Kapitel 2 der Geschichte "Schattengeflüster" aus der Rabenfels-Chronik
Langsam aber beständig sank die Sonne am Horizont und badete die Stadt mit einem letzten Aufflackern ihres goldenen Lichts. Die Schatten in den Gassen und Straßen der Handelsstad wurden länger und dichter, bis schließlich auch der letzte Schein von den Dächern verschwunden war. Lampen wurden in den besseren Stadtvierteln entzündet und in den Tavernen begann man sich auf die Kundschaft der heutigen Nacht einzustellen. Denn diese Stadt würde niemals in einen wirklichen Schlummer fallen, immer gingen die Bewohner ihren Geschäften nach und die Nachtstunden waren für einige sogar die besten Stunden für ihr Gewerbe.Obwohl Arnulfsheim eines der Zentren des Handels darstellte, gab es hier mehr dunkle Geschäfte und schattenhafte Intrigen als an jedem anderen Ort oder war vielleicht gerade der Status, als wichtiges Handelszentrum, der Grund für diese Dichte an verwerflichen Taten.
Doch das junge Mädchen, welches sich gerade roten Puder auf die Wangen auftrug, hatte kein Interesse für solche Fragen und Gedanken. Für sie war allein wichtig, dass sie ihren Schnitt machte und dabei möglichst nicht allzu lange an den Herren ihres Interesses hängen blieb. Zufrieden musterte sie ihren Anblick in der Spiegelung ihrer Waschschüssel und blickte dann zu ihrer Zimmerkameradin, die sie ein letztes Mal in Augenschein nehmen sollte, bevor sie sich hinunter in den Schankraum begab. Gelangweilt blickte Gabrielle auf, musterte ihr Gegenüber nachdenklich und nickte dann zustimmend. So konnte sie sich unten im schwachen Schein der Kerzen präsentieren.
Ein leises Seufzen entrang sich dabei Gabrielles Kehle, denn ihre Zeit des Monats war gekommen und es war ihr bei Strafe verboten worden, sich den Gästen zu zeigen. Es könnte die Männer ja erschrecken und außerdem war es einfach nicht normal in diesem Gewerbe zu arbeiten, wenn diese bestimmte Zeit des Monats angebrochen war. Als würde es den Frauen der Gäste zu Hause anders ergehen und als würden es bei diesen anders ablaufen, dachte Gabrielle schnaubend und blickte Anezska hinterher, wie sie die gemeinsame Unterkunft verließ. Wobei Unterkunft schon beinahe angeberisch war, es war ein einfacher Verschlag unter dem Dach, nur mit einigen Brettern, durch die man hindurch sehen konnte, von den Schlafstätten der anderen Mädchen getrennt. Es waren immer zwei Mädchen zusammen untergebracht, damit es schnell auffiel, wenn eine verschwand. Dies war auch einer der Gründe, warum die Mädchen niemals zusammen mit ihrer Zimmerkameradin einen Kunden bedienen sollten.
Der Besitzer und seine Gattin waren in dieser Beziehung sehr vorsichtig geworden, als vor einigen Jahren ein Hurenmörder durch die Straßen von Arnulfsheim geschlichen war. Natürlich war er schnell von den Wachen gefasst worden, aber schnell war nicht schnell genug gewesen. Er hatte es immerhin noch geschafft fünf Mädchen zu töten und hätte es auch beim sechsten geschafft, wenn nicht gerade einige Wächter Schutzgeld abgeholt hätten und dabei auf durch die Schreie aufmerksam wurden und einschritten. Gabrielle war diese Regelung ganz recht, so hatte sie immerhin jemanden, der auf sie wartete und mit dem sie reden konnte. Anezska schien es ebenso zu sehen und so konnten die beiden Mädchen das Beste aus ihrer Situation machen. Nur an Tagen wie heute, vermisste Gabrielle die frühere Unabhängigkeit der Straße, wo sie einfach getan hatte, was ihr in den Sinn gekommen war.
Doch Trübsal blasen half ihr auch nicht weiter und so warf sie sich wieder auf ihr hartes Lager aus Stroh und alten Decken. Der Blick ihrer hellgrünen Augen wanderte ziellos über die Decke, während sie überlegte, womit sie sich in dieser Nacht beschäftigen sollte. Von unten konnte sie schon die ersten Gäste hören, aber es war noch viel zu früh, als das diese schon bereit wären den eigentlichen Grund für ihren Besuch in diesem Etablissement zu verfolgen. Leise begann sie ein Kinderlied zu summen, aber auch dies nur halbherzig und schon nach kurzer Zeit hörte sie auf damit. Jedes Mal erging es ihr so, wenn sie in diesen Umständen war, sie wurde ruhelos und eigentlich brauchte sie gerade heute das, was sie sonst immer etwas Überwindung kostete. Frustriert schlug sie mit der rechten Hand auf ihr Lager, sie musste einfach etwas tun, um sich abzulenken, auch wenn sie nicht arbeiten durfte.
„Idiotisches Männerpack. Wollen immer wie wilde Hengste sein und kneifen bei ein bisschen Blut den Schwanz ein, wie Straßenköter, wenn man einen Stein aufhebt.“
zischte sie zornig vor sich hin. Sie musste einfach raus hier, vielleicht auf der Straße ein paar Geldbörsen mitgehen lassen, um den Verlust der heutigen und der nächsten drei Nächte auszugleichen. Dieser Gedanke gefiel ihr und mit einem zufriedenen Lächeln über diese Idee erhob sie sich wieder von ihrem Lager und begann sich anzukleiden.
Sorgfältig wählte sie ihre Kleidung aus, schließlich wollte sie nicht auffallen, sondern möglichst in der Masse untergehen. So stand sie nach kurzer Zeit fertig angezogen mit einem einfachen Kleid und einem Umhang in der Kammer. Leise schob sie die Tür auf, blickte sich um, doch niemand außer ihr war hier. Nur einen kurzen Moment noch überlegte sie, ob sie sich wirklich fort schleichen sollte, doch da sie wohl niemand vermissen würde, vom möglichen Ausgleich ihrer Einbußen ganz zu schweigen, war die Entscheidung schnell gefallen. Mit sicheren, leisen Schritten durchquerte sie den Dachboden und erreichte den ersten Stock des Gebäudes.
Hier gab es richtige Zimmer, die allerdings für die zahlenden Kunden reserviert waren. Ohne sich zu beeilen ging sie zu Jorge, der auf einem Stuhl sitzend, den Hinterausgang bewachte. Oft genug wurde dieser Ausgang auch in die andere Richtung verwendet, schließlich hatten auch respektable Personen manchmal Lust auf etwas Zerstreuung. Daher saß hier immer ein Wachposten, der dafür Sorge trug, dass auch wirklich nur zahlende Kunden hereinkamen. Als Jorge nun die junge Frau erkannte, hoben sich seine Augenbrauen.
„Was hast du vor, Kleines? Du willst doch nicht raus, oder?“
In seiner Stimme schwang bei dieser Frage mehr als nur Sorge um Gabrielle mit, schließlich würde auch er bestraft werden, wenn man herausfand, dass er es gewesen war, der sie hatte gehen lassen. Gabrielle verdrehte die Augen bei diesen Fragen und trat näher an Jorge heran, bis sie nur noch einen Schritt von dem Sitzenden entfernt war. Sie nahm sich Zeit und musterte den Schläger, denn mehr war er eigentlich nicht, von oben bis unten.
Narben zierten seine Wangen und wie sie schon von einigen früheren Gelegenheiten wusste, waren dies nicht die einzigen Narben an dem Mann. Langsam sank sie neben ihm in die Hocke, als sie ihre Musterung beendet hatte und ein Lächeln erschien auf ihren vollen Lippen. Sie wusste genau, wie sie ihn herumkriegen konnte und allein dieser Kitzel nahm dem Abend schon einiges von seiner Langweile. Beinahe zögerlich langsam streckte sie ihre rechte Hand aus und strich sanft mit ihren Fingern über die Wange des Mannes. In seinen Augen konnte sie ihren Sieg schon sehen, nur sein Hirn musste die Botschaft noch verstehen.
„Sei nicht so, Jorge. Mir fällt die verdammte Decke auf den Kopf. Ich mache auch keine Dummheiten, ich will einfach nur nach draußen. Du brauchst dir keine Sorgen machen….. wenn ich wieder da bin, werde ich mich um dich kümmern.“
Ihre Stimme war etwas tiefer geworden und während sie ihm so ein eindeutiges Angebot machte, strich sie langsam mit dem Fingernagel ihres Zeigerfingers über sein Kinn und noch weiter nach unten, bis sie an seinem Schritt angelangt war. Glücklicherweise ist er nicht so abergläubisch wie die restliche, männliche Bevölkerung Arnulfsheims, dachte sie innerliche lachend, er würde ihr das geben, was sie heute brauchte und auch noch glauben, sie auszunutzen. Männer, manchmal könnte man sie einfach nur ersäufen und manchmal waren sie einfach zu niedlich. Ihre Gedanken wurden von einem heftigen Schlucken Jorges unterbrochen, der ihrer Attacke nichts entgegen zu setzten hatte. Sie hatte gewonnen, er würde sie gehen lassen und dafür sorgen, dass niemand dumme Fragen stellte.
„Alles klar. Aber sei wieder zurück bevor Anezska fertig ist.“
antwortete er mit mühsam beherrschter Stimme, die Hose war ihm viel zu eng geworden, aber er würde warten müssen und seinen Teil der Abmachung einhalten. Ruckartig erhob er sich von dem Stuhl und öffnete den Hinterausgang. Kurz blickte er sich draußen um, dann winkte er Gabrielle nach draußen. Im Vorbeigehen gab sie ihm noch einen sanften Kuss auf die Wange und schon war sie auf der Treppe hinter dem Gebäude. In diesem Moment hatte sie das Gefühl, dass ihr die ganze Stadt zu Füßen lag und mit einem Lächeln der Freude auf den Lippen machte sie sich davon.
Einige Stunden später stand Gabrielle lachend im Schatten eines Hauseinganges, ihr letztes Opfer war wirklich hartnäckig gewesen. Eigentlich sollte sie still sein, aber ein Hochgefühl erfüllte sie, dass ihr schon lange gefehlt hatte. Und der Gesichtsausdruck des Betrunkenen, als er dann doch die Kontrolle über seine Glieder verloren hatte und in einer Lache aus Pferdepisse gelandet war, dieser Gesichtsausdruck hatte ihrem bisherigen Erfolg wirklich die Krone aufgesetzt. Als sie das Freudenhaus verlassen hatte, war sie noch vorsichtig gewesen und bemüht nicht aufzufallen. Ihr erstes Opfer war ein Betrunkener gewesen, der aus einer benachbarten Taverne geworfen worden war, gerade als Gabrielle an dieser vorbeiging. Sie wäre dumm gewesen diese Chance nicht zu nutzen und so hatte sie dem Bewusstlosen schnell die Taschen geleert, bevor jemand anderes sie daran hindern oder es selbst tun konnte. Sie war gerade fertig gewesen, als sich schon die ersten Bettler sich über den Mann hermachen wollten und mit zornigen Stimmen auf Gabrielle einschrieen. Schnell hatte sie blind drei Münzen aus der Börse gezogen und sie genau zwischen die Bettler geworfen, den folgenden Tumult hatte sie genutzt, um zu verschwinden. Danach war es dann nur noch aufwärts gegangen für die junge Frau. Normalerweise war es nicht einfach die Betrunkenen Arnulfsheims um ihr Geld zu bringen, aber in dieser Nacht schien der jungen Frau alles zu gelingen. Mit einer Leichtigkeit, welche die besten Taschendiebe der Stadt in Neid erblassen lassen würde, hatte sie drei weitere Männer um ihr Geld erleichtert, ohne auch nur einmal dabei bemerkt worden zu sein. Scheinbar hatte sie ein Händchen dafür, die wirklich betrunkenen Männer zu erkennen, die sich auch am nächsten Tag nicht mehr an sie erinnern würden.
So stand sie nun im Schatten eines Hauseinganges und wog ihre eigene Geldkatze in der Hand. Sie war schwer und wenn auch nicht prall, so doch gut gefüllt mit dem Geld anderer Leute. Zufrieden streifte sie ihr Kleid nach oben und befestigte den Leberbeutel an ihrem Oberschenkel, ihrer Meinung nach das sicherste Versteck bei einer Frau. Sie atmete tief durch, bevor sie sich aus den Schatten löste und machte sich auf den Weg nach Hause, im ihren Inneren brannte immer noch das Hochgefühl der letzten Taten und in einem Anfall von Großmut nahm sich die junge Frau vor Anezska auch etwas von der Beute abzugeben. Schließlich hatte sie mehr als nur den Ausfall der nächsten Tage kompensiert und es konnte nicht schaden zu teilen.
Wie sie so durch die Gassen zurück in Richtung des Freudenhauses ging, sah sie einen gut gekleideten Mann mit langen dunklen Haaren an sich vorbeigehen, als sie gerade wieder auf die breitere Hauptstraße abbiegen wollte. Er konnte sie nicht im Dunkel gesehen haben und sie nahm sich die Zeit ihn näher zu betrachten. Die Kleidung musste teuer gewesen sein, der Spazierstock war aus dunklem Holz und mit einem Silberknauf geschmückt. Kurz rang Gabrielle mit sich, ob sie ihr Glück auf die Probe stellen sollte. Sie hatte genug für die Nacht und dieser Mann war nicht einmal betrunken. Doch irgendetwas in ihrem Inneren schien förmlich darum zu betteln, einen Versuch zu unternehmen, um diesem Mann sein Geld abzunehmen. Sie atmete tief ein, schloss die Augen und trat dann in den Lichtkreis der Laternen auf die Straße. Der Fremde war noch nicht allzu weit gekommen, da er einen aufdringlichen Bettler hatte abwehren müssen und dies gab den Ausschlag für Gabrielle. Mit einigen schnellen, aber leisen Schritten verringerte sie den Abstand zu ihrem nächsten Opfer. Als dieser den Bettler endlich mit einem leichten Schlag seines Stockes verjagt hatte, war die junge Frau auch schon auf wenige Meter herangekommen. Bisher war sie immer noch nicht bemerkt worden, der Bettler hatte ihr einen wirklich guten Dienst geleistet, ohne es zu wissen. Nun hieß es alles oder nichts für die junge Frau.
„Werter Herr? Entschuldigt bitte, ich brauche Eure Hilfe. Ich habe mich verirrt und traue mich alleine nicht mehr weiter.“
Ihre Worte hatten genau das richtige Maß an Verzweiflung und versteckter Hoffnung, ganz die Maid in Nöten. Und welcher Mann wollte nicht Ritter sein und auf diese Weise seine Kraft einer Frau beweisen? Langsam wandte sich der Fremde zu ihr um, seine dunklen Augen schienen sich in ihre Seele bohren zu wollen, so intensiv spürte sie den Blick auf sich ruhen. Ihr Herz schlug schneller und ihre Wangen röteten sich. So war sie noch nie angesehen worden, aber sie drängte das Gefühl der Verwirrung weg. Sie hatte jetzt keine Zeit für so etwas, sie musste einen klaren Kopf haben, wenn sie ihm sein Geld nehmen wollte.
„Wie könnte ich jemandem in Bedrängnis meine Hilfe verweigern? Lasst mich Euch sicher zu Eurem Zuhause geleiten.“
erwiderte der Fremde mit einer leisen und doch vollen Stimme. Ein fremder Akzent schwang mit, aber gerade in Arnulfsheim hatte dies nichts zu bedeuten. Hier gab es viele Ausländer, die auch schon viele Jahre hier lebten. Mit zwei großen Schritten war der Fremde nun bei ihr und hielt ihr seine behandschuhte linke Hand hin. Scheinbar überglücklich schlug sie die Augen nieder und machte einen leichten, unsicheren Knicks.
„Habt vielen Dank, mein Herr.“
flüsterte sie leise als Antwort und ergriff die dargebotene Hand. Sie fühlte sich stark und kräftig an, sie ließ sich näher ziehen und schlang ihren rechten Arm um seinen linken, als er ihr seinen Arm anbot. Mit wenigen Worten beschrieb sie ihm ihre vermeintliche Wohnstatt und drückte sich an ihn, als sie sich in Bewegung setzten. Deutlich konnte sie an seinem Gürtel einen schweren Beutel spüren. Ein Zittern durchlief den Fremden und er entschuldigte sich bei ihr dafür, er habe sie nicht erschrecken wollen. Schweigend gingen sie nun weiter, sie bemerkte nun auch wie kräftig und beinahe schon hart sich sein Körper unter den edlen Stoffen anfühlte. Dies wäre mal ein Freier nach ihrem Geschmack gewesen, aber sicher hatte er es nicht nötig für seine Frauen zu zahlen. Ärgerlich stutzte sie über diesen Gedanken und schob ihn beiseite, sie durfte jetzt auf keinen Fall leichtsinnig werden und sich irgendwelchen Träumen verlieren.
Schließlich näherten sie sich ihrem vermeintlichen Ziel und voller Dankbarkeit umarmte sie den fremden Mann, als ihr angebliches Haus in Sichtweite war. Als Dank drückte sie ihm einen leichten Kuss auf die Wange und löste sich wieder von ihm, allerdings nicht ohne die Börse mitgehen zu lassen. Sie war an einem kleinen Hacken angebracht gewesen und dies hatte es ihr leicht gemacht, sie zu entwenden. So trennte sie sich von dem Mann, beobachtete noch kurz wie er im aufkommenden Nebel langsam aus ihrer Sicht entschwand und tauchte dann selbst im Nebel und den Schatten unter. Flink trugen sie ihre Füße durch die nahen Gassen, ihr letzter Spender sollte sie schließlich nicht einholen können. Und in diesem Gewirr würde ein so feiner Herr sie wohl auch kaum zu finden vermögen. Nachdem sie einige Entfernung zwischen sich und ihr Opfer gebracht hatte, lehnte sich Gabrielle an eine Hauswand und atmete tief durch. Was war nur diese Nacht los, dass sie soviel Glück verdiente. Die Börse wog schwer in ihrer Hand und langsam öffnete sie das Lederband, welches den Beutel verschloss.
Doch bevor sie den Inhalt erblicken konnte, tauchte ein Schatten vor ihr aus dem Nebel auf. Es war der Fremde, doch wie hatte er ihr so schnell und lautlos folgen können, schoss ein Gedanke in den Vordergrund bevor Angst und Überraschung über sie hinweg wallten. Er hatte nicht einmal „Diebin“ gerufen. Fassungslos und mit offenem Mund starrte sie ihn an. Seine Augen schienen im Licht der Monde zu leuchten und deutlich konnte sie sein Lächeln sehen.
„Du hast etwas, was mir gehört, kleines Mädchen.“
flüsterte er mit seiner leisen, vollen Stimme und dies brach den Bann des Augenblickes. So einfach würde er sie nicht bekommen. Gabrielle stieß sich von der Wand ab und wollte losrennen, als heißer Schmerz durch ihre rechte Schulter schoss. Schneller als sie es für möglich gehalten hatte, war sie vom Stock des Mannes an die Wand gedrückt worden und konnte spüren, wie ihre Knochen unter dem Druck nachzugeben begannen. Schockiert brachte sie keinen Laut hervor, ihre Eingeweide brannten heiß und die Knie wurden ihr weich. Und immer noch war der Blick des Mannes auf sie gerichtet, sie hätte in diesen dunklen Augen ertrinken können. Wäre sie doch nur zu Hause geblieben und hätte die Einsamkeit ertragen, statt sich auf ein solches Glücksspiel einzulassen, bereute sie nun… zu spät.
„Kleines Mädchen, du hast dir den Falschen ausgesucht. Und dafür wirst du bezahlen…..“
Gabrielle konnte die Worte des Mannes kaum noch wahrnehmen, immer mehr ertrank ihr Geist im funkelnden Blick. Schwärze senkte sich über ihr Blickfeld und ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, wurde sie davon umfangen und fort getragen.
Langsam ließ der Fremde den Stock sinken und blickte das regungslose Mädchen an. Keinen Moment hatte er ihr Lügengebäude geglaubt und er hatte sie schon bemerkt, als sie ihn noch lange nicht gesehen hatte. Ihr Geruch erfüllte die Nacht mit einer köstlichen Nuance, der schwere kupfrige Geruch ihres Blutes, war wie der Duft von Rosen für ihn. Es war so einfach gewesen, sie unter Kontrolle zu bekommen. Sie würde ihm nun überall hin folgen, dazu musste er nicht eine Anweisung geben. Er hatte sie vollkommen in seiner Gewalt. Doch bevor er sie in sein Heim brachte, musste er sie noch einmal in Augenschein nehmen.
Mit ruhigen Bewegungen streifte er die Handschuhe ab, seine bleichen kräftigen Hände kamen nun zum Vorschein und beinahe zärtlich ließ er seine Finger über das Gesicht des Mädchens gleiten. Eine wahre Schönheit war sie nicht, aber zumindest für den Moment noch hübsch anzusehen, dachte er bei sich als er seine Hände wieder zurückzog und kurz an seinen Fingern roch. Ihr ganzer Körper verströmte diesen einzigartigen Geruch, der ihren Zustand verkündete. Dieser Duft war beinah unwiderstehlich und er konnte sich nichts Besseres für den Abschluss der Nacht vorstellen. Bei diesem Gedanken lächelte er, denn ihm war gerade doch noch etwas Besseres eingefallen. Ohne weiter Zeit zu verlieren, verließ er den Ort mit seiner neuen Begleitung und machte sich auf den Weg zu seinem Unterschlupf. Kaum angekommen gab er seinem menschlichen Diener einige Anweisungen für die Vorbereitung eines ganz besonderen Erlebnisses, welche dieser so schnell wie möglich umsetzte.
Wiegende Bewegungen ließen Gabrielle langsam wieder das Bewusstsein zurückerlangen. Es geschah nur langsam und zögerlich, als wolle sich ihr Geist vor etwas verschließen. Doch immer mehr kehrten ihre Sinne zurück, bis sie entsetzt über ihre Situation ihre Augen aufriss und dabei direkt in die dunklen Augen des Fremden blickte. Nackt saß sie auf ihm und konnte sein Glied in sich spüren, ebenso wie den Schweiß auf ihrer Haut, ihre Arme waren über ihren Kopf hochgezogen und gefesselt worden. Scheinbar hatte sie ihn bis zu diesem Moment geritten, Angst und Übelkeit stiegen in ihr auf, da sie es sich nicht erklären konnte, wie das hatte geschehen können. Doch nun erst registrierte sie das Brennen ihrer Haut, Feuer brannte an Brüsten und Bauch. Fassungslos blickte sie mit geweiteten Augen an sich herunter und konnte gerade noch sehen, wie er seine Fingernägel über ihre Haut gleiten ließ und diese dabei mühelos zerschnitt. Blut floss ihn Strömen aus den spiralförmigen Mustern, die er ihr in die Haut gezeichnet hatte und mischte sich an ihrem Schoß mit dem Blut ihrer Menstruation.
Ein lautes Kreischen entrang sich ihrer Brust und erfüllte den Raum, nur um sich mit dem leisen Lachen des Mannes zu mischen. Genüsslich leckte er sich die blutigen Fingerspitzen ab und erwiderte ihre vergeblichen Versuche sich zu befreien mit stoßenden Bewegungen seiner Hüfte. Seine langen, raubtierhaften Fänge waren deutlich zu sehen und diese letzte Beobachtung, zusammen mit den Dingen, die er ihr angetan hatte, reichte nun endlich aus um den Verstand des Mädchens zu zerbrechen. Gabrielle wurde zu einem schreienden, zappelnden Bündel, welches ihm alles versprach, wenn er sie nur leben ließe. Sogar Anezskas Leben versprach sie ihm im Austausch für ihr eigenen Leben. In vollen Zügen genoss er ihr Flehen und ihre Bewegungen, bis er schließlich mit einer fast beiläufigen Bewegung seiner rechten Hand, die Kehle des Mädchens herausriss und seinen ganz eigenen Höhepunkt unter dem spritzenden Blut der jungen Frau fand.
Sein Körper bäumte sich auf, während der warme Lebenssaft seine bleiche Haut benetzte und in kleinen Strömen an ihm herab auf das Laken lief. Mit raubtierhafter Schnelligkeit schnellte sein Oberkörper nach oben, so dass sich seine Zähne in die weiche Haut seines Opfers bohren und er so von der Brust des sterbenden Mädchens trinken konnte. Nach einer scheinbaren Ewigkeit sank er zurück auf die mit Blut getränkten Laken und lag still da, beinahe wie eine Statue. Bedächtig leckte er sich das Blut von den Lippen und verharrte noch kurz unter dem Leichnam, bevor er sie achtlos von sich stieß. Wie köstlich doch die Angst das Blut der Sterblichen machte und wie fad sie sonst doch schmecken konnten. Kurz blickte er auf den zerstörten Körper der jungen Dirne, der immer noch an seinen Fesseln hing und erhob sich dann von dem Bett. Leider waren die Laken schon wieder ruiniert, er musste sich endlich eine Alternative einfallen lassen, es konnte nicht angehen, dass er jedes Mal die Wäsche verbrennen musste, nur weil er sich ein bisschen amüsiert hatte. Als er leise in die Hände klatschte erschien schon sein menschlicher Diener, der sich sofort daran machte die Laken abzuziehen. Anschließend löste er die Fesseln von den Armen der Leiche und wickelte den Leichnam des Mädchens in die Laken, bevor er das ganze Paket aus dem Raum schleppte.
In der Ferne konnte der Fremde das Näherrücken des Sonnenaufgangs spüren, die Nacht würde schon bald vorüber sein. Langsam trat er nackt ans Fenster und löschte die Kerzen mit einer Handbewegung, das Blut auf seiner Haut hatte langsam begonnen zu gerinnen und zeichnete verwirrende Muster auf seinen Leib. Seine Augen richteten ihren Blick zum Himmel und zum Mond, welcher schon so viele Jahre seine Taten stumm beobachtete und nun untoten Körper in seinem Licht badete. Völlig regungslos, wie eine Statue, stand er so am Fenster bis er es an der Zeit fand sich zurückzuziehen.
Wenn nur jede Nacht so köstlich sein könnte, wie diese.