Ich hatte zugenommen. Unbemerkt wuchs mein Bäuchlein. Plötzlich passte ich nicht mehr in meine Jeans. Anfangs dachte ich, das meine Frau die Hosen falsch gewaschen hatte. Vielleicht, um mich zu ärgern. Würde ihr ähnlich sehen. Doch als ich zu Boden sah, fand ich nur noch wenig Fuß vor. Die Zehen und ein wenig Spann. Mehr konnte ich, aus dieser Position, nicht erkennen. Es wurde Zeit für neue Hosen.
Gezwungenermaßen hatte ich eine Hose von meiner Gemahlin an. Sie war mir viel zu groß. Mein Gürtel war, wieder einmal, unauffindbar. Also hielt ich die Hose mit meinen Händen fest. Für die anderen war dieser Anblick köstlich. Aber was sollte ich tun? Es war mir peinlich so auf der Straße zu laufen. Noch peinlicher wurde es aber, als Sandra R. Meinen Weg kreuzte. Sie musste die Situation natürlich gleich ausnutzen. Ohne Vorwarnung kitzelte sie mich. Meine Hände ließen die Hose los und jene fiel zu Boden. Wieder einmal hatte ich, ungewollt, die Lacher auf meiner Seite. Aber die Rache sollte meine sein.
Die Auswahl an Hosen war groß. Ebenso die Preise dafür. Aber am Ende wurde ich doch noch fündig. Das Beinkleid sah zwar nicht besonders aus. Dafür war es im Preis stark gesenkt. Ich brauchte sie auch nur für kurze Zeit. Denn mit diesem dicken Bauch kam ich nicht klar. Ich fühlte mich total unwohl. Diät war angesagt.
Es war ihr Geburtstag gewesen. In der Zwischenzeit hatte ich ein paar Kilo abgenommen. Figurbetont trug ich meine alten Hosen. Der Vorteil war, das ich schnell satt wurde. Hilfreich für meine Diät. Sandra R. war es auch aufgefallen, das ich weniger auf die Waage brachte und gratulierte mir dazu. Sie freute sich mit mir. Nach den Höflichkeiten, überreichte ich ihr mein Geschenk. Eine neue Hose, inklusive Oberteil. Ich bat sie, die Sachen gleich anzuprobieren, weil ich wissen wollte, ob es die richtige Größe war. Sie verschwand kurz im Schlafzimmer und kam mit den neuen Klamotten wieder raus. Die Sachen standen ihr echt gut. Und ihr gefielen sie. Dafür gab es eine kurze Umarmung, ein Lächeln und ein winziges Küsschen auf meine rasierte Wange.
Nach dem Kaffee konnte ich alle dazu überreden spazieren zu gehen. Schließlich waren auch Kinder anwesend und die brauchten frische Luft. Außerdem war es angenehm warm draußen. In ihrer Wohnung war es kühl und stickig. Was wohl daran lag, das bei ihr geraucht werden durfte. Für mich war es zu viel Qualm.
Auf dem Spielplatz hatten wir eine Menge Spaß. Zuerst mit den Kindern und dann mit dem Regen, der plötzlich anfing. Ich hätte nicht gedacht, das es wirklich anfangen würde mit regnen. Aber die Freude war groß. Denn es war ein richtiger Guss und wir waren sehr schnell durch. Sandra R. freute sich nicht so sehr darüber. Mein Geschenk wurde durchsichtig, wenn es nass wurde. Schade eigentlich, das ich ihr nicht auch die passende Unterwäsche dazu geschenkt hatte. Aber so gemein wollte ich auch wieder nicht sein.
Als ich sie so in Unterwäsche sah, dachte ich, das ich meinen Spaß hatte. Ich hatte meine Rache und wusste nun, wie sie unten drunter aussah. Nicht das ich das wissen wollte. Aber nun weiß ich es eben. Ich zog meine Jacke aus und gab sie ihr. Dann sah ich ihr ins Gesicht und dachte mir: 'Wenn Blicke töten könnten.'
Es sind ein paar Tage durchs Land gezogen. In der Zwischenzeit hat sie mir verziehen. Ich habe mein Idealgewicht wieder. Und wir gehen viel netter miteinander um.
Eigentlich wollte ich ganz allein zum Wochenmarkt und niemanden treffen. Doch dann kam alles anders. Vielleicht sollte es so sein. Aber warum ausgerechnet ich?
Keine Fünf Minuten war ich auf dem Markt, als ich ihre Stimme vernahm. Zwischen dem Geschrei der Marktleute, drang sie an mein Ohr, als ob sie direkt hinter mir stünde. Langsam schaute ich mich um. Plötzlich bekam ich einen riesigen Schreck. Das Gesicht war...mir bekannt. Es gehörte Sandra R.. Schreck lass nach. Hatte sie schon wieder abgenommen? Neben ihr stand ein junger Mann. Sie stellte ihn mir vor und ich dachte mir, das mir sein Name seltsam bekannt vorkam. Vielleicht war es auch nur Einbildung. Hatte ich in letzter Zeit öfters. Sah Leute auf der Straße und hatte das Gefühl, das ich sie kenne. Angesprochen hatte ich sie nie, weil ich mir Peinlichkeiten ersparen wollte.
Sandra R. beugte sich zu mir. Zuerst dachte ich, das sie mich heiß machen wolle. Zuzutrauen wäre es ihr. Aber sie wollte etwas ganz anderes. Aus irgendeinem, mir unbekannten, Grund, sollte ich erfahren, das dieser junge Mann schwul war. Glaubte sie, das ich es war und wollte mich mit ihm verkuppeln? Dumm war sie eigentlich nicht. Plötzlich schnallte ich es. Sie hatte ja einen festen Freund. Ich sollte nicht glauben, das sie nebenbei mit einem anderen rummacht. Obwohl man es glauben konnte, so wie er sie ansah und umarmte.
Die lieben Kleinen waren bei ihm, damit sie sich ein paar Stunden entspannen kann. Bummeln und quatschen. Alles was Frauen gerne machen. Und damit ihr Freund keinen Grund zur Eifersucht hat, ging sie mit einem schwulen...
Eingangs hatte ich erwähnt, das mir sein Name seltsam bekannt vorkam. Nun bekam sein Name auch ein Gesicht. Sein Gesicht. Und ich stand vor einem Problem. Wie soll ich sie sanft darauf hinweisen, das ich ihn kenne? Nur anders, als sie ihn? Oder täuschte ich mich in ihn. Bei manchen dauerte es ja ein wenig länger? Nein, daran glaubte ich nicht. Dafür kannte ich ihn zu gut.
„Ich gehe mal schnell aufs Klo.“
Gute Idee. So hatte ich Gelegenheit, mit ihm zu reden. In Erfahrung zu bringen, wie er darauf kam, sich zu outen.
„Und? Habt ihr schon gemeinsam gebadet?“
„Das wollen wir morgen machen, wenn ihr Freund nicht da ist.“
„Du verarschst mich?“
„Ja. - Ich weiß selbst nicht, wie sie darauf kam, das ich schwul bin. Nun bin ich´s und nutze es aus. Du glaubst ja gar nicht, wie viel Chancen man bei den Frauen hat, wenn die glauben, das man schwul ist. Und wenn sie nicht in festen Händen wäre,...“
„Vorsicht, sie kommt.“
Ich wollte ihr nicht die Wahrheit sagen. Vor allem, weil ich nicht wusste, wie. Aber dann musste ich es doch tun, als er mir zuflüsterte, das ihr Freund zwar ein Grund, aber kein Hindernis sei. Das war zu viel. Ich konnte sie ganz gut leiden und daher musste ich ihr die Wahrheit über ihn sagen, bevor sie mit ihm in die Badewanne stieg. Sachte taste ich mich an die Sache ran und sagte:
„Der ist nicht schwul. Er will dich nur flachlegen. Woher ich das weiß? Erstens kenne ich ihn seit Jahren und zweitens hat er mir es selbst erzählt.“
Es war ein Schock für sie gewesen. Verständlich. Aber nun wusste sie wenigstens die Wahrheit. Dafür konnte er keine Kinder mehr zeugen. Und ich hatte eine Morddrohung. Nicht die Erste.
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Sandra R. Und ich würden in einer Hinsicht gut zusammenpassen. Leider finde ich sie sexuell nicht anziehend. Sie ist nicht hässlich. Aber eine wahre Schönheit ist sie auch nicht. Ebenso, wie ich. Vielleicht liegt es daran, das wir uns so gut verstehen. Wir wollen beide nichts voneinander.
Wir hatten uns zufällig getroffen. Pünktlich zum vereinbarten Termin, am vereinbarten Ort. Was ich sehr merkwürdig fand. Denn Frauen können, in der Regel, nicht pünktlich sein. Ich merke es stets an meiner Dame. Nie ist sie da, wenn sie sagt, dann und dann ist sie auf der Bildfläche. Minimum halbe Stunde Verspätung muss sein. Trotzdem erscheine ich nie später, so, wie ich es mir stets vornehme. Deutsche Pünktlichkeit.
Als sie mich sah, bemerkte sie weder meine neuen Schuhe, noch meinen neuen Haarschnitt. Sie sah nur auf meine Hose. Speziell auf die Beule, die etwa mittig zu sehen war. Ich wunderte mich nicht darüber. War es ja von ihr gewöhnt. Sie starrt dahin und ich auf das Holz der Frauen. Der attraktiven Frauen.
„Freust du dich mich zu sehen, oder...?“, fragte sie.
„Oder! Kannst du immer nur an das Eine denken? Auch wenn es dir beim abnehmen geholfen hat, gibt es noch andere Dinge auf der Welt. - Titten!“
„Ach. Und wo guckst du bei mir hin?“
„Seit wann schaue ich dich an? Ich sehe an dir vorbei. Auf die Luxusbiene hinter dir. Die sind garantiert echt. Da hat Gott mal was richtig gemacht. Einen Knackarsch hat sie. Und ich keine Chance bei ihr. Das ist mir bewusst. Auch das ich verheiratet bin. Ich hole mir nur Appetit. Sieh dir mal ihren Typen an.“
Sie drehte sich um. Ihr Kiefer klappte nach unten. Speichel troff aus ihrem Mundwinkel. Ihre Zunge flitze aus ihren Mund. Sie hechelte.
„Das ist ein Schnuckelchen. Bei dem würde ich auch nicht „Nein“ sagen.“
„Was macht eigentlich dein Freund?“
„Was?“, fragte sie und drehte sich abrupt wieder um.
Schlimmer, als ich. Ich schaue ja gern hübschen Frauen hinterher. Aber ich bekomme noch alles um mich herum mit. Und ich weiß, das ich nicht darf. Auch wenn die eigene Dame nicht wirklich Interesse am Matratzensport zeigt, bleibe ich treu. Bei Sandra R. Weiß ich es nicht. Ist mir auch egal. Aber ich denke mal schon, das sie eine treue Seele ist.
Wir waren schon eine ganze Weile am verabredeten Ort. Warum wollten wir uns eigentlich treffen? Um anderen hinterher zu schauen bestimmt nicht. Anscheinend war es nicht so wichtig, sonst würde es mir ja einfallen. Vielleicht wollten wir uns nur so sehen. Um zu tratschen. Wer weiß.
Schade, das sie wieder raucht. Sie ist eigentlich mehr die Freundin meiner Frau. Jene Dame ist kurz davor rauchfrei zu werden, wie ich. Sandra R. Gehörte zu meinen Lieblingen, weil sie nicht rauchte und meine Gattin so nicht in Versuchung kam, sich eine anzuzünden. Ist schon seltsam. Es gibt Dinge, da passiert es schnell, das man wieder damit anfängt, obwohl man weiß, das es nicht gut für die Gesundheit und den Geldbeutel ist. Und trotzdem macht man es, weil... Tja. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ich kenne den ihrigen und verstehe. Hoffe aber, das sie schnell wieder damit aufhört und das ich nicht rückfällig werde. Gerade jetzt, wo eine Schachtel Zigaretten fast einen Stundenlohn kostet.
Ich werde Sandra R. Öfters zu mir einladen. Bei mir herrscht strengstes Rauchverbot, weil ich den Geruch nicht mehr ertrage. So, wie damals, als ich noch nicht geraucht hatte. Vielleicht hatte ich deswegen angefangen gehabt? Gute Frage.
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Nichts gegen die Frau. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich keine Lust auf Besuch gehabt. Leider bin ich nämlich stinkenfaul. Ab und an packt es mich aber und ich mache was in meiner Wohnung. So, wie an diesem Tag. Es hatte lange gedauert, bis ich endlich meinen Arsch vom Sofa bekam. Als es endlich so weit war und ich mich mitten beim Aufräumen befand, klingelte es.
Schreck lass nach, dachte ich, als ich ihre Stimme vernahm. Was nun? Draußen stehen lassen? Dies konnte ich nicht. Ich mochte die Frau irgendwie. Und die Lust zum Aufräumen war mir jetzt sowieso vergangen. Also ließ ich sie rein und wies sie sofort darauf hin, das ich gerade eben aufräumen wollte und sie mich dabei störte. Sie entschuldigte sich aufrichtig bei mir. Sie war eben in der Nähe und dachte, sie schaue mal bei mir vorbei. Man sieht sich ja so selten. Und wenn ich wolle, würde sie mir helfen. Das war ein Wort. Ja, sie konnte sehr hilfsbereit sein, wenn sie wollte. Das kannte ich von früher. Aber wenn man sich nur selten sieht und keine Hilfe nötig hat, vergisst man dies leicht.
Im Nachhinein war ich ihr sehr dankbar. Es ging flott voran und wir waren ziemlich schnell fertig. Dank ihrer guten Ideen, sah meine Wohnung sauber und geräumig aus. Nun hatten meine Kinder mehr Platz zum Spielen. Sandra R. Was soll ich dazu noch sagen. Im Prinzip wurde alles schon gesagt. Ich überlege, ob ich sie nicht als Putze einstellen sollte. Einmal im Monat bestelle ich sie zu mir. Sie putzt und ich spendiere ihr eine gute Flasche Wein.
Es war mir neu, das sie Wein trank. Leider mochte sie nicht den, den ich da hatte. Ursprünglich war er eh für Mama Ilona gedacht. Aber wann würde die Dame mal freiwillig zu mir kommen. Wenn Papa Uwe nicht wollte, wollte sie auch nicht. Irgendwie macht sie ihr Tun und Handeln von ihm abhängig. Waren sie wirklich nur Freunde, wie sie es stets behaupten? Oder war da doch mehr, wie ich es glaube und so, wie es meist aussieht?
Bis zum nächsten Laden war es nicht weit. Ich lief schnell eine Flasche Wein holen. Klar war es in dem Laden ein wenig teurer. Es war ja auch nur ein Kleiner. Eine Art Spätverkauf. Aber wegen einmal. Und so viel teurer, wie ich dachte, war er auch nicht. Wenn ich da an den Inhaber denke, der vorher hier seinen Laden hatte. Nun war er ein paar Meter weiter gezogen. Mehr Platz und höhere Preise. Dabei zahlte er doch jetzt weniger Miete, so weit ich erfahren hatte.
Wir machten es uns gemütlich. Man hätte denken können, das wir was miteinander hatten. Oder voneinander wollten. Wir saßen nebeneinander auf dem Sofa, tranken Wein, lauschten der Musik und unterhielten uns. Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich schätze mal, das wir aussahen, wie ein Pärchen. Ein verliebtes Paar, das nach der Flasche ins Bettchen hüpft und das erste gemeinsame Liebesspiel genießt.
Es war schon komisch. Normalerweise waren wir eher lustig. Rissen Witze. Machten uns gegenseitig runter. Diesmal blieben wir ernst. Sie erzählte mir von sich und ihren Problemen mit den Kindern und dem Jugendamt und ich redete über die Trennung von meiner Frau und davon. Ich sah sie derzeit öfter, als damals, wo wir noch zusammen waren und in einer Wohnung lebten. Aber ihre Stimmungsschwankungen hatte sie immer noch.
Es tat gut, sich mal so richtig auszusprechen. Sandra R. hatte mir zugehört und mich nicht unterbrochen. Sie ist, derzeit, die einzigste, die mir wirklich zuhört und versucht zu verstehen. Die mich nicht unterbricht und dann nicht mehr zu Wort kommen lässt. Und auch ihr habe ich angesehen, das es ihr ein wenig besser ging. Das Reden hatte ihr auch gut getan.
Basteln macht schon Spaß, wenn man das richtige Werkzeug dazu hat. Im Laufe der Zeit hatte sich, bei mir, ein Haufen Holz angesammelt. Kleine Brettchen. Kurze Latten. Lange Latten. Lackiert. Furniert. Gehobelt. Unbehandelt. Alles mögliche. Auch an Schrauben mangelte es mir nicht. Da ich einmal mein Holzvorrat ein wenig in Ordnung gebracht hatte, konnte ich auch gleich meine schrauben sortieren. Aber ich gab schnell auf. Es waren zu viele. Und so viele unterschiedliche. Ich blickte gar nicht durch. Es war nicht nur die Länge. Auch die Schlitze unterschieden sich. Sechskant innen, Sechskant außen, Torx, Phillips, einfacher Schlitz. Irgendwann gab ich auf. Stellte die Schachteln, mit den Schrauben, die ich sortiert hatte, auf die eine Seite und den Rest auf die andere. Nach und nach wollte ich was zusammenbasteln und die Schrauben, so wie das Holz, verbrauchen. Es wäre auch kein Problem. Mir fehlten nur die Ideen.
Eines Tages hatte ich eine. Sofort machte ich ich an die Arbeit. Und innerhalb weniger Stunden war ich auch damit fertig. Da ich es noch lackiert hatte, stellte ich es auf den Balkon zum trocknen. In den nächsten Tagen und Nächten sollte es nicht regen und so konnte es in Ruhe trocknen und auslüften, bevor ich es auf seinen zukünftigen Platz stellen würde.
Spontan trafen wir uns bei ihr. Sandra R. Sie kam auf die Idee Kuchen zu backen. Es wurde ein großer und dicker Kuchen, da sie nicht richtig lesen konnte. Denn auf dem Rezept stand groß und deutlich geschrieben, das die Zutaten für zwölf Personen bestimmt war. Sie waren gerade mal vier. Vater, Mutter und zwei kleine Kinder. Also lud die sich noch ein paar Leute ein. Einer davon war ich.
Ich war nicht wirklich ein Kuchenfreund. Aber einmal ging schon. Sie hatte so nett, am Telefon, geklungen. Ich konnte nicht nein sagen. Außerdem hatte ich nichts vor und wir hatten uns schon länger nicht gesehen. Als ich daran dachte, fiel mir ein, das ich Katrin R. noch länger nicht gesehen hatte. Schon seit Wochen nahm ich mir vor sie anzurufen. Aber immer wieder verschob ich es.
Ein Haufen Leute, als ich bei ihr ankam. Grob gezählt, waren es etwa siebzehn Erwachsene und acht Kinder. Der Kuchen war für zwölf Personen gedacht. Entweder, oder. Das war die Frage. Eine wichtige Frage. Entweder hatte sie noch einen zweiten Kuchen gebacken, oder ich bekam nichts ab. Auch wenn ich kein großer Kuchenfreund war, bestand ich auf mein Stück.
Ich schaute zu, wie die anderen Kuchen aßen. Der Kaffee war etwas zu stark für mich. Trotzdem hatte er einen angenehmen Geschmack. Was war wohl das Geheimnis? Irgendwann musste ich sie danach fragen. Der Kaffee schmeckte einfach zu gut. Mir wurde mal gesagt, das ich Vanillin dran machen soll. Andere geben eine Prise Salz zum Pulver. Ich machte ihn frei Schnauze. Jedes mal wurde er anderes, weil ich nie aufpasste.
„Liebe Sandra. Ich habe einen Ständer.“
Sie verschluckte sich. Wir standen uns nicht so Nahe. Trotzdem wusste ich, was sie dachte. Außerdem sah ich, wie ihr Blick...
„Einen Hut- und Mantelständer.“, betonte ich.
Sie sah mich lächelnd an und ich blickte todernst. Es fiel mir schwer. Aber ich hielt den Blick stand und schaffte es, ihr Lächeln verschwinden zu lassen.
„Es gibt Leute, die haben sich beschwert, weil sich, bei mir, nichts zum Aufhängen ihrer Hüte und Mäntel vorfand. Nun habe ich etwas gebaut, damit sie es tun können. Ãœbrigens guckt dein Mann sehr eifersüchtig. Wendet eure Blicke zu ihm. Denn er ist es, der euch begehrt.“
Es war nicht wirklich Eifersucht gewesen. Aber ganz gefallen hatte es ihm auch nicht. Auch er hatte bemerkt, wohin ihr blick bei dem Wort „Ständer“ fiel. Aber sie konnte nichts dafür. Das ging ganz automatisch. Ohne das es ihr bewusst ist, oder sie es will. So, wie ich auf Oberweiten und Hinterteile gucke. Ganz automatisch wandert mein Blick in den Ausschnitt schöner Frauen.
Wir wollten nur Picknicken. Ganz in Ruhe eine kleine Mahlzeit im Freien einnehmen. Aber dann kam alles anders und alles auf einmal. Was für ein Tag. Aber ich hatte es geschafft, nett zu Sandra R. zu sein. Keine dummen Sprüche. Nichts Frauenfeindliches. Es fiel mir, ehrlich gesagt, ziemlich schwer. Wenn ich sie sah, konnte ich nicht anders, als mein Maul aufreißen und ihr so einiges an den Kopf zu hauen. Sie gab es mir zurück. Aber meiner Frau gefiel es nicht, wie wir uns gegenseitig belöffelten und daher strengte ich mich an, meine große Klappe nur zur Nahrungsaufnahme aufzumachen.
Es versprach ein sonniger Tag zu werden. Gute Laune machte sich breit. Bei mir und bei meiner Frau. Wir gingen ja auch mit ihrer Freundin picknicken. Nichts gegen die Frau, aber sie war nunmal kein Mann. Ab und zu vergaß ich es. Wischte meine Finger an ihrem Shirt ab. Oberes drittel. Die Frauen denken dann immer, das ich ihr an den Busen wollte. Dabei stimmt das gar nicht. Ich will nur meine Kleidung nicht besudeln. Es gibt Leute, den gefällt meine Angewohnheit nicht. Aber ich kann es einfach nicht lassen. Meine Frau wischt auch ihre Popel an mir ab und da darf ich nichts sagen.
So wie immer, war ich der Packesel. Ich schleppte alles. Eigentlich müsste ich daran gewöhnt sein. Und ich müsste schon längst Muskeln in den Armen haben. Aber es schafft mich immer noch. Vor allem, wenn man mit dem weiblichen Geschlecht mithält. So langsam, wie meine Frau läuft, kriecht noch nicht einmal eine Schnecke.
Nach schier unendlicher Zeit und viel rumgemotze, waren wir endlich angekommen und hatten uns auf ein Plätzchen geeinigt. Erleichtert schmiss ich das ganze Gepäck auf den Boden und ruhte mich aus. Jetzt konnten die Mädels mal was tun. Über was die sich auf dem Weg unterhalten hatten, konnte kein normaler Mann ertragen. Deshalb hielt ich einen sehr großen Abstand zu ihnen. Leider blieben sie öfters stehen und ich holte sie dadurch immer wieder ein. Und ich bekam mit, über was sie sich unterhielten. Schwachsinn.
Ich zog meine Schuhe und Socken aus. Ein laues Lüftchen kühlte ein wenig meine Füße. Es war ein angenehmes Gefühl. Nur der Geruch störte ein wenig. Bei diesem Fußgeruch hätten die Mücken tot umfallen müssen. Als dann noch meine Frau und Sandra R. die Schuhe auszogen, hatten wir ein herrliches Duftkonzert zum Davonlaufen. Leider kam es nur mir so vor. Andere Spezies zog es an und nervte uns. Obwohl noch mitten am Tag, schwirrten sie um unsere Köpfe und stachen gezielt zu. Ich hasste Mücken. Nachts, wenn ich im Bett lag und einschlafen wollte, summten sie gern über meinem Kopf und hielten mich wach. Ich verkrieche mich unter meine Decke. Aber das Geflügelte findet immer wieder eine kleine Ritze zum Durchschlüpfen. Meine Frau liegt neben mir. Nackt. Ohne Decke. Aber sie wird von den Mücken gemieden.
Wir entschlossen uns zu packen. Auch wenn wir gerade erst anfangen wollten zu speisen. Aber das Viehzeug ging uns zu sehr auf die Nerven. Wenige Minuten später fing es dann auch noch an zu regnen. Wir hatten noch nicht einmal alles einpacken können. Anfangs kamen nur ein paar Tropfen. Kurz darauf schüttete es. Zum Glück nur kurz. Trotzdem waren wir durchnässt. Danach schien wieder die Sonne.
Wir gingen getrennte Wege. Sandra R. zu sich und wir zu uns. Jetzt war meine Frau gezwungen sich auszuziehen. Und wenn wir schon mal nackig sind...
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Auch wenn ich finde, das es den Richtigen getroffen hatte. Tut es mir leid.
Heißer Sommer. Langeweile. Spontan rief ich Sandra R an. Auch sie hatte nichts besseres zu tun. kinderfreies Wochenende. Ungewohnt, für uns beide.
Wir trafen uns unter der alten Eiche im Stadtpark. Sie war unverkennbar. Nicht nur groß und breit. Sondern auch sehr verschnörkelt. Ich kann es nicht anders beschreiben. Der alte Baum hatte keinen geraden Stamm. Wahrscheinlich war es auch nicht nur ein Baum, sondern mindestens zwei, die umeinander geschlungen waren. Und nicht nur das, machte jenen Baum so außergewöhnlich und besonders. Jedes Jahr schien er in eine andere Richtung zu wachsen. Fast ähnelte es einer Wendeltreppe.
Das Blattwerk war dicht. Schattig. Deshalb suchte ich diesen Ort als Treffpunkt aus. Denn es war heiß, an diesem Tag. Der heißeste Tag des Jahres, wie mir schien. Über dreißig Grad Celsius. Zu Hause war es zwar angenehmer, da kühler. Aber ich wollte nicht den Tag mit Gammeln vergeuden.
„Relativ pünktlich, mein Hase. Siehst gut aus.“, begrüßte ich sie.
„Danke, für das Kompliment.“
Wir liefen quer durch die Gegend. Hatten kein Ziel. Wussten beide nicht, wo was los war. Ließen uns überraschen. Irgendwo würden wir schon was Interessantes finden. Und wenn nicht, waren wir wenigstens draußen gewesen. Hatten etwas für unsere schlanke Linie getan.
Wir liefen an einer ehemaligen Kaserne vorbei. Es war Tag der offenen Tür. Wieso nicht, dachten wir. Der Eintritt war frei. Also marschierten wir rein. Sahen uns die Panzer an. Bestiegen einen davon.
Ich bin ein Junge. Verspielt. Konnte die Finger nicht von all den Hebeln und Knöpfen lassen. Und da passierte es. Der Panzer setzte sich langsam in Bewegung. Sandra R und ich verließen flink das Gefährt. Noch hatte keiner mitbekommen, das sich einer der Ausstellungsstücke bewegte. Unser Glück. So konnten wir unbemerkt die Kurve kratzen.
Wir wollten jemanden Bescheid geben, das ein Panzer rollt. Da sah ich diese Hackfresse. Zu Sandra R sagte ich gerade, du den kenne ich. Einen Moment später sagte ich zu ihr, du, den kannte ich. Kreischen. Panik. Wir setzten uns in Bewegung. Raus aus dem Kasernenhof. Weg von den Panzern. Ganz still und heimlich.
Ich hatte einen Toten auf den Gewissen. Durch mich kam der Panzer in Bewegung. Nun war die Hackfresse platt. Ich konnte ihn zwar noch nie leiden, weil er mir einfach auf den Sack ging. Aber umbringen wollte ich ihn nicht. Nur aus dem Wege gehen.
„Weißt du, was ich mich gerade frage? Wieso das Kanonenrohr auf einmal in de andere Richtung gezeigt hatte. Als wir einstiegen, zeigte es gen Norden. Nach unserer Flucht in südliche Richtung.“, stellte Sandra R fest. Mir war es gar nicht aufgefallen. War zu sehr mit Abhauen beschäftigt gewesen.
„Haben Panzer nicht auch Gas- und Bremspedale? Du bist gar nicht Schuld. Wir waren auch nicht allein drin. Erinnere dich. Da war noch jemand. Der kam nicht raus.“
Wir liefen zurück. Gerade noch konnten wir sehen, wie jemand in Handschellen abgeführt wurde. Mein Gewissen war wieder rein. Ich hatte doch keinen Menschen umgebracht. War ich froh.
Nach der Aufregung suchten wir uns ein nettes Café.
„Kommst dann noch auf einen Kaffee zu mir?“, fragte ich sie.
„Ich habe Migräne.“
Ich konnte nicht mehr. War fertig, mit der Welt. Aus heiterem Himmel hatte sie mit mir Schluss gemacht. Warum sie es getan hatte, wusste ich nicht. Von ihr hatte ich nur erfahren, das sie eine schlaflose Nacht gehabt und über unsere Ehe nachgedacht hatte. Sie kam zu dem Schluss, das sie keinen Sinn mehr darin sah. Und noch etwas erfuhr ich, sie hatte nur nach meinen Fehlern und Fehlverhalten gesucht. Mit keiner Silbe dachte sie daran, das es womöglich an ihr lag, das das ganze nicht funktionierte. Schließlich war sie stets jedem Gespräch ausgewichen, das ich mit ihr führen wollte. War stets abgehauen und kam erst im Dunkeln wieder. Tag für Tag. Wahrscheinlich hatte sie gehofft, das Gras darüber wachsen würde. Aber stattdessen hatte sie es dadurch noch schlimmer gemacht. Die Probleme häuften sich und wurden nicht geklärt. Und dies ist nur ein Grund, was ich an ihr bemängele.
Zum Glück hatte ich schon eine eigene Wohnung gehabt. Eine Sorge weniger. Aber was sollte ich mit mir anfangen? Ich war es gewöhnt Frau und Kinder um mich zu haben. Für sie zu sorgen und da zu sein, wann immer ich gebraucht wurde. Sandra R musste her. Sie war die einzigste Freundin, die ich zu dem Zeitpunkt noch hatte. Auf sie war Verlass. Ein kurzer Anruf und wenige Minuten später standen wir uns gegenüber. Am liebsten hätte ich geheult und wir ihr um den Hals gefallen. Aber die Peinlichkeit wollte ich mir ersparen. Stattdessen gab ich ihr meine Hand und lächelte ihr freundlich zu. Und nun?
Wir gingen spazieren. Schweigend. Ich wollte ihr nicht die Ohren volljammern. Und an was anderes denken, konnte ich auch nicht. Ich gab mir die größte Mühe, ihr Bild aus meinem Kopf zu verdrängen. Aber ich war schwach. So fühlte es sich also an, wenn man ein Mädchen war. Kein schönes Gefühl.
Wir liefen durch den Park. An der Bank vorbei, wo ich oft mit Katja P saß. Meinen geliebten Schutzengel. Zugegeben, seit dem sie mein Schutzengel ist, sehe ich sie häufiger. Aber als Mensch war sie mir doch lieber. Man konnte viel mehr miteinander machen, außer reden.
Sandra R wusste nichts von ihr. Habe ihr nie von ihr erzählt. Sie würde mir so wie so nicht glauben. Jedenfalls glaube ich das. Bevor Katja P mein Schutzengel wurde, habe ich ja auch nicht an so was geglaubt.
Wenigstens war es angenehm warm. Mich störte nur, das es stellenweise kühl war und an anderen Stellen sehr warm. Es wechselte sich ständig ab. Wenn sich da nicht eine Krankheit anbahnen tut, dachte ich. Und ich war froh darüber. Denn nun hatte ich etwas anderes im Kopf und ein Thema, worüber ich mit Sandra R reden konnte. Aber ihr fiel es nicht weiter auf. Anscheinend reagierte ich ein wenig empfindlich. Wurde ich jetzt zu einem Mädchen? Zuerst dieses hilflose, schwache Gefühl und nun dieses. Ich mutierte zu einem Mädchen. Nun konnte ich nur noch hoffen, das ich wenigstens ein hübsches Mädchen werden würde.
Der Tag neigte sich dem Ende zu. Sandra r musste langsam nach Hause. Sie hatte ja ihre Kinder noch. Und sie hatte einen Grund nach Hause zu gehen. Im Gegensatz zu mir.
„Kommst noch ein bisschen zu mir?“
Ich überlegte nicht. Sagte spontan Ja. So hatte ich noch ein wenig Ablenkung, bevor ich in meine leere Wohnung zurück musste.
Schon seltsam, was einem, im Laufe der Zeit, in Fleisch und Blut übergeht. Kaum hatten wir ihre Wohnung betreten, hörten wir ihre Kinder. Eine Sekunde später war ich in ihrer Küche und machte für alle Abendessen. Es war Gewohnheit. Zwar nicht bei ihr, aber...
Schnell fühlte ich mich „heimisch“. Fand alles, was ich brauchte. Im Kühlschrank war eine große Auswahl. Auch im Küchenschrank. Ich brauchte nicht lange, schon hatte ich eine Idee. Keine halbe Stunde später war ich fertig und servierte. Ganz gespannt saßen sie am Esstisch. Ich machte wirklich alles, wie zu Hause. Hin und her laufen. Gabel bringen. Tauschen gegen Löffel. Noch ein Teller und dies und jenes. Ich war in meinem Element. Mir fiel nicht auf, das es nicht meine Familie war. Obwohl eine Person mehr am Tisch saß. Ihr Freund.
Traurig nahm ich Abschied. Ich musste nach Hause. Schließlich war es nicht meine Familie. Auch wenn sie mir das Gefühl gegeben haben.
„Na, mein Hase. Lange nicht mehr gesehen. Immer noch Milch im Euter? Bräuchte ein paar Liter für meinen Kaffee.“, fragte ich frei heraus, als Sandra R endlich erschien. Schon seit zehn Minuten wartete ich auf sie. Das letzte mal, als wir uns gesehen hatten, war, als sie noch ihr Kind intern trug. Nun war es schon ein paar Wochen außerhalb ihres Körpers.
„Komm, setz dich. Wenn du nichts dagegen hast, bediene ich mich selbst.“
Ich bin Gentleman, wenn ich eine Person gut leiden kann. Daher zog ich ihr den Sitz zurück, um ihn dann richtig unter ihrer gepolsterten Sitzfläche zu positionieren. Sie gehört zu den wenigen Ausnahmen, bei denen ich es mache.
„Jetzt mal ernsthaft. Superfigur. Wie geht es dir so? Ich meine; seit geraumer Zeit haben wir uns nicht mehr gesehen. Auch wenn es jetzt so klingen mag, als würde ich was von dir wollen. Aber du hast mir gefehlt. Es verging kaum ein Tag, an dem ich nicht an dich gedacht habe und mich fragte, wie es dir geht.“
„Ich habe jetzt drei Kinder...“
„Ach – und ich bin jetzt Schuld daran. Soll ich dir nochmal erklären, wie das mit dem Kindermachen funktioniert? Wie ein Kind entsteht?“, unterbrach ich sie.
„Ey. Was ist denn mit dir los?“
„Ach vergiss es. Es ist nur so, das in letzter Zeit mir jeder für alles die Schuld gibt. Tut mir leid. - Drei Kinder zu haben, ist bestimmt Zeitaufwendig.“
„Und stressig. Die drei halten mich ganz schön auf Trab. Dann noch die ganzen Termine mit ihnen. Ich komme kaum noch dazu meinen Hobbys nachzugehen.“
„Kann ich dir nachfühlen. Schließlich habe ich auch drei Kinder.“
„Häh. Du hast doch nur zwei.“
„Zwei habe ich mit meinem Ersten gezeugt. Tut mir leid. Aber meine liebe Frau benimmt sich häufig wie ein kleines Kind, oder wie ein Teenager. Deshalb sage ich oft, das ich drei Kinder habe. Es ist anstrengend. Aber ich kann mir kein anderes Leben vorstellen. Ich liebe alle drei. Vor allem die Große.“
„Heiß, heute.“
„Ich auch. Das letzte mal...Achso, du meinst das Wetter. Sag das doch gleich. Ja, es ist verdammt heiß heute. Deshalb gibt’s auch große Gläser mit Wasser, anstatt Kleine. Und den Kaffee machen sie extrem dünn.“
„Du hast recht. Irgendwie ist der Kaffee heute sehr schwach.“
„Tja. Da können wir nur eines machen. Leise den Abgang. Es guckt grad keiner von denen. Also lass uns ganz normal aufstehen und gehen. So tun, als ob wir schon gezahlt haben. Ich werde dich auch in ein klimatisiertes Café einladen.“
Und so standen wir auf. Es war kein Art, was wir da taten. Aber der Kaffee war wirklich extrem dünn gewesen. Für das, was sie für eine Tasse verlangten, war es eine Frechheit. Ich war besseres von denen gewöhnt.
Nach dem Sandra R und ich uns so lange nicht gesehen hatten, wollten wir uns bei einer guten Tasse Kaffee ausführlich unterhalten. Und nicht bei einem Schälchen lauwarmen Wassers. Meine Ansprüche sind schon gering. Aber man muss jene nicht noch unterbieten. Das finde ich nicht fair.
Es war reiner Zufall gewesen. Eines Tages bog ich falsch ab, fand mich in einer kleinen Gasse wieder und sah jenes feine Café. Ich probierte es aus und war sofort begeistert. Fernab des Trubels. Klein gehalten. Ruhige Atmosphäre. Da konnte man sich wirklich in Ruhe unterhalten. Auch Sandra R war von dem Café beeindruckt.
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Als ich neulich mit meiner Frau schlief, musste ich plötzlich an Sandra R denken. Keine Ahnung warum. Sie kam mir einfach so in den Sinn. Ich fragte mich, wie es ihr und ihrem Kind, welches noch in ihrem molligwarmen Bäuchlein lag, ging. Schließlich hatte sie eine Risikogeburt. Lange Geschichte.
Wie lange ich an sie dachte, keine Ahnung. Muss schon reichlich lange gewesen sein. Und vorteilhaft war es auch. Denn dadurch brauchte ich länger und meine Frau hatte auch einmal was davon. Ich spürte ihre Zuckungen und hörte sie leise stöhnen. Selten. Sehr selten, dieses Ereignis. Wobei ich erwähnen müsste, das unser Beischlaf auch nur selten geschieht, da sie nie wirklich will. Aber egal. Kommen wir zu der anderen Dicken zurück.
Sandra r kannte ich erst seit etwa zwei Jahren. Dennoch dachte ich an sie, als würden wir uns schon viel länger kennen und hätten schon einiges gemeinsam durchgemacht. Sie ist schon ein liebes Frauchen, mit der man sehr viel Spaß haben kann. Aber nicht nur das. Schon oft hatte ich ernsthafte Probleme mit ihr besprochen. Sie ist ein Mädchen für alles. Und so, wie ich es mit jeder mache, mit der ich mich bombastisch verstand und mit der ich über alles reden konnte, ließ ich auch sie in Ruhe. Davon abgesehen war sie gar nie mein Typ gewesen. Aufs sexuelle bezogen. Freundschaftlich schon. Und ich kann von Glück sagen, das ich sie nie haben wollte. Denn ihr Ex ist ein Typ, der es gar nicht mag, wenn sie jemand anfasst. Sollte er es sehen, gibt es Haue. Eigentlich nur einen einzigen Schlag. Das reicht aus, um ein paar Tage im Krankenhaus zu liegen. Durch den Schlag bedingt, hat man einen völlig gebrochenen Kiefer und durchs fallen, eine Gehirnerschütterung, oder ähnliches.
Wie dem auch sei. Ich nahm mir fest vor, sie anzurufen und nach ihr zu fragen. Aber wie das Leben nun mal ist, man hat nie Zeit dazu. Da nervt die eigene Frau, weil sie wieder zu spät ins Bett ging und zu früh von den Kindern geweckt wurde. Da ist dieses und auch noch jenes. Und ehe man es sich versieht vergeht eine ganze Woche. Dann noch eine. Noch eine. Guck Guck, da ist das Kind schon da. Jedenfalls so ungefähr. Man kommt zu Nichts. So ein Tag vergeht meist viel zu schnell. Kaum aufgestanden, ist es schon wieder Zeit fürs Bett. Das Jahr hat gerade erst begonnen und schon ist wieder Weihnachten. Die Zeit rast immer mehr.
Irgendwie komme ich gerade vom Thema ab. Sandra R hat ja immer noch jenes Kindlein in ihrem Bäuchlein. Und so oft ich mir auch vornehme sie anzurufen, so oft kommt irgendwas dazwischen. Da dreht die Alte am Rad. Die Kinder werden schwer krank. Und obendrein gibt’s da noch einen Bekannten, der ständig irgendwas hat. Neulich wurde er operiert und seit dem gehe ich für ihn einkaufen und tue so, als würde ich ihm zuhören, wenn er von seinen Schmerzen redet. Er kennt eben nichts anderes. Und niemand anderes.
Es war Ende der Woche. Da fiel mir plötzlich ein; auch wenn ich es zeitlich geschafft hätte, mich bei ihr zu melden, ich habe gar nicht mehr ihre Nummer. Als ich meine neue Handykarte geschenkt bekommen hatte, habe ich völlig vergessen, die Telefonnummern, die in meinem alten Handy gespeichert waren, zu übernehmen. Also muss ich warten, bis ich sie zufällig einmal sehe. Und da werde ich sie auch ganz fest an mich drücken, damit sie weiß, das ich zu ihr stehe und für sie da bin. Das sie auf mich zählen kann. Oder ich werde es ihr einfach nur sagen, damit sie nicht auf falsche Gedanken kommt. Mal schauen, wie ich es machen werde. Vielleicht schreibe ich ihr auch nur eine Mail. Obwohl ich so was sehr unpersönlich finde. Ein netter Brief, per Post geschickt, finde ich viel schöner und es sichert zudem Arbeitsplätze. Obwohl, … heutzutage übernehmen Computer alles. Ist also egal, ob ich eine kostenlose Mail verschicke oder einen Brief, der mich Geld kostet. Da fällt mir ein, das meine Mutter bei der Post arbeitet. Ich kann sie nicht leiden, weil sie mich immer nieder macht und ständig nur lästert. Ich schreibe Sandra R eine Mail.
Keine Ahnung, was sie damals hatte. Wieder einmal, drehte sie am Sender. Manchmal frage ich mich ernsthaft, warum ich mir das immer wieder antue. Warum kann ich nicht einfach gehen und sie im Stich lassen? Nur wegen unseren Kindern? Damit jene nicht in eine andere Familie gesteckt werden? Ich darf sie nicht haben. Schließlich kann ich das Jugendamt nicht leiden und sagen es ihnen auch. Es gibt da so Kleinigkeiten, da stelle ich mich stur. Erstens: Sie kosten Geld. Zweitens: Wir hatten das damals auch nicht und wir leben immer noch. Sicherheit der Kinder geht vor. Ja, gut. Dann reagiert mal, wenn ihr erfahrt, das Kinder gefickt werden. Dies finde ich schlimmer, als fehlender Steckdosenschutz.
Ich war scheiße drauf und kannte nur eine Person, die Zeit für mich hatte. Sandra R. Wir beide waren ein super Team. Auf sie konnte man sich wenigstens verlassen. Okay, sie gehörte ja auch zu meinen Freundeskreis. Vielleicht lag es daran.
Ziellos stiefelten wir durch die Gegend und machten uns über andere lustig. Nicht, weil es uns Spaß machte und wir es für richtig hielten es zu tun. Es lenkte ab. Von den eigenen Sorgen und Lasten. Außerdem sprachen wir leise. So leise, das nur wir es verstehen konnten. Aber auf die Dauer war es langweilig. Lästern und hinter anderer Leute herziehen, war nicht unser Fall. Was Neues musste uns einfallen. Puff, fiel mir spontan ein. Aber das war nichts für sie. Oder doch?
Ich probierte es nicht aus. Stattdessen liefen wir einfach weiter. Redeten sinnlos daher. Dann gab ich ihr einen Klaps auf den Hintern und schob es auf den Typen, der gerade an ihr vorbeilief. Sie gab mir eine Kopfnuss und schob es auf niemanden. Auf wen sollte sie es auch schieben? War ja grad niemand in der Nähe.
Später trafen wir auf einen Bettler. Irgendwie hatten wir beide das Gefühl, das mit dem was nicht stimmt. Sandra R holte ihr Feuerzeug raus, zündete sich eine Zigarette an und schmiss sie ins offene Hemd, des Bettlers. Plötzlich hatte er wieder Beine, mit denen er laufen konnte. Sogar springen. Fand ich irgendwie lustig. Er aber nicht. Ganz im Gegenteil. Sandra R und ich mussten zusehen, schneller, als er, zu sein. Auch wenn wir keine Angst vor ihm hatten. Aber seine vielen Freunden, die plötzlich auftauchten, schüchterten uns doch ein wenig ein.
Fünfzehn lange Jahre lang hatte ich geraucht. Kein Sport getrieben. Das Adrenalin trieb mich voran. Ein geiles Zeug. Ich hatte mehr davon, als Sandra R. Vielleicht lag es auch daran, das ich weniger Masse in Bewegung setzen musste. Trotzdem schaffte sie es, den Ganoven zu entkommen. Hoffte ich, zumindest. Denn sie war nicht mehr bei mir. Nun musste ich mich entscheiden, was ich als nächstes tat. Nach ihr schauen, oder an mich denken.
Ich hatte irgendwie Hunger. Sandra R war stark und würde es schon alleine schaffen. Und wenn nicht... Es gibt noch so viele Frauen auf der Welt.
Das war ein Scherz. Ich hatte nur keine Lust, den Gangstern in die Arme zu laufen. Sandra R würden sie nichts tun. Sie war eine Frau. Die Meisten haben mehr Glück, als Verstand.
Ich sah sie völlig fertig, als ich mir gerade einen Burger reinschob. Lächelnd winkte ich ihr.
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Sandra R ist schon ein lustiges Völkchen. Ihr necke sie gern. Mir ist bewusst, das es da ein Sprichwort gibt: „Was sich neckt, das liebt sich.“ Aber nicht alles stimmt, was so behauptet wird. Wir beide sind uns einig, das wir nur Freunde sind und bleiben. Meinen Prachtkörper halte ich vor ihr bedeckt, damit sie nicht auf dumme Ideen kommt. Ich kenne sie ja nun schon ein Weilchen. Sie und ihre Gedanken.
Ich saß vor meinem Rechner. Hatte Langeweile. Meine Frau war irgendwo und die Kinder ebenso. Ich war allein. Ganz allein. Und ich genoss die Zeit. Vor allem die Ruhe. Dies begoss ich mit einem Bier. Und während ich es genoss, kam mir die Idee. Schocking. Wenn sie dies las, würde sie eine Weile sprachlos sein. Damit tat ich ihrem Freund einen riesigen Gefallen. Manchmal konnte sie viel reden. Zu viel.
Ich überlegte eine Weile, wie ich anfangen sollte. Gleich am Anfang schreiben, das sie meine Traumfrau ist und ich ohne sie nicht leben kann? Nee. Harmlos anfangen. Das war besser. Und dann langsam steigern. Immer darauf achten, höflich zu bleiben. Blieb nur noch die Frage, ob sie gleich herausfinden würde, das ich mir nur einen Spaß mit ihr erlaube. Blöd war sie nicht. Ich musste mir Mühe geben, das der Brief aufrichtig und ehrlich klang. Das sie mir wirklich abkaufte, das ich mich in sie verliebt habe. Ich ohne sie nicht mehr leben kann. Sie mein ein und alles ist.
Schier eine Ewigkeit starrte ich auf den Bildschirm. Der Cursor blinkte unaufhörlich und ich war wie hypnotisiert. Und da muss es geschehen sein. Denn als ich aufwachte, hatte ich zwei ganze Seiten vollgeschrieben. Ich überflog es kurz. Es klang gar nicht so übel. Also ich hätte es mir selbst abgenommen. Und das, obwohl ich wusste, das kein Wort davon wahr war.
Tagelang hörte ich nichts von ihr. Hatte sie meinen Brief überhaupt bekommen? Immer wieder griff ich zum Telefon, wählte ihre Nummer und legte sofort wieder auf. Ich konnte sie nicht anrufen. Wenn ich dies tat, würde sie wirklich glauben, das ich in sie verknallt war. Aber andererseits... Irgendwann musste ich sie auch mal darüber aufklären. Das alles nur ein Spaß war. Notfalls würde ich es auf den Suff schieben. Sie wusste, das ich gern mal ein Bierchen trinke und es auch schon mal vorkam, das es ein Bier zu viel wurde.
Es kam alles anders, als ich dachte. So überzeugend auch mein Brief klang, sie glaubte kein Wort davon. Dafür aber ihr Freund und Lebensgefährte. Ich kannte ihn nicht gut. Einmal gesehen und nie wieder. Das war der Grund... Sandra R kannte mich eben zu gut. Ich konnte machen, was ich wollte. Sie wusste, wann ich die Wahrheit sprach. Im Gegensatz zu ihrem Freund. Der hatte diesen Brief auch gelesen und dachte nun, das ich ihm seine Freundin ausspannen wollte.
Ich möchte an dieser Stelle nichts beschreiben. Nur so viel: Es war schockierend zu hören, was er für Worte kannte. So was würde ich nie und nimmer in meine Hände nehmen, geschweige denn in meinen Mund. Und es war purer Zufall, das mich seine Faust nicht traf. Denn ich musste mich bücken. Als ich wieder hochkam, traf ich mit meinem Kopf sein Kinn. Ich hörte es leicht knirschen. Dann testete ich, wie schnell ich wirklich laufen konnte.
Ich sah ihn nie wieder. Und Sandra R durfte mich eine ganze Weile nicht sehen, obwohl sie ihn über alles aufgeklärt hatte. Aber sie lässt sich nicht vorschreiben, wann sie wen sah. Wir redeten oft über diesen Brief und seine Reaktion. Sie gab auch zu, das sie im ersten Augenblick ein wenig dran geglaubt hatte.
In der Zwischenzeit ist viel Zeit vergangen. Sie hat einen Neuen. Wir mussten uns kennenlernen. Fanden uns ganz sympathisch. Sandra R muss darunter leiden. Den nun war ich nicht allein.
Es ist schon komisch. Wenn ich mich mit Sandra R treffe, kommen wir meist auf das Thema Sex. Ganz egal über was wir eigentlich reden. Irgendwie kommen wir immer wieder auf das eine Thema. Muss wohl an ihr liegen. Denn bei Katrin R und Katja P passiert mir das nie. Ach ja, meine drei Lieblingsdamen. Jede ist anders. Ganz anders, als die andere und völlig anders, als meine Göttergattin. Kunststück. Okay, bei der Familie und Vergangenheit, kann man nichts anderes erwarten, auch wenn sie sich von denen teilweise extrem abhebt.
Denke ich an Katja P, fühle ich mich sicher und geborgen. Gott konnte mir keinen besseren Schutzengel geben. Wie konnte ich nur all die Jahre ohne sie leben? Vor so vielen Gefahren hatte sie mich bewahrt. Wie viele Stunden verbrachten wir auf unserer Parkbank. Saßen einfach nur da und schwiegen. Dennoch fühlte ich mich hinterher viel besser. Ich bin kein Mensch, der stets und ständig reden muss. Taten sprechen oft mehr, als tausend Worte. Katja P weiß es und handelt auch danach. Ihre bloße Anwesenheit ist oftmals hilfreicher, als ein gutgemeinter Rat, oder eine endlos lange Rede.
Katrin R ist schon ein ganz liebes Frauchen. Während alle anderen gingen, hielt sie mir die Treue. Und das bis heute. Auch wenn wir keinen regelmäßigen Kontakt miteinander haben, denken wir oft an uns. Wenn wir mal Zeit finden, uns zu treffen, kann ich nur zuhören. Sie gehört zu denjenigen, die gerne reden. Ihr ist bewusst, wie sie ist. Aber abschalten kann und will sie es nicht. Mich stört es nicht. Ich habe mich daran gewöhnt. Ab und zu lässt sie mich ja auch mal zu Wort kommen.
Wir haben eines gemeinsam. Unsere Beziehungen sind nicht normal. Wir gehen auseinander und kommen wieder zusammen. Sie mit ihrem Partner und ich mit meine Gattin. Nur mit dem Unterschied, das meine Frau und ich nie ganz und vollkommen auseinander waren. Es wurde zwar erwähnt, aber nie ganz durchgezogen.
Als ich neulich Sandra R traf, unterhielten wir uns über meine Ehe. Sie hängt sich da nicht rein. Was vor allem daran lag, das sie nicht durchblickte und sie ganz genau wusste, das meine Angebetete nicht wusste, was sie wollte. Heute so, morgen so. Es war belastend. Aber andererseits hing immer Spannung in der Luft. Wie ist sie heute drauf? Darf ich sie besteigen, oder muss ich bei mir schlafen? Und da waren wir wieder bei dem Thema.
„Ich glaube, sie hat an jemand anderes gedacht, während wir ganz lieb zu einander waren. Sie hatte mir nicht wehgetan. Weder gebissen, noch sonstwas. Okay, ich freute mich darüber. Und um ehrlich zu sein, dachte ich auch an jemand anderes. An meine Oma.“
„Hä? An deine Oma?“
„Ja. Ich denke oft an sie. Meist kommt sie mir in den Sinn, wenn es mir gar nicht passt. So wie gestern Nacht. Der Vorteil war, das ich mal länger brauchte, als zehn Sekunden. Nämlich ganze elf...Minuten.“
„Aha.“
„Ich bin ein fixes Bürschlein. Kann auch nix dafür. Ganz egal, wie viel Mühe ich mir auch gebe – stets bin ich der Erste. Komm, gib Pfötchen. Wir gehen jetzt in einen Pornoladen und du suchst mir was raus. Ich weiß doch, das du dich mit so was bestens auskennst.“
„Wie kommst du darauf?“
„Ich bestimme es einfach. - Komm.“
Ich hielt sie in meinen Armen. So hatte ich sie noch nie gesehen. Mir kamen beinahe selbst die Tränen. Ich war dabei gewesen. Bin Zeuge des Geschehens. Diesen Tag werde ich nie vergessen. Ist es möglich, das sie meine wahre Schwester ist? Ich habe mit ihr mehr gemein, als mit meiner Eigenen. Es ist, wie mit Papa Uwe. Wie kommt es, das ich mit meiner eigenen Familie nicht so viele Gemeinsamkeiten habe? Ich fühle mich nicht dazugehörig, da wir irgendwie zu verschieden sind. Und seit dem meine Schwester in einem anderen Land arbeitet und lebt, kommt sie mir wie eine Fremde vor.
Aber zurück zu Sandra R. Eine starke Frau, die weiß was sie will. Die ihr Maul aufreißt, wenn es sein muss. Jene Frau, die sich nichts gefallen lässt und die, erhobenen Hauptes, in jeden Kampf zieht. Das gefällt mir so an ihr. Sie lässt sich nicht unterkriegen. Und dumm ist sie auch nicht.
Ich kam unangemeldet und unpassend zu ihr. Dennoch gewährte sie mir Einlass. Als erstes machte ich eine Bemerkung über ihren dicken Bauch. Auch wenn ich mir vorgenommen hatte, ausnahmsweise nett zu ihr zu sein. Aber ich kann es einfach nicht lassen. Natürlich wusste ich, das sie schwanger war. D sich Zellen in ihr teilen, bis ein Kind entsteht. Als ob es nicht schon genug Erdenbürger auf de Welt gibt.
Die Kinder versteckten sich vor mir. Ich durfte sie suchen, fangen und mit ihnen spielen. Sandra R bereitete sich auf das kommende Gespräch vor. Das Jugendamt stattete ihr einen Besuch ab. Dies erfuhr ich so nebenbei. Sie bat mich daher, mich zu verkrümeln. Kein Problem. Aber ich wollte auch dabei sein. Daher versteckte ich mich hinter einer Gardine. Selbst dem dümmsten hätte es auffallen müssen, das sich da jemand versteckte. Die Tanten vom Jugendamt sahen es nicht. Um so besser.
Es war ein interessantes Gespräch gewesen. Vieles kam mir bekannt vor. Da frage ich mich ernsthaft, ob die noch ganz knusper sind. Ich möchte nicht ins Detail gehen. Nur so viel. Sandra R schlug sich wacker und ließ sich nicht unterkriegen. Sie zeigte, das man mit ihr nicht alles machen konnte. Und ich versuchte, nicht die Beherrschung zu verlieren. Am liebsten wäre ich vorgetreten und hätte meine Meinung geäußert. Aber nicht mit Worten. Sie gingen nicht nur Sandra R auf den Sack, sondern auch mir und meiner Frau. Fünf Minuten reichen ihnen, um sich ein Urteil zu bilden, über die Kinder und die Eltern. Warum haben wir solche Idioten? Wenn ich da an ein paar Bekannte denke...Hauptsache es ist genug zu Essen im Kühlschrank. Alles andere interessiert nicht. Bei uns sind sie penibel. Über jedes Staubkorn wird sich aufgeregt.
Nach reichlich langer Zeit, gingen sie endlich ihrer Wege. Ich kroch aus meinem Versteck und streckte ihnen meinen Mittelfinger entgegen. Sie sahen es ja nicht mehr. Dann wurde es Zeit die Kinder ins Bett zu bringen. Zu zweit war es kein Problem. Danach herrschte Ruhe. Warum ich ursprünglich zu ihr kam, wusste ich nicht mehr. Wahrscheinlich hatte ich nur Langeweile. Oder meine Dame hatte mich wieder mal rausgeschmissen.
Kaum hatten wir uns aufs Sofa gesetzt, fing sie an zu weinen. Gentleman, wie ich war, nahm ich sie in meine Arme und ließ sie spüren, das ich für sie da bin. Nachdem, was war, konnte ich verstehen, das ihre Tränen flossen. Mich wunderte es nur, das es nicht schon eher anfing. Sie wusste eben, wann sie es machen konnte.
Sandra R fing sich ziemlich schnell. Atmete tief durch und entschuldigte sich für ihren Gefühlsausbruch. Ich winkte nur ab. Eigentlich wollte ich gehen, aber ich blieb dennoch und wir unterhielten uns. Es war ein langes Gespräch. Wir regten uns über die geistige Verwirrtheit der Mitarbeiter vom Jugendamt auf. Redeten über uns und unsere Probleme. Danach, es war schon spät, lief ich nach Hause und kroch unter die angewärmte Bettdecke. Doch meine liebe Gattin hatte keine Lust sich zu bewegen. Auf „Do it yourself“ hatte ich keine Lust. Also schloss ich meine Augen und wartete auf den Sandmann.
Meine Sandra R ist schon ein Schnuckelchen. Es macht mir immer wieder Spaß sie zu necken. Mir ist bewusst, das es heißt: „Was sich neckt, das liebt sich.“ Wir lieben uns auch. Nur auf eine andere Art und Weise. Freundschaftlich. Ohne Sex und was dazu gehört.
Neulich war ich mit Papa Uwe unterwegs gewesen. Eigentlich wollten wir uns Geld verdienen. Bei ihm hat es geklappt. Nur ich war, wieder einmal, der Leidtragende. Es konnte auch nicht gut gehen. Es waren zu wenig Menschen dagewesen. Und im Sprechzimmer saß eine neue Ärztin. Wo war die andere? Die, die immer so nett war. Wo sich Papa Uwe stets fragte, warum er immer so schnell wieder draußen war und andere so lange bei ihr saßen. Nun, ich unterhielt mich mit ihr. Sie fing mit irgendwas an und schon waren wir mitten in einer Unterhaltung. Manchmal begann auch ich die Gesprächsrunde. Die Ärztin hatte mir gefallen. Bei Kleinigkeiten hatte sie auch mal ein Auge zugedrückt. Sie wusste eben, das ich das Geld brauchte. Aber die Neue gab mir gleich mal acht Wochen Sperre. Und dies nur, weil meine Eisenwerte etwas zu niedrig waren. Eine Woche hätte vollkommen gereicht. Fand auch Papa Uwe. Es war ja das erste mal gewesen, das meine Werte so niedrig waren. Normalerweise waren sie immer ziemlich hoch. Wegen einmal...
Naja. Ich wollte nicht diskutieren. Nahm die Tabletten entgegen und wartete auf Papa Uwe. Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht wirklich Lust gehabt zum Blut spenden. Mir ging es nur um die zwanzig Euro. Immerhin. Bei Norma bekommt man dafür zwei Kästen Bier und kriegt sogar noch was raus.
Wir machten einen Spaziergang. Die Luft war feucht, aber angenehm. Nicht zu kalt und kein Wind. Dennoch kein Wetter, um draußen ein Bier zu trinken. So abgehärtet waren wir noch nicht. Und während unseres Spazierganges, trafen wir, rein zufällig, Sandra R mit ihren zwei Kindern. Das eine männlich. Und das andere weiblich. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie sie mich immer Papa gerufen hatten. Mein Fräulein Frau und Gattin rief mich immer so. Wegen unseren beiden Kindern. Mich hatte es nie gestört. Aber es gab damals Väter, die wurden richtig wüterich und fragten immer wieder ihre Kinder, wer den ihr Papa sei. Besonders der Eine, der nicht der Erzeuger gewesen war und nicht oft anwesend sein konnte, weil er weiter weg wohnte und arbeitete. Ich hielt mich da raus.
Sandra R sah ziemlich zufrieden aus. Wir sahen uns. Gingen aufeinander zu. Begrüßten uns. Quatschten los. Zuvor stellte ich noch meinen Anhang vor.
„Das ist Papa Uwe. Er ist stolz darauf Jungfrau zu sein.“
Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, das sie wieder nur an die eine Sache dachte. Deshalb gab ich ihr den Hinweis, das es dies auch als Sternzeichen gab. Und das ich dies gemeint hatte.
„Du bist...“, fing sie an.
„Was bin ich?“
„Vergiss es.“
Ich wollte es wissen. Hatte aber keine Lust auf das Hin und Her. Also ließ ich es bleiben.
Ich betrachtete ihr Bäuchlein. Vor gar nicht all zu langer Zeit war er noch konkav gewesen. Nur war er stark konvex. Die Speiseröhre wäre die bessere Wahl gewesen. Nicht so auffällig. Und nicht so kalorienreich. Wie sie wohl reagieren würde, wenn ich es ihr ins Gesicht sage? Ich denke, ich lass es lieber bleiben. Sie ist die stärkere von uns beiden. Und wenn sie es meiner Frau erzählt, bin ich platter, als Blattgold. Deshalb sagte ich zu ihr:
„Ich hab dich lieb.“
Dann entschwand ich und ließ sie einfach stehen.
Neulich traf ich Sandra R wieder. Ein nettes Frauchen. Hatte ein wenig zugenommen. Letztens war sie Gertenschlank. Nun sah sie rundlich aus. Stramm. Beinahe hätte ich ihr einen Klaps auf ihren Hintern gegeben, weil ich, für einen Augenblick, dachte, es wäre meine Frau. Der A... sah so breit aus. Doch die werte Gattin beliebte an einem anderen Ort zu verweilen. Inklusive Kinder.
Wir unterhielten uns ganz nett. Ziemlich persönlich und ernst. Ein wenig ungewohnt. Aber nur von kurzer Dauer. Denn trotz allem, hatte sie sich ihren Sinn für Humor bewahrt. Ich wäre auch schwer enttäuscht gewesen und hätte mir die übelsten Gedanken um sie gemacht, wenn sie jenen Sinn verloren hätte. Denn dann wäre es nicht mehr meine Sandra R gewesen. Sie verstand wenigstens Spaß.
„Nochmal ganz langsam für Dumme und langsame Schreiber. Dein Typ, der eigentlich ganz sympathisch war, hat dich sitzen lassen. Du bist schwanger von ihm und willst jenes Kind behalten, mit dem Wissen, du könntest dabei krachen gehen. Dir ist hoffentlich bewusst, das du noch zwei andere Kinder hast, denen es nicht gefallen würde, wenn du plötzlich bei den Engeln Harfe spielst. Ganz davon abgesehen, das du gar nicht Harfe spielen kannst.“
„Der Typ, hat sogar noch drei andere Frauen geschwängert. In der Zeit.“
„Mh. Also, ich hätte dich nicht sitzen lassen. Du bist jung, du kannst stehen.“
„Scherzkeks.“
Plötzlich bekam ich Appetit auf Kekse. Aber woher nehmen? In meinem Geldbeutel herrschte Ebbe. Abgrundtiefe Leere. Da musste ich mich wohl bei ihr einladen. Doch dies ging nicht. Es war spät geworden und ich musste nach Hause. Meine Frau kam bald und verlangte Abendessen. Nicht das ich Angst vor ihr hätte. Sie wusste eben nur, ihren Körper gegen mich einzusetzen.
„Demnächst werde ich auch umziehen. Ich kann das Neue ja nicht bei meinen beiden Kindern schlafen lassen. Das würde vierundzwanzig Stunden Party bedeuten. Um Gottes Willen. Werde aber in der Gegend bleiben. Da hinter will ich ziehen. Nächste Woche schaue ich mir die erste Wohnung an.“
„Ist dir schon aufgefallen, das es da hinten dunkel ist? Willst du wirklich da hinziehen? Außerdem bist du dann noch weiter weg, als jetzt und dann komme ich dich noch weniger besuchen.“
„Soll mir recht sein. Dein letzter Pups hängt immer noch in meiner Wohnung.“
Ein Hauch Feuchtigkeit hing in der Luft. Langsam, aber sicher, wurde es sehr unangenehm. Es begann zu regnen und wir entschlossen uns, nach Hause zu gehen. Jeder in seine Richtung. Sie fing an. Ich schaute ihr eine Weile nach. Beobachtete, wie ihre Backen hin und her schwangen. Dabei fing sie gerade erst an, schwanger zu sein. Was sollte das nur für ein Hintern werden.
Ich entschloss mich Speckwürfel auszulassen und ein paar Eier ran zu hauen. Keine Ahnung, wie ich darauf kam. Plötzlich hatte ich Appetit auf Schinkenspeck. Weich musste er sein. Nicht knusprig. Und vorher schön klopfen. Wie bei einem schönen Schnitzel. Es heißt ja auch: 'Schinkenklopfen'
Meine Gattin fand es auch nicht nett von ihm, das er Sandra R einfach so sitzen ließ. Unreif, nannte sie ihn. Aber nur, weil unsere Kinder in Hörweite waren.
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Wir fuhren mit der Straßenbahn. Sandra R. durfte stehen, während ich gemütlich dasaß und aus dem Fenster schaute. Wir wollten eine Shoppingtour machen. Jeden Laden wollten wir mitnehmen. Reingehen, umschauen und wieder raus. Auch wenn wir schon etliche Jahre in dieser Stadt wohnten, kannten wir noch nicht alle Geschäfte. Es veränderte sich auch alles stetig. Nicht jede Neueröffnung bekamen wir mit. Und auch nicht jede Schließung.
Weihnachten stand vor der Tür. Schreckliche Zeit. Die Läden überfüllt und niemand nahm Rücksicht. Es wurde eingekauft, als ob es Morgen nichts mehr geben würde. Ich hatte schon vorgesorgt. Getränke und lange haltbare Lebensmittel lagerten schon längst in meiner Küche. Es fehlten höchsten ein paar Kleinigkeiten des täglichen Bedarfs. Leider darf ich mich, auch wenn ich nur ein bis zwei Dinge habe, auch hinten anstellen und warten. Niemand lässt einen vor. Zumindest die große Mehrheit nicht.
Wohin wir wollten, wussten wir selber nicht so recht. Wir wollten uns von unserem Gefühl leiten lassen. Wenn unser Gefühl uns sagte, das wir aussteigen sollen, würden wir es tun. Mindestens eine halbe Stunde fuhren wir schon durch unsere Heimatstadt. Nirgends passte es uns. Entweder war es zu bekannt, oder sah Kacke aus. Langsam bekam ich das Gefühl, wir würden nie ankommen. Ei Geschenk hatte ich zwar schon für meine selige Gattin. Aber es sah nicht besonders aus. Es war ein schönes Kissen. Und da es fleckig gewesen war, hatten sie es drastisch heruntergesetzt. Ich wollte es schon lange waschen, aber immer wieder vergaß ich, es mit in die Waschmaschine zu tun. In letzter Zeit fiel eh zu viel Wäsche an. Keine Ahnung, woher meine Frau sie nahm.
Eine ältere Dame stieg ein. Ihr Blick verriet ihren Charakter. Garstig. Ein richtiges Biest. In einem sehr unfreundlichen Ton, verlangte sie von mir, das ich für sie Platz mache. Normalerweise täte ich dies ohne zu murren, zu klagen, oder ähnliches. Nicht in diesem Fall. Ich griff in meine Tasche, holte ein Geldstück heraus und warf es auf den Boden. Warum? Ich weiß es bis heute nicht. Aber die Reaktion, der alten Dame, war sehr interessant. Blitzschnell warf sie sich auf mein Geldstück. In diesem Augenblick war sie eine achtzig, sondern zwanzig. So was hatte ich noch nie gesehen. Auch alle anderen Fahrgäste wunderten sich darüber. Plötzlich brauchte sie keinen Stock mehr. Jetzt konnte sie machen und sagen, was sie wollte. Nun blieb ich sitzen. Zur Verstärkung zerrte ich Sandra R. auf meinen Schoß. Zugegeben, sie war schwer. Aber meine heiligste Göttergattin hatte da mehr zu bieten.
Wir mussten nicht lange warten. Schon zwei Haltestellen weiter stieg sie aus, da ihr niemand einen Sitzplatz geben wollte. Wenn Blicke töten könnten, wären wir alle tot gewesen. Und fluchen konnte sie. Ihre Schimpfworte waren gewaltig. Wenn man glaubte, das die heutige Jugend schlimme Wörter kannte...Okay, sie hatte auch viel Zeit gehabt, welche zu lernen. Der sich welche auszudenken.
Wir stiegen dann auch aus. Sandra R. hatte mir auf die Blase gedrückt und nun musste ich ganz dringend. Zum Glück waren einige Geschäfte zu sehen. Nun konnte ich nur noch hoffen, das ich auch ein Klo fand, denn weder Bäume, Büsche und Hecken waren zu sehen. Auch keine Mauer. Nirgends ein Fleckchen, wo ich hinmachen konnte. Da beneidete ich meinen alten Herrn. Der hatte Katheder. Auf Dauer war es zwar lästig und teuer. Aber in solchen Momenten ganz praktisch.
Kurz vorm Explodieren fand ich doch noch ein Klo. Ganz entspannt ließ ich es fließen. Sandra R. durfte draußen warten. Lange warten.
Dabei begann alles ganz harmlos. Sandra R wollte eine kleine Party veranstalten. Meine Gattin nahm ihre Kinder und ich wollte nur kurz vorbeischauen. Aber dann kam alles anders. Ich blieb länger, als ich ursprünglich wollte. Manchmal glaube ich ja, das alles, was ich tue, irgendwie einen Sinn hat. Wenn nicht sofort, dann eben für später. Nicht nur einmal war es so gewesen, das ich etwas tat, was ich nicht wollte und sich später herausstellte, das ich das Richtige getan habe. Schon seltsam.
Ehe ich es mich versah, waren drei Stunden vergangen. Ich saß auf einem Sessel und nippte immer noch an meinem ersten Bier. Wahrscheinlich lag es daran, das ich meiner Frau versprochen hatte, das ich nicht so viel trinken werde. Klappt nicht immer so, wie man es will. Aber diesmal haute es hin.
Unerwarteterweise passierte etwas unvorhergesehenes. Sandra R stand auf, kletterte auf den Tisch und fing an zu tanzen und sang dabei mit. Ich ahnte, was jetzt geschehen würde. War mir dessen aber nicht ganz sicher. Es hätte auch sein können, das ich mich irrte. Wie sehr wünschte ich mir, das ich ich geirrt hätte.
Ein Schuh flog durch die Luft und hätte beinahe einen der Gäste getroffen. Der nächste Schuh flog durchs offene Fenster. Zehn Etagen tief. Bis dahin fand ich es auch ganz lustig. Blieb ruhig sitzen und schaute einfach nur zu. Mit Hummeln im Arsch, weil ich schon längst bei meiner Angetrauten sein wollte. Hoffentlich machten die Kinder nicht so viel Unsinn, dachte ich.
Sie streckte jedem ihren Hintern entgegen und ließ einen tiefen Einblick in ihren Ausschnitt gewähren. Ich überlegte, wie ich meine Gattin dazu bringen könnte, das sie für mich auf den Tisch tanzt und sich dabei auszieht. Aber ich wusste zu genau, das sie dies nie machen würde. Naja, davon geht die Welt auch nicht unter.
Die Natur rief. Und ich hatte die Flasche endlich leer. Nun konnte ich mir überlegen, ob ich mir noch eine zweite Flasche gönne, oder mich nach Hause begebe. Aber vorerst musste ich mich erstmal entleeren. Es war dringend.
Als ich zurückkam, war sich halb nackt. Nur noch Spitzenunterwäsche bedeckte ihren Körper. Ich kann nicht behaupten, dass mich der Anblick kalt ließ. Dennoch musste ich jetzt handeln. Ich konnte nicht zulassen, das sie sich vollkommen zur Schau stellte. Spätestens wenn sie wieder nüchtern war, würde sie sich dafür schämen. Schon jetzt war sie zu weit gegangen. Und mein Gefühl sagte mir, dass sie sich nicht im Klaren war, was sie tat. Ich war mir auch ziemlich sicher, das es nicht am Alkohol lag. Einmal hatte ich sie betrunken gesehen. Sie war lustig, aber nicht freizügig. Und sie hatte sich unter Kontrolle gehabt.
Adrenalin half mir, um sie auf meine Schulter zu heben. Sie war eben dabei gewesen ihren BH zu öffnen. Glücklicherweise hatte sie Probleme mit dem Verschluss. So konnte ich sie gerade noch rechtzeitig davor bewahren, noch mehr zu zeigen, als sie eh schon sehen sollten.
Sie war schwer und ich die Spaßbremse. Aber das war mir egal. Ich schleppte sie in ihr Schlafzimmer und ließ sie auf ihr Bett fallen. Danach auch mich. Nach einer kurzen Verschnaufpause hielt ich es für angebracht, die Party zu beenden. Da niemand auf mich hören würde, rief ich die Polizei. Die sollten dies für mich erledigen. Und auch gleichzeitig nach den Drogen suchen. Ich war mir sehr sicher, das da welche im Spiel waren. Das irgendjemand ihr welche untergejubelt hatte. Und um mir ganz sicher zu sein, das es daran lag, rief ich noch einen Arzt, der sie untersuchte und ihr Blut abnahm.
Um es kurz zu machen: Ich hatte Recht und der Schuldige wurde mitgenommen. Die Nacht verbrachte ich, mit der Erlaubnis meiner Frau, an der Seite von Sandra R. Ich wollte mir sicher sein, das sie keinen Blödsinn baut, sondern einfach nur schläft.
Am folgenden Morgen erzählte ich ihr alles, weil sie keine Erinnerung daran hatte. Erschrocken sah sie dann zuerst mich und dann sich an. Ich wusste, was sie dachte. Und konnte es verstehen.
Als ich am Gehen war, konnte ich es einfach nicht lassen. Ich drehte mich zu ihr um und fragte:
„Privatvorstellung heute Abend bei mir? So gegen acht?“
Ein Kopfkissen traf mich beinahe im Gesicht. Ihr Lächeln ließ mich wissen, ihr ging es gut.
Gesenkter Blick. Eine Blume in der Hand. So stand ich vor ihr. Mir war bewusst, das ich einen riesigen Fehler gemacht habe. Einen verdammt großen Fehler. Unverzeihlich. Dennoch sollte Sandra R wissen, das es mir aufrichtig leid tat.
Ich könnte bei irgendwelchen Menschen die Schuld suchen. Wäre aber Blödsinn. Denn es war alleine meine Schuld. Komplett. Ich allein habe es getan. Wie bezeichnet man gleich Personen, die...ach ja, Vollidioten. Stimmt haargenau. Trifft voll auf mich zu. Ich könnte mich selbst in den Arsch beißen.
Es war ein ganz gewöhnlicher Tag. Wie immer, saß ich bei mir zu Hause und hatte den ganzen Tag vor mir. Grübelte, was ich mit dem Tag anfangen könnte. Mir fiel nichts ein. Daher trank ich gemütlich meinen Kaffee und spielte an meinem Rechner. Die Zeit verstrich und ich bekam Appetit auf ein schönes Bierchen. In der Zwischenzeit war es schon Mittag gewesen und ich hatte, nebenbei, einen fünferpack Brötchen gefuttert. Die würden bestimmt den Alkohol aufsaugen, dachte ich mir. Und so trank ich mein erstes Bier gegen zwölf Uhr dreiundzwanzig und siebzehn Sekunden. So weit, so gut.
Nach dem ich das erste Bier intus hatte, wollte ich mir noch eines genehmigen. Und dies tat ich auch. War ja keiner da, der mich davon abhielt. Also, rein damit. Der Appetit war da und wollte gestillt werden. So weit kein Problem. Im Durchschnitt höre ich nach dem dritten Bier auf. Schließlich will ich nicht besoffen sein. Ich mag es nicht, wenn meine Zunge schwer ist und ich nicht mehr geradeaus gehen kann. Am schlimmsten finde ich, wenn sich alles dreht, wenn ich meine Augen schließe. Daher achte ich auch darauf, wie viel ich trinke. Normalerweise, jedenfalls.
An diesem Tag trank ich ein wenig mehr. Leistete mir sogar ein paar Bierchen auf dem Freisitz. Das Wetter war traumhaft und ich durstig. Auch wenn ich alleine dasaß, war mir nicht langweilig. Ich war auch nicht einsam. Mir ging es gut. Bis...
Es war schon Nachmittag gewesen. Ein paar junge Burschen setzten sich in meine Nähe. Anfangs war nichts. Sie blieben unter sich. Ranken Bier und rauchten. Mich störte es ein wenig, weil der Rauch, teilweise, zu mir herüberzog. Vor einigen Jahren hatte ich aufgehört und war stolz darauf, nach X-Jahren und Versuchen, es endlich geschafft zu haben. Ich hatte kein Verlangen danach. Ganz im Gegenteil. Ich vermied Raucher, da mir von dem Geruch übel wurde.
Der Rauch roh nicht normal, aber bekannt. Erinnerte mich an vergangene Zeiten. Da war ich noch jung und unschuldig gewesen. Und schön blöd. Fing an zu saufen, zu rauchen und zu kiffen. Man muss ja unbedingt alles ausprobieren.
Auch an diesem Tag genoss ich die berauschende Wirkung, von irgendwas und Bier. Ich wurde gefragt, ob ich mal daran ziehen will und ich sagte „Ja“. So blöd kann auch nur ich sein. Und so fing alles an. Bekifft und besoffen ging ich zu Sandra R. So ein liebes Frauchen. Eine meiner liebsten Freundinnen. Warum konnte ich nicht einfach nach Hause gehen und meinen Rausch ausschlafen?
Leider habe ich die ganze Sache, bis heute, nicht vergessen. Alles ist ganz klar gespeichert worden. Ich stand vor ihrer Tür, klingelte, wartete. Als sie aufmachte, griff ich ihr an den Arsch und sagte nur ein Wort zu ihr: „Ficken.“
Die Ohrfeige saß und tat weh. Die Tür war auch sehr schnell zu. Ich stand noch lange davor und dachte an nichts. Bekam auch nichts mit. Oder ich habe einen Filmriss. Irgendwann stiefelte ich jedenfalls nach Hause und legte mich endlich ins Bett. Am folgenden Morgen hoffte ich, das alles nur ein Traum war. Doch eine SMS sagte mir, das ich es nicht geträumt hatte.
Nun stand ich vor ihrer Tür. Eine Blume in der Hand. Ich schämte ich abgrundtief.
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Ich konnte nicht mehr. War fertig, mit der Welt. Aus heiterem Himmel hatte sie mit mir Schluss gemacht. Warum sie es getan hatte, wusste ich nicht. Von ihr hatte ich nur erfahren, das sie eine schlaflose Nacht gehabt und über unsere Ehe nachgedacht hatte. Sie kam zu dem Schluss, das sie keinen Sinn mehr darin sah. Und noch etwas erfuhr ich, sie hatte nur nach meinen Fehlern und Fehlverhalten gesucht. Mit keiner Silbe dachte sie daran, das es womöglich an ihr lag, das das ganze nicht funktionierte. Schließlich war sie stets jedem Gespräch ausgewichen, das ich mit ihr führen wollte. War stets abgehauen und kam erst im Dunkeln wieder. Tag für Tag. Wahrscheinlich hatte sie gehofft, das Gras darüber wachsen würde. Aber stattdessen hatte sie es dadurch noch schlimmer gemacht. Die Probleme häuften sich und wurden nicht geklärt. Und dies ist nur ein Grund, was ich an ihr bemängele.
Zum Glück hatte ich schon eine eigene Wohnung gehabt. Eine Sorge weniger. Aber was sollte ich mit mir anfangen? Ich war es gewöhnt Frau und Kinder um mich zu haben. Für sie zu sorgen und da zu sein, wann immer ich gebraucht wurde. Sandra R musste her. Sie war die einzigste Freundin, die ich zu dem Zeitpunkt noch hatte. Auf sie war Verlass. Ein kurzer Anruf und wenige Minuten später standen wir uns gegenüber. Am liebsten hätte ich geheult und wir ihr um den Hals gefallen. Aber die Peinlichkeit wollte ich mir ersparen. Stattdessen gab ich ihr meine Hand und lächelte ihr freundlich zu. Und nun?
Wir gingen spazieren. Schweigend. Ich wollte ihr nicht die Ohren volljammern. Und an was anderes denken, konnte ich auch nicht. Ich gab mir die größte Mühe, ihr Bild aus meinem Kopf zu verdrängen. Aber ich war schwach. So fühlte es sich also an, wenn man ein Mädchen war. Kein schönes Gefühl.
Wir liefen durch den Park. An der Bank vorbei, wo ich oft mit Katja P saß. Meinen geliebten Schutzengel. Zugegeben, seit dem sie mein Schutzengel ist, sehe ich sie häufiger. Aber als Mensch war sie mir doch lieber. Man konnte viel mehr miteinander machen, außer reden.
Sandra R wusste nichts von ihr. Habe ihr nie von ihr erzählt. Sie würde mir so wie so nicht glauben. Jedenfalls glaube ich das. Bevor Katja P mein Schutzengel wurde, habe ich ja auch nicht an so was geglaubt.
Wenigstens war es angenehm warm. Mich störte nur, das es stellenweise kühl war und an anderen Stellen sehr warm. Es wechselte sich ständig ab. Wenn sich da nicht eine Krankheit anbahnen tut, dachte ich. Und ich war froh darüber. Denn nun hatte ich etwas anderes im Kopf und ein Thema, worüber ich mit Sandra R reden konnte. Aber ihr fiel es nicht weiter auf. Anscheinend reagierte ich ein wenig empfindlich. Wurde ich jetzt zu einem Mädchen? Zuerst dieses hilflose, schwache Gefühl und nun dieses. Ich mutierte zu einem Mädchen. Nun konnte ich nur noch hoffen, das ich wenigstens ein hübsches Mädchen werden würde.
Der Tag neigte sich dem Ende zu. Sandra r musste langsam nach Hause. Sie hatte ja ihre Kinder noch. Und sie hatte einen Grund nach Hause zu gehen. Im Gegensatz zu mir.
„Kommst noch ein bisschen zu mir?“
Ich überlegte nicht. Sagte spontan Ja. So hatte ich noch ein wenig Ablenkung, bevor ich in meine leere Wohnung zurück musste.
Schon seltsam, was einem, im Laufe der Zeit, in Fleisch und Blut übergeht. Kaum hatten wir ihre Wohnung betreten, hörten wir ihre Kinder. Eine Sekunde später war ich in ihrer Küche und machte für alle Abendessen. Es war Gewohnheit. Zwar nicht bei ihr, aber...
Schnell fühlte ich mich „heimisch“. Fand alles, was ich brauchte. Im Kühlschrank war eine große Auswahl. Auch im Küchenschrank. Ich brauchte nicht lange, schon hatte ich eine Idee. Keine halbe Stunde später war ich fertig und servierte. Ganz gespannt saßen sie am Esstisch. Ich machte wirklich alles, wie zu Hause. Hin und her laufen. Gabel bringen. Tauschen gegen Löffel. Noch ein Teller und dies und jenes. Ich war in meinem Element. Mir fiel nicht auf, das es nicht meine Familie war. Obwohl eine Person mehr am Tisch saß. Ihr Freund.
Traurig nahm ich Abschied. Ich musste nach Hause. Schließlich war es nicht meine Familie. Auch wenn sie mir das Gefühl gegeben haben.
n der Zwischenzeit wusste es so ziemlich jeder. Unsere Kinder waren im Heim. Auch wenn meine Frau geweint hatte, glaubte ich nicht daran, das es ihr wirklich wehtat. Mir schon. Aber ich zeigte es nicht. Aus stolz. Ich behielt meine Tränen für mich. Zumindest eine zeit lang.
Es war schon merkwürdig gewesen. Zuerst traf meine Frau Sandra R und am nächsten Tag traf ich sie rein zufällig. Ich trat auf, wie immer. Locker. Lustig. Sie sollte nicht bemerken, wie es in mir aussah. Meine düsteren Gedanken. Gedanken an Tot. Suizid. Mich hielten nur noch meine Kinder am Leben. Auch wenn ich noch so sehr an meiner Frau hing, war sie nicht der Grund, weshalb ich mich am Leben erhielt. Sie war ein Punkt, weswegen ich nicht mehr wollte. Den Sex, den sie mir verwehrte, hatten andere. Einerseits wollte sie eine Beziehung. Andererseits jeden Tag einen anderen Typen. Je nach Laune. Und obwohl sie noch Gefühle für mich hatte, wollte sie unsere Ehe nicht fortführen, weil wir nicht als Paar akzeptiert wurden.
Ich habe mir den A... aufgerissen. Für alle drei. Und was war der Dank dafür? Dabei erwartete ich nicht einmal Dank. Mir genügte es schon, wenn meine Frau zu ihren Gefühlen zu mir stehen würde. Oder wenigstens die Beine zusammenhalten würde.
Sandra R hatte mich zu sich eingeladen. Ihre Kinder waren im Kindergarten. Nur der Jüngste war zu Hause. Zu meinem Glück, schlief er. Ich konnte mich mit Sandra R unterhalten. Sie erzählte mir von der Zeit, als ihre Kinder in dem Heim waren. Was sie erlebt hatte. Das gefiel mir gar nicht. Machte mir Angst, um meine Kinder. Die erste Träne floss. Ich konnte sie nicht mehr aufhalten. Dann kam es ganz plötzlich über mich. All den Kummer, den ich in mir trug. Die Geheimnisse. Meine Ängste und Befürchtungen. Alles platzte unaufhaltsam aus mir heraus. Ich heulte, wie ein Schlosshund. Tränen, die seit Jahren zum Vorschein treten wollten, schossen aus mir heraus. Ich konnte nichts dagegen tun.
Als ich mich halbwegs wieder beruhigt hatte, beichtete ich ihr noch etwas:
„Da die Mutter meiner Kinder eine Schlampe ist, die weder was in ihrem Haushalt macht, noch etwas für sich selbst tut, außer dafür zu sorgen, das sie es mehrmals täglich von verschiedenen Kerlen besorgt bekommt, habe ich beschlossen; wenn sie meine Kinder bekommt, werde ich meine Kinder und mich selbst umbringen. Ich nehme es nicht länger hin. Sie macht nichts und kriegt ein Lob nach dem anderen. Und ich werde ständig angeschissen. Ohne mich ist sie doch aufgeschmissen. Wenn ich ihr nicht stetig was zustecken würde, hätte sie Mitte des Monats schon kein Geld mehr.
Es wurde mal zu mir gesagt, das ich zunehmen soll. Aber wie soll das gehen? Ich komme kaum zum Essen. Wo sie steht und geht, lässt sie alles fallen und liegen. Der Dumme, also ich, hebt es für sie auf und räumt es dahin, wo es hingehört. Keiner weiß es. Außer du jetzt.
Ich schaffe es einfach nicht, von ihr loszukommen. Mich von ihr zu trennen. Das kann doch nicht nur daran liegen, das sie die Mutter meiner Kinder ist und höchstwahrscheinlich die Kinder bekommt.“
Neue Tränen. Gedankenverloren sank ich in ihren Schoß. Legte meinen Kopf auf ihre Schenkel. Spürte, wie eine Hand durch mein Haar strich. Wie von weit hörte ich ihre Stimme. Verstand aber die Worte nicht.
Es war mir peinlich. Ich schämte mich in Grund und Boden. So tief war ich gesunken und Sandra R. sah mich fassungslos an. Ich konnte ihr nicht ins Gesicht sehen. Mein Blick blieb am Boden haften.
Es war schon ein paar Wochen her. Eigentlich verstanden wir uns ganz gut. Nur ab und zu gab es Streit, wegen Kleinigkeiten. Sie verstand mich falsch. Eines Tages gab es einen Knacks bei ihr. Sie wollte unbedingt die Scheidung. Ich nahm sie nicht für voll. Schon oft hatte sie davon gesprochen gehabt. Aber dies hielt nie lange an. Ein Paar Stunden. Maximal zwei Tage. Mir war bewusst, das es nicht von ihr selber kam. Der Umgang formt den Charakter. Kannte es von mir. Hab viel Scheiße gebaut, weil ich mit den falschen Leuten abhing. War auch nicht immer nett gewesen. Und je nach dem, mit wem ich zusammen war, hatte ich eine andere Meinung. Ich hatte mich leicht beeinflussen lassen. So, wie meine Herzensdame. Und auch sie lässt sich, von denen, die nicht dazugehören, nichts sagen. Also trennten wir uns. Wohnung hatte ich schnell gefunden. Auch den Weg in den Suff.
Die ersten Tage waren die Schlimmsten. Acht lange Jahre hatte ich mein Bett mit ihr geteilt. Jede Nacht spürte ich ihren Körper, wie er mich an die Wand drückte. Meine Frau war schon immer kräftig gebaut und sie wusste ihn gegen mich einzusetzen. Mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt an der Wand zu schlafen. Auch an die Schmerzen, die ich des Morgens, beim Aufstehen, hatte. Dafür stand sie vor mir auf und machte den Kaffee. In der Zwischenzeit konnte ich mich strecken und selber massieren.
Ich hatte nicht viel mitgenommen. Nur das Nötigste. Für mich hatte es gereicht. Von Hause aus kam ich mit wenig aus. Außerdem konnte ich mir alles dazu kaufen, was ich brauchte. Das es dann anders kam, wusste ich nicht. Mir war bewusst, das ich die erste Zeit, sinnlos, versuchte, mich mit Alkohol zu betäuben und alles zu vergessen. Keine Chance. Stattdessen holte mich die tiefste Vergangenheit ein und machte alles nur noch schlimmer. Kindheit, Jugend, Ehe. Ich soff noch mehr. Und ehe ich es mich versah, war ich abhängig.
Der Supermarkt war nicht weit. In der Nähe saßen ein paar Penner. Ich hatte nichts gegen sie. Denn weder bettelten sie, noch pöbelten sie die Leute an. Im Grunde genommen waren sie ganz nett. Vom Leben gefickt, aber nett. Sie hatten sich damit abgefunden, das sie ganz unten waren und keine Chance hatten wieder hochzukommen. Eines Tage gesellte ich mich zu ihnen. Es war warm gewesen und ich dachte mir nichts dabei, als ich mich zu ihnen gesellte. Schnell kamen wir ins Gespräch und ich erfuhr, das sie ähnlich in die Alkoholfalle gerieten. Job verloren. Frau verloren. Mut verloren. Alles verloren. Und dann kam sie des Wega. Sandra R. Sie sah mich und die Flasche in meiner Hand. Da sie auch mit meiner Gattin befreundet war, wusste sie schon längst über alles Bescheid. Ich dachte, sie würde mir aufbauende Worte schenken. Stattdessen hielt sie mir eine Standpauke, die sich gewaschen hatte. Sie spielte sich schlimmer auf, als eine Mutter.
Sie schleifte mich hinter ihr her. Auch sie war kräftig gebaut. Es war ihr ein leichtes, mich zu packen und hinter ihr herzuziehen. Als wir bei ihr waren, sorgte sie dafür, das ich mich wusch, rasierte und saubere Sachen anzog. Da ihr Freund etwas länger und breiter war, als ich es bin, hingen die Klamotten an mir, wie Sack. Aber das war ihr egal. Hauptsache, ich roch wieder angenehm.
Viele Tage verbrachte ich bei ihr. Sie sorgte dafür, das ich vom Alkohol wegkam und mich aufraffte. Außerdem schaffte sie es, meine Angebetete wieder zur Vernunft zu bringen. Sie hatte mitbekommen, das meine Frau negativ beeinflusst wurde. Wir sind zwar nicht richtig wieder zusammen, aber, so sieht es jedenfalls aus, auf dem besten Weg dahin. Sandra R. ist gar nicht so übel. Sogar ganz brauchbar. Eine Frau eben.
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Ich war ein einziges bei ihr und dann nie wieder. Aus irgendeinem, mir bekannten, aber unverständlichen, Grund, darf ich sie nie wieder besuchen kommen. Zu mir will sie aber auch nicht. Ist schon eine komische Frau, diese Sandra R.. Und so nachtragend. Vergessen, das ich ihr einst, vor vielen Monden, ein Kompliment gemacht habe. Aber nicht vergessen, und auch nicht verzeihen, was ich getan habe, als ich sie besucht hatte. Aus Anstand. Langeweile. Um ehrlich zu sein, ich hatte meine Schlüssel vergessen und wusste nicht wohin, bis mein geliebtes Frauchen wieder zu Hause war. Es war ungemütlich und kalt und feucht gewesen. Kein Wetter, um sich draußen aufzuhalten. Das Frauen immer so nachtragend sein müssen!?
Im Durchschnitt bin ich ganz erträglich und es kommt vor, das ich ein gern gesehener Gast bin. Oft benehme ich mich auch anständig. Manchmal halte ich sogar meine große Klappe, damit mich anderen zulabern können. Das ich denen zuhören soll, davon war nie die Rede. Ich kann mein Hirn schrumpfen lassen, damit Durchzug in meinem Kopf entsteht. Rechts rein, links raus. Nichts kann hängen bleiben.
Wenn mein Hirn schrumpft, verliert es Flüssigkeit. Vielleicht auch ein paar Gehirnzellen. Ich habe noch nicht nachgezählt. Jedenfalls kann ich mein Hirn nur schrumpfen lasse, wenn ich Masse abgebe. Flüssigkeit geht dabei am leichtesten. Ein wenig schwitzen. Fertig. Wenn mein Hirn wieder wachsen soll, hole ich tief Luft. Dazu ein paar Bierchen und es hat wieder seine volle Größe. Verluste? Sehr wahrscheinlich. Würde ich sonst so was schreiben?
Katja P. hat sich und mich manchmal auch schon gefragt, ob ich noch ganz normal bin. Stolz sagte ich ihr, das ich ein Idiot bin und finde, das sie rundlich gebaut ist. Stehe ihr aber prächtig. So wie meine Jacke, die ich ihr einst geschenkt hatte, nach dem ich kapierte, das sie sie mir nie wieder zurückgeben wird.
Zurück zu meinem Besuch bei Sandra R.. Sie hatte abgenommen. Reichlich sogar. Nur war mir das nicht aufgefallen. Erst als sie es mich direkt darauf hinwies. Ein wenig schlanker sah sie aus. Dennoch wollte ich nichts von ihr. Sie aber auch nichts von mir. In dem Punkt waren wir uns einig. Daher konnte ich sie ruhigen Gewissens besuchen gehen. Sie freute sich auch über mein Erscheinen. Anfangs. Bis zu jenem Moment, als ich nicht mehr an mich halten konnte und Luft ablassen musste. Eine sagenumwobene Druckwelle drängte sich aus meinen Unterkörper und breitete sich schlagartig aus. Bei geschlossenen Fenstern war es nicht ratsam zu atmen und im Raum zu bleiben. Trotzdem blieben sie und schmissen stattdessen mich raus. Und währenddessen sie erstickten, atmete ich frische Luft.
Ich dachte an Katja P. und fragte mich, wie sie wohl darauf reagiert hätte. Wäre sie auch so brutal gewesen und hätte mich in die feuchte Kälte geschickt? Glaube nicht. Sie war viel zu lieb und nett. Und sie wäre so schlau gewesen, einfach das Fenster zu öffnen, um Luftaustausch zu machen. Wie sehr wünschte ich mir, das Sandra R. auch so nett wär. Drei Stunden stand ich da draußen und fror mir einen ab. Dreißig Grad werden es, sagte meine Frau, bevor sie mich verließ. Wegen ihr hatte ich meine Jacke zu Hause gelassen. Okay, ihre Jacke. Meine hatte ja den Besitzer gewechselt. Der Punkt ist aber der, das ich nichts zum Wärmen hatte. Jackenlos stand ich im Regen. Meine Frau nicht da. Von Sandra R. lieblos hinausgeworfen worden. Und Katja P. war arbeiten. Keiner hat mich lieb :-(
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Es war ein rabenschwarzer Tag. Jedenfalls für mich. Früher hatte ich mich gefreut, wenn ich Geburtstag hatte. Geschenke und so weiter. Nun komme ich in den Kindergarten, in die Schule und plötzlich ist das Lotterleben vorbei. Die Depris fingen an. Vielleicht war es ja auch schon meine Midlifecrisis. Ich werde es sehen, wenn ich etwa vierzig bin. Sollte ich über vierzig werden, waren es nur ganz normale Depressionen.
Sandra R. ist, im Grunde, eine nette Frau. Nur leider hatte sie ein Problem. An manchen Tagen konnte sie ihr großes Mundwerk nicht halten. Und so ließ ich mich überreden, meinen Geburtstag zu feiern. Tränen schossen mir in die Augen, wenn ich daran dachte, das die Zwanziger vorbei waren. Nie wieder wird zuerst eine zwei bei meinem Alter stehen.
Dreißig ist eine komische Zahl. Ich weiß nicht warum. Es klingt so seltsam grauenerregend. Das Leben ist vorbei. Dein Leben besteht nur noch aus Kinder und arbeiten gehen. Und wenn die Kinder außer Haus sind, hast du ihre Brut an der Backe. Mir ist bewusst, wie das klingt. Aber so ungefähr ist es aber. Die Zeit rennt. Wir werden immer älter. Nichts wird einmal wieder so werden, wie früher, als man selbst noch ein Kind war.
Wenigstens half sie mir bei den Vorbereitungen. Und zum Glück kannte ich nicht mehr so viele, wie früher einst. So wie die Jahre ins Land ziehen, kamen und gingen Freundschaften. Selbst die, die ewig halten sollten. Nur ganz wenige kannte ich noch von früher und habe immer noch Kontakt zu ihnen. Nach über zehn Jahren. Ihre Kinder kannte ich, da waren sie frisch geschlüpft. Nun sind sie schon groß und gehen in die Schule.
Ein paar meiner Freunde konnten nicht kommen. Meine Wohnung war eh nicht so groß. Sie hielt nur wenig Platz bereit. Aber eine Handvoll hatte zugesagt und freuten sich mich leiden zu sehen. Vor allem mein kleines Dickerchen. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, als er dreißig wurde. Über zwei Jahre war er leicht deprimiert. Dann hatte er sich daran gewöhnt alt zu sein.
Die Feier war gar nicht so übel. Wir hatten viel Spaß und sie war im kleinen Rahmen. Der Alkoholkonsum war auch niedrig. Es war zwar mehr als genug da, aber wir alle hielten uns zurück. Zum Lustig sein, brauchten wir kein Alkohol. Wir hatten uns und nette Spiele, die wir uns spontan ausdachten. Ein bisschen Restholz, Streichhölzer, Würfel, Bierdeckel und Phantasie reichten aus, um lustige Spiele zu erfinden und zu spielen. Dabei vergaß ich vollkommen, das es mein Geburtstag war.
Es war noch relativ am Anfang, als ich in die Runde rief, das ich mir einen runter holen gehe. Sandra R. guckte mich an. Ihr Mund stand offen. Ich wusste, was sie dachte. Dann ging ich wortlos und kam mit einem Kumpel wieder, der im Haus wohnte. Ach so, sagte sie nur, als ich mit ihm erschien.
Ich liebe diese kleinen Wortspiele. Sandra R. dachte oft zuerst an das Eine. Dabei musste sie mich doch schon gut genug kennen, um zu wissen, das ich was anderes meine, als sie denkt.
Diesmal war es wirklich Zufall, das ich Sandra R traf. Ich saß gerade mit meinem Kollegen auf einer Bank und wartete darauf, das der Feierabend herbeieilte. Plötzlich stand sie vor mir. In ihrer ganzen Pracht. Man war ich da erschrocken. Hatte doch gar nicht mit ihr gerechnet. Aber nett war sie. Sehr nett. Ignorierte meinen Kollegen und konzentrierte sich nur auf mich. Endlich stand ich mal im Mittelpunkt. Was für ein Gefühl. Ich saß still da und hörte ihr aufmerksam zu, ohne zu verstehen, was sie eigentlich von mir wollte. Kein
Wunder, war es doch schon so lange her. Meine Hormone spielten verrückt. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Sie lächelte mich an. Das taten die Wenigstens. Zumindest in letzter Zeit. Und ihr lächeln bewirkte, das es mir warm ums Herz wurde. Ich liebte diese Frau. Nicht heiß und innig, sondern freundschaftlich. Sie hatte es auch nicht leicht. Da war ich, der Probleme hatte und sie selbst, die Probleme hatte und... Sie hatte es nicht leicht. Sandra R war schon eine schmucke Frau. Aber dennoch würde ich nie etwas mit ihr anfangen wollen. Viel zu wichtig war mir die Freundschaft, um sie aufs Spiel zu setzen. Ganz egal, wie lange es her
war. Eines konnte ich aber dennoch nicht lassen. Sie war kuschlig. Was daran lag, das ihre letzte Schwangerschaft gar nicht lange her war und sie noch keine Zeit gefunden hatte, sich um ihre Figur zu kümmern. Während sie so sprach und mich dabei lächelnd ansah, schwankte mein Oberkörper nach vorn. Gravitation, auch Schwerkraft genannt, war dafür verantwortlich. Um nicht von der Bank zu fallen, breitete ich meine Arme aus und umklammerte damit ihre Hüften. Mein Kopf landete sicher und weich auf ihren Bauch. Ich schmiegte mich an sie und vergaß all meine Probleme. Vergaß,
das ich auf einer Bank saß und auf den Feierabend wartete. Ich vergaß auch meinen Kollegen, der neben mir auf der Bank saß. Das Gefühl, das ich in dem Moment verspürte, erinnerte mich an längst vergangene Tage. Wie sehr vermisste ich meine heißgeliebte Ehefrau. Keiner würde sie je so lieben, wie ich. Als ich Sandra R´s Hand auf meinem Haupt spürte, war es ganz aus. Wollte ich nicht mehr von ihr lassen. Die Wärme, die sie ausstrahlte, durchströmte meinen ganzen Körper. Wie lange war es schon her, das mich ein Mädchen so sanft berührte. Die grausame Realität holte mich zu
schnell wieder ein. Ich beschloss, weiter um meine Frau zu kämpfen. Mir war egal, wie sie zu mir war. Sie war krank. Psychisch krank. Bei den Eltern, der Familie und ihren Umgang, war es kein Wunder. Und auch wenn ich eine neue Frau finden würde, Jungfrau wäre sie bestimmt nicht. Wer weiß, mit wie vielen sie schon in der Kiste lag.
Nennt mich Vollidiot, es ist mir egal. Sie ist die Mutter meiner Kinder. Die Frau, mit der ich alt werden wollte und immer noch will. Entweder die, oder eine Jüngere.
Es war ein geiler Job. Den ganzen Tag an der frischen Luft und kaum was zu tun. Zwischendurch trifft man alte Bekannte, oder junge Bekannte, so, wie ich. Man erkennt sie schon vom Weiten. Zumindest die, die man häufiger zu Gesicht bekommt, weil sie sich auch mal draußen aufhalten und nicht nur vor ihrem Computer, um mit ihren virtuellen Freunden zu schreiben. Sandra R´s Kinder hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Meist waren sie im Kindergarten, wenn ich Sandra R traf, oder bei jemand anderen. Diesmal sah ich sie mit Anhang. Das es ihre eigenen
Kinder waren, bemerkte ich erst auf den dritten Blick. Wie groß sie geworden waren, seit dem ich sie das letzte mal zu Gesicht bekommen hatte. Unglaublich. Und schon spürte ich wieder meine kleinen Wehwechen. Stari se; man wird alt. Mein Antlitz erhellte sich, bei ihrem Anblick. Keine Ahnung warum. War einfach so. Wir lächelten uns an, unterhielten uns und achteten gemeinsam darauf, was ihre Kinder taten. Dann kam es über mich. Als sie sich verabschiedete, sprang ich auf und legte meinen Kopf sanft auf ihre Oberweite. Nur um zu spüren, wie es sich anfühlte, auf weichem Holz zu
liegen. Es war ein schönes Gefühl. Wenn auch nicht das Gefühl war, wie ich es gewohnt war. Dennoch genoss ich es und machte mir nichts draus, das ich dabei beobachtet wurde. Meine Hände hingen lose neben mir, bis ich darauf kam, das sie sich auf einer anderen Körperstelle nützlich machen könnten. Und so kneteten sie für ein paar Sekunden ihre Backen. Sehnsucht packte mich. Ich ließ los und grinste sie blöd an. Tat so, als wäre nichts. Das ich innerlich den Tränen nah war, musste sie nicht wissen. Sie war bester Laune und das sollte so bleiben. Ich wollte und konnte ihr ihre Laune nicht
verderben. Eine innerliche Leere. Sehnsucht nach dem anderen Geschlecht. Liebe und Geborgenheit. Ehrlichkeit und Treue. Zärtlichkeit. Mein Kollege lebte in einer anderen Welt. Grinste und war glücklich. Ich ließ ihn in Frieden. Er genoss die Sonne und die Ruhe. Und ich? Ich fühlte mich wieder mal einsam und allein. Sehnte mich nach der großen, ehrlichen Liebe. Wollte nicht wieder so ein verlogenes Miststück haben. Auch wenn die Beziehung, mit ihr, nie langweilig wurde, weil ich nie wusste, was im nächsten Augenblick passierte, wünschte ich mir doch lieber eine Frau, auf die ich
mich verlassen konnte. Die weiß, was sie will und sich von niemanden reinreden lässt. Schlank wäre Vorteilhaft, da die verlogene Schlampe das Gegenteil war. Aber ich stellte mich zu blöd an, eine Frau kennenzulernen. Wenn sich mal eine freiwillig mit mir unterhielt, war ich ehrlich. Sagte ihnen die Wahrheit. Dann waren sie weg und ich sah sie nie wieder. Das lobe ich mir an Sandra R. Die Ehrlichkeit. Wir sind zueinander ehrlich, auch wenn es dem anderen vielleicht nicht immer ganz passt, was man zu ihm sagt. Aber lieber so, als hinter dem Rücken. Die Wahrheit ist nicht immer leicht zu ertragen. Aber
besser, als jede schöne Lüge.
Sandra R konnte ich nichts vormachen. Sie sah mir gleich an, das etwas im Busche war. Und sie ließ nicht locker, bis sie erfahren hatte, was los war. Also erzählte ich ihr meine Geschichte. „Ich hatte dir doch vor Kurzem erzählt, das ich eine Freundin gefunden habe. Rate mal, wem ich sie vorgestellt habe und wem sie absolut nicht passt. Ja, ich weiß, das ich blöd bin. Ich wollte ihr nur zeigen, das sie nicht die einzige ist, die einen neuen Partner gefunden hat. Und ich wollte meinen Schlüssel wieder haben, um ihn der Neuen zu geben. Eigentlich. Nicht, das ich ihr sofort
meinen Schlüssel überlassen hätte. Schließlich bin ich nicht ganz so blöd, wie meine Ex. - Lange Geschichte, die ich nicht ganz verstehe. Naja, du weißt ja schon ein bisschen, wie sie ist – Jedenfalls hatte sie wieder diesen Blick drauf, den sie jedes mal hat, wenn eine Frau in meiner Nähe ist und mit mir spricht. Was ich mir dabei dachte, behielt ich für mich. Denn ich wollte keinen Streit anfangen. Sie hätte es eh abgestritten, so, wie immer. Aber egal. Zurück zum Kern. Mich ließ ihr Blick nicht los. Davon abgesehen...Die Neue war langweilig. Vorhersehbar. Ja, ursprünglich wollte ich so was haben. Aber da habe ich mich wieder mal geirrt.
Jeder Augenblick war bei ihr geplant. Das machte mich wahnsinnig. Nichts Spontanes. Um es kurz zu machen: Ich habe sie dazu bekommen auf dem Rücken zu liegen. Kurz darauf hat sie mit mir Schluss gemacht. Genau das, was ich wollte. In der Zwischenzeit habe ich meiner anderen den Schlüssel wieder gegeben. Ihr habe ich aber gesagt, das ich sie in den Wind geschossen habe, weil sie mir zu langweilig war. Das ich mit ihr geschlafen habe, muss sie ja nicht wissen.“ „Ähm, was soll ich dazu sagen?“ „Am besten gar nichts. Ich bin nun mal ein Gewohnheitstier. Hab mich an so
vieles gewöhnt, in den letzten vielen Jahren. Das alles fehlt mir jetzt irgendwie. Ganz egal, wie das klingt. Ich gebe ja zu, das ich nicht ganz dicht bin.“ Dann lud sie mich in ein kleines, schickes Café ein. Wie zogen es vor, uns in eine stille Ecke zu setzen. Als wir dann unsere Bestellungen bekommen hatten, sah mich Sandra R lange und ernst an. In ihren Augen konnte ich es sehen. Sie verstand mich ein wenig. Diese Frau hatte nicht zu mir gepasst. Es war eine gute Entscheidung gewesen, mich von ihr zu trennen. Nur mit der Art, wie ich mich von ihr gelöst hatte, war sie nicht einverstanden
gewesen.
„Ich bin ein Mann und Männer sind nun mal Schweine. Außerdem wollte ich wissen, wie es ist, mit jemanden Sex zu haben, den man nicht liebt.“
„Und wie ist es?“
„Nicht besonders.“