Problem“, sagte sie. „Ach was!?“, dachte ich, „soweit war ich auch schon!“ „Sie darf auf keinen Fall mit ihm zusammen kommen. Du kennst ja die Geschichten und ich habe Angst dich durch meinen Idioten von Bruder zu verlieren, weil deine Schwester vor Liebeskummer umkommt und du ihn und demzufolge auch mich nicht mehr sehen willst. Ich verstehe gar nicht warum alle immer mich und meinen Bruder in einen Topf werfen!?“ Das war mir auch vollkommen schleierhaft. Vor allem was hatte das jetzt mit der Lösung meines Problems zu tun? Um sie auf das Thema zurück zu führen, unterbrach ich sie ungeduldig. „Eines ist jedenfalls klar: Ich lasse nicht zu das dieser Macho von Typ ihr unnötig das Herz brechen wird. Nimm mir das jetzt nicht übel, aber dein Bruder ist ja mit jeder Zusammen, die ihn anhimmelt.“ „Nun ja, nicht mit jeder. Nur mit denen, die…“ Plötzlich unterbrach Anna ihr leises Gemurmel und meinte nur lapidar: „Sie wird bei der Sache so oder so eine Enttäuschung erleben, also könntest du doch mit ihm zusammen sein.“ Entgeistert schaute ich sie an. „Ich glaube, er ist verliebt, aber diesmal so richtig. Er geht immer ganz verträumt durchs Haus und benimmt sich ebenso wie die Verliebten in diesen Liebes-Kitsch-Romanen.“ „Na dann ist das Problem doch gelöst. Er kommt mit dieser ominösen Unbekannten zusammen, meine Schwester sucht sich einen anderen und ich brauche nicht mit ihm zusammen sein. Wie bist du da eigentlich drauf gekommen?“ Sie schaute verlegen nach unten, dann zu mir und dann stocherte sie in ihrem Eisbecher. „Naja, also er…ähm…du kennst doch dieses Foto von vor zwei Jahren. Das auf dem wir beide ihn auf die Wange küssen. Jedenfalls hat er mich weggeschnitten oder weggeknickt…“ „NEIN! Das kann ja wohl nicht wahr sein! Wieso ich? Der Idiot kann jede haben und warum ausgerechnet ich? Es gibt tausende die Hübscher sind als ich!“ „Jetzt mach aber mal einen Punkt! So schlimm wie du ihn gerade darstellst ist er gar nicht. Du hattest ihn auch mal ziemlich gern. Was glaubst du, warum er immer Freundinnen von dir als Freundin hat?! Nur, um an dich heranzukommen. Außerdem weißt du, dass man gegen die Liebe nichts machen kann. Aber es wäre deine Chance deiner Schwester zu helfen. Und Felix würde endlich mal merken wie er andere behandelt und wie sie sich fühlen. Aber ich lasse mich nicht von dir anmotzen nur weil du dein Privatleben nicht in den Griff bekommst. Wenn du wieder klar denken kannst, sag Bescheid. Ich warte.“ Sie legte das Geld auf den Tisch und ging. Na toll, jetzt hatte ich mich auch noch mit meiner Sandkastenfreundin gestritten. Und das auch noch in den Ferien. Das waren ja echt beste Aussichten für die Zeit der Ruhe. Wie sollte ich denn so entspannen und die Schule vergessen? Am Abend fiel ich völlig fertig ins Bett. Ich hoffte, dass der morgige Tag wenigstens besser werden würde, denn es waren ja eben Ferien und die wollte ich genießen und mir nicht von so einem Möchtegernmacho verderben lassen. Deshalb beschloss ich einen Tag im Bett zu verbringen.