Fantasy & Horror
Das verlorne Buch (2) - Kapitel 5 - 8

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"Das verlorne Buch (2) - Kapitel 5 - 8"
Veröffentlicht am 17. November 2011, 136 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Tjaaa.. eigentlich ich bin mehr eine Einzelgängerin und eine komlette Tagträumerin dazu xD Aber ab und an bin ich auch gerne unter Leuten, wobei es mir etwas an Gesprächsstoff fehlt, es sei denn es geht ums Schreiben und meine Geschichten. Da kann ich tagelang drüber reden :P Allerdings möchte ich hier auch mal zu meinen Geschichten anmerken, dass sie wirklich lange Stories sind, die sich über einen längeren Zeitraum erst richtig entwickeln und ...
Das verlorne Buch (2) - Kapitel 5 - 8

Das verlorne Buch (2) - Kapitel 5 - 8

Beschreibung

Ausgerechnet Alexandra, die nicht an fiktive Wesen wie Vampire oder Dämonen glaubt, zieht deren Aufmerksamkeit wie magisch an. Zudem gerät sie auch noch in das mörderische Spiel eines Dämonenfürsten hinein, dessen Ziel es ist das "verlorene Buch" in seine Hände zu bringen. Die Gute ist sehr begeistert, weil ihr Leben nun noch abenteuerlicher wird, als es ohnehin schon war. Es kommt zu einem Wettlauf, in dem Alexandra von so ziemlich allem verfolgt wird, was von den Menschen eigentlich als Ausgeburten der Fantasie abgetan wird. Und sie alle wollen nur eines: Das verlorene Buch. Enthält: Kapitel 5: die Reise geht weiter Kapitel 6: Gibt es Vampire? Kapitel 7: Und was ist mit Shinigamis? Kapitel 8: abenteuerliche Verfolgungsjagd

Kapitel 5: die Reise geht weiter

„W-Wie hast du das denn angestellt?“, fragte Seth, als er sich von dem ersten Schreck erholt hatte, „Du warst doch die ganze Zeit hier.“

„Tja, anscheinend ist es ein neuer Trend, in meinen Kopf einzudringen und mir einen Besuch abzustatten“, antwortete Alexandra resigniert, „Aber wenigstens weiß ich jetzt, in was für einen Schwachsinn ich hineingeraten bin. Das hat auch was.“

„Hä? Also jetzt komm ich nicht mehr mit“, sagte Seth etwas verwirrt.

„Raphael ist derjenige, der sich dieses verflixte Spiel ausgedacht hat“, sagte Alexandra ernst, „Es gibt insgesamt dreizehn Spieler, die sich gegenseitig ausschalten sollen, damit der Letzte irgend so ein bescheuertes Buch bekommt, das ihm angeblich jeden Wunsch erfüllen kann. Ich glaube zwar nicht daran, aber anscheinend tun es die anderen zwölf, die noch in diesem Spiel sind.“

„Und sie werden versuchen dich zu töten?“, fragte Stella ungläubig.

„So sieht es aus“, seufzte Alexandra und sah an Stella vorbei aus dem Fenster, „Wenn wir in Portugal sind, könnt ihr von mir aus auch aussteigen, wenn euch die Sache zu gefährlich wird. Mir bleibt ja scheinbar kaum etwas anderes übrig, als um mein Leben zu kämpfen.“

„Und du glaubst, dass wir dich ausgerechnet jetzt verlassen?“, fragte Stella empört, „Sag mal für wie gemein hältst du uns eigentlich? Wir haben dir gesagt, dass wir dir folgen werden, und das werden wir auch tun. Nicht Seth?“

„Zwar wird es immer verrückter, aber das ist doch auch irgendwie interessant“, sagte Seth lächelnd, „So was kann man sich doch nicht entgehen lassen.“

„Ich habe aber keine Lust dafür verantwortlich zu sein, wenn ihr ebenfalls verletzt oder getötet werdet“, warf Alexandra ein.

„Das lass man unser Problem sein“, sagte Stella grinsend, „Jetzt wo wir wissen, was uns erwartet, werden wir auch nicht mehr so überrascht sein, wenn uns der nächste Spieler angreift.“

Alexandra seufzte. Irgendwie hatte sie gewusst, dass die Antwort in der Art ausfallen würde. Ihr fiel allerdings auf, dass Azraél schon die ganze Zeit über schwieg, obwohl er doch sonst auch gerne mal seinen Senf dazu gab, über den Alexandra sich aufregen konnte. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Wenn er erstmal eingeschlafen war, würde sie die anderen beiden fragen, was mit ihm los war. Schließlich kannten Stella und Seth ihn und Azraél würde ihr mit Sicherheit nicht antworten, wenn sie ihn direkt fragen würde. Also blieb ihr wohl kaum eine andere Wahl, da sie auch keine Lust hatte die ganze Zeit über einen missmutigen Sauertopf mit sich herumzuschleppen.

Allerdings musste sie zugeben, dass er ganz schön ausdauernd war. Da es bereits ziemlich spät war und sie auch allerlei erlebt hatten, war es nicht verwunderlich, dass Stella und Seth bei dem leisen Ruckeln des Zuges bald einschliefen. Nur Azraél veränderte seine Haltung kaum und schien nicht geplant zu haben, diese Nacht noch mal zu schlafen. Alexandra seufzte lautlos und gab um nach halb zwölf schließlich auf, sich gegen die Müdigkeit zu wehren. Wahrscheinlich hatte sie morgen mehr Glück, irgendwann musste Azraél ja auch mal einschlafen und so lange musste sie sich halt gedulden. Auch wenn es ihr widerstrebte, sie brauchte ebenfalls Schlaf. Die Ereignisse setzten auch ihr ziemlich zu und diese Träume oder Seelengänge, wie auch immer sie es bezeichnen sollte, kosteten sie ebenfalls mehr Energie, als sie am Anfang gedacht hatte. Sie war vollkommen erschöpft.

 

Am nächsten Morgen wurde Alexandra erst dadurch wach, dass sie in einer scharfen Kurve beinahe vom Sitz rutschte und Seths lautes Lachen sie endgültig weckte. Ein kurzer Blick zu Azraél zeigte ihr das, was sie am Abend bereits vermutet hatte. Sein Gesicht sah so aus, als wäre er die ganze Nacht über wach gewesen. Sie musste wohl auch noch darauf aufpassen, dass er nicht im Stehen einschlief, denn sie waren dem nächsten Bahnhof in Portugal schon ziemlich nahe und konnten den Zug bald verlassen.

„Ah, ist das schön, endlich nicht mehr sitzen“, seufzte Stella und streckte sich, als sie auf dem Bahnsteig standen und gerade überlegten, wo sie als nächstes hingehen konnten.

Alexandra fragte sich gerade, ob sie Chain darum bitten sollte, Zimmer in einem Hotel zu reservieren. Jedoch kam ihr in den Sinn, dass sie die Zimmer in Spanien auch noch nicht mal gesehen hatten, bevor sie wieder abgereist waren. Allerdings war nicht sicher, dass sie hier schon wieder einem der Spieler begegnen würden. Schließlich waren sie laut Raphael über die ganze Welt verstreut. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass sich zwölf Spieler, oder auch nur zwei, ausgerechnet in Portugal über den Weg liefen?

„Wohin soll´s gehen?“, fragte Seth, dessen Magen in dem Moment einen eindeutigen Vorschlag machte.

„Na so wie sich das anhört, suchen wir wohl am besten erstmal einen Bäcker und besorgen uns was zum Frühstück“, stellte Alexandra fest und nahm ihren Koffer.

„Jippie, Frühstück!“, jubelte Seth und auch Stella schien froh darüber zu sein.

Nur Azraél verzog schon wieder keine Miene und Alexandra sah ihn über ihre Schulter an. Er machte keinen guten Eindruck. Prinzipiell hatte sie damit auch eigentlich kein  Problem, schließlich konnte sie ihm immer noch nicht verzeihen, dass sie wegen ihm damals beinahe in die Hände dieser Männer gefallen wäre. Dennoch war es nicht unbedingt die angenehmste Art zu reisen, wenn einer der Anhängsel ein derartiges Gesicht zog und schon fast wie eine wandelnde Leiche aussah. Und was war eigentlich aus ihren früheren Verfolgern geworden? Hatte Alexandra sie abgehängt? Es war möglich, doch sie war sich nicht sicher.

Als sie endlich einen Bäcker gefunden hatten, stürzten Stella und Seth sich regelrecht auf die belegten Brötchen, während Alexandra ihre Portion etwas langsamer zu sich nahm. Azraél schien mit offenen Augen eingeschlafen zu sein, er starrte mit leerem Blick sein Brötchen mit Käse, Salat und Tomate an und rührte sich nicht.

„Was ist mit ihm los?“, fragte Alexandra leise und deutete auf Azraél. Da er sich noch immer nicht rührte, war er wohl wirklich mit offenen Augen eingeschlafen.

Seth schluckte seinen Bissen herunter und sah seinen Kamerad an. „Keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Irgendetwas scheint ihm ziemlich zuzusetzen.“

„Wir wissen auch nicht alles über ihn“, sagte Stella ein wenig traurig, „Er hat uns nie etwas über seine Vergangenheit erzählt und wir haben ihn auch nicht danach gefragt. Aber es scheint irgendetwas damit zu tun zu haben, dass du ihn Mörder genannt hast. Seit dem zieht er jedenfalls dieses Gesicht.“

Alexandra sah zur Seite. War Azraél wirklich so mitgenommen von dem, was ihr wegen des Schocks und der Fassungslosigkeit herausgerutscht war? Schließlich hatte er sie doch auch nicht leiden können und von daher hätte ihn das eigentlich nicht so schwer treffen sollen. Zumindest normalerweise sollte es das nicht. Allerdings kam ihr dann in den Sinn, dass vielleicht nicht das Wort direkt, sondern vielmehr ein Zusammenhang zu dem Wort den Ausschlag für Azraéls deprimierte Stimmung gab. Etwas, von dem auch Stella und Seth nichts wussten.

„Moment mal, warum mach ich mir da eigentlich so einen Kopf drum?“, fragte Alexandra sich selbst, als sie auf dem Weg zu einem kleinen Hotel waren, in dem für eine Woche Zimmer für sie reserviert waren. Chain war wieder so nett gewesen und hatte das arrangiert. Stella und Seth waren ein Stück weiter hinten und versuchten mit Azraél zu reden, doch wie sie schon gehört hatte, schien dieser keinerlei Interesse daran zu haben, sich mit ihnen über sein Problem zu unterhalten.

„Typisch für solche Idioten“, murmelte Alexandra und sah auf ihr Handy, wo sie gerade eine Wegbeschreibung zu ihrem Hotel aufgerufen hatte, die Chain ihr geschickt hatte. Laut dieser waren sie fast da. Nur irgendwie konnte Alexandra es immer noch nicht sehen und hob eine Augenbraue. Ob Chain sich auch mal geirrt hatte?

Doch im nächsten Moment waren das Dach und die großen Neonbuchstaben hinter dem davor stehenden Hochhaus zu sehen und Alexandra schüttelte den Kopf. Wieso hatte sie überhaupt an Chain gezweifelt? Das wäre das allererste Mal, dass sie sich geirrt hat. Es war, als könnte ihre Telefon-Bekannte so gut wie alles erreichen und Alexandra hatte keine Ahnung, wie sie das anstellte.

Nachdem Alexandra bei der Rezeption ihren Pass vorgezeigt und einige Sachen geklärt hatte, konnten sie hoch in ihre Zimmer. Alexandra und Stella schliefen in einem ziemlich geräumigen Zimmer mit zwei Betten, Fernsehecke, Schrank und nebenan war noch ein kleines Bad. Die beiden Jungen hatten ihr Zimmer direkt gegenüber den Mädchen.

„Hey, hättest du dir kein besseres Hotel aussuchen können?“, fragte Stella ein wenig enttäuscht.

„Wieso sollte ich?“, fragte Alexandra und setzte sich auf ihr Bett. Sie blickte aus der Balkontür nach draußen. Da ihr Zimmer im siebten Stock war, war die Aussicht gar nicht mal so schlecht. „Das hier reicht doch vollkommen, bis wir wissen, ob wir weiter reisen oder hier vorerst eine Wohnung mieten.“

„Spielverderber“, murmelte Stella und ging mit ihrem Koffer zum Schrank.

„Du solltest deine Sachen lieber im Koffer lassen“, bemerkte Alexandra, „Sollten wir aus irgendeinem Grund dazu gezwungen sein schnell aufbrechen zu müssen, solltest du nicht noch Zeit brauchen um deine Sachen wieder einzupacken. Da sind Sekunden nämlich schon entscheidend.“

Stella seufzte. „Schon gut, du bist diejenige, die hier mehr Erfahrung hat. Aber darf ich mich hier wenigstens ein bisschen umsehen?“

„Im Hotel?“ Alexandra hob eine Augenbraue. „Warum?“

„Erstens weil ich einfach neugierig bin“, antwortete Stella ein wenig ungläubig, „Und zweitens finde ich vielleicht verdächtige Personen oder so.“

„Solange du in dem Fall nicht auf die Idee kommst, voreilig zu handeln, mach was du willst“, sagte Alexandra schlicht, „Aber sei trotzdem vorsichtig. Auch wenn ich nicht glaube, dass man uns gefolgt ist, müssen wir nicht unbedingt auffallen.“

„Aye aye!“, grinste Stella und wandte sich zum Gehen, „Ich nehm auch Seth mit. Azraél wird sowieso keine Lust zu irgendetwas haben.“ Damit hatte sie das Zimmer auch schon verlassen.

Alexandra stand auf und betrat den Balkon. Ein leichter Wind strich über ihr Gesicht und trug die Abgase der Autos mit sich. Vorhin hatte Alexandra auch mitbekommen, dass Stella und Seth Azraél erstmal für sich lassen wollten. Da er nicht auf ihre Fragen antwortete, oder höchstens auswich, wollten sie ihm etwas Zeit geben, um vielleicht von selbst auf sie zuzukommnen. An der Idee war zwar nichts Verkehrtes, doch Alexandra bekam schlechte Laune, wenn sie zurzeit in Azraéls Gesicht sah. Und das regte sie auf. Sie gehörte zwar eigentlich nicht zu denen, die sich schnell über etwas aufregten, doch es gab Dinge, die sie nicht ausstehen konnte. Und das niedergeschlagene Gesicht von dem Idioten gehörte eindeutig dazu.

Schließlich hatte sie genug davon, sich auszumalen, wie sie ihm eine reinhaute, und ging rüber zu dem Zimmer der Jungen. Sie klopfte, doch es öffnete niemand. Nach einem kurzen Blick nach rechts und links, öffnete sie die Tür und trat ein. Azraél stand vor der offenen Balkontür und sah nach draußen.

„Warum hast du nicht geöffnet?“, fragte Alexandra.

Kurz sah Azraél über seine Schulter, dann blickte er wieder nach vorne. Antworten tat er nicht.

So langsam aber sicher überspannte er Alexandras Gedultsfaden und sie musste ziemlich an sich halten, um ihn nicht anzuschreien. Das hätte mit ihren Worten nicht so ganz zusammengepasst. „Wenn du etwas auf dem Herzen hast, dann rede“, sagte sie, „Deine deprimierte Miene geht mir auf die Nerven, also spuck endlich aus, was dir so zu schaffen macht.“

Azraél gab immer noch keine Antwort von sich.

Nun reichte es Alexandra. Es war ihr nicht leicht gefallen, das zu der Person zu sagen, die sie am allerwenigsten ausstehen konnte. Und ihre Bemühungen ließ er einfach ins Leere laufen? Darauf konnte sie gar nicht. Sie trat mit wenigen Schritten direkt hinter ihn, packte ihn an der Schulter und drehte ihn um. Schneller als er reagieren konnte, hatte sie ausgeholt und ihm eine schallende Ohrfeige verpasst, die ihn von den Füßen riss. Er hielt sich die schmerzende Wange und sah sie von unten herauf beinahe fassungslos an.

„Ich kann dich absolut nicht ausstehen“, sagte Alexandra wütend, „Aber noch weniger kann ich Leute ausstehen, die nicht wissen, wann sie mit ihren Problemen nicht mehr alleine fertig werden. Also rede endlich! Oder muss ich dich erst grün und blau schlagen, bis du zur Vernunft kommst?“ Sie knackte demonstrativ mit den Fingerknöcheln und da sie so oder so stocksauer war, brauchte sie sich gar nicht um einen finsteren Blick bemühen, den hatte sie ohnehin schon.

Azraél sah sie kurz noch ungläubig an, dann blickte er jedoch zur Seite. Als Alexandra gerade erneut dazu ansetzte mit ihrer rechten Faust auszuholen, seufzte er.

„Meine Mutter ist während meiner Geburt gestorben“, sagte er leise und sah wieder nach draußen, „Mein Vater war am Boden zerstört, doch er hat mich aufgezogen. Als ich sieben war, waren wir die Ferien über im Landhaus und ich hatte seine alte Schrotflinte gefunden. Ich hatte damals nicht gedacht, dass sie noch funktionieren könnte, aber plötzlich hat sich ein Schuss gelöst und die Fensterscheibe zerbrach. Als ich dann nach draußen ging, habe ich die Leiche meines Vaters gesehen. Der Schuss hatte ihn direkt ins Herz getroffen.“

Alexandra sah ihn eine Weile lang an, doch er schien nicht mehr sagen zu wollen. „Und was war nun so schwer daran, mir das zu erzählen?“, fragte sie dann.

Azraél sah sie beinahe fassungslos an. „Ich habe meine Eltern getötet! Wie meine gesamte Verwandtschaft und du schon gesagt habt, bin ich ein Mörder!“

„Aha, übrigens kann auch ich mal die Beherrschung verlieren“, bemerkte Alexandra und hielt ihr Hirn davon ab, ihr Vorträge darüber zu halten, dass sie den Jungen gerade wieder auf die Beine bringen wollte, dem sie den ganzen derzeitigen Schlamassel verdankte, „Erwarte aber kein Mitleid von mir. Und was auch immer deine nette Verwandtschaft sagt, hat nur so viel Gewicht, wie du ihm gibst.“

Azraél hätte nicht verwirrter aussehen können, kam aber wieder auf seine Füße.

„Wenn du dich für einen Mörder hältst, kannst du durchaus einer sein“, sagte Alexandra schulterzuckend, „Aber so wie ich das sehe, hattest du einfach nur Pech. Also warum findest du dich nicht einfach damit ab und erzählst es auch Stella und Seth? Dann bist du das los und die bescheuerte Geheimniskrämerei hat ein Ende. Wahrscheinlich wirst du dich dann besser fühlen, auch wenn ich dir da nichts versprechen kann.“

Azraél sah sie an und in seinem Blick schien irgendwie etwas Verletzliches zu liegen. Dann legte er auf einmal die Arme um Alexandra und zog sie an sich. Alexandras ziemlich verdatterter Blick ruhte auf seiner Brust, gegen die sie gedrückt wurde. Seine Hände waren verkrampft und schienen beinahe schon zu zittern. Allerdings war er ihr viel zu nahe und sie stieß ihn kurzerhand von sich weg, sodass er zum zweiten Mal auf dem Boden landete. Er sah sofort zur Seite und Alexandra biss sich auf die Unterlippe.

„Mir ist im Prinzip egal, was in deiner Vergangenheit passiert ist“, sagte sie mürrisch, „Ich kann dich so oder so nicht ausstehen. Aber wenn du wirklich vorhattest, mir weiterhin zu folgen, setzt du besser bald mal wieder eine freundlichere Miene auf, sonst kannst du hier bleiben.“

Er sah sie nur stirnrunzelnd an.

Alexandra knurrte. „Wenn du mir unbedingt nachlaufen willst, dann tu das von mir aus, aber erwarte nicht, dass ich dich mit offenen Armen empfange. Ich gestatte dir lediglich, mein Anhängsel zu spielen.“

Inzwischen war eine von Azraéls Augenbrauen nach oben gewandert und die Falten auf seiner Stirn hatten sich auch noch nicht wieder geglättet, doch er schien immerhin nicht mehr ganz so niedergeschlagen und abweisend zu sein. Im Gegenteil, er wirkte vielmehr etwas überrascht und langsam schlich sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen.

„Das ging schneller, als ich gedacht hatte“, murmelte Alexandra resigniert. So wie Azraél dreinblickte, war er wieder der Alte. Vielleicht noch ein wenig mitgenommen, doch er schien immerhin nicht mehr in Selbstmitleid oder etwas dergleichen versunken zu sein.

Moment mal, was denke ich da eigentlich? fragte Alexandra sich und schüttelte den Kopf. Dann wollte sie das Zimmer verlassen, doch sie blickte noch einmal über ihre Schulter. Azraél saß immer noch auf dem Boden und schüttelte lächelnd den Kopf. Ob es über sich selbst oder aus einem anderen Grund war, wusste sie nicht. Als er wieder auf die Füße kam, war Alexandra schon wieder aus dem Zimmer verschwunden. Im Gang aber kamen auf einmal Stella und Seth angelaufen und blieben keuchend vor ihr stehen.

„Was ist denn mit euch los?“, fragte Alexandra stirnrunzelnd.

„Wir.. haben im Restaurant unten einen.. verdächtigen Mann gesehen“, keuchte Stella und blickte zu Seth, „Er sah genauso aus wie die Leute, die dich damals fast geschnappt hätten, also wollten wir uns näher ran schleichen...“

„Nur leider wurden wir dabei entdeckt“, gestand Seth ein wenig beklommen, „Er scheint uns irgendwie erkannt zu haben und ist uns nachgekommen. Wir haben einige Hacken geschlagen und eigentlich müssten wir ihm entwischt sein, aber er braucht ja nur an der Rezeption fragen, wo unsere Zimmer sind...“

„Ihr seid so blöd“, stöhnte Alexandra kopfschüttelnd, „Na ja, wie es aussieht, darf ich meine Nacht schon wieder sonst wo nur nicht in einem weichen Bett verbringen. Also schnappt euch eure Sachen und raus hier. Das Weitere sehen wir, wenn wir hoffentlich unentdeckt draußen sind.“

„Das scheint ja schon wieder so eine plötzliche Abreise zu werden“, stellte Azraél fest, der in dem Moment in der Tür aufgetaucht war und sich an den Rahmen lehnte, „Hatten wir so was nicht gerade erst?“

Stella und Seth sahen ihn verwirrt an, als hätten sie nicht damit gerechnet, dass er so plötzlich dort auftauchen und etwas sagen würde. Einen Moment lang herrschte Stille. Dann sahen die beiden von Azraél zu Alexandra und wieder zurück.

„Ich habe ihm lediglich eine Ohrfeige verpasst und die Leviten gelesen“, erklärte diese resigniert, „Also gebt nicht mir die Schuld dafür.“

„Wer würde dir denn die Schuld geben?“, fragte Stella noch ein wenig überrascht, „Das ist nur etwas unerwartet.“

„Aber wesentlich angenehmer“, warf Seth ein, „Azraél ist echt ungenießbar, wenn er schlechte Laune hat.“

„Ach ja? Soll ich dir mal zeigen, wie ich bin, wenn ich sauer werde?“

„Und ich erinnere euch jetzt mal daran, dass wir von hier verschwinden müssen, und zwar so schnell wie möglich“, mischte Alexandra sich ein und schob Stella in ihr Zimmer, „Ihr könnt auf dem Weg weiter quatschen.“

 

„Sagtest du nicht, wir könnten auf dem Weg noch quatschen?“, fragte Stella hechelnd.

Sie und die anderen drei rannten die Straße runter und wurden von sechs Männern in dunklen Anzügen und mit Sonnenbrillen verfolgt. Und sie wussten, dass zu denen auch noch zwei Autos gehörten, die irgendwo in den angrenzenden Straßen kurvten und nur darauf warteten, dass sie falsch abbogen.

Als sie unten in der Hotelhalle gewesen waren, um noch heute wieder auszuchecken, waren sie beim Ausgang beinahe den uniformierten Männern in die Arme gelaufen und nur dank Alexandras schnellem reagieren hatten sie es bis zur Küche und dort durch die Hintertür nach draußen geschafft, auch wenn dabei eine Suppe ziemlich versalzen und eine Torte mit geschnetzelten Putenfleisch dekoriert worden war.

Nun stürmten sie in Windeseile die Straße runter und waren froh, dass sie dabei den Vorteil der Jugend auf ihrer Seite hatten und um einiges wendiger als die etwas schwerfälligen Männer waren. Einzig die Koffer in ihren Händen waren im Weg, aber liegen lassen wollten sie sie auch nicht.

„Tja, da war ich noch nicht davon ausgegangen, dass wir sechs Männer und noch mal jeweils drei Idioten in zwei Autos gegen uns haben“, sagte Alexandra, die selbst für ihren eigenen Geschmack etwas zu gelassen klang, „Und ihr könnt ja reden, als Folge werdet ihr nur Seitenstechen bekommen. Wenn euch das nichts ausmacht, hindert euch nichts daran ein schönes Pläuschchen zu halten.“

„Sag mal, bist du menschlich?“, fragte Seth ungläubig, auch wenn er keuchte, „Wie kannst du in unserer Lage so gelassen sein? Das letzte Mal hast du doch auch geheult.“

„Erstens hatte ich lediglich Tränen in den Augen“, erwiderte Alexandra leicht gereizt, „Und zweitens lag das viel mehr an dem vorherigen Gespräch mit Mister Ich-weiß-alles-besser-und-kann-meine-Klappe-nicht-halten neben dir.“

Azraél pfiff nur unschuldig, als hätte Alexandra gerade nicht von ihm gesprochen.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Stella und sah über ihre Schulter, „Die scheinen zwar nicht schneller zu sein als wir, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die so bald müde werden und uns aufgeben.. Und die beiden Autos nicht zu vergessen.“

„Tja, in dieser Gegend bietet auch nichts ein gutes Versteck“, murmelte Alexandra und holte ihr Handy aus der Tasche. In genau dem Moment jedoch stolperte sie über den Kantstein und das Handy segelte auf den Boden. Alexandra knurrte und machte eine rasante Kehrtwende, um das Handy einzusammeln.

„Lass das doch liegen!“, rief Azraél und bremste ab. Auch Stella und Seth kamen zum Stehen.

„Lauft weiter ihr Idioten!“, rief Alexandra zurück, die ihr Handy inzwischen erwischt hatte und feststellte, dass es den Sturz trotz der harten Landung heil überstanden hatte. Die Männer waren inzwischen nicht mehr weit von ihr entfernt und kurz wog sie ihre Chancen ab, denn es war durchaus im Bereich des Möglichen auch als eine Person gegen die Sechs anzukommen, doch sie hatte eigentlich keine Lust auf eine Schlägerei und machte sich so daran wieder zu Stella und den beiden Jungen aufzuholen, die wider Alexandras Befehl ein Stück weiter vorne stehen geblieben waren.

„Jetzt lauft schon!“, rief Alexandra, wütend darüber, dass sie nicht auf sie gehört hatten. Denn obwohl die drei wahrscheinlich schon fast ihr schnellstes Tempo liefen, hatte Alexandra sie schon innerhalb weniger Sekunden wieder eingeholt. Sie war die geborene Sprinterin, wenn sie nicht gerade von irgendetwas abgelenkt wurde, und war deswegen auch eigentlich immer ihren Angreifern entkommen. Nun hatte sie allerdings drei viel langsamere Anhängsel, wegen denen sie ihre Verfolger nicht einfach abschütteln konnte.

„Du bist ganz schön schnell“, stellte Seth erstaunt fest.

Alexandra ließ diese Feststellung unkommentiert und wählte stattdessen endlich die gewünschte Nummer auf ihrem Handy. „Chain, es tut mir leid, aber ich hab schon wieder Schwierigkeiten.“

„Wie schnell soll es los gehen?“, fragte Chain lächelnd, die bei der Häufigkeit der Anrufe inzwischen wohl eins und eins zusammenzählen konnte.

„Gibt es irgendeinen Zug, der in...“ Alexandra sah auf ihre Uhr. „Der in etwa sieben Minuten abfährt? Und am besten irgendwo hin, wo es einen Flughafen mit direktem Anschluss an die Zugfahrt gibt.“

„Das sind ja Ansprüche“, witzelte Chain, „Aber es gibt leider nur einen Zug, der deiner schnellen Anfrage nahe kommt, aber der fährt in fünf Minuten ab.“

„Kein Problem, das schaffen wir“, sagte Alexandra und legte auf, „Leute, nehmt eure Beine in die Hand, in fünf Minuten fährt unser Zug.“

„Was?“, fragte Seth entsetzt, „Das schaffen wir nicht.“

„Also ich schaffe es“, erwiderte Alexandra, „Wenn ihr mit wollt, seht ihr lieber zu, dass ihr es auch hinbekommt.“

„Kann es sein, dass du versuchst uns loszuwerden?“, fragte Azraél unbeeindruckt. Ihm schien die Aussicht auf einen dermaßenen Sprint nichts auszumachen.

„Vielleicht“, antwortete Alexandra und sah ihn über ihre Schulter giftig an, „Aber dein Redeverbot tritt hiermit wieder in Kraft, also komm nicht auf die Idee, mir auf die Nerven zu gehen. Ich kann eigenhändig dafür sorgen, dass dir das nicht bekommt.“

„Verschon mich“, seufzte Azraél nur kopfschüttelnd. Er schien die Ohrfeige im Hotelzimmer nicht vergessen zu haben, bei der Alexandra alles andere als zimperlich gewesen war.

Nach einem beachtlichen Sprint schafften es die Vier gerade eben noch in den Zug nach Lissabon zu erwischen. Danach dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis Stella und Seth sich endlich einigermaßen von dem Lauf erholt hatten, wobei Alexandra und Azraél sich dabei wesentlich schneller wieder beruhigten. Zu Alexandras Zufriedenheit hatten sie es auch geschafft, ihren Verfolgern zu entkommen. Zwar hatte sie die Fahrer der Autos noch gesehen, doch die sollten es nicht mehr in den Zug geschafft haben. Ausnahmsweise war mal etwas nach Plan gelaufen, auch wenn diese Flucht an sich nicht geplant gewesen war.

„Oh Gott, nochmal überleb ich so einen Dauersprint nicht“, stöhnte Seth und ließ sich tiefer in seinen Sitz sinken.

„Hör auf dich zu beklagen“, sagte Alexandra nur, „Schließlich hast du dich selber dazu entschieden unbedingt an mir kleben zu müssen. Da musst du mit so was klarkommen oder in Lissabon aussteigen.“

„Du hast echt keine Gnade“, stellte Seth fest.

„Wieso auch? Ich habe euch schließlich nicht darum gebeten“, bemerkte Alexandra und sah die drei resigniert an. Allerdings musste sie zugeben, dass sie ihre Anwesenheit inzwischen eigentlich als recht angenehm empfand. Zwar gingen sie ihr des Öfteren ziemlich auf den Keks und brachten ihre Planungen gerne mal durcheinander, doch es war wesentlich angenehmer, als alleine diese ständigen Reisen hinter sich zu bringen.

Und außerdem hatte sie sich im Prinzip schon lange nach Gesellschaft gesehnt. Sie hatte es nur nie gewagt auf andere zuzugehen, weil sie immer Angst gehabt hatte, mögliche Freunde in Gefahr zu bringen. Außerdem kam jetzt auch noch dieses wahnsinnige Spiel hinzu, in dem sich die Spieler gegenseitig besiegen sollten, nur damit einer das seltsame Buch bekam, das ihm angeblich alle Wünsche erfüllen konnte.

Jedoch hatte Alexandra nur einen Wunsch, und den konnte das Buch, wenn es denn wirklich existierte, was sie stark bezweifelte, eh nicht so erfüllen, wie Alexandra es sich wünschte. Daher hatte sie nicht vor sich an diesem Spiel so zu beteiligen, wie es die anderen Spieler taten. Allerdings kaute sie immer noch darauf rum, dass sie unvorsichtigerweise einen Dämonenfürsten herausgefordert hatte. Da war sie etwas zu voreilig gewesen, auch wenn sie wirklich nicht vorhatte, sich einfach dem zu ergeben und auch auf die anderen Spieler Jagd zu machen. Allerdings wusste sie auch noch nicht, wie sie sich dem Ganzen entziehen konnte.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Azraél und lehnte sich zurück, „Sollen wir von nun an von einem Land zum Nächsten reisen? Würde es nicht schon reichen, wenn wir nur von Stadt zu Stadt pilgern? Schließlich dürfte selbst dein Vermögen nicht ewig bestehen, wenn das so weiter geht.“

„Spar dir unnötige Bemerkungen, sonst komme ich demnächst noch auf die Idee dich knebeln zu lassen“, entgegnete Alexandra und sah ihn kurz scharf an, „Aber bisher hatte ich auch noch nicht so viel Pech hintereinander. Es ist, als würde irgendwer von irgendwo her uns überwachen und dann seine Züge planen. Bisher ging das nie so schnell. Ich bin selbst etwas überrascht, dass wir von einer ungemütlichen Situation in die Nächste stolpern, aber mir fällt zurzeit leider auch nicht ein, was wir sonst tun sollen. Und mit dem von Stadt zu Stadt reisen habe ich keine guten Erfahrungen, denn leider kommen die auch auf echt ausgeklügelte Ideen, wie mich aus einem fantasievollen Grund anzuzeigen und dann die Polizei die Drecksarbeit übernehmen zu lassen. Nur wenn wir uns mit großen Schritten bewegen, können wir solchen Maßnahmen entgehen, auch wenn das mein Konto belastet.“

„Du Sprichst wie eine richtige Strategin“, bemerkte Seth leicht erstaunt.

„Beeindruckend“, sagte Stella, „Auch wenn du leider den Nagel auf den Kopf triffst.“

Alexandra seufzte.

„Ob wir wohl jemals wieder ruhig und mal ohne zu hetzen eine Mahlzeit zu uns nehmen können?“, fragte Seth sehnsüchtig, „Ich hab Hunger.“

„Gibt es für dich eigentlich auch noch andere Themen als Essen, über die du problemlos stundenlang reden kannst?“, fragte Alexandra mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Was denn?“, fragte Seth empört, „Die Ernährung ist eines der Wichtigsten Dinge im Leben und hält den Körper gesund. Wieso verkennen so viele Leute die Wichtigkeit eines guten Essens?“

„Weil nicht alle solche Vielfraße sind wie du“, antwortete Stella schief lächelnd, „Du hast schon immer für drei Personen gegessen.“

Seth schmollte und sah zur Seite.

Alexandra musste irgendwie leicht lächeln. Diese Bande war schon ein komischer Haufen. Und dennoch kam sie nicht drum herum, sich über die gelegentliche Dummheit der drei zu amüsieren. Sie waren so nett und unschuldig, dass Alexandra bei den Gedanken, dass sie sie in eine wahrscheinlich ziemlich gefährliche Sache mit hinein zog, beinahe ein schlechtes Gewissen bekam. Abgesehen vielleicht von Azraél, der sie gerade mit einer hochgezogenen Augenbraue ansah, was wohl daher kam, dass Alexandra ausnahmsweise mal ganz leicht lächelte. Daraufhin zog Alexandra ebenfalls eine Augenbraue hoch und erwiderte seinen Blick, auch wenn sie das Lächeln wieder in seine Schranken gewiesen hatte. Auf ihrem Gesicht hatte es nichts zu suchen.

Kapitel 6: Gibt es Vampire?

Als sie in Lissabon ankamen, schlug Alexandra sofort den Weg zum Flughafen ein, damit sie ihren Flug nicht noch verpassten, weil Stella und Seth trödelten und unbedingt nach Souvenirs gucken wollten. Allerdings schaffte Alexandra es gekonnt, die drei in ihren Flieger zu bugsieren und von dort aus ging es nach London, wie Alexandra inzwischen gemerkt hatte. Eigentlich wollte sie nicht noch mal in ihr Heimatland, doch einen anderen Flug gab es leider nicht in direktem Anschluss an ihren Zug. Daher flogen sie jetzt über den Golf von Biscaya auf direkten Weg zur Hauptstadt von Großbritannien.

„Ist das nicht dein Heimatland?“, fragte Seth nach einer Weile.

„Und?“ Alexandra blickte aus dem Fenster auf die Wolken herab. Es wirkte alles so unwirklich hier über den Wolken. Fast so als wäre auf einmal alles möglich, selbst wenn es als unmöglich gepriesen wird. Als würden die Regeln dieser Welt auf einmal nicht mehr existieren. Im nächsten Moment wunderte Alexandra sich über ihre eigenen Gedanken. Woher kamen diese komischen Einfälle auf einmal? Die Wolken waren einfach nur Wolken oder auch verdunstetes Wasser, wenn man es genauer nehmen wollte. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf.

„Alex?“ Seth sah sie mit schief gelegtem Kopf an.

„Falls du glaubst, dass es irgendwie nostalgisch für mich ist, hast du dich geschnitten“, erwiderte Alexandra leicht genervt, „Wie ihr bereits wisst, habe ich meine Erinnerungen verloren und abgesehen von dem Wissen, dass ich dort geboren wurde, verbindet mich nichts mit dem Land. Es ist wie jedes andere auch.“

„Hm, also kannst du dich wirklich an gar nichts erinnern“, stellte Seth etwas enttäuscht fest.

„Was hast du denn gedacht?“, fragte Alexandra resigniert, „Verstehst du die Bedeutung des Wortes ‚vergessen‘ nicht?“

„Schon, aber man darf sich doch wohl fragen, ob es möglich ist, seine Erinnerungen wieder zurückzubekommen“, murmelte der Junge beleidigt.

Alexandra war inzwischen aufgefallen, dass Stella sich eine Hand vor den Mund presste und etwas blass aussah. „Ist dir schlecht, Stella?“

Diese sah ein wenig erschrocken aus, ehe sie mit ihrer freien Hand eine abwehrende Bewegung machte. „E-Ein bisschen, aber es geht, macht euch keine Gedanken darüber“, sagte sie mit unsicherer Stimme.

„Gut“, sagte Alexandra nur, auch wenn ihr Stellas etwas verschreckter Unterton nicht entgangen war. Irgendetwas schien nicht ganz zu stimmen, doch wie es aussah, wollte sie nicht darüber reden. Daher konnte Alexandra vorerst nichts machen und musste abwarten.

Schließlich kamen sie dann am Londoner Flughafen an und sie konnten das Flugzeug endlich verlassen. Seth machte sich gar nicht die Mühe, seine Erleichterung darüber, dass sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, geheim zu halten. Azraél schüttelte über seinen Freund nur den Kopf und Alexandra nahm es mittlerweile mit Gelassenheit. Mit der Zeit hatte sie sich an ihre etwas lautere Gesellschaft gewöhnt. Allerdings war eine der lauteren Quatschköpfe zurzeit eher still und schien sich immer noch nicht ganz wohl zu fühlen.

„Ist wirklich alles in Ordnung, Stella?“, fragte Alexandra argwöhnisch, „Du bist mir etwas zu blass.“

„E-Es geht schon, das sind wahrscheinlich nur die Strapazen der letzten Tage“, sagte Stella ausweichend und lächelte schief, „Wenn ich erstmal was gegessen habe, wird es bestimmt besser...“ Ihr Lächeln wurde noch schiefer und irgendwie wirkte sie ein klein wenig geknickt.

„Ich glaube dir zwar nicht, aber von mir aus“, seufzte Alexandra und holte ihr Handy heraus, „Wir werden im nächsten Hotel essen.“

„Weißt du überhaupt schon, wo wir hin müssen?“, fragte Seth mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Natürlich“, antwortete Alexandra lediglich und bog in die Straße, die in der SMS von Chain angegeben war. Inzwischen wusste Chain schon, was Alexandra wollte, und konnte ihr daher bereits antworten, bevor Alexandra ihre Frage überhaupt gestellt hatte. So hatte sie auch bereits in einem Hotel nahe dem Flughafen Zimmer reserviert und Alexandra gleich die Wegbeschreibung geschickt. Was würde sie nur ohne ihre Telefon-Bekannte machen? Alexandra war wirklich froh sie zu haben.

„Endlich was zu essen“, sagte Seth und verschlang mit ziemlicher Gier sein Mittagessen.

„Du isst wie ein Schwein“, bemerkte Azraél, noch bevor Alexandra ihn auf seine nicht sehr vorbildlichen Tischmanieren hinweisen konnte.

„Ausnahmsweise gebe ich dir recht“, sagte Alexandra und warf Seth einen pikierten Blick zu, der sich schon mehrmals mit der Tomatensauce der Spagetti bekleckert und es immer noch nicht für nötig befunden hatte, mal von seiner Servierte Gebrauch zu machen.

„Bääh, ihr könnt mich mal“, erwiderte Seth beleidigt und stopfte sich eine weitere Gabel voller Nudeln in den Mund.

Alexandra schüttelte nur den Kopf und blickte dann zu Stella, die noch nicht mal die Hälfte ihres Essens gegessen hatte. „Also wirklich Stella, was ist mit dir los? Und erzähl mir nicht...“

„Tut mir leid.. vielleicht später“, sagte Stella, auch wenn sie sich eine Hand vor den Mund hielt und nach wie vor viel zu blass aussah, „Ich leg mich oben im Zimmer etwas hin, bitte lass mich bis fünf schlafen...“ Damit ging sie schnellen Schritts zur Treppe und lief nach oben.

„Komisch, wenn es ihr schlecht geht, warum nimmt sie dann nicht den Aufzug?“, fragte Seth etwas verwirrt und schob sich eine weitere Gabel Spagetti in den Mund. Allerdings musste er in dem Moment niesen und spuckte dabei gut die Hälfte der Spagetti wieder aus, die er eigentlich gerade hatte zerkauen wollen. Und Alexandra hatte natürlich das Glück ihm genau gegenüber zu sitzen und der Tisch war auch nicht so groß, als dass nicht wenigstens ein bisschen was bei ihr ankommen würde.

Jedoch hatte Alexandra so schlagfertig reagiert, dass Azraél sie nur mit einer hochgezogenen Augenbraue ansah. Denn Alexandra hatte einem Kellner, der in dem Moment gerade vorbei gekommen war, das leere, runde Tablett aus der Hand gerissen und vor sich an die Tischkante gehalten, sodass nur das Tablett nun dunkelbraun mit vielen roten Sprenkeln war.

„Demnächst kannst du alleine essen, wenn du es nicht schaffst, wenigstens mal ein paar Tischmanieren an den Tag zu legen“, knurrte Alexandra nur und hielt dem verdatterten Kellner sein Tablett hin.

Seth zog eine Grimasse und Azraél musste irgendwie lächeln. Allerdings sah er dann wieder in Richtung Treppe. Irgendetwas stimmte wirklich nicht mit Stella, so viel war sicher.

Alexandra hielt sich bis fünf Uhr in der Lobby auf, danach ging sie hoch zu ihrem und Stellas Zimmer. Dort lag das Mädchen in ihrem Bett und schien friedlich zu schlafen. Nun hatte sie wieder eine bessere Gesichtsfarbe und sah auch im Ganzen wieder fitter aus. Der Schlaf schien ihr wirklich gut getan zu haben. Alexandra war einerseits erleichtert, aber andererseits wunderte sie sich immer noch über Stellas für sie ziemlich komisches Verhalten.

In dem Moment räkelte diese sich und drehte sich um, sodass sie Alexandra ansehen konnte, auch wenn sie sich erstmal den Schlaf aus den Augen rieb.

„Oh.. tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe“, sagte Alexandra nur und sah sie mit nachdenklicher Miene an.

„Schon okay, ich war eh nur noch im Halbschlaf“, murmelte Stella und setzte sich auf. Sie sah ein wenig bedrückt aus, doch dann setzte sie wieder ein Lächeln auf und sah Alexandra an. „Was habt ihr so getrieben, während ich geschlafen habe?“, fragte sie interessiert.

„Seth hat sich und beinahe auch uns mit seinem Essen bekleckert und danach hab ich mich in der Lobby umgesehen“, antwortete Alexandra schlicht.

Stella unterdrückte ein Lachen. „Das ist typisch, das hat er schon immer gerne gemacht.“

„Das habe ich mittlerweile auch festgestellt“, seufzte Alexandra und setzte sich auf ihr Bett, „Geht es dir besser?“

„Ja, ich brauchte anscheinend nur etwas Schlaf in einer ruhigeren Umgebung als den Zug oder im Flugzeug“, vermutete Stella schief grinsend, „Na ja, aber jetzt hab ich keine Lust mehr im Bett zu bleiben. Wollen wir uns draußen nicht etwas umsehen?“

„Wieso fragst du ausgerechnet mich das?“, fragte Alexandra mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Na weil du auch zu uns gehörst“, antwortete Stella und sah sie etwas erstaunt an, „Da ist es üblich, dass wir auch mal alle zusammen was machen. Und nicht nur ewig die Flucht ergreifen, weil deine Verfolger uns auf den Fersen sind. Du kommst mit, keine Widerrede.“

Alexandra hob eine Augenbraue. „Seit wann hast du denn das Kommando über mich?“

„Seit ich der Meinung bin, dass du viel zu lange nur für dich gelebt hast“, bemerkte Stella grinsend und kam auf die Füße, ehe sie Alexandra am Handgelenk packte und mit sich zog. Alexandra kam gar nicht dazu zu protestieren, als sie schon durch die Tür nach draußen auf den Gang liefen und Stella direkt auf das Zimmer der Jungen gegenüber zuhielt. Noch ehe Alexandra etwas sagen konnte, lief Stella mit Schwung gegen die verschlossene Tür und auch Alexandra konnte nicht mehr vollständig abbremsen, bevor sie ein etwas hartes Zusammentreffen mit der Tür hatte.

„Aua, warum ist die denn verschlossen?“, fragte Stella mit jammernder Stimme und rieb sich die Stirn.

„Das wollte ich dir gerade noch sagen, aber du hast es ja vorgezogen, mit Anlauf gegen die Tür zu rennen und mich dabei gleich mitzuziehen“, bemerkte Alexandra resigniert, „Die Jungen sind unten in der Lobby. Seth versucht den Idioten beim Kartenspielen zu schlagen, aber als ich weg ging, stand es bereits dreizehn zu Null für den Idioten. Und ich glaube nicht, dass sich daran sehr viel geändert hat.“

„Wieso hast du das nicht gleich gesagt?“, fragte Stella und ging daraufhin flotten Schritts Richtung Aufzug, ohne dabei große Rücksicht auf Alexandra zu nehmen, die sie immer noch hinter sich her zog.

In der Lobby fanden sie bald auch die Jungen, die sich auf zwei Sesseln gegenüber saßen und auf dem Tisch zwischen ihnen einige Karten ausgebreitet hatten, während sie andere noch in ihren Händen hielten. Seth sah hoch konzentriert aus, während Azraél eher gelassen darauf wartete, dass Seth endlich seinen Zug machte.

„Hey Jungs, wie läuft´s?“, fragte Stella und beugte sich ein Stück vor, um Azraél ins Blatt gucken zu können.

„Seth ist nur gerade dabei zum neununddreißigsten Mal zu verlieren“, antwortete Azraél nüchtern.

„Nein, dieses Mal werde ich gewinnen, du wirst schon sehen“, erwiderte Seth und sah angestrengt in seine Karten.

Alexandra umrundete kurz den Tisch und warf dabei einen Blick in das Blatt der beiden Jungen, ehe sie wieder stehen blieb. „Seth, du verlierst, egal was du jetzt noch versuchst.“

„Was?!“ Seth sah sie verzweifelt an, ehe der den Kopf hängen ließ und sich anscheinend geschlagen gab. „Ich geb auf.“

„Endlich bist du zur Vernunft zu kommen“, sagte Azraél zufrieden und breitete sein Blatt auf dem Tisch aus, „Royal Street.“

Nun wirkte Seth endgültig geknickt und Stella klopfte ihm aufbauend auf die Schulter. „Lasst uns doch ein bisschen nach draußen gehen und uns umsehen? Das wäre doch mal eine schöne Abwechslung, nach der ganzen Hetzerei die letzten Tage.“

„Also geht es dir wieder besser“, stellte Azraél fest.

„Jap, also was sagt ihr?“, fragte Stella grinsend.

„Von mir aus“, murmelte Seth, der eindeutig schlechte Laune hatte.

„Ich hätte auch nichts dagegen“, sagte Azraél und stand auf, „Aber wie kommt es denn, dass wir dabei in den Genuss unserer Prinzessin kommen?“

„Pass auf deine Zunge auf“, erwiderte Alexandra mit drohender Stimme, „Sonst kann es sein, dass du eines Tages ohne sie aufwachst.“

„Das werde ich schon zu verhindern wissen, Prinzessin“, bemerkte Azraél lächelnd. Er schien seinen Spaß dabei zu haben, Alexandra mit ihrem zweiten Spitznamen zu ärgern, den er sich vor kurzem ausgedacht hatte, weil sie ihnen zu gerne Befehle erteilte und für eine Königin aber zu jung war. Da passte der Name Prinzessin besser.

„Hör auf mich so zu nennen“, sagte Alexandra mit kalter Stimme und sie schien ihn am liebsten schon mit bloßen Blicken aufspießen zu wollen.

„Oje, so langsam kehrt die Ordnung wieder ein“, stellte Stella fest und musste kichern, „Aber kommt jetzt, es schließlich schon halb sechs und bald wird es Zeit fürs Abendessen, also sollten wir uns etwas beeilen, nicht Alex?“

„Da hat sie recht, Prinzessin.“ Azraél ging mit einem amüsierten Lächeln zu Stella und Seth.

„Ich kann dir nur davon abraten, mich endgültig wütend zu machen“, warf Alexandra ein und kam auf die drei zu. Ihr Blick war drohend. „Das hat noch keinem gut getan.“

„Oje, jetzt habe ich aber Angst“, witzelte Azraél und konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Allerdings war Alexandra im nächsten Moment direkt neben ihm, die drei Meter zwischen ihnen hatte sie mit nur zwei schnellen Schritten hinter sich gebracht, und der Kinnschieber ließ Azraéls Zähne hart aufeinander schlagen.

„Lass dir das eine Lehre sein, das nächste Mal trifft es dich härter“, kommentierte Alexandra und ging einfach an ihm vorbei. Dabei warf sie einigen Leuten, die zu ihnen herüber gesehen hatten, einen finsteren Blick zu, sodass diese schnell ihre eigentlichen Tätigkeiten wieder aufnahmen.

Dann ging sie einfach durch eine der Türen nach draußen und Stella, Seth und Azraél sahen zu, dass sie Alexandra nicht verloren, die einen ziemlich flotten Schritt am Leib hatte. Azraél schien währenddessen noch mal zu prüfen, ob noch alle Zähne da waren, wo sie hingehörten, denn der Kinnschieber war alles andere als sanft gewesen.

„Du bist wirklich nicht gerade zimperlich“, stellte Seth fest. Dabei schien er sich nicht ganz zwischen einem schiefen Lächeln und einer etwas bedepperten Grimasse entscheiden zu können.

„Wenn ich das wäre, wäre ich schon längst geschnappt worden und könnte heute nicht so frei herumlaufen“, entgegnete Alexandra.

Seths etwas gequälter Gesichtsausdruck zeigte, dass ihm dazu keine passende Erwiderung einfiel.

Alexandra bog daraufhin in eine etwas schmalere Seitenstraße ein. Die beiden Jungen folgten ihr, doch Stella blieb stehen und blickte nach links, wo es etwas weiter die Straße runter so aussah, als wären dort einige schöne Läden. „Wollen wir nicht lieber da lang gehen?“, fragte sie etwas unsicher.

Alexandra blieb stehen und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Mehr Gepäck können wir nun wirklich nicht gebrauchen und ich will mir lieber die Umgebung ansehen, als nach Souvenirs Ausschau zu halten.“

„Aber.. heute kommen wir doch sowieso nicht mehr weit, also warum sehen wir uns nicht einfach mal zur Abwechslung ein paar freundliche Läden an, statt in dunklen Gassen herumzuwandern?“, versuchte Stella es erneut.

„Seit wann hast du damit denn ein Problem?“, fragte Alexandra stirnrunzelnd.

„Ich.. schon gut.“ Stella trottete hinter ihnen her und Alexandra ging weiter, auch wenn sie sich über Stellas Widerwillen wunderte. Sie und Seth waren am Anfang schließlich so begeistert darüber gewesen, dass es mal spannend wurde und nicht nur der langweilige und eintönige Alltag herrschte. Also warum schien sie jetzt so ein Unbehagen gegenüber diesem Weg zwischen einigen Häusern hindurch zu haben?

Ein Stück weiter vorne fanden sie in einer Ecke einen hoch aufragenden Müllhaufen, der ziemlich stank und wohl schon ziemlich lange dort lag. Alexandra verzog das Gesicht und überlegte kurz, ob es nicht vielleicht wirklich angenehmer wäre umzukehren, als ihr etwas auffiel. Einen Moment lang zweifelte sie, doch dann sträubten sich ihre Nackenhaare und sie starrte eine Stelle des Müllhaufens entgeistert an. Dort war der Ärmel eines Jacketts zu sehen, in dem noch ein Arm steckte. Und Alexandra war sich ziemlich sicher, dass sich der Rest der Person ebenfalls noch an dem Arm befand und diese nicht einfach nur an einem etwas ungünstigen Ort eingeschlafen war.

„Alexandra?“ Seth sah sie stirnrunzelnd an und Azraél hob eine Augenbraue.

Auch wenn diese sich sicher war, dass sie sich nicht täuschte, wollte sie sich doch noch mal vergewissern. Nur für den Fall. Sie trat näher an den Müllhaufen und zog einen der fast überquellenden Säcke zur Seite, den man sowieso nur oben rauf geschmissen hatte. Zum Vorschein kam das, was sie bereits erwartet hatte. Die Leiche eines Mannes mittleren Alters. Allerdings gab es da ein entscheidendes Detail, mit dem Alexandra absolut nicht gerechnet hatte und der sie eine Hand vor den Mund schlagen ließ.

„Was.. soll das denn?“, fragte Seth entgeistert und selbst Azraél schien mit seiner Fassung zu ringen. Stella griff sich mit einer Hand an den Hals und die andere presste sie auf ihren Mund.

Alexandra konnte es ebenfalls nur schwer glauben. Der Mann war bleich. Kreidebleich. Es sah so aus, als wäre kaum noch Blut in seinen Adern. Außerdem hatte er eine tiefe Wunde direkt in der Brust, die wohl sein Herz durchbohrt haben dürfte. Da sein Hemd und auch sein Jackett noch mit Blut getränkt waren, war anzunehmen, dass er gestorben war, bevor ihm das Blut aus den Adern gesogen wurde. Auf Letzteres deuteten die zwei kleinen Löcher an seinem Halsansatz. Sie sahen aus wie die Bissspuren eines Wesens, das allen vier bekannt war.

„Ein.. Vampir?“ Seth war der erste, der die vage Vermutung aussprach.

„Un-möglich“, sagte Alexandra und schüttelte den Kopf, damit ihre Gedanken wieder zur Ordnung kamen und ihr Verstand sich sammelte, „Es gibt keine Vampire. Und außerdem, hat einer von euch schon mal von einem Vampir gehört, der sein Opfer vor dem Trinken tötet?“

„Stimmt auch wieder“, räumte Azraél ein und sah die Leiche des Mannes an, „Auch wenn der Täter gut vorgegangen ist. Dies ist eine einsame Gegend und der Müllhaufen hätte den Gestank der Verwesung bestimmt einige Zeit lang übertönt. Ein wirklich kluges Köpfchen, das muss mich zugeben.“

„Zwar habe ich dir nicht erlaubt zu sprechen, aber du hast recht“, sagte Alexandra und sah sich um, „Aber wir sollten von hier weg. Wenn die Polizei uns findet, wird es schwer für uns, unsere Unschuld zu beweisen.“

„Das stimmt zwar, aber warum sollte die Polizei hier auftauchen?“, fragte Seth etwas verwirrt.

„Weil ich Chain gleich darum bitten werde, dort anzurufen“, antwortete Alexandra und wählte bereits die Nummer, „Schließlich können wir die Leiche nicht einfach so hier liegen lassen.“

„Wie du es nur immer schaffst, in diesen Situationen einen klaren Kopf zu behalten...?“ Azraél schüttelte den Kopf.

Alexandra reichte kurz ihre Bitte an Chain weiter, dann warf sie Azraél einen giftigen Blick zu. „Sollte das gerade irgendetwas andeuten? Wenn ja, dann drück dich klarer aus oder lass es bleiben.“

„Nichts, ich wollte nichts andeuten“, sagte Azraél, „Es war einfach nur so ein kurzer Gedanke.“

„Das will ich auch hoffen“, murmelte Alexandra und blickte zu Stella, die den Anblick anscheinend nicht ganz so gut verkraftete. Sie hielt sich immer noch mit einer Hand den Hals und die andere hielt sie sich vor den Mund. Ihr Blick war zur Seite gerichtet. „Ist alles in Ordnung, Stella?“

„J-Ja.. es geht.. schon...“ Sie kniff die Augen zu und schüttelte den Kopf.

Alexandra sah sie einige Sekunden lang einfach nur an. Dann wandte sie sich zum Gehen und lief mäßigen Schritts zur nächsten Gasse. Seth und Azraél sahen sich kurz an, ehe sie Alexandra folgten. Dabei ergriff Seth Stellas Oberarm und zog sie ebenfalls mit sich, damit sie nicht einfach dort stehen blieb, bis die Polizei kam.

Einige Straßen weiter blieb Alexandra wieder stehen. Inzwischen näherte sich die Sonne dem westlichen Himmelsrand und Alexandras Uhr sagte, dass es mittlerweile halb sieben war. Theoretisch hätten sie auch zum Hotel zurückgehen können, doch diese Leiche ließ Alexandra keine Ruhe. Zufällig war sie gegen seine Hand gekommen, als sie den Müllsack, der auf ihm gelegen hatte, zur Seite geräumt hatte. Die Hand des Mannes war noch warm gewesen. Das bedeutete, es konnte nicht länger als allerhöchstens zwei Stunden her sein, als er ermordet worden war. Und Alexandra kam Stellas ungewöhnliches Verhalten der letzten Stunden einfach zu seltsam vor, irgendetwas stimmte nicht. Und es schien mit der Leiche zu tun zu haben, da war Alexandra sich sicher.

„Du hast etwas damit zu tun, nicht?“, stellte Alexandra einfach ihre Frage. Um den heißen Brei herumzureden machte die Sache nicht besser, insofern kam sie lieber gleich zum Thema.

„Hä? Von wem redest du?“, fragte Seth verwirrt.

Alexandra drehte sich um und sah Stella an, die bei den Worten leicht gezuckt hatte. „Du hast irgendetwas damit zu tun, das sehe ich dir an, also sag die Wahrheit. Ich möchte Chain nicht darum bitten müssen, für mich Nachforschungen anzustellen.“

Stella blickte zu Boden und versuchte noch nicht mal zu widersprechen, während Azraél und Seth Alexandra nur entgeistert ansahen.

„Hast du ein Rad ab?“, fragte Seth beinahe fassungslos, „Wieso sollte Stella etwas damit zu tun haben? Außerdem war sie im Hotel! Oder hast du schon vergessen, wie schlecht sie sich gefühlt hat? Wir haben ihr das alle angesehen. Also wie sollte sie in der Lage gewesen sein diesen Mann zu überwältigen und zu töten? Er ist viel größer und stärker als sie!“

„Genau das will ich von ihr wissen“, erwiderte Alexandra ernst, aber auch gelassen.

Stella hatte vorsichtig in ihre Augen gesehen und ihr war klar, dass Alexandra wusste, dass sie etwas damit zu tun hatte. Es war sinnlos zu widersprechen oder nach einer Ausrede zu suchen. Also was blieb ihr noch? „Ich.. du hast recht, ich...“ Sie stockte und sah zur Seite.

„Du...?“ Alexandra sah sie an.

„Ich.. habe ihn getötet“, gestand Stella leise und blickte wieder zu Boden.

Seth und auch Azraél starrten sie fassungslos an.

Alexandra hingegen hatte damit beinahe schon gerechnet, daher haute es sie nicht ganz so sehr aus den Socken. „Warum? Und wieso auf diese Weise?“

„Ich...“ Stella schien absolut nicht zu wissen, was sie sagen sollte. Sie wirkte geknickt und niedergeschlagen, doch zugleich irgendwie frustriert und fast ein wenig ärgerlich. Dann sah sie auf und blickte Alexandra direkt in die Augen. „Ich bin ein Vampir.“

Nun wanderte eine von Alexandras Augenbrauen nach oben, Seth entgleisten seine gesamten Gesichtszüge und Azraél blieb der Mund offen stehen. Einen unendlich langen Moment über herrschte Stille und keiner sagte etwas. Einzig der schon beinahe trotzige Blick von Stella war auf Alexandra gerichtet, als wäre diese die Anführerin der Gruppe. Vielleicht war sie das auch, doch das wusste zu dem Zeitpunkt noch keiner von ihnen so sicher. Als dieser unendlich lange Moment endlich vergangen war, seufzte Alexandra.

„Du willst also, dass ich dir abkaufe, dass es Vampire gibt? Dass diese Blut trinkenden Wesen nicht nur in Filmen und Romanen vorkommen, sondern auch heute im Hier und Jetzt existieren?“, fragte Alexandra und verschränkte die Arme, „Und du willst, dass ich glaube, dass du ebenfalls ein Vampir bist?“

Die beiden Jungen sahen nur zwischen Stella und Alexandra hin und her.

„Ja“, antwortete Stella und hatte wieder diesen trotzigen Gesichtsausdruck, „Oder wie glaubst du sonst, kann einem Menschen so auf der Straße das Blut aus den Adern gesogen werden? Ich glaube nicht, dass dir dazu eine passende Theorie einfällt.“

Obwohl sie es scheinbar zu verbergen versuchte, hörte Alexandra die Verabscheuung und den Selbsthass in Stellas Stimme. Sie sah ihre Gefährtin an, welche nun auf einmal zu einer Gruppe Wesen gehören sollte, die sich von Blut ernährte. „Wo ist der Beweis?“

Stella sah sie etwas überrascht an.

„Getötet wurde der Mann schließlich dadurch, dass ihm etwas spitzes direkt ins Herz gerammt wurde“, bemerkte Alexandra, „Und ich habe nie mitbekommen, dass du eine andere Waffe als eine Pistole bei dir hast. Also wäre es schwierig für dich, ihn zu töten. Oder kannst du deine Fingernägel wachsen lassen, sodass sie denselben Effekt wie ein Messer haben?“

„Willst du mich verarschen?“, fragte Stella und sah Alexandra ungläubig an, „Natürlich nicht.“

„Also was ist dann passiert?“, fragte Alexandra, „Ich meine, bevor du.. gespeist hast.“

Stella verzog bei Alexandras Wortwahl schon beinahe angewidert das Gesicht. „Der arme Mann war in einen Raubüberfall geraten und ich hab ihn dort sterbend gefunden.. Da ich meinen Durst schon seit einiger Zeit ignoriert habe, konnte ich mich nicht mehr beherrschen und hab ihn endgültig getötet, indem ich...“

„Mehr Details brauche ich nun wirklich nicht“, sagte Alexandra und schüttelte den Kopf, „Aber ich würde es vielmehr so sehen, dass du dem armen Mann die Erlösung gegeben hast. Wenn er schon im Sterben lag, wäre ein Krankenwagen eh nicht mehr rechtzeitig da gewesen. Also hast du ihm nur unnötige Qualen erspart.“

Stella sah Alexandra nur ungläubig an. Wieder herrschte einige Sekunden lang Schweigen.

„Zeig deine Zähne“, forderte Seth dann auf einmal. Er konnte einfach nicht mehr den still-Schweigenden spielen.

„Warum? Ihr wisst doch, wie sie aussehen“, entgegnete Stella etwas überrascht und sah ausweichend zur Hauswand. Sie wollte diese Seite von sich nicht zeigen.

„Komm schon, deine Vampirzähne meine ich“, beharrte Seth, „Zeig sie uns doch mal. Du hast doch welche? Oder wie kommst du sonst an das Blut von Menschen? Hast du dafür immer eine Spritze oder so dabei...?“

„Hör endlich auf mit dem Schwachsinn!“, fuhr Stella ihn an und fauchte plötzlich auf eine ziemlich drohende Art und Weise. Dabei waren auch die deutlich längeren, spitzen Eckzähne zu sehen und ihre eigentlich hellgrünen Augen hatten einen bedrohlich roten Schimmer.

Seth wich vor Schreck gleich mehrere Schritte zurück und starrte sie erschrocken an. Auch wenn er sie dazu gedrängt hatte, war doch deutlich zu sehen, dass er nicht ganz daran geglaubt hatte, dass ihre Zähne wirklich so aussehen könnten. Selbst Azraél trat einen Schritt zurück, ehe er sich anscheinend besann und wieder stehen blieb. Es war immer noch Stella, die da stand, also warum sollte er auf einmal vor ihr zurückweichen? Er war schließlich selber nicht ohne, auch wenn er nicht gedacht hatte, dass es Vampire wirklich gab.

Alexandra blieb einfach stehen und sah Stella an, ehe sie seufzte. „Wie es aussieht, muss ich meiner Liste von außergewöhnlichen Dingen und Vorgängen wohl noch die Existenz von Vampiren hinzufügen. Aber was soll´s, so lange du nicht auf die Idee kommst, uns als dein Mittagessen anzusehen, ist es mir ziemlich egal, was du bist.“

Stella sah sie einige Sekunden lang erstaunt an, doch dann lächelte sie erleichtert und ihre Eckzähne hatten wieder ihre gewohnte Länge und der rote Schimmer war aus ihren Augen verschwunden.

„Wow, du kannst die ein- und ausfahren?“, fragte Seth fasziniert und trat wieder näher. Er schien seine Scheu von vor einer Sekunde vollkommen vergessen zu haben.

„Ich kann ja wohl schlecht die ganze Zeit so rum laufen“, antwortete Stella beleidigt.

„Stimmt auch wieder.“ Seth legte den Kopf schief. „Aber das ist doch mal wirklich eine Überraschung. Ausgerechnet du bist ein Vampir...“

„Ich bin nur ein Halbblut“, erwiderte Stella trotzig, die sich trotz Seths aufkeimender Begeisterung nicht ganz wohl zu fühlen schien, „Mein Vater war ein reinblütiger Vampir, der sich allerdings in eine menschliche Frau verliebt hat. Seitdem gilt sein Name als entehrt und ich werde nur als schmutziges Halbblut bezeichnet. Deswegen bin ich auch von Zuhause abgehauen und hab mich alleine durchgeschlagen, auch wenn...“

„Und jetzt habe ich genug von alten Geschichten gehört, die schon lange vergangen sind“, seufzte Alexandra und schüttelte den Kopf, „Da ich die Beweise leider nicht verwerfen kann, bleibt mir kaum etwas anderes übrig, als zu akzeptieren, dass Vampire nicht nur in  einigen Romanen vorkommen, aber damit reicht das dann auch. Ich habe keine Lust in die Angelegenheiten von Lebewesen hineingezogen zu werden, die im Allgemeinen der Fantasie zugeschrieben werden. Also belassen wir es einfach dabei, dass du eine halbblütige Vampirin bist und dass wir trotzdem ganz normal weiter mit dir umgehen werden. In Ordnung?“

„Klar“, sagte Stella, die eindeutig erleichtert darüber war, dass sie nicht ihre gesamte Vergangenheit noch mal aufrollen musste.

„Das wäre zwar spannend gewesen, aber wenn euer Hochwohlgeboren nicht wollen, dann eben nicht“, seufzte Seth enttäuscht, woraufhin Alexandra und Stella ihm warnende Blicke zuwarfen.

Azraél schien sich ebenfalls mit dieser Lösung der Dinge abfinden zu können und sah Alexandra und Stella nur schweigend, wenn auch lächelnd, dabei zu, wie sie Seth zur Schnecke machten.

Kapitel 7: Und was ist mit Shinigamis?

Alle vier fanden es äußerst angenehm, die Nacht mal wieder in einem warmen weichen Bett zu verbringen und nicht sitzend in einem ratternden Zug. Von daher waren sie am nächsten Morgen auch entsprechend gut gelaunt und ausgeruht, als sie sich zum Frühstück trafen. Dieses nahmen sie unten im Hotelrestaurant ein, das morgens auch immer ein kaltes Buffet anbot.

„Ah, so lässt´s sich leben“, stellte Seth zufrieden fest und stopfte sich den Rest seines dritten Brötchens in den Mund – und die Brötchen waren nicht gerade winzig – als er auch schon nach dem Nächsten griff.

„Ja, zum Glück war der durchschnittliche Preis fürs Essen schon mit drin“, murmelte Alexandra, „Sonst käme es mich wahrscheinlich ziemlich teuer, so viel wie du isst.“

„Tu nicht so als wärst du keine Millionärin“, sagte Seth nur, „Dir macht das bisschen doch nichts aus.“

„Ich besitze vielleicht etwas mehr Geld als der Durchschnitt, aber wenn du so weiter machst, kannst du dein Essen wirklich bald selber zahlen“, erwiderte Alexandra und nahm einen Schluck koffeinfreien Kaffee. Sie wusste auch nicht mehr, wann sie eigentlich auf den Geschmack von Kaffee gekommen war, doch der in diesem Hotel war sehr schmackhaft, weshalb sie sich auch nicht von den etwas schiefen Blicken ihrer Tischnachbarn beirren ließ.

„Geizhals!“, konterte Seth prompt.

„Fresssack“, antwortete Alexandra gelassen.

„Will noch jemand das Brötchen?“, fragte Stella und ihr Lächeln sah etwas schief aus.

„Ich passe“, sagte Azraél schlicht.

„Mir reicht´s ebenfalls“, antwortete Alexandra und leerte ihren Becher.

„Mir hat man den Appetit verdorben“, bemerkte Seth beleidigt und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

Stella seufzte lediglich und nahm sich das letzte Brötchen aus dem Brotkorb, das sie auch sofort mit Marmelade bestrich.

„Sag mal Stella, wie kommt es eigentlich, dass du.. so was essen kannst?“, fragte Seth und sah sie skeptisch an, „Ich dachte immer.. du-weißt-schon-was können kein menschliches Essen zu sich nehmen.“

„Wir können es durchaus, aber für Normale unserer Rasse hat es keinen Nährwert“, antwortete Stella etwas resigniert, „Aber ich bin immer noch zur Hälfte ein Mensch und mein Körper braucht die Nährstoffe.. wie auch gelegentliche Fuhren Blut.“ Das Letzte hatte sie etwas leiser gesagt und sich dabei verstohlen umgesehen.

„Okay, klingt ja echt abgefahren.“ Seth zog eine komische Grimasse. „Wie ist das eigentlich? Woher weißt du, wann du welche deiner Seiten mit Nahrung versorgen musst? Ich meine, wie kannst du das auseinander halten?“

Stella verzog das Gesicht. „Das ist nicht schwer. Der Heißhunger für Blut ist dermaßen übermächtig, dass man sich dagegen nur schwer wehren kann. Selbst wenn ein Mensch zwei Wochen lang nichts zu Essen bekommen würde, wäre sein Hunger noch lange nicht so übermächtig, wie der nach Blut, der mich leider manchmal überkommt.“

„Und.. äh.. trinkst du eigentlich immer.. alles aus?“, fragte Seth leicht unsicher. Wie es aussah, hatte ihm die Formulierung der Frage ein paar Probleme bereitet.

Stella verschluckte sich an dem Bissen in ihrem Mund und Alexandra reichte ihr stumm ein volles Glas Orangensaft, das der Kellner ihr hingestellt hatte, bevor sie den Kaffee hatte bestellen können. Wenigstens fand es so noch einen guten Zweck, denn Stella trank den gesamten Inhalt des Glases mit wenigen Zügen aus. Dann stöhnte sie und sah Seth mit zusammengekniffenen Augen an.

„Natürlich nicht“, sagte sie, „Nur da ich den Durst schon vor unserer Abreise hatte und ihn nur ständig verdrängt habe, konnte ich ihn allmählich nicht mehr unter Kontrolle halten. Deswegen waren meine Zähne auch wider meines Willens länger geworden und mitten im Flugzeug wollte ich nun wirklich nicht, dass das irgendwer mitbekommt...“

„Also warst du deshalb so blass“, stellte Azraél fest und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab, „Und wir dachten, dir wäre schlecht.“

„Im Prinzip war mir auch schlecht“, murmelte Stella, „Schon die Befürchtung, dass ich im Flugzeug die Kontrolle über mich verlieren könnte, war der Anlass dafür, dass mir wirklich schlecht wurde.“

„Du kannst auch die Kontrolle verlieren?“, fragte Seth etwas verdattert.

„Ja, aber nur wenn der Hunger nicht mehr zu unterdrücken ist oder in absolut extremen Situationen“, wehrte Stella ab, „Aber so weit wird es nicht kommen, keine Panik, ich weiß, wo meine Grenzen liegen.“

„Dann ist ja gut“, seufzte Seth erleichtert.

„Was passiert, wenn du die Kontrolle verlierst?“, fragte Alexandra aus reinem Interesse.

Stella sah sie einen Moment lang an, dann starrte sie auf ihr halb aufgegessenes Brötchen. „Für euch würde es wahrscheinlich so aussehen, als sei ich ein Berserker oder eine ganz andere Person, die alles und jeden angreift, der ihr in die Quere kommt.“

Alexandra sparte sich die Vorstellung von einer durchgedrehten Stella und nickte nur.

„Was wollen wir jetzt eigentlich machen?“, fragte Azraél nach einer Weile.

Alexandra überlegte kurz, doch sie sparte sich den Kommentar dazu, dass sie ihm noch immer nicht gestattet hatte, einfach so zu sprechen. „Da wir in der letzten Zeit immerzu ziemlich schnell entdeckt wurden, wollte ich erstmal ein bis zwei Wochen abwarten. Wenn alles so bleibt wie jetzt, suchen wir uns Appartements und ich lasse Chain dafür sorgen, dass wir auf eine neue Schule kommen.“

„Och nö neh?“ Seth sah sie verständnislos an. „Wieso denn wieder Schule? Ich fand´s doch gerade so schön, nicht mehr in die dumme Pauke gehen zu müssen.“

„Pech gehabt“, sagte Alexandra nur, „Ohne einen ordentlichen Abschluss wird man heutzutage nun mal nichts, also werden wir wieder zur Schule gehen, sobald ich sicher bin, dass wir nicht morgen gleich wieder flüchten müssen.“

„Manno“, murmelte Stella und biss in ihr Brötchen. Sie hatte ebenfalls keine Lust wieder zur Schule zu gehen.

„Wie auch immer, ich lasse euch jetzt für eine Weile alleine“, sagte Alexandra und stand auf, „Macht keinen Unsinn und kommt mir nicht hinterher. Ich will nur mal um den Block und das alleine, wenn es nicht zu viel verlangt ist.“

Sie wartete gar nicht erst die Antwort der drei ab, sondern ging einfach aus dem Hotelrestaurant und verließ das Gebäude. Sie fühlte sich etwas komisch, denn sie war es immer noch nicht gewöhnt, sich die ganze Zeit über in Gesellschaft zu befinden. Bis vor wenigen Tagen hatte sie ihr Leben eigentlich immer, zumindest soweit sie sich erinnerte, alleine verbracht. Eine so plötzliche Änderung ihrer Lebensweise war einfach nicht so leicht zu verkraften. Außerdem fiel es ihr immer noch schwer zu glauben, dass sie in dieses seltsame Spiel des Dämonenfürsten hineingeraten war.

„Oh Mann, wann ist mein Leben eigentlich so durcheinander geraten?“, fragte Alexandra leise und seufzte.

„Was meinst du?“

„Ich.. was?“ Alexandra drehte sich um, doch sie sah niemanden. Außerdem war sie sich sicher gewesen, dass sie einen verlassenen Weg zwischen den Häusern eingeschlagen hatte. Ihr war niemand anderes aufgefallen.

„Hier bin ich!“

Alexandra drehte sich ruckartig nach links und war bereit, entweder zum Gegenangriff überzugehen oder die Flucht anzutreten, doch einzig ihre Augenbrauen bekamen eine starke Tendenz nach oben.

„Was.. wer bist du denn?“, fragte sie das kleine Mädchen neben sich. In dem Moment fiel ihr allerdings auf, dass sie allem Anschein nach bereits die nächste nicht menschliche Spezies entdeckt hatte. „Du.. bist ein Geist?“, fügte sie noch mit etwas entgleisten Gesichtszügen hinzu.

„Hey, du kannst mich ja wirklich sehen“, stellte das kleine Mädchen erfreut fest. Auch wenn es etwas durchsichtig war und über dem Boden schwebte, sah es aus, als wäre es nicht älter als sieben Jahre. Es trug ein hübsches, rosanes Kleidchen mit einer violetten Weste darüber, dazu noch weiße Strümpfe und Sandalen. Es sah mit seinen zwei Zöpfen auch recht niedlich aus, wenn man mal davon absah, dass es allem Anschein nach ein Geist war.

Alexandra brauchte einen Augenblick, um sich wieder zu fangen, doch dann atmete sie kurz tief ein und seufzte. Anschließend war sie einigermaßen gefasst. „Also bist du ein Geist?“, fragte sie erneut.

„Ja“, antwortete das kleine Mädchen und das Lächeln wurde matt, „Ich bin gestorben.. zusammen mit meinen Eltern.“

„Okay.. und was machst du dann noch hier?“, fragte Alexandra. Da es eh nichts brachte, versuchte sie gar nicht erst die Existenz von Geistern in Frage zu stellen und akzeptierte es einfach. Das machte es ihrem Verstand etwas leichter, das Ganze zu begreifen.

„Das weiß ich auch nicht“, antwortete die Kleine betrübt, „Als ich nach dem Unfall aufgewacht bin, war noch alles ganz normal. Aber als ich jemanden fragen wollte, wo es nach Hause geht, ging meine Hand einfach durch ihn hindurch und er konnte mich auch nicht hören.. ich war sehr traurig, aber nun bist du ja da. Du kannst mich sehen und sogar mit mir sprechen. Das wird bestimmt lustig!“ Sie lächelte glücklich.

„Äh.. Moment mal“, sagte Alexandra und sah das kleine Geistermädchen an, „Du glaubst doch nicht, dass ich dich mitnehmen werde?“

„Warum denn nicht?“, fragte es im Gegenzug.

„Warum?“ Alexandra musste aufpassen, dass ihre Gesichtszüge sich nicht schon wieder verabschiedeten. „Weil es einfach nicht geht. Und solltest du nicht eigentlich schon im Himmel oder wo auch immer sein, wo Geister hingehören?“

Das kleine Mädchen sah traurig zu Boden und augenblicklich nagte das schlechte Gewissen an Alexandra. Als sie gerade seufzen wollte, hielt sie inne. Gerade eben war die Gasse bis auf sie und das Geistermädchen leer gewesen, doch plötzlich war nur wenige Meter weiter hinten ein Mann aufgetaucht. Er hatte feuerrote Haare, eine Brille auf der Nase und sah mit dem langen, braunen Mantel auch eigentlich recht normal aus, dennoch warnte Alexandras Gefühl sie. Er hatte in ein dickes aufgeschlagenes Buch in seiner Hand geblickt und sah nun auf, sein Blick war auf das Geistermädchen gerichtet.

„Marie Scott“, sagte er mit gelangweilter Stimme, „Du bist vor eineinhalb Wochen, drei Stunden und zwölf Sekunden bei einem Autounfall gestorben. Dummerweise hast du die Überfahrt in die andere Welt verpasst und sitzt deshalb hier fest.“ Er schlug das Buch zu, welches daraufhin leuchtete und auf einmal die Form einer Sense annahm. Ihre Klinge war schwarz und der Schaft hatte die Farbe von kalter Magma und glänzte leicht, während die Klinge in der Sonne blitzte. „Ich werde dich jetzt auf die andere Seite schicken, also mach mir bitte keine Probleme.“

Alexandra starrte den Mann nur an, als er die Sense erhob und das kleine Mädchen namens Marie vor Schreck anfing zu schreien. Ohne überhaupt darüber nachzudenken, stellte sie sich vor Marie, woraufhin der Mann überrascht innehielt.

„Du hast vielleicht gesagt, dass du sie auf die andere Seite bringen würdest, aber für mich sieht es viel mehr so aus, als wolltest du sie hinrichten“, sagte Alexandra ernst und sah den Mann an. Sie fragte sich, ob er verrückt war oder auch zu einer Spezies gehörte, die nicht menschlich war. Allerdings war sie sich ziemlich sicher, dass sie das schon bald herausfinden würde, so dämlich, wie sie sich jetzt schon wieder benommen hatte.

„Ho? Ein Mensch kann mich sehen?“ Der Mann ließ die Sense sinken und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Oder bist du auch ein Shinigami, der nur dumm genug war seine Sense zu vergessen?“

Aha, er gehörte also wirklich zu einer anderen Spezies. „Nein, soweit ich weiß, bin ich immer noch ein Mensch“, stellte Alexandra nur etwas resigniert fest. So langsam wurde es wirklich lächerlich. Zwei neue Lebensformen, die im Allgemeinen nur in Büchern oder Filmen vorkamen, an einem Tag und zusammen fünf in weniger als einer Woche. Das war rekordverdächig, wie sie fand. Nur leider würde wahrscheinlich nie jemand ihren Verstand dafür loben, dass er das einfach so akzeptieren konnte, was manch andere wohl in den Wahnsinn getrieben hätte.

Der Shinigami, oder auch Todesgott oder Sensenmann, runzelte die Stirn. „Du scheinst aber noch zu leben, also warum kannst du mich sehen?“

„Woher soll ich das denn wissen?“, fragte Alexandra etwas genervt und Marie sah vorsichtig an ihren Beinen vorbei zu dem Mann, der sich als Shinigami entpuppt hatte.

Diesem schien das kleine Geistermädchen wieder aufzufallen, denn er hob nun wieder seine Sense. „Na ja, um dich kümmere ich mich gleich, erstmal will ich diesen verdammten Auftrag zu Ende bringen. Es hat mich einiges an Zeit gekostet, sie zu finden, also würde ich dir raten, zur Seite zu gehen. Es ist kein schönes Gefühl, von dieser Sense getroffen zu werden, wenn man noch lebt.“

Alexandra wusste nicht, wie sie gegen einen Shinigami ankommen sollte. Dann sauste die Klinge der Sense auch schon herab und Alexandra kniff ungewollt die Augen zu. In dem Moment erklang ein Schrei und sie riss die Augen wieder auf. Marie war vor sie gehechtet und von der Sense einmal quer durchgeschnitten worden. Gut eine Sekunde lang sah das Mädchen noch erschrocken aus, dann entspannten sich seine Gesichtszüge und es sah Alexandra lächelnd an.

„Lass uns ein anderes Mal spielen“, sagte sie, dann löste sie sich auf und der leicht glimmende Staub verschwand durch ein Portal gut drei Meter über ihnen, das sich daraufhin wieder schloss.

Alexandra starrte den Shinigami an, der seine Brille in dem Moment abnahm und sie ebenfalls ansah. „Wollen wir doch mal sehen, was du bist...“, er stockte und blinzelte kurz, doch allem Anschein nach hatte sich an dem Anblick nichts geändert, „Das ist doch.. was soll das...?“ Da er seine Brille nun abgenommen hatte, konnte er die Auren von Lebewesen sehen. Die Auren von normalen Menschen hatten meistens eine schöne orangene bis hellrote Farbe, während die von Dämonen, je nach Art, entweder blau oder dunkelviolett war. Die Auren von Shinigamis waren meistens gelblich, die von Vampiren blutrot und die der Wächter der Dimensionen waren weiß. Die Aura von dem Mädchen vor ihm, hatte keine dieser Farben. Sie war strahlend Gold, was bedeutete, dass sie etwas ganz Besonderes war.

„Was bist du?“, fragte der Shinigami und sah sie skeptisch an.

„Ein Mensch“, antwortete Alexandra und so langsam ging ihre Laune den Bach runter, „Und wer sind Sie überhaupt. Sie könnten mir wenigstens mal Ihren Namen verraten.“

„Auch wenn du es vielleicht nicht weißt, du bist kein Mensch. Und mein Name ist Drake“, sagte der Shinigami lächelnd. Dann fiel ihm jedoch etwas auf und so langsam klärte sich das Bild ihrer Aura. Normalerweise waren die Auren klar und hatten nur manchmal einen etwas unscharfen Rand, doch die Aura dieses Mädchens war vollkommen undeutlich. Es hatte fast den Anschein, dass sie gerade erst dabei war, ihre wahre Form anzunehmen. Jedoch hatte er nun etwas entdeckt, dass ihm Klarheit verschaffte. Es war ein einzelner kleiner Hinweis, der alles aufklärte und ihm wahrscheinlich eine Beförderung einbringen würde.

„Du hast das verlorene Buch“, stellte Drake fest und setzte seine Brille wieder auf, „Ich hätte nicht erwartet, dass ich so ein Glück haben würde.“ Er hob seine Sense und wirbelte sie über seinem Kopf. „Wollen wir doch glatt mal sehen, wie das sagenumwobene Buch aussieht...“

Alexandra sprang erschrocken zurück, als er die Sense herab sausen ließ und sie um ein Haar in der Mitte spaltete. Sie war einen Moment lang furchtbar erschrocken, da er sie so plötzlich angegriffen hatte, doch dann meldete sich ihr Verstand zu Wort und bemerkte, dass sie versuchen musste, die Sache zu regeln, bevor er sie womöglich köpfte.

„Was ist dieses verlorene Buch?“, frage sie und wich erneut seiner Sense aus, „Und wie kommen Sie darauf, dass ich es habe?“

„Deine Aura hat dich verraten“, antwortete Drake nur und schwang erneut die Sense in seinen Händen, sodass Alexandra beinahe enthauptet wurde.

„Verflucht, können wir vielleicht mal normal reden?“, fragte sie, die angestrengt versuchte seinen Hieben auszuweichen, „Ich bin sicher, wir finden eine Lösung.“

„Tut mir ja leid, aber leider ist der einzige Weg, an das Buch heranzukommen, dich zu töten“, antwortete Drake. Er hatte Alexandra an die Wand gedrängt, von wo aus sie nicht einfach abhauen konnte. Dieser Hieb würde sie definitiv töten.

Alexandra unterdrückte einen viel zu mädchenhaften Schrei und kniff die Augen zu.

In dem Moment jedoch spürte sie, dass sich das Gefühl unter ihren Füßen geändert hatte. Als sie die Augen aufschlug, befand sie sich wieder in ihrem Traum. Auch wenn sie sich eigentlich in ihrer Seele befand, fand sie die Bezeichnung „Traum“ einfach passender. Schließlich ähnelte diese Umgebung viel mehr einem Traum. Das weite, dunkle Meer unter ihren Füßen, der Nachthimmel mit seinen Sternen und dem bleichen Vollmond über ihr, es wirkte alles so harmonisch und seltsam beruhigend.

Auf einmal legte sich eine Hand auf ihre Stirn und zog sie nach hinten, bis sie an etwas lehnte. Sie kannte das Gefühl und wusste, in wessen Armen sie sich befand. Es war wie beim letzten Mal, als sie beinahe entführt worden war. Wieder war es Kiyoshi, der aus heiterem Himmel in ihrer Seele auftauchte, und sie wusste auch bereits, was als nächstes kommen würde.

„Entspann dich“, sagte der Dimensionswächter mit seiner geheimnisvollen Stimme und zog ihren Kopf so weit nach hinten, dass sie an seiner Brust lehnte.

„Gehört das eigentlich auch zu diesem abgedrehten Spiel, das sich Raphael ausgedacht hat?“, fragte Alexandra und schloss die Augen. Sie wusste, dass sie keine Chance gegen diesen Shinigami hatte. Ob es ihr nun behagte oder nicht, sie musste Kiyoshi erneut die Kontrolle über ihren Körper überlassen.

„Nein, aber es hat den selben Grund“, antwortete Kiyoshi geheimnisvoll und breitete seine schneeweißen Flügel aus, die zu leuchten begannen.

Als Drake gerade mit der Sense zuschlug, begannen Alexandras kurze Haare zu schweben und auch der Zopf mit ihren längeren Strähnen machte sich selbstständig. Außerdem hatten ihre Haare auf einmal eine silberweiße Farbe angenommen und als sie die Augen wieder öffnete, waren sie eisblau und die Pupillen waren nur noch schlitzförmig. Sie hob einfach nur die Hand und die Sense prallte kurz vor ihr ab, als wäre dort auf einmal ein Schild.

„Tse, was soll das denn so plötzlich?“, fragte Drake leicht überrascht und nahm die Brille wieder ab. Was er sah, verschlug ihm für einen Moment glatt die Sprache. Ihre Aura war noch immer golden, doch sie war von einem weißen Schimmer umgeben, der sie zu schützen schien.

„Verschwinde, Shinigami“, sagte Kiyoshi durch Alexandra hindurch mit kalter Stimme, „Das hier geht dich nichts an.“

Kurz war Drake noch überrascht, doch dann lächelte er. „Und ob. Wir Shinigamis suchen schon lange nach dem verlorenen Buch und deine kleine Freundin hier hat es. Ich werde es mir nehmen. Ihr Dimensionswächter wart schon immer viel zu hochnäsig, die kleine Abreibung wird euch guttun.“ Damit stürmte Drake auf Alexandra zu, die jedoch mühelos zur Seite sprang und auch den darauf folgenden Hieben auswich.

„Sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt“, sagte Alexandra nur gelassen, auch wenn es immer noch die Stimme von Kiyoshi war.

„Hah! Das ich nicht lache!“, sagte Drake verächtlich, „Du kannst deine volle Kraft nicht einsetzen, weil du eigentlich gar nicht hier bist, das solltest du nicht vergessen. Und außerdem wird das Mädchen darunter nur unnötig leiden, aber wenn du meinst, kann ich sie gerne ein bisschen aufschlitzen.“

Alexandra sagte nichts dazu und sprang nur noch ein Stück weiter nach hinten, bis sie mit dem Rücken die Wand berührte. Drake nutzte die Chance natürlich und sprang mit erhobener Sense auf sie zu. Als er gerade zuschlagen wollte, wehten Alexandras Haare auf einmal wieder nach oben und lauter weiße Energieströme erschienen um sie herum. Wie kleine weiße Flüsse rannen sie durch die Luft. Kaum berührte Drake einen von ihnen, schlugen ihm heftige Blitze entgegen und verbrutzelten ihm glatt den Arm.

„Mist!“ Er landete gut vier Meter weiter hinten und sah Alexandra verbissen an.

„Ich habe dich gewarnt“, sagte Kiyoshi durch Alexandra, „Beschränkt euch zu eurer eigenen Sicherheit weiter auf eure eigentliche Aufgabe und mischt euch nicht in unsere Angelegenheiten ein. Das Buch ist nicht für euch bestimmt.“

„Tse, mit welchem der hochnäsigen Weltenwächter spreche ich hier eigentlich?“, fragte Drake, der seine gute Laune mittlerweile wohl verloren hatte.

„Alex!“, rief jedoch auf einmal Stella, die mit Seth und Azraél angelaufen kam und kurz vor ihnen stehen blieb. Während Stella und Azraél Alexandra, die immer noch weiße Haare und eisblaue Augen hatte, etwas verwirrt anstarrten, blickte Seth zu Drake, der das Gesicht verzog.

„Ihr seid reichlich spät“, sagte Kiyoshi nur gelassen und schloss die Augen. Im nächsten Moment verschwanden die weißen Energieströme und Alexandras Haare nahmen wieder ihre normale, rotbraune Farbe an. Stella konnte gerade noch verhindern, dass Alexandra auf den Boden sank, denn sie schien aus irgendeinem Grund nicht bei Bewusstsein zu sein.

„Was hast du vorhin gemeint?“, fragte Alexandra und sah Kiyoshi ernst an, „Was ist der Grund für dieses Spiel und das Interesse von diesem Shinigami?“

Kiyoshi sah sie an, sagte jedoch nichts.

„Antworte mir gefälligst“, sagte Alexandra und kam auf ihn zu. Zwar hatte sie schon einen gewaltigen Respekt vor ihm, denn sie konnte seine Macht auf eine gewisse Weise spüren, doch so langsam ging es ihr wirklich auf die Nerven, dass ihr immer alle einen Schritt voraus zu sein schienen.

„Du besitzt etwas sehr Wertvolles, was der Dämonenfürst und auch viele andere suchen, weil sie Macht begehren“, antwortete Kiyoshi mit kühler Stimme.

„Ja, mit Raphael habe ich schon Bekanntschaft gemacht“, bemerkte Alexandra und obwohl er ihr wenigstens eine halbe Antwort gegeben hatte, spürte sie die Wut in sich kochen, „Und so langsam bekomme ich Lust, dir eine reinzuhauen, weißt du das? Kannst du mir nicht mal klipp und klar sagen, was genau das sein soll? Was ich besitze und die anderen haben wollen?“

„Nein“, sagte Kiyoshi schlicht und sah zur Seite.

„Was ist dieses verlorene Buch?“, fragte Alexandra nun deutlicher und sah ihm wütend in die Augen, „Und antworte endlich mal richtig, ich würde dir nämlich auch eine reinhauen, wenn du Herkules wärst, also glaub ja nicht, dass ich mir alles gefallen lasse.“

Kiyoshi sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Du bist wahrlich die Erste, die droht mir eine reinzuhauen.“

„Na und?“, fragte Alexandra entnervt und trat einen Schritt näher, „Passt es dir nicht, dass nicht alle deine Macht fürchten und deshalb klein bei geben?“

„Nein“, sagte Kiyoshi nur und sah sie mit einem undurchdringlichen Blick an, „Gerade weil du meine Macht kennst, bin ich über die Drohung erstaunt.“

„Tse, davon sehe ich nichts“, murmelte Alexandra nur und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie tatsächlich wusste, dass sie bei einem Gefecht noch nicht mal zwei Sekunden lang durchhalten würde.

Kiyoshi sah sie immer noch an und verzog dabei nicht die leichteste Miene, bis er plötzlich die Augen schloss. „Du tust gut daran wieder wach zu werden, sonst werden Stella und die anderen beiden Probleme dabei bekommen, dich unversehrt zu halten.“

Alexandra wollte ihm so einige ausgefallene Flüche an den Kopf werfen und ihm endlich klarmachen, dass sie es hasste, wenn man auf ihre Fragen nicht antwortete, doch es sollte mal wieder nicht sein. Schwarze Punkte breiteten sich vor ihren Augen aus und bereits im nächsten Moment spürte sie, dass jemand sie im Arm hatte.

Alexandra stöhnte. „Irgendwann haue ich ihm wirklich eine rein...“

„Hey, werd endlich wach!“, sagte Azraél über seine Schulter zu Alexandra und wich Drake aus, der mit seiner Sense versuchte ihn mitten in der Mitte durchzuschneiden.

Alexandra schüttelte den Kopf und sah auf. Diesen komischen Shinigami hatte sie glatt vergessen. Und allem Anschein nach schlug Azraél sich gerade mit ihm rum, während Stella sie noch halb ihm Arm hatte und Seth neben ihnen stand. Azraél war auch gar nicht mal so schlecht, doch man sah deutlich, dass dieser Drake weiß Gott kein leichter Brocken war. Dann bekam Azraél mit dem Schaft der Sense einen Schlag direkt gegen den Kopf und stolperte rückwärts gegen die Wand.

„Azraél!“, rief Stella erschrocken.

Als Drake gerade seine Sense erhob um Azraél, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, den Rest zu geben, sprang Seth auf einmal nach vorne. Mit schnellen Schritten schoss er vorwärts und rammte Drake, der den plötzlichen Angriff nicht mehr rechtzeitig kommen sah, seine Handkante direkt in die Seite. Sobald Drake gerade einen Ausfallschritt zur Seite machen musste, verpasste Seth ihm noch einen Tritt aus der Drehung heraus genau in dieselbe Stelle, sodass Drake vor Schmerz sogar in die Knie ging.

„Seth...“, brachte Stella nur erstaunt hervor und es war eindeutig, dass er sonst nicht so kämpfte. Auch Alexandra war ein wenig beeindruckt, das hätte sie dem verrückten Clown nicht zugetraut.

„Na du scheinst ja doch was gelernt zu haben“, brachte Azraél nur schwer atmend hervor und sah zu dem Shinigami, während er sich mit einer Hand an die Stirn fasste.

Drake hielt sich die Seite und sah Seth mit zusammengekniffenen Augen an. Jedoch sah er dabei über den Rand seiner Brille hinweg und ihm schien auf einmal etwas aufzufallen, denn auf einmal schnaubte er nur verächtlich. „So ist das also“, sagte er und kam wieder auf die Füße, ehe er Seth direkt ins Visier nahm, „Du bist inzwischen ja ganz schön gewachsen, sonst hätte ich dich wahrscheinlich schon früher erkannt.“

Während Seth mit jedem Wort ernster wurde, waren die anderen dabei mit jedem Wort verwirrter zu werden. Woher kannte der Shinigami Seth? Oder verwechselte er ihn nur?

„Na ja, ohne die Sense ist es auch gar nicht so einfach, einen Shinigami zu erkennen.. oh ich vergaß, deine wurde ja konfisziert“, grinste Drake, „Seth der Sünder, es ist schon eine ganze Weile her, seit wir etwas von dir gehört haben.“

Stella blieb glatt der Mund offen stehen, Azraél verzog, allerdings mehr wegen seiner Schmerzen, das Gesicht und Alexandra hob nur die Augenbrauen. Dass heute noch eine Überraschung dazu kam, ließ sie mittlerweile schon beinahe kalt. Allerdings bereitete ihr ihre eigene Gelassenheit manchmal wirklich Sorgen, hoffentlich verlor sie bei so vielen ungewöhnlichen und eigentlich unmöglichen Umständen nicht noch mal den Verstand. Das war fast ihre größte Sorge.

„Ebenfalls, Drake der Rücksichtslose“, erwiderte Seth und seine Stimme klang ungewohnt ernst.

„Was soll denn dieser Beiname?“, fragte Drake und legte sich den Schaft seiner Sense über die Schulter, „Dir fiel wohl nichts Besseres ein?“

„Wohl mehr nichts Passenderes“, konterte Seth.

Drakes linkes Auge schien zu zucken, doch dann blinkte die obere Spitze des Schaftes kurz und plötzlich hatte er wieder das Buch in der Hand, das sich auch sofort auf einer Seite aufschlug. Einige Sekunden lang sah Drake nur auf das Buch, dann schlug er es seufzend wieder zu.

„Tja, um euch werde ich mich wohl ein anderes Mal kümmern müssen, die Arbeit ruft“, sagte Drake und wandte sich zum Gehen, auch wenn er dabei über seine Schulter blickte, „Und Mädchen mit dem komischen Haarschnitt, wir werden uns holen, was wir wollen, also mach dich lieber darauf gefasst es zu verlieren...“

„Ähm, Drake...“, sagte Seth etwas resigniert und zeigte mit dem Finger genau an Drake vorbei.

„Was?“, fragte dieser, doch es war schon zu spät. Mit Schwung lief er gegen die Wand des Hauses am Ende der Gasse, wegen dem man eigentlich nach rechts oder links abbiegen musste. Wenn man, so wie Drake, geradeaus wollte, kollidierte man wie gesehen mit der Wand.

„Da ist eine Wand“, beendete Seth seine Warnung schüttelte den Kopf, „Obwohl der Idiot jetzt erwachsen ist, hat er sich immer noch nicht verändert.“

„Von mir aus“, sagte Alexandra nur, die sich inzwischen aus Stellas Armen befreit und die Arme vor der Brust verschränkt hatte, „Aber du schuldest uns in jedem Fall eine Erklärung.“

Seth schien erst jetzt aufzufallen, dass die anderen drei ja auch noch anwesend waren. „Äh.. he he, scheint so...“ Sein Lächeln entgleiste ihm ein wenig.

„Es scheint nicht nur so, es ist so“, korrigierte Alexandra und schüttelte den Kopf, „Also echt, England ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Ich kann mich zwar nicht an meine Kindheit erinnern, aber so chaotisch war es definitiv nicht.“

Seths Lächeln wurde noch ein Stück schiefer.

Stella ging währenddessen zu Azraél, der inzwischen an der Wand hinunter geglitten war und auf dem Boden saß. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt.

„Natürlich“, antwortete Azraél nur, doch in dem Moment lief ihm etwas Blut über die Stirn direkt an seinem Auge vorbei, woraufhin er lediglich seufzte.

„Von wegen“, schnauzte Stella und holte ein Stofftaschentuch aus ihrer Tasche, um das Blut abzutupfen.

Azraél sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an, als sie für einen kurzen Moment das Gesicht verzog. „Willst du Blut?“, fragte er daraufhin gelangweilt, da er sich bereits denken konnte, dass offene Wunden für Stella etwas problematisch sein konnten.

Diese knurrte und streckte ihm die Zunge raus. „Du kannst deine Stelle gleich selber versorgen, wenn mich unbedingt ärgern musst.“

„Das war zwar lediglich eine ganz normale Frage, über die du dich keineswegs aufregen musst, aber dann nicht“, bemerkte Azraél und schloss die Augen.

„Duuu...“ Stella schien keine passende Bezeichnung einfallen zu wollen.

„Idiot“, machte Alexandra einen Vorschlag, „Wie kann man eigentlich so blöd sein und sich das Ding gegen den Kopf hauen lassen? Das war doch abzusehen.“

„Ich dachte, ich hab Redeverbot“, bemerkte Azraél etwas resigniert. Dass er sich selbst die gleiche Frage wie Alexandra stellte, brauchte er ja nicht laut zu sagen.

„Wenn ich dir eine direkte Frage stelle, hast du die Erlaubnis zu antworten“, konterte Alexandra, „Außerdem hast du dich doch bisher auch nicht an das gehalten, was ich sage.“

Azraél lächelte.

„Grins nicht so blöd“, sagte sie leicht genervt, „Wenn Stella und Seth dich nicht unbedingt dabei haben wollen würden, hätte ich dich schon lange mit einem kräftigen Arschtritt von hier verjagt.“

„Wie nett“, murmelte Azraél nur, auch wenn er trotzdem schmunzelte.

„Tse.“ Alexandra schüttelte schon wieder den Kopf, dann sah sie allerdings zu Seth. „Na? Hast du dir inzwischen überlegt, wie du uns das eben am besten erklärst?“

Er wirkte etwas geknickt, doch er nickte.

„Gut“, sagte Alexandra daraufhin, „Stella, sieh zu dass der Idiot vor dir wieder auf die Beine kommt, ich wollte nicht den ganzen Tag lang hier bleiben.“

Inzwischen schienen sich alle soweit an Alexandras Ausdrucksweise gewöhnt zu haben, dass Stella Azraél nur mit einem unterdrückten Lächeln beim Aufstehen half und er selbst, der schon wieder als Idiot bezeichnet wurde, sich ein Seufzen verkniff. Alexandra konnte ganz schön nachtragend sein.

„Und Seth, du erzählst uns auf dem Weg, was genau du jetzt eigentlich bist“, beendete Alexandra ihren Befehl und marschierte los, gefolgt von Seth, Stella und Azraél, der sich mittlerweile auch einigermaßen von dem Kampf erholt hatte. Er presste nur Stellas Taschentuch auf die Stelle über seiner Stirn, die noch immer leicht blutete.

„Tja, wie ihr schon gehört habt, bin ich eigentlich ein Shinigami.. gewesen“, sagte Seth schließlich etwas unsicher, „Ich wurde nur nach einem kleinen Vorfall aus der Akademie rausgeworfen.“

„Aha, der Vorfall war dein Vergehen oder wurde dir angehängt?“, fragte Alexandra nur, denn die Details interessierten sie eher weniger. Da sie die Existenz von Shinigamis mal wieder nicht anzweifeln konnte, wollte sie wenigstens verhindern, tiefer in irgendeine Sache hineinzugeraten, mit der sie eigentlich nichts zu tun haben wollte.

„Es war mein Vergehen“, antwortete Seth mit säuerlicher Stimme, „Aber ich konnte einfach nicht zusehen, wenn direkt neben mir eine Frau umgebracht wird, auch wenn es den Codex verletzt hat.“

„Seit wann ist das denn ein Vergehen?“, fragte Stella leicht verwirrt.

„Seit es uns Shinigamis verboten ist, mit lebenden Menschen zu verkehren“, antwortete Seth, „Wir kümmern uns eigentlich ausschließlich um Geister, die aus irgendeinem Grund in dieser Welt festsitzen und nicht hinüber können. Daher haben wir eigentlich nichts mit Menschen zu tun, die uns auch sowieso nicht sehen können. Und es ist uns verboten, in die Angelegenheiten von Menschen einzugreifen.. aber ich musste etwas unternehmen, als dieser Mann die arme Frau umbringen wollte. Ich hatte ihn mit meiner Sense auch bereits getötet, bevor ich überhaupt richtig nachdenken konnte. Leider wurde ich verpetzt und bin deshalb ohne große Umschweife aus der Akademie geflogen. Aber selbst heute habe ich kein schlechtes Gewissen, nicht wegen diesem Mann.“

„Ich kann dich voll verstehen“, bemerkte Stella, „Ich hätte auch nicht zusehen können.“

„Und wenn Menschen dich eigentlich nicht sehen können, wieso können wir dich dann sehen?“, fragte Alexandra. Sie sparte sich ein Seufzen. Jetzt erfuhr sie doch mehr, als sie hatte wissen wollen.

„Weil man mir meine Sense abgenommen hat“, antwortete Seth und seufzte, „Die Sense ist für uns Shinigamis wie ein Teil von uns selbst. Ohne sie sind wir keine richtigen Shinigamis. Und deshalb kann ich auch trotz meiner Herkunft wie ein ganz normaler Mensch leben, denn wir unterscheiden uns, abgesehen von unserem Job, nicht sehr von den Menschen.“

„Na dann brauche ich wenigstens nichts weiter beachten“, murmelte Alexandra und verkniff es sich ein weiteres Mal den Kopf zu schütteln. Wenn sie so weiter machte, würde ihr Hirn noch ein Schütteltrauma erleiden und das wollte sie nun nicht riskieren.

„Nö“, sagte Seth, der sie natürlich gehört hatte, „Das gab es doch bisher auch nicht.“

„Stimmt auch wieder“, sagte Alexandra und blickte resigniert zu Azraél nach hinten, „Hast du eigentlich auch noch eine Überraschung für uns?“

Azraél hob eine Augenbraue. „Zurzeit jedenfalls nicht.“

„Beruhigend“, seufzte Alexandra und blickte wieder nach vorne. Allerdings bereitete dieser Shinigami ihr Sorgen. Würde er wirklich mit Verstärkung hinter ihr her sein? Und was war dieses verdammte verlorene Buch? Da Kiyoshi es nicht für nötig befunden hatte, sie darüber aufzuklären, musste sie versuchen von irgendwo anders her die gewünschten Informationen zu bekommen. Nur von wo her? Im Internet würde bei ihrem Glück höchst wahrscheinlich nichts dazu stehen, also wo sollte sie suchen?

 

 

Ein tiefes dunkles Meer. Alles um sie herum war dunkel, nur sehr wenig, silbriges Licht drang von oben bis zu ihr durch. Ihr langes, tief dunkelbraunes Haar schien im Wasser förmlich zu schweben, ihre Beine hatte sie angezogen und die Arme hatte um ihre Schenkel geschlungen.

Was hatte sie aus ihrem Schlaf aufgeweckt?

Als sie sich bewegte und nach oben blickte, blitzten ihre goldenen Augen kurz in dem schwachen, silbrigen Licht, dessen Quelle anscheinend der Vollmond über dem Wasser war.

„Ein neuer Meister“, flüsterte sie und kleine Luftbläschen stiegen auf.

Kapitel 8: abenteuerliche Verfolgungsjagd

Die Nachricht, dass Seth ebenfalls nicht ganz menschlich war, verkrafteten die anderen drei relativ gut. Nachdem schon herausgekommen war, dass Stella ein halbblütiger Vampir war, war es auch nicht mehr ganz so überraschend, dass es noch weitere Wesen gab, die jeder Mensch, der ein bisschen Verstand besaß, als Ausgeburten der Fantasie bezeichnen würde. Früher hatte Alexandra auch zu der Sorte Mensch mit Verstand gehört, doch mittlerweile kam sie sich vor wie Alice im Wunderland. Oder Alice im Alptraum, das hatte sie noch nicht herausgefunden. Allerdings hoffte sie, dass nicht noch mehr eigentlich unmögliche Dinge passierten.

„Oh Mann, ich hoffe, es passiert bald wieder etwas“, sagte Stella und rührte in ihrem Kakao, den sie sich zum Frühstück geholt hatte. Ein halb aufgegessenes Käsebrötchen lag noch auf ihrem Teller.

„Ich hoffe es nicht“, murmelte Alexandra resigniert. Sie wollte wenigstens wieder zu der Art Normalität zurück, die für sie seit den letzten Jahren geherrscht hatte. So langsam hatte sie nämlich keine Lust mehr, dass jeden Tag etwas Neues passierte. Konnte es nicht zumindest wieder so sein, dass sie zumindest ein paar Monate Zeit hatte, bis sie wieder umziehen musste? In den letzten Tagen war die Aussicht darauf irgendwie immer weiter in die Ferne gerückt.

„Na ja, ich frage mich, ob wir wohl bald wieder auf einen der Spieler treffen“, bemerkte Seth und sah sein belegtes Brötchen lustlos an, „Ich meine, es wäre doch möglich, dass gleich einfach einer durch die Tür da vorne kommt.“

Alexandras Blick verriet, was sie davon hielt. Stella schien zu überlegen, ob das wirklich möglich war, und Azraél hatte seine übliche teilnahmslose Miene aufgesetzt und gedachte eindeutig nicht, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Typisch für ihn, Alexandra konnte ihn noch immer nicht leiden. Und das lag nicht nur daran, dass sie ihm den einen Vorfall noch nicht verziehen hatte, sie mochte auch seine Persönlichkeit nicht wirklich. Es hatte immerzu den Anschein, dass er etwas verbarg. An sich hatte sie damit auch kein Problem, doch bei ihm hatte sie dabei kein gutes Gefühl.

Zwei Sekunden später wurde die Tür zum Speisesaal, auch wenn der Raum vielleicht doch etwas zu klein war um als Saal bezeichnet zu werden, aufgestoßen und ein ziemlich junges Mädchen stapfte herein, gefolgt von einem Mann. Das Mädchen sah wütend aus und trug Reiseklamotten, während der Mann ihm nur zu folgen schien und ebenfalls eine schlichte Reisetracht trug.

„Ist in diesem Hotel jemand, der so ein Armband wie ich trägt?!“, fragte das Mädchen unfreundlich und hielt dem überraschten Mann am Tresen ihr Handgelenk unter die Nase, das von einem Armband geziert wurde, welches Alexandra viel zu bekannt vorkam.

„Äh.. ähm, n-nein, jedenfalls ist mir ein solches nicht aufgefallen“, brachte der verdatterte Mann nur hervor. Er wirkte so perplex, dass er Alexandra schon beinahe leidtat.

„Sind Sie sich da GANZ sicher?!“, fragte das Mädchen mit Nachdruck und nahm ihn direkt ins Visier.

„Äh.. j-ja Miss...“, stotterte der Mann hinter dem Tresen.

Das Mädchen verzog das Gesicht. „Gnade dir Gott, wenn du gelogen hast.“ Es drehte sich schwungvoll um, sodass seine langen hellbraunen Haare für einen kurzen Augenblick durch die Luft flogen. In dem Moment legte der Mann hinter ihm eine Hand auf ihre Schulter und beugte sich vor, um dem Mädchen etwas ins Ohr zu flüstern.

Dieses schlug seine Hand nach dem Gesagten jedoch wieder weg. „Halt die Klappe Samuel, ich weiß, was ich tue!“, schnauzte es ihn an und sah sich dann in dem Raum um, „Hat irgendwer von euch schon mal so ein Armband gesehen?!“

Die Gäste im Speisesaal sahen sich an und sprachen leise miteinander, doch keinem schien so ein Armband aufgefallen zu sein. Außerdem waren die meisten verständlicherweise etwas beunruhigt wegen dem Auftreten des vielleicht vierzehnjährigen Mädchens.

„Wie war das doch gleich?“, fragte Alexandra resigniert, „Man soll den Teufel nicht an die Wand malen? Seth, das hat noch ein Nachspiel.“

„Hey! Tu nicht so als wäre ich dafür verantwortlich, dass die gerade hier rein gekommen sind“, erwiderte er empört.

„Trotzdem ist das, was du gesagt hast, eingetreten“, knurrte Alexandra und hielt ihren Arm unter dem Tisch. Unter keinen Umständen dufte das Mädchen ihr Armband sehen. Und es wäre wahrscheinlich auch nicht von Vorteil, wenn einer der anderen Gäste ihr Armband zu Gesicht bekam.

Jedoch schien es schon zu spät zu sein, denn im nächsten Moment rief einer der Gäste am Tisch direkt neben ihnen: „Hier! Das Mädchen da hat so ein Armband!“ Er deutete natürlich genau auf Alexandra, die sich auf die Unterlippe biss.

„Hah! Ich hatte doch recht“, grinste das Mädchen und zog unter ihrem Reisemantel auf einmal ein nicht gerade stumpf aussehendes Schwert hervor, „Raphaels Tipp bringt mich meinen Wunsch einen gewaltigen Schritt näher, jetzt hab ich dich!“ Dass sich hier noch bestimmt fünfzehn weitere Hotelgäste befanden, schien es nicht zu interessieren.

Plötzlich schoss das Mädchen mit schnellen Schritten direkt auf Alexandras Tisch zu und sprang hoch, mit der scheinbaren Absicht Alexandra von oben herab ihr Schwert direkt ins Herz zu rammen. Jedoch war Alexandra schlagfertig genug sich schnell abzustoßen und mit dem Stuhl nach hinten zu kippen. Kurz dachte Alexandra, dass sie sich verschätzt hatte, doch das Schwert des Mädchens ging ganz knapp an Alexandras Beinen vorbei, die sie nämlich, während sie nach hinten kippte, nach oben streckte. So schaffte sie es dem Mädchen ihre Füße in den Magen zu rammen und durch die Tendenz nach hinten warf sie es über sich hinweg, sodass es unsanft auf einem Tisch landete. Alexandra schlug ebenfalls alles andere als sanft auf dem Boden auf und stieß sich den Kopf. Kurz war sie etwas benommen, doch da wurde sie am Arm gepackt.

„Steh auf!“, rief Stella erschrocken, „Bevor sie sich wieder erholt.“

Obwohl Alexandra eigentlich erstmal herausfinden wollte, ob sie schon wieder eine Beule am Kopf hatte, ließ sie sich von Stella auf die Beine ziehen und lief zusammen mit ihr und den beiden Jungen aus dem Saal, wie es die meisten der Hotelgäste bereits schreiend getan hatten. Gerade als das Wachpersonal den Saal betrat, verschwanden Alexandra und die anderen drei nach draußen und liefen um einige Ecken.

„Ich glaube.. wir haben sie abgehängt“, keuchte Stella, nachdem sie noch einmal um die Ecke gesehen und sich vergewissert hatte, dass das Mädchen und der Mann sie nicht verfolgten.

„Das war ja echt krass“, stellte Seth noch leicht verdattert fest, „Und woher hatte sie überhaupt das Schwert?“

„Das würde mich allerdings auch mal interessieren“, murmelte Alexandra wenig begeistert. Beinahe hätte das Mädchen sie tatsächlich aufgespießt, viel hatte nicht gefehlt.

„Aber deine Reaktion war auch nicht von schlechten Eltern“, bemerkte Stella, „Also für diese Methode hätte ich mich ja als Letztes entschieden...“

„Du magst wohl den Nervenkitzel“, vermutete Azraél beiläufig.

„Halt die Klappe“, erwiderte Alexandra augenblicklich giftig, „Dich hat niemand nach deiner Meinung gefragt.“

Der Junge seufzte leise.

„Diese Spieler haben echt alle ein Rad ab“, sagte Seth und blickte sich um, „Nur wegen einem komischen Buch andere gleich töten zu wollen, das ist mehr als hirnrissig.“

„Es sei denn, man hat einen Wunsch, den man unbedingt und mit allen Mitteln erfüllen will“, warf Alexandra ein und lehnte sich gegen die Hauswand.

„Apropos, hast du eigentlich so einen Wunsch?“, fragte Stella neugierig, „Willst du die anderen auch umbringen?“

„Natürlich nicht“, antwortete Alexandra leicht verärgert, „Für wen haltet ihr mich eigentlich? Als würde ich an dieses bescheuerte Buch glauben.. Und außerdem könnte es meinen Wunsch sowieso nicht erfüllen, egal wie viel Macht es hat.“ Nun hatte sie es doch glatt geschafft zu lügen. Inzwischen war sie sich nämlich gar nicht mehr so sicher, ob das Buch nur ein Hirngespenst war. Da auch dieser komische Shinigami sie attackiert hatte, weil sie angeblich das Buch besaß – woher er das zu wissen glaubte, wusste sie auch noch immer nicht – hatte das ihre Zweifel an der Existenz des Buches stark ins Wanken gebracht und auch wenn sie es nur ungern zugab, glaubte sie nicht, dass die anderen Spieler alle samt darauf reinfallen würden, wenn da nicht wenigstens etwas Wahres dran sein würde.

„Alex?“ Stella wedelte mit der Hand vor Alexandras Augen, bis diese endlich aufblickte und eine Augenbraue hob.

„Hast du was gesagt?“, fragte sie nur genervt.

„Nicht weiter wichtig“, antwortete Stella schmunzelnd und winkte ab, „Wir haben uns nur gefragt, was du dir wünschen könntest.“

Alexandra sah die Frage in Stellas Augen und schüttelte den Kopf. „Das ist nun wirklich nicht weiter interessant für euch. Es ist etwas, das eigentlich ganz normal ist und jeder haben kann...“ Sie unterbrach sich selbst und ohrfeigte sich innerlich dafür, dass sie beinahe das verraten hätte, was ihr am meisten bedeutete.

Zum Glück nur schienen Stella und Seth nicht ganz schlau aus dem zu werden, was sie da von sich gegeben hatte, und Azraél schien sich noch nicht mal dafür zu interessieren. So hatte sie noch mal Glück gehabt.

„Gefunden!“

Die vier drehten sich erschrocken um und sahen das Mädchen aus dem Hotel an, das gerade eben am Eingang zur Gasse aufgetaucht war.

„Jetzt hab ich dich!“ Damit stürzte es auch schon mit erhobenem Schwert auf Alexandra zu, die nur erschrocken zur Seite sprang.

„Was soll der Schwachsinn?!“, fragte Alexandra und duckte sich unter dem nächsten Schwerthieb.

„Das solltest du doch wissen“, bemerkte das Mädchen grinsend, „Ich will, dass mein Wunsch endlich wahr wird. Und dafür musst du nun mal sterben!“ Damit holte es erneut aus und Alexandra konnte nur ganz knapp ihren Kopf in den Nacken legen, sonst hätte das Mädchen sie sauber geköpft.

„Wer bist du überhaupt?“, fragte Alexandra und versuchte irgendetwas zu finden, mit dem sie das Mädchen ablenken oder auch davon abbringen konnte, ihr nach dem Leben zu trachten.

„Es geht dich zwar nichts an, aber du sollst den Namen derer kennen, die dich getötet hat“, sagte das Mädchen grinste überheblich, „Ich bin Nathalie Grönhall!“ Damit schoss es nach vorne, um Alexandra diesmal endgültig ihr Schwert ins Herz zu rammen.

Stella, Seth und Azraél wollten ihr helfen, doch der Mann namens Samuel, der das Mädchen anscheinend begleitete, stellte sich ihnen in den Weg und hinderte sie daran, zu Alexandra zu gelangen.

„Alex!“, rief Stella erschrocken, als sie sah, dass Alexandra drauf und dran war bei lebendigem Leibe aufgespießt zu werden.

Alexandra war jedoch nicht dumm gewesen, als sie am Morgen die Wahl ihrer Klamotten getroffen hatte. Der lange, dunkelbraune Mantel barg nämlich das ein oder andere Geheimnis, darunter auch ihren Regenschirm, den sie in dem Moment aus einem versteckten Fach zog und zur Abwehr von Nathalies Schlag benutzte.

„Was...?“ Das Mädchen hatte eindeutig nicht damit gerechnet, dass ein Regenschirm ihr messerscharfes Schwert stoppen könnte. Einen Moment lang starrte sie Alexandra nur ziemlich überrascht an, die ihren Blick erwiderte. Jedoch waren ihre goldgelben Augen von Ernst erfüllt. So fing auch Nathalie sich ziemlich schnell wieder und sprang gut drei Meter nach hinten.

„Mich mit einem Regenschirm abzuwehren, du hast ziemlich komische Ideen. Aber glaub ja nicht, dass du mich so besiegen kannst! Ich werde dich...“

„Besiegen, schon klar“, sagte Alexandra und seufzte, „Nur leider habe ich noch keine Lust zu sterben. Außerdem halte ich dieses Spiel für ein bisschen zu durchgedreht. Ich werde dich nicht töten, wenn ich es vermeiden kann.“ Alexandra hatte inzwischen gemerkt, dass sie sich vor einem Kampf nicht drücken konnte. Allerdings wollte sie Nathalie unter keinen Umständen töten. Sie war immerhin sogar noch ein Stück jünger als Alexandra und dieser behagte der Gedanke, jemanden umbringen zu müssen, ganz und gar nicht.

„Tse, ich werde dich auf jeden Fall besiegen, darauf kannst du dich verlassen!“, erwiderte Nathalie stur und erhob ihr Schwert wieder. Dieses Mal rannte sie jedoch nicht einfach blind drauf los, sondern wartete anscheinend einen passenden Zeitpunkt ab.

Auch wenn es wahrscheinlich reichlich komisch aussah, erhob Alexandra ihren Schirm ähnlich wie Nathalie ihr Schwert und wartete ab. Ihr Herz schlug schneller, doch sie verspürte zu ihrem eigenen Erstaunen weniger Angst, als mehr fast so etwas wie eine leichte Aufregung.

Plötzlich stieß sich Nathalie ab und raste mit beachtlichem Tempo auf Alexandra zu. Diese verweilte so lange an ihrem Platz, bis sie sich ziemlich sicher war, dass sie diesem Schwerthieb nicht mehr ausweichen konnte. Dann ging sie einfach ein Stück in die Knie und sprang ebenfalls nach vorne. Dabei drehte sie den Schirm in ihrer Hand und leitete den Hieb von Nathalie ins Leere. Dadurch kamen sich die beiden Mädchen ziemlich nahe und Nathalies überraschten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie nicht damit gerechnet, dass Alexandra sie auf diese Weise abwehren würde.

Allerdings wusste Alexandra, dass Nathalie auch mit ihrem nächsten Streich nicht rechnete, sonst hätte sie ihre Deckung sicher nicht derart vernachlässigt. So war es für Alexandra nicht weiter schwer ihr einfach den runden Griff ihres Schirms direkt in den Magen zu rammen. Nathalie keuchte erschrocken auf und im nächsten Moment fand sie sich auf dem Boden wieder, wo Alexandra über ihr saß und den Schirm leicht auf ihren Hals drückte. Die Botschaft war eindeutig: Wenn du dich bewegst, wird es schwerwiegende Folgen haben.

„Pass auf Alex!“, rief Stella jedoch auf einmal.

Als Alexandra aufblickte, sah sie den Mann mit der schlichten Reisetracht auf sich zu kommen. In der Hand hatte er ebenfalls ein Schwert. Und er schien weitaus mehr Erfahrungen zu haben als Nathalie, das erkannte Alexandra schon an der Art, wie er auf sie zu kam. In seiner Verteidigung gab es keinen erkennbaren Schwachpunkt.

Alexandra konnte nur äußerst knapp ausweichen und ein ganzes Stück nach hinten springen, wo sie beinahe mit der Wand kollidierte. Sobald sie aufblickte, wurde ihr jedoch klar, dass Samuel nicht nur mit dem Schwert sehr gewandt war. Wenn sie auch nur ein paar Zentimeter weiter links gelandet wäre, würde in ihrem Hals jetzt ein langer Dolch stecken, der so aber nur in der Wand neben ihr stecke und von dem harten Aufprall noch leicht zitterte. Alleine schon daran, dass der Dolch in einer Wand aus massivem Backstein steckte, erkannte Alexandra allerdings, dass sie besser aufpassen musste, sonst war es bald aus mit ihr.

Ein kurzer Blick nach links hinter Samuel und Nathalie, die sich gerade aufsetzte und anscheinend noch leicht überrascht war, zeigte, dass der Mann Stella, Seth und Azraél noch eine kurze Abreibung verpasst hatte, bevor er Nathalie zur Hilfe gekommen war. Die Klamotten der drei waren ein wenig mitgenommen und soweit Alexandra es in den zwei Sekunden erkennen konnte, hatte Stella als einen schmalen Schnitt im Unterarm, der ein klein wenig blutete. Bevor Alexandra aber nachsehen konnte, ob die beiden Jungen auch etwas abbekommen hatten, flog das nächste Messer auf sie zu und Alexandra musste den Kopf einziehen. Dann lief sie schnell los, um zu verhindern, dass sich drei Messer in ihren Magen bohrten.

„Das ist doch verrückt“, murmelte sie und hechtete zur anderen Seite, doch da die Gasse eh nur um die drei bis vier Meter breit war, war der Unterschied nicht allzu groß. Als sie gerade weiter nach hinten laufen wollte, bohrte sich direkt vor ihrer Nase ein Messer in die Wand.

„Sehr lustig...“, sagte sie nur resigniert und sah sich um. Sie hatte schon einige Meter zwischen sich und Samuel gebracht, doch viel zu bringen schien das nicht.

Dann fiel ihr auf, dass Stella und Seth gerade allem Anschein nach planten, den Mann von hinten zu überraschen. Alexandra hätte den beiden am liebsten mit Anlauf einen kräftigen Tritt in ihre dummen Hintern verpasst. Samuel hatte doch schon lange bemerkt, dass sich da zwei von hinten näherten.

„Lasst den Schwachsinn!“, rief sie und lief zur selben Zeit los. Auch wenn sie bereits ziemlich genau wusste, dass sie das bereuen würde, konnte sie die beiden auch nicht einfach so in die Falle laufen lassen.

Der Mann hatte sich gerade umdrehen wollen, um Stella und Seth einen Hieb mit seinem Schwert zu verpassen, doch da tauchte Alexandra auf einmal vor ihm auf. Sie dankte ihrer Schnelligkeit einmal mehr und schlug Samuel mit ihrem Schirm kräftig auf die rechte Hand, mit der er die ganze Zeit über entweder das Schwert gehalten oder die Messer geworfen hatte. Nach dem Schlag packte sie Stella und Seth an den Ärmeln und zog sie ein Stück mit sich, ehe sie sie wieder los ließ und einfach weiter rannte.

Selbst wenn es ihr gelungen war, Samuel zu überraschen, gelang ihr das mit Sicherheit kein zweites Mal. Von daher mussten sie schnell verschwinden, mit etwas Glück war der Mann mit Nathalie beschäftigt und konnte ihnen nicht so bald folgen. Und sie war sich auch ziemlich sicher, dass ihr Stella und Seth nachlaufen würden und mit ihnen wahrscheinlich auch Azraél, daher musste sie sich darum auch keinen Kopf machen.

Stattdessen musste sie schnell einen Ort finden, wo sie sich erstmal verstecken konnten. Ihr Blick fiel nach oben. Das Dach war kein schlechter Ort zum Verstecken. Zudem hatten sie von dort aus einen guten Überblick. Damit war die Entscheidung getroffen und Alexandra hielt Ausschau nach der nächsten Feuerleiter.

„Du versuchst wohl wirklich uns los zu werden“, stellte Azraél fest, der plötzlich neben Alexandra aufgetaucht war. Diese war im ersten Moment ziemlich überrascht, da sie mit ihren Gedanken wo anders gewesen war, doch dann seufzte sie nur.

„Und dir macht es wirklich Spaß, mir auf die Nerven zu gehen“, konterte sie.

„Wenn du Stella und Seth nicht zurücklassen willst, solltest du wenigstens ein bisschen langsamer laufen“, bemerkte Azraél, „Immerhin haben sie bei dem Kampf einige Verletzungen abbekommen.“

Alexandra sah über ihre Schulter und musste feststellen, dass die beiden wirklich mitgenommener aussahen, als sie gedacht hatte. Daraufhin wurde sie etwas langsamer und in ihrem Kopf meldete sich das schlechte Gewissen. Das war genau der Grund, weshalb sie bisher immer alleine unterwegs gewesen war. Damit ihr Gewissen ihr nicht ständig Vorträge darüber hielt, wie unvorsichtig und unachtsam sie war. Alexandra verzog das Gesicht und blickte wieder nach vorne, ohne auf Azraél zu achten, der immer noch auf einer Höhe mit ihr war und sie aus den Augenwinkeln heraus ansah.

Einige Ecken weiter fand Alexandra endlich eine Feuertreppe, die nach oben auf eines der Dächer führte. Dort wartete sie, bis auch Stella und Seth bei ihnen angekommen waren. Die beiden keuchten, doch sie beklagten sich auch nicht über Alexandras Tempo.

„Geht vor“, sagte Alexandra zu den beiden und zeigte die Treppe hoch, „Ich hab keine Lust euch zu verlieren, also seht zu, dass ihr da hoch kommt. Dort können wir wahrscheinlich erstmal eine Pause machen.“

„Gute Idee“, keuchte Stella nur und lief los, gefolgt von Seth.

„Sieh zu“, sagte Alexandra nur zu Azraél, als dieser stehen blieb.

„Machst du dir Sorgen darum, dass ich verloren gehen könnte?“, fragte Azraél jedoch grinsend.

Prompt fing eine von Alexandras Augenbrauen an zu zucken. „Ich gebe dir jetzt genau drei Sekunden, diese Feuerleiter zu betreten...“

Azraél grinste immer noch. „Ladys first.“

„Drei“, sagte Alexandra und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein bisschen wundern tat sie sich allerdings über den kecken Ausdruck in seinen Augen.

„Hast du Angst?“, fragte Azraél dann.

Alexandras Augen wurden auf einen Schlag schmal und sie packte ihn am Kragen. „Sieh zu, oder muss ich dir Beine machen?“

„Hm.. wäre interessant herauszufinden, auf welche Art das geschehen würde“, bemerkte Azraél schmunzelnd.

„Zwei.“ Alexandras Auge zuckte schon wieder. Weshalb auch immer er auf einmal so übermütig war, sie bekam Lust, ihm einen satten Faustschlag ins Gesicht zu verpassen und ihm anschließend den Hintern zu versohlen.

„Gnadenlos wie immer“, seufzte Azraél und schüttelte den Kopf.

„Eins...“

Azraél zuckte auf einmal kurz und für einen Sekundenbruchteil sah es fast so aus, als würde er gleich umkippen. „Ich ergebe mich, auf die blauen Flecken kann ich verzichten“, sagte er dann nur und stieg die Treppe hoch.

„Mach mal ein bisschen Tempo, sonst finden uns Nathalie und dieser Samuel noch, bevor wir oben auf dem Dach sind“, sagte Alexandra entnervt und stöhnte. Dieser Typ regte sie so was von auf.

„Jawohl euer Hochwohlgeboren“, seufzte Azraél und lief dann ziemlich schnell die Treppe hoch. Dank seinem flotten Tempo holte Alexandra, die ihm für den Spruch nun wirklich eine reinhauen wollte, ihn nicht ein. Allerdings vertagte Alexandra ihr Vorhaben, ihm demnächst sein vorlautes und rücksichtsloses Mundwerk zu stopfen, auf später und blickte sich lieber noch mal um. Sie konnte aber weder Nathalie noch den Mann finden. Vielleicht hatten sie sie wirklich abgehängt.

„Oh Mann, ich bin fertig“, seufzte Stella, als sie eine Weile lang auf dem Dach verschnauft hatten und sie und Seth wieder bei Atem waren.

Alexandra saß auf der niedrigen Brüstung des Daches und sah nach unten. Ihr Gewissen hatte sich immer noch nicht wieder beruhigt. Stella hatte einmal den Schnitt im Unterarm und noch einen weiteren an ihrem linken Unterschenkel, weshalb sie humpelte, und Seth hatte gleich mehrere kleine Verletzungen in der Seite.

„Von wegen ihr könnt auf euch selber aufpassen...“, murmelte Alexandra so leise, dass die anderen sie nicht hören sollten.

Nur Azraél sah für einen kurzen Moment in ihre Richtung, ehe er wieder Stella dabei zuhörte, wie sie sich über den Mann aufregte, der es gewagt hatte ihre schöne Jeans zu ruinieren.

Alexandra hasste es, dafür verantwortlich zu sein, dass sich die beiden verletzt hatten. Bei Azraél wäre es ihr egal gewesen, immerhin konnte sie ihn nach wie vor nicht leiden, doch Stella und Seth waren ihr mittlerweile irgendwie doch ans Herz gewachsen. Es war genauso wie das einzige Mal nach ihrem Unfall, als eine nähere Bekannte ihr hatte helfen wollen. Es hatte damit geendet, dass diese mit schweren Verletzungen im Krankenhaus gelandet war. Alexandra war daraufhin beinahe auf der Stelle abgereist. Ob Britta ihr verziehen hatte, wusste Alexandra nicht. Allerdings hatte sie seit dem Vorfall auch klar gewusst, warum sie nie etwas über Mitreisende oder gute Freunde gelesen hatte. Und jetzt war sie auf dem besten Weg ihre Anhängsel ebenfalls ins Krankenhaus zu schicken. Oder vielleicht sogar in den Tod. Alexandra verzog das Gesicht.

„Alles in Ordnung?“, fragte Seth, der sich auf einmal neben Alexandra vorbeugte und ihren verbissenen Gesichtsausdruck gesehen hatte.

„Ja“, antwortete diese und stand auf, „Abgesehen davon, dass ihr mir nicht mehr folgen sondern hier bleiben werdet.“

Seth und Stella sahen sie verständnislos an und auch Azraél wirkte ein wenig verwirrt. Jedoch schien ihm ziemlich schnell zu dämmern, was Alexandras plötzliche Entscheidung herbeigeführt hatte.

„Von mir aus könnt ihr auch wieder nach Deutschland fahren, aber ihr werdet mir unter keinen Umständen mehr folgen“, sagte Alexandra und ging auf die Feuerleiter zu, um wieder nach unten zu steigen. Inzwischen dürften Nathalie und der Mann wohl nicht mehr in der Nähe sein, daher war es wahrscheinlich einigermaßen sicher. So sicher wie es für Alexandra eben war.

„HÄ?“ Seth starrte sie immer noch verdattert an. „Wie kommst du denn jetzt auf die Idee, dass wir einfach so abhauen?“

„Ihr seid weder geübte Kämpfer, noch haltet ihr bei Sprinten mit mir mit, noch seid ihr große Überlebenskünstler“, sagte Alexandra, „Im Gegenteil, eure Ausdauer ist nicht mal annähernd ausreichend für das, was ich betreiben muss. Ihr seid lediglich ein Klotz am Bein, den ich auf keinen Fall gebrauchen kann. Von mir aus gebe ich euch das Geld für die Rückreise, aber ihr werdet mir unter keinen Umständen mehr folgen.“ Damit betrat sie die Leiter.

„Das glaubst aber auch nur du“, sagte Stella vollkommen empört und hing sich von hinten an Alexandra ran, „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du uns los wirst?“

„Habt ihr mich immer noch nicht verstanden?“, fragte Alexandra ungläubig, „Wie oft muss ich euch eigentlich noch sagen, dass ihr mir nicht mehr folgen sollt?“

„Du hast uns doch bereits akzeptiert“, warf Seth ein und hielt Alexandra ebenfalls fest, die versuchte die spiralförmige Leiter nach unten zu steigen und dabei aber noch Stella und Seth an sich hängen hatte. Azraél war kurz hinter ihnen und wartete darauf, dass gleich irgendetwas schief ging. Die Treppe war nicht unbedingt der geeignete Ort für so ein Theater.

„Da wusste ich noch nicht, dass ihr bei einem Gefecht unfähig seid euch selbst zu schützen und die Situation richtig einzuschätzen“, erwiderte Alexandra wütend, „Ich wäre auch alleine mit den beiden fertig geworden, ihr hättet euch nur außer Schusslinie bringen müssen!“

„Du.. bist so wütend, weil wir verletzt wurden?“, fragte Stella verblüfft und auch Seth wirkte überrascht. Selbst Azraél schien erstaunt zu sein.

Alexandra stockte. „Ihr seid nur ein Hindernis, wenn ihr eure und die Kraft eures Gegners nicht einschätzen könnt. Und da ihr das eindeutig nicht könnt, verbiete ich euch, mir zu folgen!“

„Du und deine Befehle“, seufzte Azraél von hinten, auch wenn ihn keiner der anderen zu hören schien.

„Nix da“, konterte Seth, „Du kannst dich auf den Kopf stellen, wir bleiben bei dir.“

Inzwischen waren sie bereits schwankender Weise einige Stufen nach unten gekommen, doch durch das Ziehen und Zerren von Stella und Seth an Alexandra, die jedoch versuchte sich von den beiden loszureißen, geriet die ganze Gruppe immer mehr ins Schwanken. Und das Geländer war auch nicht so hoch, dass man nicht drüber hinweg fallen könnte.

„Außerdem sind wir bei weitem besser, als wir uns bisher angestellt haben“, versuchte es Stella, „Du kannst uns glauben, wir sind durchaus geübt...“

„Das sagtet ihr schon mal und bisher habe ich davon nichts gesehen!“, konterte Alexandra zornig und drehte sich zu den beiden um. Dabei stieß sie mit dem Rücken jedoch gegen das Geländer und fiel nach hinten. Sie war ziemlich verblüfft.

Stella wollte sie am Arm packen, doch sie rutschte auf einer der Stufen ab und fiel ebenfalls nach vorne über das Geländer hinweg. Seth konnte Stella aber gerade eben noch packen, bevor sie endgültig fiel. Alexandra jedoch stürzte, und sie waren im vierten Stock. Das war der pure Freifall und sie unterdrückte einen überraschten Schrei.

„Du sorgst aber auch für einigen Trubel.“ Azraél tauchte auf einmal neben Alexandra auf und packte sie am Arm. Er zog sie während des Sturzes zu sich heran und nahm sie auf den Arm. Noch bevor Alexandra Einspruch erheben konnte, stieß Azraél sich von der Leiter ab, neben der sie dem Erdboden entgegen fielen, stieß sich an der Wand gegenüber und noch ein zweites Mal an der Leiter ab. Das Resultat war mehr als überraschend: Er hatte den Sturz so weit abgefangen, dass er ohne sich dabei zu verletzen auf den Füßen landen konnte. Alexandra, die er immer noch wie eine Prinzessin auf den Armen hatte, sah ihn einige Sekunden lang nur verdattert an. Dann fing sie sich jedoch wieder und befreite sich schleunigst von ihm.

„Ich weiß zwar nicht, woher du das kannst, aber glaub ja nicht, dass ich mich bei dir bedanken werde“, sagte sie und blickte nach oben zur Treppe, die Stella und Seth gerade herunter eilten. Es war ein ganz schönes Stück, das sie gefallen waren. Dennoch hatte Azraél allem Anschein nach kein Problem bei der Landung gehabt. Er war gut, das musste sie ihm leider lassen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Stella erschrocken.

„Natürlich“, sagte Alexandra nur mürrisch und sah zur Seite. Dabei entdeckte sie jedoch Nathalie, die gerade mit dem Mann weiter hinten durch eine Gasse ging, die ihre kreuzte. Augenblicklich weiteten sich Alexandras Augen. „Ach du Schreck...“

„Hm?“ Seth und Stella blickten in die gleiche Richtung wie Alexandra und da verstanden sie natürlich, was der Kommentar zu bedeuten hatte.

„Ganz leise die Treppe wieder hoch“, flüsterte Alexandra und ging langsam auf die Feuerleiter zu, „Und macht ja keine schnellen Bewegungen, die fallen am ehesten auf.“

„Roger.“ Seth schluckte.

„Verstanden“, sagte Stella, auch wenn sie dem Mann eigentlich gerne noch mal zumindest dazu gebracht hätte, ihr die Kosten für die zerrissene Jeans zu erstatten.

Azraél folgte den drein ohne Kommentar.

„Da sind sie!“ Nathalie war beinahe an der Gasse vorbei gegangen, doch sie hatte aus den Augenwinkeln eine kurze Bewegung gesehen und als sie richtig hingesehen hatte, waren das Mädchen mit Raphaels Armband und ihre Freunde gerade dabei eine Feuerleiter zu erklimmen.

Alexandra blickte erschrocken auf und sah im nächsten Moment schon, wie Nathalie auf sie zugelaufen kam. Hinter ihr war auch Samuel, der bereits in die Tasche seines Mantels griff, um das erste Messer auf die vier auf der Feuerleiter zu werfen.

„Lauft!“, rief Alexandra und nahm mit jedem Schritt gleich zwei Stufen. Stella, Seth und Azraél schienen nichts gegen den Vorschlag einzuwenden zu haben und folgten ihr flott. Sie hetzten die Treppe hoch auf das Dach. Dort zeigte Alexandra in die Richtung eines Dachs, das sie mit einem Sprung erreichen konnten. Sofort liefen sie los, sprangen über die Gasse zwischen den beiden Häusern und landeten auf dem nächsten Dach. Dabei überholte Seth auch Alexandra und Stella blieb dieses Mal ebenfalls dicht bei ihr. Die beiden wollten Alexandras Worte von vorhin wohl zunichtemachen. Diese war gespannt, ob sie das schaffen würden.

Mit hohem Tempo rannten sie über die Dächer und Alexandra dirigierte sie langsam aber sicher zu immer niedrigeren Dächern, damit sie bald wieder nach unten konnten. Mit etwas Glück konnten sie Nathalie und ihre Begleitung auf diese Weise abhängen.

Doch kaum glaubten sie das aggressive Mädchen endlich abgehangen zu haben, entdeckte Alexandra sie auf einem der höheren Dächer. Das Mädchen erspähte sie in dem Moment scheinbar ebenfalls, mit einem hohen Sprung hechtete sie auf die Gruppe zu und schrie dabei etwas Unverständliches.

„Verdammt nochmal“, stöhnte Alexandra und schüttelte den Kopf.

„Alex, pass auf!“, rief Stella, die inzwischen zusammen mit Seth und Azraél bereits ein ganzes Stück weiter hinten und bereit zur Flucht war.

Alexandra hatte schon gesehen, dass Nathalie mittlerweile beinahe über ihr war, und stieß sich ab. Dabei zog sie den Regenschirm aus dem geheimen Fach ihres dunkelbraunen Mantels und parierte damit Nathalies Schwerthieb, der sie sonst mit ziemlicher Sicherheit aufgeschlitzt hätte. Mithilfe des Schirms stieß sie sich an Nathalies Schwert ab, um so nach weiter hinten zu kommen.

Stella, Seth und Azraél mussten laufen, damit sie Alexandra nicht aus den Augen verloren, die nun in der Gasse zwischen diesem und dem Haus dahinter verschwand. Die drei sprangen ebenfalls über den Rand des Dachs hinweg und kamen so in den freien Fall.

Alexandra hatte sich zweimal an den Hauswänden abgestoßen und so war die Landung aus dem zweiten Stock kein großes Problem gewesen. Zum Glück schienen Stella und Seth auf die gleiche oder zumindest ähnliche Idee zu kommen. Seth hielt sich einfach an einem der Fenstersimse fest und Stella landete gleich auf einer Fensterbank. Azraél war der Einzige, der darauf verzichtete, den Sprung abzufangen, und einfach so auf dem Boden landete. Allerdings schien ihm das wenig auszumachen und Alexandra sparte sich das Nachdenken darüber. Im Moment hatten sie andere Probleme.

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Hörbuch

Über den Autor

SilverRose
Tjaaa.. eigentlich ich bin mehr eine Einzelgängerin und eine komlette Tagträumerin dazu xD
Aber ab und an bin ich auch gerne unter Leuten, wobei es mir etwas an Gesprächsstoff fehlt, es sei denn es geht ums Schreiben und meine Geschichten. Da kann ich tagelang drüber reden :P
Allerdings möchte ich hier auch mal zu meinen Geschichten anmerken, dass sie wirklich lange Stories sind, die sich über einen längeren Zeitraum erst richtig entwickeln und daher auch gut und gerne zwischen zwanzig bis vierzig Kapitel mit unterschiedlichen Längen varieren. Sie sind nichts für Leute, die nur gerne kurze Happen lesen, sondern mehr für die, die auch im normalen Buchladen gerne mal zu einem drei - bis vierhundert-Seiten-Wältzer greifen. Sorry, aber kurz schreiben ist nicht gerade meine Stärke. Wenn ich das versuche, werden sie am Ende nur umso länger xD
(Auch wenn ich ja mittlerweile auch wenigstens ein paar Kurzgeschichten zum Reinschnuppern in meinen Schreibstil habe :P)
Und (der Ordnung halber) die erste Interviewfrage hier oben: Welche Geschichten hast du bisher schon verfasst?
Hm, das sind mittlerweile so einige...meine abgeschlossenen sind der Reihenfolge nach:
Meine abgeschlossenen Manuskripte sind der Reihenfolge nach:
1.1) Das Geheimnis der Federn: Die Wächterinnen der Federn;
1.2) Das Geheimnis der Federn: Der Kampf gegen die Finsternis;
2) Kyra: Die Wahl zwischen Licht und Finsternis;
3) Scarlett und das Geheimnis von Avalon;
4.1) Kampf der Geister: Vertrag;
4.1) Kampf der Geister: Geschwister der Dunkelheit;
5) Das verlorene Buch;
6) Silver Rose: Das Gesetz der Killer;
7) Der Schlüssel zum Tor der Feuergeister;
8) Reinblut & Halbblut;
9) Die Wächterin von Reilong;
10) Die letzte Zauberin;
11.1) Juwelenritter: Das vergessene Jahr des Blutes;
11.2) Juwelenritter: Die sieben Höllenfürsten;

Meine noch laufenden Geschichten (auch wenn ich nicht weiß, ob und wann ich es schaffe sie zu beenden) sind:
11.3) Juwelenritter: Dämonenherz (aktiv)
12) Bund mit dem Tod (neu - auf Standby)

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