Kurzgeschichte
Ich bin doch nicht die Anderen

Der Wecker klingelt nach einem einigermaßen entspannten Wochenende.

Toll, Montagmorgen und die Woche nimmt kein Ende. Es startet das übliche Prozedere: schnelles gemeinsames Frühstück, Kinder fertig machen, Brote schmieren. Ein Kind in den Kindergarten bringen, eins zur Schule, zwischendurch den Mann zur Arbeit fahren, dann selber ins Büro hetzen. Zeit ist eben kostbar und will sinnvoll genutzt werden. Nun ja, der erste anstrengende Teil des Tages ist geschafft.

Doch der Montag ist nicht umsonst der gefühlt anstrengendste Tag meiner Woche. Der Chef will dies, der Chef will das. Das Telefon ist zum Leben erweckt und will mir keine Ruhe gönnen. Ich brauch einen Kaffee. Doch der Kaffee in der Tasse ist kalt, der in der Kanne ist leer. Ja, so arbeitet man doch entspannt. Gut, Kaffee kochen. Nach vier Stunden ist dann auch der zweite anstrengende Teil des Tages geschafft. Feierabend. Und dieser besteht aus Kinder einsammeln, Essen kochen, Haus in Ordnung bringen. Doch Kinder sind offenbar nicht zufrieden damit, dass nur einmal am Tag aufgeräumt wird, vor allem von mir. Habe ich schon erwähnt, dass der Staubsauger mein wichtigstes Haushaltsgerät ist?

Der Blick auf die Uhr lässt mich wieder in Panik verfallen. Wir müssen los, der Große hat Fußball. Die Kleine aber motzt: „Ich will nicht mit!“  Gut, Kinder irgendwie angezogen, und zum Training gefahren.

Statt Musik aus dem Radio, gab es im Auto ein Schreikonzert der Tochter. Mädchen machen ihrem Ruf als Zicke doch nun wirklich alle Ehre.

Nach dem anschließenden Wocheneinkauf, der mit zwei Kindern ein Spießrutenlauf werden kann, gibt es Abendbrot, und mit wachsener Ungeduld sehne ich die Gute-Nacht-Geschichte herbei. Allerdings sind die Kinder der Meinung noch mal richtig aufdrehen zu müssen und rocken das Haus.

Endlich, geschafft. Die Kinder sind im Bett, und auch der Mann ist satt und zufrieden. Mein Sofa ruft. Sobald ich die für mich bequemste Position gefunden habe, höre ich von oben: Maaaaami, ich hab Duuuaaast. Gut, ein  letztes Mal aufstehen. Ruhe. Fußball kommt Gott sei Dank heute auch nicht im Fernsehen.

So in etwa sieht eine stinknormale Woche aus. Tag für Tag. Das schlaucht, ich wünsche mir Urlaub, oder wenigstens eine Kur. Am Wochenende sucht man die wohlverdiente Ruhe, aber Fehlanzeige. Hin und wieder ein Streit unter Geschwistern  kann auch ganz schön zehrend sein.

Ich fühl mich kaputt, will mal Zeit für mich haben. Doch ich mach mir auch Gedanken. Ich bin doch nicht die einzige berufstätige Mutter. Wie machen das die anderen? Bei denen läuft offensichtlich meistens alles rund, die haben ständig gute Laune, die Bude ist immer ordentlich. Wie machen die das bloß? Ach was soll´s. Ich bin doch nicht die Anderen. Wem es nicht passt, wie es bei uns läuft,

der muss eben weg bleiben.

Am Sonntag sind wir bei Freunden. Dort ist es ähnlich wie bei uns. Hin und wieder chaotisch, manchmal werden auch dort die Kinder angeraunzt. Und so gut gelaunt scheinen sie  auch nicht immer zu sein. Auch meine Freundin hat ein inniges Verhältnis zu ihrem Staubsauger.

Langsam bin ich beruhigt. Sollten die anderen doch nicht so perfekt sein, wie ich immer dachte? Nebenan in der Küche gibt es einen lauten Knall.  Die Glasflasche, die eigentlich auf dem Tisch stehen soll, wartet nun in 1000 Teilen darauf, dass sie aufgefegt wird. Daneben ihr kleiner Sohn, der erst einmal ein Donnerwetter verkraften muss. Es gibt Abendessen. Doch wir Eltern sitzen alleine am Tisch. Die Rasselbande lässt sich das Essen vor der Glotze schmecken und will nicht gestört werden.

Ach, ich fühl mich irgendwie zu Hause.