Kapitel 8
Ich war ein wenig nervös Selena wieder zu treffen, über was wir wohl reden würden.
Ich klingelte und sie öffnete mir nach ein paar Sekunden die Tür.
„Hey Ashley“, sie strahlte mich an und ich war genauso glücklich.
Wir lagen uns eine ganze Weile in den Armen.
Ich zog meine Jacke rasch aus.
Dann zeigte mir Selena die Wohnung, wir fingen im Wohnzimmer an. Im Wohnzimmer stand eine weiße Couch, die Anbauwand war hellbraun, darin stand ein großer Fernseher. Als ich nach rechts sah stand dort ein Esstisch, er war rechteckig und hatte genau die gleiche Farbe wie die Anbauwand. Dazu hatte sie vier Stühle, hinter dem Tisch stand ein weißes Sideboard. Darauf standen viele Bilder von Luca und ihr. Das eine Bild hatte ich sogar fotografiert, es war an dem Abend als wir meinen Geburtstag gefeiert hatten. Die beiden hatten echt gut zusammen gepasst, ich drehte mich weg, bevor mir die Tränen kamen.
Dann zeigte Selena mir dir Küche, sie war schön geräumig und ganz in Rot. So eine Küche hatte sie sich immer gewünscht, ich möchte nicht wissen wie viel sie für die bezahlt hatte.
Das Bad hatte nur eine Badewanne, aber das reicht ja auch zu. Denn davor hatte sie noch einen Duschvorhang angebracht.
Das Schlafzimmer war ziemlich klein, aber es passten ein Doppelbett und ein kleiner Kleiderschrank hinein. Als ich an die Wand sah, hingen dort weiter Bilder von Luca. Ich dachte sie hatte einen Freund? Wie hielt er es denn hier aus? Überall die Erinnerungen an den toten Freund. Sie konnte noch nicht über ihn hinweg sein.
Als ich mir die Bilder anschaute, merkte ich den Schmerz in meiner Brust, ich spürte wieder wie sehr er mir fehlte.
„Was machen wir?“, fragte Selena.
Ich räusperte mich kurz, denn ich hatte einen Frosch im Hals: „Ja das ist eine gute Frage.“
Sie überlegte: „Warte kurz hier, ich bin gleich wieder da.“ Schon verschwand Selena aus der Wohnung.
Ich lief nochmal ins Wohnzimmer, zu dem Sideboard und schaute mir die Bilder genauer an. Das eine Bild sah total neu aus, da Selena auf dem Bild schon ihre kurzen braunen Haare hatte.
Ich hob es hoch und betrachtete es genauer.
Luca sah so verdammt glücklich aus und ich habe ihm das alles genommen. Eigentlich hätte ich zu der Beerdigung gehen sollen, um mich richtig zu verabschieden.
Selena kam wieder, ich hörte sie Treppen hochlaufen, ich stellte das Bild schnell ab und setzte mich auf die Couch.
Die Tür fiel ins Schloss. „Da bin ich wieder“, rief Selena. Sie packte zwei Flaschen Sekt, einen Creme Likör und eine Pizza aus.
„Wir machen heute einen Mädelstag, so wie früher“, sie grinste über das ganze Gesicht.
„Okay“, ich sprang auf „und was gucken wir? Bitte keinen Liebesfilm“
„Nein ich hab da so einen Actionfilm“
„Das ist gut“, ich half ihr beim rüber tragen und schon tranken wir unser erstes Glas Sekt.
Wir schauten uns den Film an, der Film strotze nur so von sinnloser Gewalt.
Die erste Flasche war schon noch einer Viertelstunde leer.
„Sag mal Selena kommt dein Freund auch noch? Ich würde ihn gerne kennenlernen.“
„Nein, ich bin meistens immer bei ihm. Aber noch ist er arbeiten“
„Ach so und warum hast du hier kein Bild von ihm stehen?“
„Wir sind irgendwie noch nicht dazugekommen, welche zu machen“ Mir kam das so vor, als würde sie sich nur raus reden. Sie hatte bestimmt gar keinen Freund.
„Hast du überhaupt einen neuen? Denn ich sehe nur Bilder von Luca und dir.“ ich konnte mich nicht zurück halten.
Sie guckte mich empört an „Na klar. Warum sollte ich dich anlügen?“
„Woher soll ich denn das wissen. Aber er ist nicht nur ein Trost wegen Luca oder?“
„Nein ist er nicht. Ich liebe ihn!“, sie wurde wütend, dann fiel mir das Bild wieder ein.
„Sag mal wann hattet ihr denn das Bild gemacht, weil du da ja schon kurze Haare hast“
Selena lief zu dem Bild: „Hm das muss gewesen sein, kurz bevor er gestorben ist.“ Ich fragte mich immer wieder, wie Ethan erzählt hat das er gestorben ist, denn ich wusste es nicht.
„Selena?“ Sie stellte das Bild ab und schaute fragend zu mir.
„Wie ist denn Luca eigentlich gestorben?“
Sie setzte sich neben mich: „Herr Groth hat es uns erzählt. Er war bei dir im Baumhaus gewesen oder?“
„Ähm ja“, es tat immer wieder im Herzen weh, alles erinnerte mich an ihn.
„ja naja und jedenfalls war Herr Groth gerade auf dem Weg nach Hause, als er dich laut schreien hörte. Ein Tier war hinter dir her, du wolltest schnell die Leiter herauf und bist aber wieder rückwärts heruntergefallen.
Luca war auf der Suche nach dir, denn er wollte sich bei dir entschuldigen und sagen dass wir erstmal eine Lösung hatten. Er wollte das Tier von dir ablenken und rannte mit ihm durch den Wald.“
Sie schloss die Augen und schluckte: „Die Leiche von Luca wurde noch nicht gefunden, das einzige was war, war die riesige Blutlache. Also nahm die Polizei an, das er tot ist.“
„Er wurde nicht gefunden?“ Sie schüttelte mit dem Kopf.
„Nein. Das Tier hat ihn wahrscheinlich in eine Höhle geschleppt und gefressen. Die Polizei dachte da an einen Bären.“
Wenn sie wüsste das ich das Tier gewesen bin und Ethan ihn wahrscheinlich einfach nur irgendwo versteckt hat. Nur damit keiner heraus bekam, wie es wirklich war.
Ich musste anfangen zu weinen, denn ich hatte die Last zu tragen und keiner wusste davon. Mein einziger Verbündeter wurde getötet und keinem konnte ich die Wahrheit anvertrauen. Selena nahm mich in den Arm, sie drückte mich fest an sich. Ein paar Tränen von Selena tropften auf meine Hände, sie hatte es wahrscheinlich gut überwunden. Besser als ich, die es erst nach fünf Jahren erfuhr, was passiert war. Ethan hatte sich wirklich alles gut ausgedacht, nur schade das er mir nicht mehr sagen konnte wo er Luca versteckte hatte.
„Also ist Luca gar nicht im Sarg?“
„Nein wir haben Erinnerungen reingetan, jeder etwas.“
Er liegt da jetzt also einfach irgendwo da draußen, ich muss unbedingt nochmal nach Hereford und ihn suchen.
„Schade dass wir nicht erfuhren wie es dir ging, Ashley.“ Das machte sie anscheinend noch trauriger. Alle mussten geglaubt haben, das ich im Krankenhaus auch gestorben bin, wie konnte ich sie auch einfach so vergessen.
„Das tut mir Leid“, ich drückte ihre Hand und ihr kullerten Tränen über das Gesicht.
„Ich hatte so Angst dich auch verloren zu haben. Dann schickte uns Herr Groth ein Brief. Das es dir wieder gut ginge, aber das du dich an nicht mehr erinnern konntest durch den Sturz.“ Das stimmte ja nicht ganz, aber irgendwie hatte ich sie doch vergessen. Denn ich hatte mich nie bei ihnen gemeldet.
Ich sah dass sie noch einige Fragen hatte, aber sich wahrscheinlich nicht traute.
Also nahm ich ihr die größte Frage ab: „Herr Groth, er war mein Freund“
Selena schaute mich erstaunt an: „Was? Nein?“
„Doch ich bin mit ihm zusammen gekommen als ich gesund war. Er half mir bei allem, auch mich zu erinnern.“
Sie unterbrach mich: „Wo ist er denn jetzt? Habt ihr euch getrennt?“
Ich schaute auf meine Hände: „Nein, ich habe ihn so geliebt, wir hatten große Pläne. Wir wollten nächstes Jahr heiraten und umziehen“ Ich lächelte sie ein wenig an: „Wir hatten sogar einen kleinen Hund, er hieß Jackie.“ Ich brauchte eine Pause und etwas zu trinken, auch spürte ich das brennen in meiner Kehle, denn ich hatte Hunger.
„Einmal war ich arbeiten gewesen, da wurde bei uns eingebrochen und die beiden wurden getötet.“ Tränen schossen in meine Augen und ich merkte Selenas Blick auf mir ruhen. Ich hörte sie ganz schwach atmen, dann umarmte sie mich kräftig.
„Das tut mir ja so leid. Ich wart bestimmt ein so hübsches Paar. Dich im Brautkleid zu sehen, wäre eine schöne Vorstellung gewesen. Du hättest so wunderschön darin ausgesehen, wie eine Prinzessin.“
„Ich danke dir“
„Warum ist es dir nicht vergönnt glücklich zu werden.“
In diesem Augenblick realisierte ich noch nicht, dass sie mir etwas verschwieg. Ich glaube meine Trauer war einfach zu groß, um überhaupt irgendetwas zu zulassen.
„Ich bin froh dich zu haben“, flüsterte ich.
Als wir beide endlich unsere Tränen getrocknet hatten, schauten wir weiter fernsehen und tranken den Likör leer.
Wir hatten noch einen lustigen Tag, dann musste sie wohl auf Arbeit. Vorher ging ich nochmal ins Bad um mich zu Recht zu machen. Denn keiner von den Vampiren sollte es wissen.
Selena war ganz schön angetrunken, ich hoffte dass sie auf Arbeit keinen Ärger bekam. Wir verabschiedeten uns voneinander und ich musste zurück in den Pub.
Der Tag war wirklich schön gewesen, endlich mal wieder zu reden. Aber jetzt hatte ich Hunger, denn ab und zu war es schwer gewesen, mich zu beherrschen.
Als ich im Pub ankam saßen alle schon unten außer William. Baldric und Heather ignorierten mich total und flirteten miteinander. Zum Glück, dann musste ich mich nicht mit ihm treffen.
Der Barkeeper brachte mir ein Glas Blut, zum Glück ich hatte eine total, trockenende, schmerzende Kehle. Ob der Barkeeper auch ein Vampir war? Also ich würde als Mensch unter Vampiren Angst haben, getötet zu werden.
Ich lehnte mich zu Jonas herüber und fragte: „Sag mal der Barkeeper ist der auch ein Vampir?“
„Nein er ist ein Mensch“
„Ich würde mich total unwohl fühlen hier“
„William hat mit ihm eine Abmachung getroffen. Wir werden ihm nix tun und wir dürfen hier solange wohnen wie wir wollen.“ Ich bemerkte aus dem Augenwinkel heraus wie mich Baldric beobachtete. Er sah eifersüchtig aus, aber ließ es sich nicht groß anmerken.
Dabei dachte ich, ich bin ihn endlich los. Heather dagegen war total glücklich, sie himmelte ihn die ganze Zeit an.
Ich flüsterte zu Jonas: „Weißt du wie ich Baldric los werde?“
Er schüttelte mit dem Kopf: „An mich hat er sich noch nicht rangeschmissen. Aber sobald er es macht, werde ich es dir sagen“ Wir beide lachten. Oh, Baldric war glaub ich kurz vor dem Explodieren. Sein Blick der auf Jonas ruhte, sagte alles, er hasste ihn in dem Augenblick.
Dann kam William, wir redeten darüber was wir heute machen wollten. Da aber keiner Zeit hatte, verabredeten wir uns alle morgen Abend zum jagen.
Wir gingen auf unsere Zimmer zurück. Heather ging mit bei Baldric ins Zimmer, also wusste ich was das sollte. Denn Baldric schaute mich an, als er mit Heather im Zimmer verschwand.
Ich konnte Heather schon verstehen, denn Baldric war nicht hässlich. Er hätte ein Model sein können, wenn er nicht einen kleinen Bauch gehabt hätte. Aber dieser Charakter, war einfach total unzugänglich für mich. Ich fragte mich was Heather daran fand. Naja die hintergegelten Haare waren auch total eklig. Ich vertreib die Gedanken an Baldric und streckte mich quer über das Bett. Jonas war mit Faye und Darius weggegangen, ich musste mich ein wenig entspannen, denn so bequem war die Couch nicht gewesen. Ich schloss die Augen um ein wenig zu schlafen, aber ich kam nicht dazu. Denn es klopfte an der Tür, ich öffnete und Baldric stand davor. Eigentlich hatte ich gehofft er hatte die Verabredung vergessen.
„Ja?“
„Komm wir wollten was trinken“ Er wollte nach meiner Hand greifen, aber ich zog sie vorher weg.
„Ich dachte du wolltest nach gestern nichts mehr von mir wissen?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Weil du gestern wütend warst und vorhin mit Heather geflirtet hast.“
Er kam ein Stück näher: „Warum? Eifersüchtig?“
Aber auch jedesmal wenn ich mit ihm redete, machte ich irgendwelche Andeutungen, kein Wunder das er denkt ich steh auf ihn.
„Nö“, antwortete ich trocken.
„Los na komm wir trinken ein bisschen was.“
„Ja okay“, zögerte ich.
„Ich hol es hoch, bis gleich“ Dann war er auch schon verschwunden, eigentlich dachte ich wir tranken unten im Pub etwas. Ich ließ die Tür offen und setzte mich auf die Couch.
Als er wieder kam, fiel mir erst auf, dass seine Haare gar nicht gegelt waren, sie lagen locker und ihm fielen ein paar Strähnen ins Gesicht.
Er hatte Whisky und ein paar Bier mitgebracht. Dabei wäre Sekt besser gewesen. Er schenkte uns ein wenig Whisky ein.
Als ich gerade einen Schluck nehmen wollte, spürte ich seinen Blick auf mir.
„Was ist los?“, das erinnerte mich an Ethan, er hatte mir damals genauso zugeschaut, als ich sein Blut getrunken hatte und dann zum Vampir wurde.
Er grinste frech: „Nichts darf ich dich nicht anschauen?“
„Doch. Aber ich dachte, das hat vielleicht einen Grund?“
Sein grinsen wurde immer breiter und er nahm einen Schluck. Ich roch am Whisky, aber er war normal, also trank ich gleich alles mit einmal.
Dann wurde er plötzlich ernst: „Du willst nichts von mir oder?“
Ich schaute ihn fragend an: „Meinst du jetzt zusammen sein?“ Er nickte.
„nein, denn ich kenn dich doch gar nicht. Außerdem muss ich erstmal etwas verarbeiten“, entgegnete ich ihm.
„Und wenn es nur zum Spaß ist?“
„Nein sowas schon gar nicht. Wenn dann muss es eine feste Beziehung sein.“
„Du bist echt anderes, als die Mädels die ich kenne. Aber vielleicht änderst du ja deine Meinung nochmal“, er zwinkerte mir zu.
Ich zuckte nur mit den Schultern, ich schaute zu ihm und seine Augen leuchteten. So schnell würde er nicht mehr aufgeben.
Den restlichen Abend schauten wir noch einen Film, nebenbei schlief ich ab und zu ein. Ich wurde wach, weil ich einen warmen Atem auf der Haut spürte. Ich öffnete meine Augen und Baldric hatte sich über mich gebeugt. Ich setzte mich wieder auf und schaute ihn nur erschrocken an.
„Ich habe dich nicht geküsst.“
„Es ist besser du gehst jetzt, ich möchte schlafen“
„Okay“, er stand auf und ich brachte ihn zur Tür. Gerade als ich die Tür schließen wollte, gab Baldric mir noch einen Kuss auf die Wange. Dann ging er lächelnd zu seinem Zimmer. Ich schloss die Tür und wollte einfach nur noch schlafen, als ich Bett lag schlief ich auch gleich ein.
