Romane & Erzählungen
Shakespeare hat nicht immer Recht - Teil 2 - Eine Posse in 5 Akten

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"Shakespeare hat nicht immer Recht - Teil 2 - Eine Posse in 5 Akten"
Veröffentlicht am 04. November 2011, 24 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Bin Mitte 40, habe in Bonn Theologie studiert, arbeite aber jetzt was ganz anderes :-) Verheiratet ohne Kinder, habe aber trotzdem weniger Zeit zum Schreiben, als ich möchte. Trotzdem habe ich es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben, DIN A4 doppelseitig bedruckt immerhin 240 Seiten. Und jetzt habe ich den Schritt gewagt und es als reines E-Book auf Amazon veröffentlicht ( ...
Shakespeare hat nicht immer Recht - Teil 2 - Eine Posse in 5 Akten

Shakespeare hat nicht immer Recht - Teil 2 - Eine Posse in 5 Akten

Beschreibung

Hier ist eine kleine, aus einem Traum erwachsene Geschichte, die ich im Urlaub zusammen gezimmert habe... Viel Spaß dabei! *** Verdammt beliebt ist Dr. Chris Petersen bei den Frauen, was er auch weidlich ausnutzt. Nur die streitsüchtige Dr. Kate Fielder nervt ihn total. Aber die sieht eh zu gut aus, um etwas auf dem Kasten zu haben! Oder?

2. Akt

Jetzt sprang sie empört auf. „Ich verstehe nicht, was hier vorgeht! Hat ihr Kollege Ihnen denn gar nichts gesagt?“

„Kollege? Welcher Kollege denn?“ Sie stöhnte.

„Na, Ihr Freund und Kollege im Krankenhaus. Sid Laneshwar.“ Wir drei Männer sahen uns an. Am Wochenende hatten wir kräftig einen drauf gemacht und keiner von uns hätte einen Anruf von Sid entgegen nehmen können. „Mir reicht es jetzt. Bitte rufen Sie ihn selber an.“ Ich zuckte die Achseln.

„Wenn Sie meinen, Kate...“ So wählte ich die Nummer an Sids Krankenbett. Er ging schon nach dem ersten Klingeln ran.

 

„Endlich meldet ihr euch! Ist sie schon da? Sie ist doch einfach klasse, nicht wahr?!“ Ich versuchte seine Euphorie zu bremsen.

„Langsam Sid. Miss Fielder ist also direkt von dir ausgesucht worden?“

„Ja natürlich, was denn sonst?!“ 'Ja, was denn sonst', dachte ich innerlich stöhnend. Nur mein bester Freund würde es schaffen, mir diesen Alptraum auf den Hals zu hetzen. Sid sprudelte nun weiter. „Ihr musst doch auch von ihr gehört haben, sie war in der Singapur-Projekt-Gruppe als Leiterin, aber sie ließ die Gruppe immer nur als Ganzes auftreten. Ist das zu fassen? Dabei ist fast alles ihr Verdienst.“

„Wann hast du das denn rausgefunden?“

„Es ist schließlich mein Fachgebiet. Und ich hatte ein bisschen Zeit hier, du erinnerst dich?“ Keine Ahnung, ob in seiner Stimme wirklich eine Anklage mitschwang, aber er erinnerte mich tatsächlich daran, dass ich, wie die anderen Beiden, die zwei Stunden Fahrt zu seiner Reha-Klinik viel zu selten auf mich nahm. „Jedenfalls habe ich letzte Woche mit ihr gesprochen und sie gebeten, mich für ein halbes Jahr zu ersetzen. Der Rektor war einverstanden.“ Ein halbes Jahr also. Aber Sid konnte ja nichts für ihren schlechten Einstieg hier.

„Gut Sid, dann wissen wir jetzt Bescheid. Ich schau bei dir vorbei, sobald ich kann!“, verabschiedete ich mich und legte auf.

 

Dann streckte ich die Hand nach Miss Fielder aus. „Dann also willkommen im Team, Miss Fielder.“ Sie ignorierte meine Hand, sagte nur nickend: „Eigentlich Dr. Fielder, aber wir hatten uns schon auf Kate geinigt, Sie erinnern sich? Und Sie beide sind...?“ Eilfertig sprangen meine Freunde auf und stellten sich vor. Ihre Hände nahm Kate an. Anschließend hockten wir uns um den Tisch und sahen uns an. Noch einmal ergriff sie das Wort.

 

„Ich möchte noch einmal wiederholen, dass es mir leid tut, wenn Sie nicht rechtzeitig Bescheid bekommen haben. Und ich versichere Ihnen, es liegt wirklich nicht in meiner Absicht, hier irgend jemanden rauszukicken. Aber es ist ein interessantes Angebot für mich, da meine Gruppe leider aus diversen Gründen geschlossen wurde. Da dachte ich, mal ein halbes Jahr in die Lehre rein zu schnuppern, wäre eine gute Idee. So kam der Anruf Ihres Freundes gerade recht.“

 

Steve konnte es einfach nicht fassen, wie auch ich nicht. „Aber... Die Gruppe wurde aufgelöst? Was ist mit den Ergebnissen? Haben Sie da keine Angst, von anderen Forschungsgruppen überflügelt zu werden.“ Ihr Lächeln, mit dem sie sich ihm zu wandte, war so maliziös wie arrogant und trieb mir schon wieder die Galle nach oben. Sie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

„Die Ergebnisse stecken größtenteils da oben drin. Und Nein, Steve, diese Angst habe ich ganz und gar nicht. Unser Vorsprung war so groß, dass diejenigen, die uns einholen könnten, noch gar nicht geboren sind.“ Von jedem anderen Menschen hätte ich diesen Spruch wahrscheinlich cool gefunden, von ihr ekelte er mich eigentlich nur an. John und Steve schmunzelten ein bisschen, obwohl Steve dabei gleichzeitig ein wenig verärgert wirkte.

 

Vielleicht setzte sie deshalb ein Lächeln auf, das wohl entwaffnend sein sollte und entschuldigte sich. „Sorry, wenn das ein wenig hart rüber kam, aber als Frau in dieser Sparte habe ich so oft mit Zweifeln zu tun, dass ich mir ein dickes Fell zugelegt habe. Und die Auflösung der Gruppe war, wie Sie sich denken können, nicht so ganz freiwillig und konfliktfrei. Leider konnten wir nur sehr wenig schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen, weil alles so schnell gehen musste...“ In ihrer Stimme schwangen Sarkasmus und Ärger mit. Anscheinend hatte sie noch ein Hühnchen mit den ehemaligen Chefs zu rupfen.

„Ah, also gut“, murmelte Steve und ich schnippte mit den Fingern.

„Dann sollten wir vielleicht mal kurz berichten, wo WIR stehen und schauen, ob wir Mi-, äh, Kate eingliedern können.“

 

Den Rest der Zeit verbrachten wir damit, unsere neue Kollegin auf den neuesten Stand unserer Forschung zu bringen. Sie hörte größtenteils schweigend zu und nickte dann zum Schluss. „Für so einen kleinen Zirkel sind Sie fantastisch voran gekommen“, sagte sie.

„Und?“, rutschte es mir heraus.

„Und was?“ Sie sah mich neugierig an.

„Na, werden sie sich da einfügen können?“, fragte ich lauernd und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Ich denke schon“, war ihre unbefriedigende Antwort, doch ich dachte mir meinen Teil. Es war wohl doch alles nur geblufft und sie war gar nicht der große Zampano in ihrer Gruppe gewesen. Ãœberraschend sprach sie weiter. „Sie müssen verstehen, ich muss noch sortieren, was von meiner Forschung mir gehört und was meinem Auftraggeber. Wenn das geklärt ist, und das dürfte im Lauf dieser Woche der Fall sein, kann ich Ihnen endgültig sagen, wie sehr ich mich einbringen kann.“

 

'Cool gelöst', dachte ich mir. So hatte sie ein wenig Zeit, bevor sie uns dann, zu ihrem Bedauern, mitteilen würde, dass sie leider Stillschweigen über ihre bisherige Arbeit bewahren musste... Ohne es zu wollen, knirschte ich plötzlich mit den Zähnen und John sah mich irritiert an. „Dann ist es jetzt erst mal Zeit fürs Mittagessen“, stellte er fest. „Kate, kommen Sie mit uns?“ Doch sie schüttelte den Kopf.

„Vielen Dank, aber ich habe noch Einiges zu erledigen. Wann soll ich morgen wieder hier sein?“

'Gar nicht!' wollte ich am liebsten schreien, doch John nannte ihr die Uhrzeit. Dann trennten sich unsere Wege vorerst.

 

In meinem Zimmer erwartete mich dann am Abend mal wieder eine Ãœberraschung: Sie hatte ein paar ungenutzte Regale in die Mitte gezogen, um einen kleinen Sichtschutz zu bauen. Okay, man muss ihr zugute halten, dass sie sogar ihren Anteil kleiner gestaltet hatte. Trotzdem polterte ich als Erstes: „Was soll das denn? Warum sind sie immer noch hier?“ Sie saß am Schreibtisch, nahm eine kleine Lesebrille ab und sah müde zu mir hoch.

 

„Die Uni zahlt kein Hotelzimmer. Und was ich mir leisten könnte, ist alles besetzt.“

„Alles?!!“, zürnte ich und sie rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen.

„Alles. Das können Sie mir glauben. Ich meine, sie denken doch nicht, ich würde freiwillig mit Ihnen weiter hier wohnen bleiben?!“ Das war wohl eine rhetorische Frage, denn sie sprach gleich weiter. „Deswegen dachte ich mir, so eine kleine Abtrennung würde nicht schaden.“

„Na gut“, grollte ich, „Hauptsache, Sie lassen mich morgen früh unter meiner Dusche in Ruhe. Wenn Sie schon so in mein Leben eindringen!“ Jetzt standen auch bei ihr Zornesfalten auf der Stirn.

„IHR Zimmer, IHRE Dusche...Du liebe Zeit, Chris, Sie tun ja gerade so, als würde ich das alles absichtlich machen! Da gibt es sicher Schöneres für mich, als mit dem Campus-Casanova in einem Zimmer zu hausen!“

 

Campus-Casanova! Was erdreistete sie sich! „Ja sicher“, höhnte ich, „wenn das Ihre einzige Sorge ist. Ich wette, das trauen Sie sich morgen früh nicht noch mal, so eine Schote zu bringen.“ Nun ebenfalls wütend sprang sie auf.

„Das werden wir ja sehen! Ich gehe jedenfalls jetzt ins Bett. Gute Nacht!“, schnarrte sie und erwartete wohl, dass ich mich nun wegdrehte. Um ein Haar war ich versucht, demonstrativ stehen zu bleiben, aber das kam selbst mir zu kindisch vor. Also ging auch ich ins Bett. Zum Glück schnarchte sie nicht!

 

Beim Aufwachen allerdings hörte ich ihre Stimme, sie stand in der Tür und rief „Aufwachen, Sie Schlafmütze! Oder trauen Sie sich so etwas wie gestern nicht noch mal?!'“ Schlagartig war ich wach.

„Wollen wir wetten?“, grollte ich ich.

„Um ein Essen beim Italiener!“, war ihre Antwort, Kate, wie ich mir ins Gedächtnis rief. Interessanterweise war das seit langem das erste Mal, dass ich zwei Nächte mit der gleichen Frau im selben Zimmer verbracht hatte – und dabei nicht mal auf meine Kosten gekommen war. Und jetzt forderte sie mich auch noch heraus! Blitzschnell schwang ich die Beine aus dem Bett. DAS Essen würde sie bezahlen!

 

Sie war schon ein Stück auf dem Gang, als ich das Zimmer verließ und bog vor mir ins Bad ein. Als ich dort ankam, plätscherte bereits die Dusche und ich konnte nun gar nicht mehr umhin, einen Blick auf ihren Körper zu werfen. Wie hatte ich diese Frau nur je für einen Blaustrumpf halten können??! Ihre Proportionen erschienen mir überaus perfekt....

 

Um so mehr war ich aber gleichzeitig davon überzeugt, dass es sich bei ihr um eine Blenderin handeln musste. Keine Frau, die sich mit Quantenphysik auskannte, konnte gleichzeitig wie die Homecoming Queen ihrer Highschool aussehen; das konnte es einfach nicht geben. Oder doch? Zur Ablenkung drehte ich einmal wieder das kalte Wasser auf und drehte mich unter dem eiskalten Strahl. Dabei trafen sich unsere Blicke. Ihrer war regelrecht verschmitzt, bevor er einmal meinen Körper hinab wanderte. Okay, den hatte sie bei mir gut gehabt, musste ich zugeben. Allerdings konnte ich nicht erkennen, ob ihr gefiel, was sie sah.

 

Himmel, was dachte ich denn da? Diese Frau war immer noch quasi meine Feindin, eingedrungen in mein Reich und drauf und dran, meinen Freund und Kollegen zu verdrängen, denn so ganz war ich mir nicht sicher, ob Sid zurück kommen würde. Und gleichzeitig war ich davon überzeugt, in ihr eine raffinierte Schwindlerin vor mir zu haben, die nicht halten würde, was sie versprach. Eigentlich schade.

 

Wir waren gleichzeitig fertig und beim Abtrocknen lachte Kate. „Gut, diesmal haben Sie gewonnen, Chris. Sie dürfen dann demnächst mal Zeit und Ort wählen.“ Ich nickte, doch dann rutschte mir die Frage heraus, die mir einfach brennend auf dem Gemüt lag.

„Warum tun Sie das? Ich meine, so locker mit einem Fremden duschen, nun ja, das ist … nicht gerade alltäglich“, endete ich lahm.

„Oh für mich schon. Gucken Sie nicht so! Ich bin in einem Waisenheim aufgewachsen, leider ein so armes, dass es nur einen Waschraum gab. Und irgendwann sind die festgelegten Zeiten aus dem Ruder gelaufen und alle haben öfter mal durcheinander geduscht. Als die Betreuer merkten, dass wir deswegen nicht wie die Wahnsinnigen über einander her fielen – Sie wissen, was ich meine - , da haben sie dem um des lieben Friedens statt gegeben.“

 

Für einen Moment hatte ich trotzdem das Bild einer feuchten Massenorgie vor Augen und musste es kurz abschütteln. Jetzt grinste sie breit. „Das Bild hat jeder am Anfang vor Augen, keine Sorge.“

„Können Sie jetzt schon Gedanken lesen?“

„Nein, aber wie gesagt, es ist die häufigste Reaktion. Fertig?“ Ich nickte und in seltener Eintracht gingen wir wieder ins Zimmer. Sie hatte mir ja auch etwas zu denken gegeben, zum Beispiel, dass sie im Waisenhaus aufgewachsen war.

 

Das könnte ihre Kratzbürstigkeit erklären, aber noch weniger, wie sie solch eine akademische Karriere geschafft hatte. Haben wollte, verbesserte ich mich.

 

An diesem Vormittag hatten wir alle Vorlesungen, erst in der Cafeteria traf ich Steve und John wieder. Am Nebentisch saßen ein paar Neulinge, einige jener Nerds, die der theoretischen Physik den Ruf eingebracht hatten, ein Fach für soziopathische Spinner zu sein. Ihr Gespräch war nicht zu überhören.

 

„Ich hab mich heute verliebt!“

„Ach Klappe Mann, das haben wir doch alle. Dr. Fielder ist einfach der Hammer!“

„Ja! Wenn mir das früher einer gesagt hätte, dann hätte ich mein Chemiestudium in Yale geschmissen und wäre gleich hierher gekommen.“

„Da hättest du aber dumm geguckt, die ist ja erst seit kurzem hier.“

„Und man munkelt, sie würde auch nicht lange bleiben. Nach der unfreiwilligen Auflösung der Singapur-Gruppe werden sich die Institute um sie reißen...“

 

Betroffen starrte ich auf mein Essen. Wenn es stimmte, was die Jungs sagten, und die waren meist besser informiert als die Dozenten, dann hatte sie vermutlich doch was auf dem Kasten. Und von was redeten die Gieks? Von ihrer Figur. Welche ich im Ãœbrigen schon in ihrer ganzen Pracht hatte bewundern dürfen. „Chris, was grinst du denn so in dich rein?“ Wie ertappt fuhr ich auf.

„Nix, ich hab nur an einen alten Witz gedacht, als ich die Jungs da gehört habe.“

„Denn von dem Physiker im Eiscafé?“

„Exakt.“ Wir lachten zusammen, dann war es auch schon wieder Zeit, in unser Labor zu gehen.

 

Zu unserer Ãœberraschung stieß dort kurz nach uns der Rektor der Universität zu uns, mit Kate Fielder im Schlepptau. „Meine Herren, ich muss Ihnen Ihre neue Kollegin ja nicht mehr vorstellen. Sie wird voraussichtlich neuen Schwung in Ihre Forschung bringen, was wir ja auch bitter nötig haben.“ Sein versteckter Anwurf ließ mich mich fühlen wie einer der Ghostbusters kurz vor ihrer Entlassung von der Uni. Bei meinem Ruf war ich wahrscheinlich Dr. Venkman.

 

„Das klingt gut, Dr. Toeger. Aber auf welches Gebiet ist Miss Fielder eigentlich spezialisiert?“, fragte nun John, dem es seinem Ton nach ebenso zu ergehen schien. Statt seiner antwortete Kate selber.

„Quantenphysik mit Schwerpunkt Schleifenquantengravitation.“ Ich keuchte ungewollt. Das war ein sehr neuer, sehr experimenteller und sehr umstrittener Zweig unseres Fachs.

„Ja, meine Herren, alles, was sie im Moment wahrscheinlich denken, ist wohl wahr. Deswegen hat die Regierung von Singapur das Projekt auch gecancelt. Ich warte nur noch auf einen Anruf, was ich von den Ergebnissen verwenden darf.“

 

Da war es wieder. DIE Ergebnisse, nicht 'MEINE Ergebnisse', was mich ja so misstrauisch machte. Rektor Toeger klatschte in die Hände. „Wenn das klappt, wird sie morgen einen Vortrag darüber halten. Für heute müssen Sie halt noch an etwas anderem arbeiten.“ Das taten wir dann auch. Kate trug heute übrigens eine sehr enge Bootcut-Jeans mit einem nett ausgeschnittenem Top. Ihr Stil hatte etwas, der sagte, 'ich bin eine Frau, na und?!' Die Schuhe waren halb hoch, wobei ich mich bei dem Gedanken ertappte, wie ihr Arsch denn wohl mit richtigen Highheels aussähe?! Unsere Blicke trafen sich und wieder schien sie meine Gedanken gelesen zu haben. Doch diesmal sah sie irgendwie traurig aus.

 

Wir beschäftigten uns gerade mit Quantenelektrodynamik, um die alte Theorie, die in eine Sackgasse geraten war, neu zu verifizieren. Das war weit weg von der Loop-Theorie, aber eine unverzichtbare Grundlage dafür. Steve trat gerade von der großen Kreidetafel zurück.

„So, das ist die Formel, die wir bisher errechnet haben. Aber ihr wisst ja, wir stecken fest.“ John und ich nickten, Kate legte neugierig den Kopf schief. Gemeinsam starrten wir auf die Tafel. Dann setzte Kate an, wandte sich an Steve.

„Bevor wir richtig loslegen, hätte ich eine Bitte: Könnten wir nicht allgemein zum Du übergehen? Damit kann ich einfach besser arbeiten.“

 

Steve setzte sein nettestes Lächeln auf, das seine Grübchen zum Vorschein brachte. „Aber sehr gern, Kate.“ Auch John zeigte sich von seiner besten Seite.

„Selbstverständlich!“ Dabei strahlte er sie an und ein Lächeln ging über ihr Gesicht. Ich dagegen brachte nur ein Grunzen zustande, das alles hätte bedeuten können, von allen aber als 'Ja' interpretiert wurde. Nach einem kurzen Seitenblick auf mich machte Kate einen Schritt auf die Tafel und deutete auf die Formel.

 

„Darf ich?“, fragte sie, als sie die Kreide ergriff. Meine Kollegen nickten und ich hielt gespannt den Atem an. Sie wollte doch nicht etwa wirklich in die Formel eingreifen? Doch tatsächlich wischte sie schon einen Teil fort – zum Glück hatten wir den eh im Kopf – und begann, andere Faktoren einzusetzen. Ab und zu hielt sie inne, starrte ins Leere und schrieb dann weiter. Es war erstaunlich, bisher stimmte alles, dabei war das Nichts, was sie in einem Lehrbuch hätte gelesen haben können, das war unser Produkt. Jetzt drehte sie sich um und fing an, ihre Änderungen zu erläutern.

 

Zu meinem grenzenlosen Erstaunen (und auch etwas Groll) hatte alles bisher Hand und Fuß. „Eventuell könnte hier der Scheitelpunkt liegen“, hörte ich jetzt und Steve murmelte „Ja, genau“, trat zu ihr und nahm ebenfalls ein Stück Kreide.

 

„Wenn wir vielleicht hier und hier...“, sagten sie halblaut, während die Formel weiter Gestalt annahm. Dabei steckten sie die Köpfe so eng zusammen, dass sie schließlich zusammen stießen und darüber kicherten wie Teenager. Oder wie zwei Verschwörer. Das gab mir einen richtigen Stich in den Magen. Einen von uns hatte sie also schon um den Finger gewickelt. Nein, zwei. Denn plötzlich war John auf ihrer anderen Seite und stieg in die Diskussion mit ein.

 

Die Formel veränderte sich weiter und von meinem Standort aus konnte ich nur sagen, dass sie verblüffend überzeugend war. Jedoch war ich mir nicht mehr so sicher, was davon Miss Fielders Werk war. Ob sich Steve und John auch daran erinnerten? Sie traten jetzt weg, als wollte sie der jungen Frau nun das Feld, in diesem Fall die Vollendung der Formel, überlassen. Ich für meinen Teil sah es als eine Art Prüfung – die sie dann leider bestand.

 

Völlig selbständig errechnete sie nun das Ergebnis und hatte damit die Arbeit einer Woche in knapp drei Stunden zusammen mit meinen Kollegen gelöst. „Wow!“, entfuhr es Steve und wieder ließ er seine Grübchen blitzen. Während Kate sich gerade am hinteren Ende des Labors die Kreide von den Händen wusch, raunte er „Ich glaube, ich habe meine Traumfrau gefunden! Hast du ihren Hintern gesehen?“

„Steve“, entfuhr es mir, „jetzt benimm dich nicht so sexistisch!“

„Pah, das sagt du, der gestern schon mit ihr unter der Dusche stand.“ Dass ich das auch heute noch einmal getan hatte, band ich ihm lieber nicht auf die Nase. „Musstest du dich da nicht sehr beherrschen? Also, wie wär's, trittst du mir dein Zimmer heute Nacht ab?“

„Steve, verdammt noch mal!“ Keine Ahnung, warum, aber es ging mir plötzlich gegen den Strich Dr. Fielder, nachdem sie zu meiner Ãœberraschung bewiesen hatte, dass sie tatsächlich schwer was auf dem Kasten hatte, so auf das rein Körperliche reduziert zu sehen.

 

„Stimmt was nicht?“, fragte sie nun irritiert und ich versuchte ein Lächeln.

„Nein, nur hat mein Kollege mich gerade völlig zu Recht einen Idioten geschimpft, weil wir die Lösung bisher so einfach übersehen haben.“ Sie schien meine Worte für bare Münze zu nehmen.

„Das solltet ihr nicht so schwer nehmen. Es ist immer einfacher, von außen mehr zu sehen als von drinnen.“

„Trotzdem muss ich sagen, ich bin schwer beeindruckt.“

„Weil ich eine Frau bin?“

„Wer ist jetzt sexistisch?“, knurrte Steve leise neben mir, doch ich nickte.

„Das darfst du mir nicht übel nehmen, Kate“, mit zum ersten Mal sprach ich sie so an, „aber es gibt eben nicht viele wie dich in unserem Fach.“ Der Seufzer, der sich ihr nun entrang, kam von tief unten.

„Wem sagst du das!“

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Hörbuch

Über den Autor

QueenMaud
Bin Mitte 40, habe in Bonn Theologie studiert, arbeite aber jetzt was ganz anderes :-) Verheiratet ohne Kinder, habe aber trotzdem weniger Zeit zum Schreiben, als ich möchte.

Trotzdem habe ich es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben, DIN A4 doppelseitig bedruckt immerhin 240 Seiten. Und jetzt habe ich den Schritt gewagt und es als reines E-Book auf Amazon veröffentlicht ( http://www.amazon.de/Verrat-und-Vertrauen-ebook/dp/B007OH3DXI/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1332863393&sr=1-1 ), vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen ... Eine Leseprobe von "Verrat und Vertrauen" findet ihr auch in meiner Bücherliste.

Ansonsten gebe ich zu, eher einen Hang zum Happy-Ending zu haben, aber auch nicht immer, wie die Leser meines "Klassentreffen" sicher bestätigen können :-)

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QueenMaud Re: -
Zitat: (Original von MysticRose am 05.12.2011 - 18:56 Uhr) Hach, ich find's köstlich! :-D


Hehe, ja der alte Geschlechterstreit, mal nicht am Herd ausgetragen ;-)
Danke!
LG
QueenMaud
Vor langer Zeit - Antworten
MysticRose Hach, ich find's köstlich! :-D
Vor langer Zeit - Antworten
Juan Und ich wunderte mich schon, woher der Titel kommt!
Gruß
JF
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