„Auch wenn ich verstehe was du sagst, verstehe ich noch lange nicht was du meinst. Du sagst mir ich soll so vieles anders machen. Aber sieh dich doch mal an. Sieh dich an!
Sitzt da mit deiner Flasche Bier, sitzt den ganzen Tag nur auf dem Sofa, schaust Fernsehen. Ich bin hier die Person die sich um alles kümmert, die Stromrechnungen bezahlt, kocht und auch alles andere macht!“
„Jetzt räume gefälligst den Müll da weg! Und dann bring mir doch noch ein neues Bier mit.“
"Das kann doch so nicht mehr weitergehen! Ich halte das nicht mehr aus. Ich arbeite Tag und Nacht, nur damit er hier vor der Glotze sitzen kann. Weißt du was? Wenn du hier schon den ganzen Tag zu hause bist, dann kannst du gefälligst auch zusehen, dass du hier deine Ordnung hälst. Du musst ja nicht von morgens bis abends nur trinken und trinken, die Pizza aus einem Karton essen und in deinem
in deinem eigenen Schmutz verenden. Ich war einmal deine Ehefrau, nicht deine Putzfrau!“
Manfred stand aus dem Sessel auf, ging zu seiner Frau hin.
Als er ganz dicht bei ihr stand, sah er ihr tief in die Augen und sagte mit bösem Ton: „Was bildest du dir eigentlich ein? Sieh dich doch an, du bist nichts wert! Ohne mich wärst du niemals das was du jetzt bist! Du solltest glücklich sein, dass du mich hast! Und nun geh gefälligst und hol mir ein neues Bier!“ er schubste seine Frau Richtung Küche.
„Dein Bier kannst du dir selber holen! Ich bin weder dein Sklave, noch dein Diener! Ich gehe. Und ich werde auch so schnell nicht wieder kommen. Da kannst du dann sehen wer dir dein Bier kauft, wer es dir an den Sessel bringt und auch, wer hier dann sauber macht!“ sagte sie und nahm ihre Jacke von dem Garderobenhaken.
Als sie die Haustür öffnen will, zieht Manfred sie an der Schulter zurück. „Was bildest du dir ein du kleines Miststück? Wo willst du denn jetzt hin? Nun sag, was hast du jetzt vor? Du willst mich verlassen? Das kannst du doch eh nicht, ohne mich bist du doch nichts wert!“ sagte er in einem aggressiven Ton. Regina drehte ihren Kopf zu Seite, weil sie seine Bierfahne so dominant war.
Sie sah ihm eiskalt in die Augen: „Es ist mir egal wo ich hin gehe. Hauptsache ich bin weg von dir. Ich habe mir das nun schon lange genug angesehen. Jeden Tag sitzt du da, von morgens bis abends vor dem Fernseher, entweder hast du Wein oder Bier vor dir. Ich kann es einfach nicht mehr ertragen, du bist mittlerweile einfach nur noch erbärmlich!“ Auf einmal gab es einen lauten knall und Regina sank zu Boden. Manfred sah sie mit eiskalten Augen an, während seine Frau auf den Boden sank und sich die linke Wange hielt. Sie hatte
Tränen in den Augen. „Wenn du unbedingt willst, dann geh doch! Aber ich bezweifle das du jemanden findest der besser zu dir ist als ich.“ sagte er, ging in die Küche wo er sich ein Bier holte und setzte sich wieder in seinen Sessel.
Nachdem Regina einiger Zeit in der Ecke kauerte und sich mit schmerzverzerrten Gesicht die Wange hielt, stand sie mit wackligen Knien wieder auf. Schnell hob sie ihre Jacke, die ihr auf den Boden gefallen war auf und drehte an dem Türknauf. Als ihr Mann die Tür ins Schloss fallen hörte, schrie er noch laut, dass sie bitte neuen Wein mitbringen soll.
Regina ging durch die dunklen Straßen, als sich der Himmel zu einem Sommergewitter zusammenzog. Es war mittlerweile schon spät abends, als sie in ein Lokal betrat. Der Wirt sah sie erschrocken an.
Kein Wunder, dachte sich Regina, als sie auf der Damentoilette in den Spiegel blickte. Ihr Augen waren verweint, das eine Auge inzwischen geschwollen und blau. Sie nahm sich ein Papier aus dem Spender und hielt es unter den Wasserhahn. Dann ging sie zurück in das Lokal, setzte sich an die Theke und orderte eine Schachtel Zigaretten, während sie sich das feuchte Tuch an ihr Auge presste. Der Wirt musterte sie kritisch. „Was ist Ihnen denn passiert? Ist alles in Ordnung?“ fragte er, als er ihr die Schachtel hinhielt.
„Danke mir geht es gut. Ich bin nur die Treppe hinunter gefallen. Danke der Nachfrage.“
Regina saß am Tresen, rauchte und trank ein Whisky nach dem anderem, als nach einiger Zeit der Wirt erneut ankam.
„Nun geben Sie es doch zu, Sie wurden geschlagen. Wer hat Sie so übel zugerichtet? Sie sind so eine wunderschönen Frau, wer traut es sich ihr ein Haar zu krümmen?“ er beugte sich über die Theke und sah ihr genau
in die Augen als er ihr das sagte.
Auf einmal begann Regina zu weinen, und alles brach aus ihr heraus. Der Wirt kam hinter der Theke hervor und nahm die arme Frau in den Arm.
„Es ist einfach... Ich bin noch so jung, ich bin 24! Und mein Mann, er trinkt und trinkt. Damals, als wir mit 19 geheiratet haben, da war alles anders. Wirklich alles. Wir hatten ein gemeinsames Leben. Doch nun mache ich alles, und mein Mann sitzt in seinem Sessel,
immer ein Bier vor sich und starrt in den Fernseher. Ich kann das einfach alles nicht mehr. Gerade wenn er dann mehr getrunken hat, neigt er zu gewalttätigen Verhalten. Das mit meinem Auge war natürlich nicht die Treppe, er war es. Als er sah, dass ich das Haus verlassen wollte, kam er an und schlug mich. Aber was soll ich machen? Ich liebe diesen Mann einfach. Er hat immer zu mir gestanden. Gerade da wo mich alle anderen
verlassen haben, stand er immer hinter mir. Ich kann ihn doch jetzt nicht einfach verlassen! Aber diese Verhaltensweisen die er im Rausch zeigt... sind einfach alles andere als gut.“ Sie weinte in seinen Arm hinein.
„Was für aggressive Verhaltensweisen weißt er denn auf? Hat er Sie schon öfters geschlagen? Hat er Sie vergewaltigt? Was hat er ihnen alles angetan?“
„Wieso fragen Sie mich so genau aus? Sie kennen mich doch gar nicht. Was soll das? Ja, er hat mich vergewaltigt. Ich war schwanger von ihm, weil er mich in seinem Alkoholrausch vergewaltigt hat, wovon er nachher nichts mehr
wusste. Als ich ihm sagte, dass ich schwanger von ihm sei, gerieten wir in einen heftigen Streit, wo mein Mann mal wieder betrunken war. Er meinte ich hab ihn betrogen und es sei nicht sein Kind. Er wollte mich schlagen, also lief ich rückwärts. Jedoch habe ich nicht an die Treppe
gedacht. Ich bin rückwärts die Treppe herunter gefallen und habe mein Kind verloren. Er kam noch nicht mal ins Krankenhaus. Aber ich bin wieder zu ihm zurück. Ich verstehe mich selbst nicht. Ich weiß nicht was es ist, das mich immer und immer wieder zu ihm bringt. Aber so ist es halt.“ Gerade als sich Regina wieder beruhigt hatte, kam ihr wieder die Tränen und sie wimmerte: „Jetzt habe ich Ihnen meine ganze Lebensgeschichte erzählt“
Der Wirt sah sie an und sagt: „Dafür bin ich doch da. Wissen Sie, Wirt zu sein bedeutet viel mehr als die Menschen glauben. Und ich kann Ihnen sagen, so wie Ihnen geht es tausenden. Aber seien Sie eine von denen, die einen guten Anfang machen und ihn verlassen. Gefühle hin oder her, so kann es bei Ihnen nicht weiter gehen. Sehen Sie sich doch mal an, wie übel er Sie zugerichtet hat.“
„Schniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiit, schniiiiiiiiiiiiiiit!“ kam es von hinten. „Thomas, dein Text geht doch ganz anders, sieh hier: „Wenn ich ihr Mann wäre, ich würde Sie nur auf Händen tragen.“ So und jetzt nochmal das ganze!“