Fantasy & Horror
Schattengeflüster, Kap. 6 - Rabenfels-Chronik: Gerechter Lohn

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"Schattengeflüster, Kap. 6 - Rabenfels-Chronik: Gerechter Lohn"
Veröffentlicht am 07. November 2011, 32 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Ich bin... nicht, was ich gerne wäre.... nicht so, wie ich sein könnte... niemals, wie man mich gerne hätte... nie wieder so, wie ich früher war... auf ewig mit mir selbst im Streit.... verdammt mir selbst in Gedanken Gesellschaft zu leisen...
Schattengeflüster, Kap. 6 - Rabenfels-Chronik: Gerechter Lohn

Schattengeflüster, Kap. 6 - Rabenfels-Chronik: Gerechter Lohn

Beschreibung

6. Kapitel der Geschichte "Schattengeflüster" aus der Rabenfels-Chronik

Gerechter Lohn

Wolken bedeckten den mondlosen Himmel und tauchten so die Stadt in beinahe undurchdringliche Finsternis. Durch die Dunkelheit vor den Augen unbeteiligter Beobachter verborgen, kreisten Fledermäuse mit lautlosen Schlägen ihrer ledernen Schwingen um das Dach eines alten Hauses, für Menschen unhörbare Schreie kündeten von ihrer Aufregung. Die feinen Sinne der Tiere nahmen Veränderungen in ihrer Umgebung wesentlich schneller und besser wahr, als es den Menschen in ihrer Beschränkung der Sinne möglich war und diese scharfen Sinne hatten den unhörbaren Ruf eines mächtigen Wesens wahrgenommen, welches unbewusst seine Macht ausgreifen ließ. Verborgen in den Mauern des Hauses, blieb die Aufregung der Tiere dem Urheber des Aufruhrs verborgen, gerade eben hatte er die Vorbereitungen abgeschlossen, welche für die endgültige Bindung des Triskelon nötig sein würden.

 Der Vampir hatte sich nach intensiven Studien von Varuns verfluchtem Buch für diese Nacht entschieden, die Vorzeichen waren günstig und seine Macht konnte sich jetzt vollkommen entfalten. Dies war besonders wichtig, da er nicht nur vorhatte, dass Triskelon neu zu verbinden und so den magischen Schutz wiederherzustellen, zusätzlich wollte Simon es noch mit seinem eigenen Wesen verbinden, damit niemand außer ihm die Macht des Talismans nutzen konnte. Die Anweisungen Varuns waren bei diesem Vorhaben sehr nützlich gewesen, so dass er eigentlich dem kleinen Nachwuchsnekromanten danken müsste, ihm ein solches Geschenk gemacht zu haben. Simons Blick wanderte über das Gewölbe und betrachtete mit einem zufriedenen Lächeln seine Vorbereitungen für das anstehende Ritual. Darauf bedacht keinen Fehler zu machen, hatte er mehrere Stunden für seine Vorbereitungen gebraucht, angefangen beim Zeichnen des Pentagramms, welches er in den Boden des Raumes geritzt hatte, bis hin zu den Kerzen, deren flackerndes Licht den Raum erhellte. Der Geruch von betäubenden Kräutern durchzog die stickige Luft des Gewölbes, doch dies störte den Vampir keineswegs, diese waren auch mehr für die beiden Opfer gedacht, die sich in der Mitte des Raumes befanden.

 Er hatte einen jungen Mann und eine junge Frau gewählt, ein Pärchen, welches sich einfach den falschen Platz für ein Stelldichein ausgesucht hatte. Nun hingen die beiden Menschen, an Armen und Beinen gefesselt, mit Eisenketten gehalten von der Decke des Raumes. Vollständig entkleidet, hingen sie nicht nur einfach mit dem Kopf nach unten von der Decke, sondern waren von Simon auch so zusammengebunden worden, so dass sie den Herzschlag des jeweils anderen an ihrer Brust spüren konnten. Beide waren wirklich hübsch anzusehen, besonders bei der Frau bedauerte er es, sie nicht noch kosten zu können. Aber die Lebenskraft seiner Opfer durfte nicht beeinträchtig sein und schon ein kleiner Schluck konnte seine ganzen Bemühungen zunichte machen, darauf wollte er es nun wirklich nicht ankommen lassen. Immerhin gab es noch mehr geeignete Frauen in der Stadt und wenn er jetzt geduldig blieb, konnte er sich schon sehr bald alles nehmen, was er wollte und noch mehr.

 Tief sog Simon den Geruch des Kellers ein, der Adrenalingeruch der beiden Menschen war berauschend und viel interessanter wurde es dadurch, dass der Mann ungewollt erregt war und gegen seine Partnerin gepresst wurde. Allerdings war dies nur eine kleine, bizarre Beigabe und würde nichts an seinen Vorhaben ändern. Langsam ging er nun in die Mitte des Raumes zu dem Steinblock, der sich unter den beiden Menschen befand. Alle drei Teile des Triskelons waren auf dem Stein in einem Dreieck angeordnet, drei in den Stein geritzte Rinnen teilten die Oberfläche und in der Mitte befand sich eine kleine Auffangmulde, sowohl Rinnen als auch Mulde würden bald ihren Zweck erfüllen. Als Simon nun seine beiden Gefangenen erreichte, konnte er deutlich wahrnehmen, wie sich der Puls der beiden beschleunigte. Beinahe zärtlich strich er über die beiden Leiber, als wolle er sie beruhigen und feine, rote Linien entstanden dabei durch die Berührung mit seinen scharfen Nägeln. Ein letztes Mal tätschelte er die beiden leicht auf ihre Schenkel, bevor er nun seine Augen schloss und sich ganz auf die Winde der Magie konzentrierte. Deutlich konnte er die verschiedenen magischen Ströme fühlen, von denen er nur einen einzigen benötigen würde und griff mit seinem Geist nach dem schwarzen Strom der Magie. Seine Lippen formten leise Worte, deren Klang beiden Menschen Schauer über den Körper laufen ließ, und der magische Wind begann auf die alten Formeln zu reagieren, erst langsam und dann immer schneller begann sich die Macht zu konzentrieren. Simons Stimme wurde lauter als ein unnatürlicher Wind im Gewölbe zu wehen begann und den Rauch der brennenden Kräuter verwirbelte.

 Seltsame Muster formten sich im Rauch, während immer mehr der dunklen Macht in den Raum zu strömen begann. Blutiger Schweiß trat nun auf die Stirn des Vampirs, da es ihm immer mehr Mühe kostete die magische Energie im Zaum zu halten und für das Ritual zu binden. Seine Stimme hob sich zu einem lauten Schreien an und gerade als der Moment gekommen war, als er die Macht nicht mehr länger im Zaum halten konnte, griff er an seine Seite und zog mit einer flüssigen Bewegung sein Schwert. Ein roher, hellgrüner Schein leuchtete an der Schneide der Klinge auf, als Simon sie aus ihrer Scheide zog und dabei immer lauter und schneller die Formeln der Macht zu skandieren begann. Als sein Skandieren den Höhepunkt erreichte, schnellte die Klinge nach vorne und beschrieb einen grün leuchtenden Bogen auf Höhe der Hälse seiner Opfer. Für einen Moment schien nichts geschehen zu sein, doch dann öffnete sich der feine Schnitt an der Seite ihrer Hälse und das Blut begann zu fließen. Der metallische Geruch des Blutes begann den Raum zu erfüllen, als die ersten Tropfen des Lebenssaftes auf den Opferstein fielen und sich in der kleinen Kuhle sammelten. Doch aus diesen Tropfen wurde schnell ein stetiger Strom, der im sterbenden Herzschlag der beiden Menschen pulsierte und bereits nach wenigen Augenblicken die Kuhle gefüllt hatte. Das überschüssige Blut begann sofort durch die Rinnen abzulaufen und tropfte von dort auf den Boden, wo es sich langsam in den Linien des Pentagramms verteilte. Mit dem ersten auf den Altar gefallenen Tropfen Blut hatte sich der unnatürliche Wind innerhalb des Gewölbes gelegt, die magische Energie folgte nun der Spur des menschlichen Lebenssaftes und sammelte sich so in den Linien, des sorgfältig in den Boden geritzten, Pentagramms.

 Auf dem Weg des Blutes füllte sich, im Rhythmus der sterbenden Herzen pulsierend, das Zeichen und genau in dem Moment, als die beiden Herzen nicht mehr länger schlugen, schloss sich die letzte Lücke des Pentagramms. Energie wallte auf und erfüllte den Raum für einen Moment mit undurchdringlicher Dunkelheit, einzig die schwarzgrün glühenden Linien des Zeichens waren in der Finsternis zu erkennen, bevor sich der Fluss des magischen Windes endgültig stabilisierte und die Finsternis dem schwachen Leuchten der Kerzen und des Schutzzeichens wich. Simon hatte beim letzten Aufwallen der Energie einen gewaltigen Schlag der Macht verspürt, da er sie durch seinen Körper in das Ritualzeichen lenkten musste, und war beinahe ins Taumeln geraten, doch mit eiserner Willenskraft hatte er sich auf den Füßen gehalten. Langsam wandte sich der Vampir nun den drei Stücken des Triskelons zu und betrachtete die leuchtenden Stücke des Talismans, die nun nur noch erneut an einander gebunden werden mussten, damit sie ihre Macht entfalten konnten. Er streckte seine Arme aus und richtete seine Handflächen auf die Oberfläche des Opfersteines.

 „Es werde eins, was geteilt wurde. Macht erwache aus dem tiefen Schlummer der Jahre und erfülle die Welt erneut. Bei Namarals Macht rufe ich die alten Mächte an, bindet neu, was einst geteilt…“

 Simons Stimme erfüllte das Gewölbe und wenn auch die Worte nicht unbedingt einfallsreich waren, so zählten doch Wille und Absicht nicht der Wortlaut. Die, im Pentagramm gefangene, Energie begann sich auf den Opferstein zu konzentrieren, das verbliebene Blut begann zu verdampfen, als sich Bänder aus schwarzer Energie um die Einzelteile des Triskelons legten. Für einen Moment erhoben sich Ring, Armband und Amulett von dem Stein und begann sich in einer Sphäre aus dunklen Fäden zu drehen, ihr Leuchten nahm immer mehr zu, wechselte von hellem grün zu einer dumpfen Rotton. Ein starker Blitz aus rotem Licht flutete einen Herzschlag lang den Raum und blendete Simons Augen, doch unbeirrt lenkte er weiter die Energie auf den Stein und das Triskelon. Als er wieder etwas sehen konnte, lagen die drei Stück wieder auf dem Stein, doch das die Stücke umgebende Leuchten war immer noch rot und der Vampir konnte die feinen roten Fäden aus magischer Energie erkennen, welche nun die Stücke verbanden. Zufrieden ließ er nun seine Arme sinken und drängte die magische Kraft zurück in das Pentagramm. Den ersten Teil des Rituals hatte er erfolgreich hinter sich gebracht, das Triskelon war erneut verbunden worden und seine Kräfte konnten nun von ihm genutzt werden. Aber er musste es immer noch an sich binden, damit niemand anderes die Chance bekommen sollte den Talisman zu gebrauchen.

 Beinahe ehrfürchtig streckte er seine Hände nach den Teilen des Talismans aus, den Ring streifte er sich über den Ringfinger der rechten Hand, das Armband legte er um sein linkes Handgelenk und das Amulett hängte er sich um den Hals. Sofort spürte er wie die Kraft des Talismans seine Aura durchströmte und durch seine Glieder fuhr. So mächtig hatte er sich nicht einmal auf dem Höhepunkt des Ritualzaubers gefühlt, als er die Macht des magischen Kreises durch seinen Körper gelenkt hatte. Diese neue Macht hatte beinahe etwas lebendiges, wie sie einem Herzschlag gleich durch seinen untoten Körper zu pulsieren begann. Aber er wollte mehr, niemand außer ihm sollte über diese Macht gebieten. Und so breitete Simon seine Arme zu den Seiten aus, die Energien des Pentagramms lenkte er nun auf sich selbst. Diese gebündelten Kräfte trafen den Vampir mit der Wucht eines Hammerschlages und er musste sich am Opferstein festhalten, um nicht auf den Boden zu fallen. Wie schwarze Seidenfäden begannen ihn die Ströme der Magie zu durchdringen und nicht nur ihn, sondern auch das Triskelon. Immer stärker umgaben und durchdrangen ihn die Kräfte des schwarzmagischen Windes und seine Sinne begannen zu schwinden, während er wieder Worte der Macht murmelte, um eine Verbindung mit dem Talisman einzugehen. Nur mit Mühe konnte er sich noch auf den Beinen halten und als das letzte Wort verklang hätten der Zauber beendet sein und die Ströme der Magie unterbrochen werden sollen.

 Doch statt einer Unterbrechung des Stroms konnte er spüren, wie die Macht noch stärker durch seinen Körper floss und ihn auf die Knie zwang. Etwas stimmte nicht, er konnte den Zufluss der Kraft nicht aufhalten, immer mehr Macht strömte in ihn und er konnte spüren, wie diese Macht vom Triskelon aufgesaugt zu werden schien, allerdings ohne ihn vor den Auswirkungen zu schützten. Obwohl er sich genau an die Anweisungen Varuns zur Bindung des Talismans gehalten hatte, war etwas unglaublich schief gegangen.

 „Ha, mein kleiner Freund. Varun hat keinen Fehler gemacht, sondern du. Du hast einer alten Legende Glauben geschenkt, ohne dir Gedanken darüber zu machen, woher eine solche Macht kommen könnte.“

 Wie klirrendes Eis bohrte sich eine fremde Stimme in Simons Kopf, der Tonfall drückte Belustigung und Häme aus. Was bei allen Dämonen der höllischen Ebenen war das, fragte sich der Vampir, während er spürte, wie aus seinem Mund Blut auf den Boden tropfte und dort verdampfte.

 „Dämon trifft es sehr gut, kleiner Narr. Wie glaubst du denn, dass ein Magier sonst gewaltige Kräfte in einem Talisman binden könnte, die weit über das hinausgehen, was allen anderen Wesen eurer Sphäre, sterblich oder untot, möglich ist? Magie entsteht nicht einfach so, dies müsste selbst ein Idiot wie du wissen.“

 Wieder bohrten sich die Worte in das Gehirn des Untoten und er hatte keine Möglichkeit sich gegen diese Art der Konversation zu verschließen. Zorn begann ihn zu erfüllen und er versuchte seine Kraft gegen den Eindringling in seinem Geist zu richten, doch vergeblich. Das Pentagramm hätte jede Wesenheit abgehalten in den Raum einzudringen, doch er hatte übersehen, dass sich in dem Talisman selbst, etwas verstecken könnte. Und dieser Macht war er nun schutzlos ausgeliefert, da er den Talisman bereits angelegt hatte.

 „Gräme dich nicht. Immerhin bist du nicht der erste, der auf eine solch grandiose Falle hereinfällt und du wirst auch nicht der letzte sein. Dein Körper wird mir gute Dienste leisten, da ich meine Macht nicht verschwenden muss, um in deiner Sphäre weiter zu existieren. Und dank dir werde ich im Namen meines Herren viele Seelen sammeln können. Glivermoghed ist dein Untergang und ich danke dir für dein selbstloses Opfer.“

 Mit diesen Worten begann der Dämon von Simons Körper die Kontrolle zu übernehmen und der Vampir spürte, wie sein Geist immer weiter zurückgedrängt wurde. Schwärze begann ihn zu umgeben, so nahe war er dem Tod seit dem Blutkuss, der ihn verwandelt hatte, nicht mehr gewesen. All sein Zorn half ihm nicht weiter und auch nicht das Begreifen, dass er in eine Falle getappt war, welche von diesem Dämon wohl schon vor tausend Jahren aufgestellt worden war. Welche Kräfte das Triskelon auch gehabt haben mochte, es gab sie nur, weil der Magier einen Dämon in die Stücke gebunden hatte und dieser musste die Legende um den Talisman gesponnen haben, in dem er die Träger der einzelnen Stücke beeinflusst hatte. In seiner Gier nach der absoluten Macht über den Gegenstand hatte Simons Versuch den Talisman an sich zu binden, für die Befreiung des Dämons gesorgt. Und nun musste er spüren, wie die in den höllischen Sphären geborene Wesenheit seinen Geist langsam Stück für Stück verdrängte, um den Körper des Vampirs als neue Heimstatt für sein Wesen zu erringen.

 Gerade als sich die Finsternis des Todes um den Geist Simons schließen wollte, reagierte die uralte Magie seines Körpers auf den Eindringling. Schwarzgrünes Feuer loderte um den Körper des Vampirs auf und die Stücke des Triskelons wurden in einem Aufwallen der Magie vom Körper des Untoten gerissen und in den Raum geschleudert. Durch diese plötzliche Befreiung von dem fremden Einfluss überrascht sank der Körper Simons auf den Boden, wo er für einige Momente keuchend liegen blieb. Dies war wirklich knapp gewesen, offenbar hatte der Dämon die uralte Magie unterschätzt, die den Vampiren ihre Macht verlieh. Mit schmerzenden Gliedern und immer noch etwas Blut hustend kam er wieder auf die Füße und erstarrte als er das Triskelon erblickte. Die drei Teile des Talismans schwebten frei im Raum und nährten sich von der Macht des Kreises, den der Dämon nun vollständig übernommen hatte.

 „Verdammter Untoter. Wenn du glaubst gewonnen zu haben, dann irrst du dich. Wenn ich deinen Körper schon nicht übernehmen kann, dann werde ich wenigstens dafür sorgen, dass du deine letzten Sekunden in dieser Welt bereuen wirst.“

 Dieses Mal erklangen die Worte des Dämons nicht nur hinter der Stirn des Vampirs, sondern auch in der normalen Welt. Eiseskälte ging von dem Talisman aus und das Blut in den Rinnen des Pentagramms begann zu gefrieren, als die dämonische Wesenheit die Winde der Magie für seine eigenen Zwecke anzapfte. Das rote Glühen nahm immer mehr zu, so dass Simon seine Augen zusammenkneifen musste, doch er konnte erkennen wie sich langsam ein riesiger Körper zu formen begann. Die Proportionen waren verschoben, weder menschlich noch tierisch zu nennen und die Gestalt befand sich in einem ständigen Fluss der Veränderung, einzig der Kopf einer Echse auf den Schulter der dämonischen Gestalt behielt seine Gestalt bei. Funkelnd betrachteten die Reptilienaugen den Vampir, während sich der Körper aus der reinen Magie formte.

 Simons Gedanken begann sich zu überschlagen, denn er hatte keinen Fluchtweg, da der Dämon den Kreis unter seiner Kontrolle hatte und ebenso hatte er keine Waffe, mit der er dem Höllenwesen wirklichen Schaden zu fügen konnte. Einzig magische Waffen verletzten diese Kreaturen zuverlässig und er hatte keine solche Waffe in seinem Besitz und selbst wenn, dann hätte er sie nicht mit zu dem Ritual genommen, um es nicht zu stören. Mit schnellen Schritten wollte er von dem entstehenden Körper zurückweichen, der inzwischen bereits feste Konturen gewonnen hatte, auch wenn sich die Gestalt immer noch einem Fluss der Veränderung befand. Doch er hatte die Schnelligkeit des Dämons unterschätzt, den kaum hatte Simon seinen ersten Schritt gemacht, schnellte schon eine der langen Gliedmasen nach vorn, mehr Tentakel als ein richtiger Arm, und traf den Vampir mit unglaublicher Kraft an der Brust. Simons Körper wurde vom Boden gehoben und nach hinten geschleudert, deutlich hatte er das Knirschen seine brechenden Rippen gespürt. Noch bevor er sich wieder fangen konnte, traf er mit dem Rücken gegen die unsichtbare Barriere des magischen Kreises und ein Stoß der reinen Energie drang durch seinen Körper und schleuderte ihn wieder nach vorne auf die Knie.

 Keuchend und mit schwellender Kleidung rang er dort um die Kontrolle über seinen Körper, doch der Dämon dachte nicht daran ihn zu Atem kommen zu lassen. Ein vogelartiger Fuß schoss von der Seite auf Simon zu, traf ihn am Bauch und schleuderte ihn so gegen die Decke des Kellergewölbes. In eine Wolke aus Staub gehüllt, fiel der Vampir krachend auf den Boden und rollte sich mühsam auf den Rücken. Und gerade noch rechtzeitig gelang es ihm noch seine Arme gegen den Fuß des Dämons zu stemmen, der versuchte seinen Kopf zu zertreten. Fingerlange Vogelkrallen deuteten auf den geschundenen Körper des Vampirs und Simon spürte, dass der Dämon nur mit ihm spielte. Denn obwohl er seine ganze Kraft einsetzte, um den vernichtenden Tritt des Dämons aufzuhalten, konnte er deutlich spüren, dass der Dämon nicht seine ganze Kraft einsetzte. Dieser verstärkte nun langsam und unerbittlich den Druck auf Simons Arme und drückte seinen Fuß immer weiter auf den Vampir hinunter, bis eine seine Zehenkrallen nur noch Zentimeter vom Gesicht des Vampirs entfernt war.

 „Na, wie fühlt es sich an, wenn man selbst der Unterlegene ist und nicht länger an der Spitze der Nahrungskette steht, mein kleiner Befreier? Du bist nichts und ich werde deinen Körper und die kümmerlichen Reste deiner sogenannten Seele verspeisen. Und du kannst nichts tun, um mich aufzuhalten.“

 Trotz des Echsenkopfes, der sich nun nach unten beugte, konnte der Untote jedes Wort des Dämons deutlich verstehen und auch die Wahrheit hinter den Worten erkennen. Er lebte nur noch weil der Dämon lieber mit ihm spielte und ihn quälte, aber dagegen unternehmen konnte er nichts. Deutlich konnte er das hämische Funkeln in den geschlitzten Reptilienaugen sehen, als der Fuß sich wieder etwas senkte, so dass die Kralle nun genau über seinem rechten Auge verharrte, wenige Millimeter vor dem Organ. Und dies obwohl er sich mit aller Kraft gegen den Fuß des Wesens stemmte, doch es war einfach zu stark für ihn. Seine Gedanken rasten und suchten noch nach einer Möglichkeit sich von der Kreatur zu befreien, als ein kleiner Ruck des Fußes dafür sorgte, dass die Kralle in sein Auge eindrang und es ihm aus der Augenhöhle riss. Simon brüllte vor Schmerz auf und schaffte es den Fuß kurz zur Seite zu drücken und sich von der Kreatur wegzurollen. Doch bevor er wieder auf die Füße kam, wurde er von einem weiteren Schlag getroffen und gegen den Opferstein geschleudert. Krachend zerbarst der Stein durch den Aufprall und die einzelnen Splitter flogen durch den Raum, einige sogar gegen die unsichtbare Barriere, wo sie mit einem hellen Aufblitzten vernichtet wurden. Halbblind gelang es nun Simon wieder auf die Füße zukommen, nur um von einer klauenartigen Hand des Dämons wieder auf den Boden geschleudert zu werden. Einem Schatten gleich ragte das dämonische Wesen über dem verstümmelten Vampir auf und lachte laut auf.

 „Du bist wirklich keine Herausforderung, weder geistig noch sonst. Es ist wirklich ein Wunder, dass du solange überlebt hast, Blutsauger. Und jetzt werde ich beenden, was ich angefangen habe.“

 Die eisige Stimme des Dämons bohrte sich in Simons Ohren und schon spürte er den Griff der klauenartigen Hand an seinem Hals und wie er nach oben gezogen wurde. In seiner Verzweiflung griffen seine Hände nach dem nächstbesten Gegenstand, der ihm zwischen die Finger kam, als er so nach oben gehoben wurde. Direkt vor dem Vogelkopf hing er nun in der Luft und die lange Zunge des Wesens leckte über die leere Augenhöhle Simons, aus der Blut und andere Flüssigkeiten sickerten. In einem letzten Aufbäumen schlug er nach dem Kopf des Dämons, der sich keinerlei Mühe gab dem Schlag auszuweichen. Während die linke Hand des Untoten wirkungslos gegen das Schuppenkleid schlug, erreichte seine andere Hand mehr. Er hatte einen kleinen, scharfen Steinrest des Opfersteins in der Hand gehalten, der nun mit der ganzen Kraft des Vampirs gegen den Kopf des Dämons krachte. Unter gewöhnlichen Umständen wäre auch dieser Angriff wirkungslos geblieben, als versuche man mit einem Kiesel einen Felsblock zu zertrümmern, doch das vorangegangene Ritual hatte den Stein mit magischer Energie angefüllt. Und diese magische Energie reichte nun aus, um der Höllenkreatur eine Verletzung beizubringen. Krachend schlug der Stein auf Augenhöhe gegen den Kopf und mit einer scharfen Kante in das Auge des Dämons, welches mit erstaunlicher Leichtigkeit durchstoßen wurde. Mit einem lauten Kreischen wurde Simon durch die Luft geschleudert, als das Dämonenwesen ihn von sich schleuderte.

 Unsanft landete der Vampir auf dem Boden, schaffte es aber dieses Mal mit einer Rückwärtsrolle auf die Füße zu kommen. Offenbar war das Wesen keinen Schmerz gewohnt und die lange Gefangenschaft hatte es nicht unbedingt auf eine körperliche Konfrontation vorbereitet. Immer noch wand sich die widernatürliche Kreatur vor Schmerzen, da der Stein immer noch in dessen Augenhöhle steckte. Ein grimmiges Lächeln erschien nun auf den Lippen des Vampirs, ausgleichende Gerechtigkeit gab es doch, doch nun musste er so schnell handeln, wie er es bisher noch nie getan hatte. Er hatte Glück gehabt und nun musste er alles daran setzten, dass Wesen zu bannen, bevor es sich wieder erholte. Sein Mund formte ein Wort der Macht und schon schleuderte er seinen Zauber gegen den Dämon, grünschwarze Strahlen rasten auf das Mischwesen zu und wanden sich um die Gliedmaßen des Wesens. Die Laute des Schmerzes gingen in ein Wutgeheul über, als der Chaosdämon erkannte, was der Vampir vorhatte und seine eigenen magischen Fähigkeiten gegen den Zauber einsetzte.

 Doch der Vampir dachte nicht daran sich seine letzte Chance nehmen zu lassen und griff nun mit seinen eigenen Kräften nach der Energie des Pentagramms, nun da die Kontrolle des Dämons nachgelassen hatte. Wieder flossen die Winde der Magie durch den Körper des Untoten und er konnte spüren, wie sein Körper mit langsamem Verfall auf den Raubbau mit den magischen Energien reagierte. Doch alle Schäden konnte er heilen, wenn er nur Zeit dazu bekam und diese musste er sich nun erkaufen, egal was es kosteten mochte. Er wich einige Schritte zurück, so dass seine linke Hand die unsichtbare Barriere des Schutzkreises berührte, sofort schoss die Energie durch seinen Körper und wollte ihn davon schleudern. Doch der Vampir lenkte die Energieentladung gegen den Dämon, in einem schwarzglühenden Strahl traf der Schlag den Dämon und schleuderte ihn nach hinten, gegen die Barriere. Da die magischen Kräfte des Dämons durch den Bindezauber des Vampirs eingeschränkt wurden, konnte er es seinem untoten Kontrahenten nicht gleichtun und die Kraft der Barriere gegen seinen Feind lenken.

 Mit einer unglaublichen Willensanstrengung hielt der Vampir seine Zauber aufrecht, auch wenn er bereits spürte, wie sein Leib zu altern begann und er dabei auf die Knie sinken musste. Aber auch das Höllenwesen litt unter den anbrandenden Kräften, besonders da der Körper aus reiner Magie geformt worden war. Stück für Stück verging der Körper des Dämons und löste sich in Nebel auf, bis schließlich die Stücke des Triskelons klirrend zu Boden fielen. Mit einer letzten Geste löste Simon den Zauber der Barriere, bevor sein Verstand sich ausschaltete und er hilflos auf den Boden des Kellergewölbes sank.

 Stunden später kam der Untote wieder zu sich, er war schwächer als er gefürchtet hatte und konnte kaum ein Glied bewegen, doch er hatte sein „Leben“ bewahren können. Unendlich langsam drehte er sich auf den Rücken und schloss sein verbliebenes Auge. Er war ein Narr gewesen, ein einfältiger Narr. Alles hatte er auf eine Karte gesetzt und er hatte verloren. Seinen Diener hatte er selbst getötet und das Ritual hatte bestimmt die Aufmerksamkeit der meisten Magier in Arnulfsheim auf sich gezogen und ohne den Schutz des Triskelons würde er im Kampf keine Chance haben. Erst recht nicht in seinem jetzigen Zustand.

 Und so lag Simon auf dem Boden des Kellergewölbes, umgeben von Blut und zerbrochenen Steinstücken und plötzlich entrang sich ein Lachen seiner Kehle. Erst leise, nur ein Glucksen, um dann immer lauter zu werden, bis es den ganzen Raum zu füllen schien. Er war schon so gut wie tot, aber er hatte sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr so lebendig gefühlt, wie in diesem Moment, die Erkenntnis war einfach zu köstlich, um nicht darüber zu lachen. Immer noch lachend rappelte er sich auf die Füße und taumelte aus dem Gewölbe, ohne einen weiteren Blick an die drei Talismane zu verschwenden, die unschuldig funkelnd auf dem Boden lagen. Sollte sich jemand anders mit diesen Dingen herumschlagen, er musste nun zu sehen, dass er schnellst möglich das Gebäude verließ und so weit wie möglich weg war, bevor Hexenjäger und Magier hier auftauchten. Stolpernd und taumelnd schaffte er es schließlich die Treppe nach oben, nur um zu hören, wie jemand vor der Tür des Hauses mit lautem Schlagen Einlass forderte. Simon ersparte sich eine Antwort und taumelte weiter zur Speisekammer, wo er sich einen ledernen Trinkschlauch griff und hastig zu trinken begann. Er hatte den Schlauch kaum zur Hälfte geleert als er schon das Splittern der Haustür und die Schritte schwerer Stiefel hörte.

 Die Zeit des Untoten begann abzulaufen und so ließ er den Schlauch einfach fallen und rannte aus der Küche die Treppe nach oben in Richtung des Dachgeschosses. Hinter sich konnte er die schweren Stiefel von Soldaten und die gemurmelten Gebete eines Donarpriesters hören, die nun nach und nach in das Haus eindrangen. Wahrscheinlich war auch ein Magier anwesend und mit einer solchen Zahl von Gegnern würde er nicht fertig werden. Flucht blieb die einzige Lösung für den Vampir, doch dies störte ihn nicht, denn für den Moment konnte er wieder fühlen, wie es sein musste lebendig zu sein. Über die Folgen der heutigen Nacht konnte er sich Gedanken machen, wenn er entkommen war. An diesem Gedanken festhaltend riss er eines der Fenster des Dachbodens auf und blickte nach draußen in die Wolken verhangene Nacht. Die Dunkelheit hüllte die Stadt ein und nur vereinzelte Lichter ließen Wärme und Sicherheit erahnen. Simon konzentrierte sich für einen Moment und spürte wie sich sein Körper zu verändern begann, der Stoff an Armen und Rücken zerriss, als aus seinen Armen große fledermausartige Schwingen wurden und sich auch der Rest seiner Gestalt dem tierhaften Kern seines Wesens näherte.

 „Halt, in Donars Namen, du Ungeheuer!“

 ertönte ein Schrei hinter der tierhaften Gestalt des Vampirs, doch er reagierte nicht auf die Aufforderung, sondern sprang einfach aus dem Fenster, um sich nach kurzem Fall in die Luft zu erheben. Sirrend durchbohrten Pfeile hinter ihm die Luft, ohne ihm auch nur nahe zu kommen. Kurz lachte er auf, bevor er schnell an Höhe gewann und schon bald den Bereich der Stadt hinter sich gelassen hatte.

 Seine Pläne waren zerstört worden und er würde nun auf sehr unbequeme Weise nach Düsterland zurückkehren müssen, aber er hatte überlebt und gelernt. Dies konnte ihm keiner mehr nehmen und vielleicht war es wirklich an der Zeit der Heimat einen Besuch abzustatten. Alte Rechnungen mussten beglichen werden und jetzt schien die richtige Zeit zu sein, dachte Simon bei sich als er sich einige Kilometer von der Stadt entfernt in den Boden wühlte, um sich für den Tag eine behelfsmäßige Zuflucht zu schaffen. Kaum hatte sich der Vampir vollständig in den Boden gewühlt, als er das Nahen des Sonnenaufgangs zu spüren begann und wie dieser ihn in den todesähnlichen Schlaf seiner Art zu zwingen begann.

 Weitere Nächte würden kommen und er würde sie zu nutzen wissen.

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Chimera
Ich bin...

nicht, was ich gerne wäre....
nicht so, wie ich sein könnte...
niemals, wie man mich gerne hätte...
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auf ewig mit mir selbst im Streit....
verdammt mir selbst in Gedanken Gesellschaft zu leisen...

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Chimera Re: -
Zitat: (Original von grabgestein am 08.11.2011 - 07:58 Uhr) Ach ja ich mag das ende, ich mag alles das Ganze und ich sag dir gleich bich werd mir alles ausdrucken und auf meiner nächsten reise als lektüre wieder mitnehmen^^...

mach weiter so


Danke schön. Es freut mich, wenn die gesamte Geschichte gefällt, werde sie auch demnächst noch einmal als vollständiges Buch veröffentlichen.

Liebe Grüße
Chimera
Vor langer Zeit - Antworten
grabgestein Ach ja ich mag das ende, ich mag alles das Ganze und ich sag dir gleich bich werd mir alles ausdrucken und auf meiner nächsten reise als lektüre wieder mitnehmen^^...

mach weiter so
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