Kapitel 4
Ich wurde wach und drehte mich um. David lag immer noch neben mir, er hielt mich fest in seinen Armen. Ich kuschelte mich noch einmal an ihn heran und sah nebenbei auf die Uhr.
„Scheiße“, fluchte ich, ich hatte mir vergessen den Wecker zu stellen, denn es war schon um elf.
David wurde wach: „Hey was ist denn los?“
„Ich hab verschlafen“
Dann klopfte es an der Tür, Luca kam herein und sah David in meinem Bett und drehte auf der Stelle wieder um, die Tür knallte hinter ihm zu.
„Ich sollte gehen Ashley. Bevor du noch mehr Ärger bekommst, mit deinem Bruder.“
„Ach Quatsch. Er soll nicht so übertreiben. Ich geh mal zu ihm.“, beruhigte ich ihn.
Ich gab ihm ein Kuss auf die Wange und ging zu Luca. Er sah wütend aus, aber das war mir egal, denn ich war glücklich. Wenn auch nicht gerade in dem Augenblick.
„Kannst du mir mal sagen, was der in deinem Bett sucht? Warum ist er überhaupt noch hier?“
„Er heißt David und nicht der. Ich möchte mal wissen wann du das kapierst?! Außerdem wenn du mich allein lässt, kann er doch wohl hier bleiben. Wenn du zu Selena gehst, warum muss ich dann alleine hier rum sitzen ? Ich bin achtzehn ich kann ja wohl auch mit entscheiden wer hier zu Besuch ist“ Ich sah wie seine Ader am Hals raus kam und das hieß nichts Gutes.
„Von mir aus kannst du jemanden nach Hause einladen, aber muss es dann jemand sein den du noch nicht richtig kennst? Hätte es nicht Maria sein können? Du weißt doch nichts von diesem Kerl, was wenn er ein Verbrecher ist oder was weiß ich?“ Ich redete ihm dazwischen, denn das konnte ich mir nicht mehr anhören: „Luca übertreib mal nicht. Er ist kein Verbrecher du solltest weniger Fernsehen gucken. Außerdem war ich froh nicht alleine sein zu müssen. „
„Ach nur weil du irgendwas in der Nacht gehört hast oder was? Das hast du doch sowieso nur geträumt oder es kam wegen dem Alkohol. Also denk da nicht dran.“
„Mum hätte mir geglaubt. Aber dir ist in letzter Zeit alles egal und mir richtig zuhören tust du auch nicht.“
„Ashley es reicht langsam. Du übertreibst ganz schön, liegt wohl an dem Typen. Und nur weil ich mal keine Zeit habe, musst du jetzt nicht so sinnlos überreagieren.“ Er schaute auf die Uhr und guckte mich dann streng an „Warum bist du eigentlich nicht in der Schule?“
„Warum willst du wissen ja?“, ich klang ein wenig hysterisch aber das war mir in den Augenblick egal. Ich stapfte zu dem Küchentisch und hielt ihm den Zettel vor die Nase: „Deswegen war ich nicht in der Schule. Wann hattest du es vor mir zu erzählen? Wenn wir auf der Straße gesessen hätten oder wann?“
„Ich hätte dir das schon später noch erzählt“
„Später, später. Warum kannst du das nicht mal gleich erzählen. Ich bin kein Kind mehr.“ Das war das letzte was ich sagte und rannte zur Tür raus. Ich wollte alleine sein und lief Richtung Wald, ich hörte noch wie Luca mir irgendwas hinter her rief. Aber das war mir egal, ich wollte ihn jetzt nicht sehen. Am Waldrand angekommen ging ich langsam weiter, mir liefen die Tränen die Wangen herunter. So sehr hatte ich mich noch nie mit Luca gestritten und das nur weil er David nicht mochte. Ich lief in meinen Gedanken versunken, immer weiter in den Wald. Dann erinnerte ich mich an das Baumhaus was unser Vater gebaut hatte. Es musste hier irgendwo sein und dann sah ich es auch schon. ICH kletterte die Leiter hoch, die schon ein wenig morsch war. Aber so das Baumhaus, war noch gut in Schuss gewesen. Es war zwar ein wenig Grünzeug ringsherum, aber das war ja egal. Dann wurde es trüb draußen und kurze Zeit später fing es an zu regnen. Ich setzte mich in die Ecke des Hauses und schaute aus dem kleinen Fenster. Ich hätte mir eine Decke mitnehmen sollen, denn es wurde ganz schön frisch auf einmal. Ich hoffte es bis abends auszuhalten, denn vorher wollte ich Luca nicht sehen. Ich schaute auf mein Handy es war gerade einmal kurz vor um eins. Ich beschloss David zu schreiben. Nach ein paar Minuten kam von ihm schon eine Antwort zurück ich las sie leise vor mich her: „Hallo Ashley, nee er hat nichts gesagt. Ich bin auch von alleine gegangen. Aber er lief ein wenig nervös in der Küche auf und ab. Es wäre vielleicht besser wenn du ihm schreibst wo du bist. So ich hoffe es geht dir gut und du bist im Trockenen.“ Ich schreib Luca bestimmt nicht, so wie er sich aufgeführt hat. Dann piepte mein Handy noch einmal, vielleicht schreibt mir ja Luca doch. Ich schaute drauf und Selena hatte mir geschrieben. „Hey na alles klar? Du warst ja heute gar nicht in der Schule. Ich hatte mich schon gewundert, aber dann fiel es mir ja ein, denn Luca hatte mir es erzählt, dass ihr aus dem Haus heraus müsst. Wo bist du denn jetzt? Luca macht sich sorgen.“
Gut zu wissen dass Luca, Selena es schon erzählt hatte mit dem Haus, aber mir konnte er es nicht sagen. Das zeigte ja wieder alles und ich hatte noch weniger Lust nach Hause zu gehen.
Ich schrieb ihr zurück dass alles okay sei und das ich bei David zu Hause bin. Ob sie es mir nun glaubte war mir egal. Ich war wütend. Dann versuchte ich David anzurufen, denn ich wollte fragen ob er zu mir kam, für eine Weile.
Es klingelte ewig und gerade als ich auflegen wollte ging er ran.
„Was ist los Ashley?“, es klang so als hätte er keine Zeit, also fasste ich mich so kurz wie es ging.
„Es ist alles okay, ich wollte nur fragen ob du vorbeikommen kannst?“
„Jetzt geht es nicht. Aber so in einer Stunde wenn du magst. Wo bist du überhaupt?“
„Ich bin im Wald und mir ist total langweilig und kalt wird es auch langsam.“
„Na dann geh doch wieder nach Hause“, ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen.
„Nein“, reagierte ich etwas gereizt „er soll nachdenken. Könntest du mir vielleicht etwas vorbei bringen?“
Er machte eine ziemlich lange Pause: „Ja okay, aber es dauert halt bis ich zur dir komme.“
„Könntest du mir ein bisschen was mitbringen?“
„Ja mach ich. Bis später“, es klang im Hintergrund als wäre Luca da gewesen. Aber das konnte doch nicht sein, er mochte David doch gar nicht. Ich grübelte ob ich bei ihm vorbei gehen sollte. Naja es war immerhin besser als die ganze Zeit rumzusitzen, also lief ich los.
Zum Glück hatte er mir grob erklärt wo er wohnte. Ich war kurz vorm Haus angekommen und sah Luca und David zusammen. Luca gab ihm Geld, ich verstand die Welt nicht mehr. Warum tat er das?
Danach schüttelten sie sich die Hände und David ging wieder zurück ins Haus.
Ich rannte nach Hause, bevor Luca wieder da war und packte mir ein wenig für die Nacht ein.
Mein Mp3-Player, ein Buch und zwei Decken stopfte ich in den Rucksack. Etwas zu trinken und ein bisschen zu Essen nahm ich auch noch mit. Dann lief ich auf dem schnellsten Wege zurück zum Baumhaus, denn ich wollte nicht das Luca mich sieht, schon gar nicht was ich nachdem was ich gerade sah.
Im Baumhaus angekommen, kuschelte ich mich in eine Decke und begann ein wenig zu lesen. Es war total still im Wald nur ab und an zwitscherte ein Vogel und die Blätter raschelten im Wind.
Ich war total in mein Buch versunken und schreckte auf als mein Handy klingelte, David wurde mir angezeigt. Hatte ich jetzt eine Lust mit ihm zu reden oder ihn zu sehen.
„Ja“ ,entgegnete ich ihm kurz.
„Hey ich wollte fragen wo du bist? Denn ich bin kurz vorm Wald.“
„Warte kurz. Ich mach mich auf den Weg“, dann legte ich auch schon auf und lief los.
Von weitem sah ich ihn schon stehen, er lächelte mich an aber mir war alles vergangen ich wollte nur noch wissen was da bei den beiden vorging.
Als ich vor ihm stand, beugte er sich zu mir vor und wollte mich küssen, aber ich drehte mich weg.
„Was ist los?“, wollte er wissen.
„Ich hab dich mit Luca gesehen. Er hat dir Geld gegeben?“ antwortete ich wütend „Für was? Damit du dich mit mir triffst?“ Er sah mich erschrocken an und fing an zu stottern: „Wo-her weißt d-du das?“
„Ich hab dich mit ihm gesehen, wie gerade schon erwähnt. Also sag es mir jetzt“
„Er hat mir das Geld gegeben damit ich dich eine Zeit lang in Ruhe lasse. Deswegen bring ich dir jetzt das Zeug vorbei und dann siehst du mich erstmal nicht wieder.“ Er reichte mir seinen Rucksack, wütend schlug ich ihm diesen aus der Hand.
„Das war es ja? Dann kannst du deinen Scheiß behalten“ Ich drehte mich um und stampfte zurück. Er hatte mich wirklich abgeschrieben, er tat das was Luca im sagte und nur wegen ein bisschen Geld? Ich konnte das nicht verstehen, aber alles was er sagte war wahr, das sah ich in seinen Augen.
Mein ganzer Körper fing an zu zittern, so wütend war ich noch nie, irgendwie musste ich mich ein wenig beruhigen. Musik musste her, also suchte ich meinen Mp3-Player und stellte ihn so laut wie es ging. Später schlief ich wohl ein.
Abends wurde ich wach, es war schon dunkel draußen, ich schaute auf mein Handy, es war schon halb zehn. Auf meinem Display sah ich sechs verpasste anrufe und acht SMS. Die Anrufe waren von Luca und eine SMS die anderen von Selena und David. Luca wollte wissen wo ich war und wann ich nach Hause kam. Selena schrieb das es nicht stimmte das ich bei David sei und das ich endlich nach Hause gehen sollte. David hatte mir 6 SMS geschrieben dass es ihm doch Leid tut und er mich mag.
Ich schrieb allen drei zurück das sie mich erstmal in Ruhe lassen sollen und eine Gute Nacht. Mit meinem Handy leuchtete ich mir ein wenig, denn ich sah nichts mehr. In dem Rucksack fand ich Kerzen und Streichhölzer. Der konnte nicht von mir sein, ich zündete die Kerzen an und sah das ich in der Eile vorhin Lucas Rucksack genommen hatte.
Ich las noch ein wenig im Buch, dann stand ich auf und beschloss mir ein wenig die Beine zu vertreten. Ich nahm mir auch eine Kerze mit und kletterte herunter.
Meine Beine waren eingeschlafen und ich schlürfte durch den Wald, allerdings auch nicht allzu weit vom Baumhaus weg. Hinter mir raschelten die Blätter, ich drehte mich um, aber sah keinen. Was wahrscheinlich auch an dem spärlichen Licht lag. So schnell wie ich konnte rannte ich zum Baumhaus zurück und krabbelte die Leiter herauf. Ich verzog mich in die Ecke und deckte mich bis zur Nase hoch zu. Ob es eine so gute Idee war, alleine im Wald zu bleiben, ich fing es an zu bezweifeln.
Da ich noch zu wenig sah im Baumhaus, zündete ich noch mehr Kerzen an. Endlich sah ich mehr, nur musste ich aufpassen dass sie nicht so weit herunter brannten. Dann setzte ich mich wieder zurück in meine Ecke und schloss kurz die Augen. Ich lauschte, da hörte ich jemand durch den Wald schleichen. Denn andauernd raschelten irgendwo Blätter, ich öffnete wieder meine Augen und blickte aus dem kleinen Fenster, aber ich sah keinen.
Das Holz von der Leiter knarrte, anscheinend kam jemand hoch. Mir wurde schlecht vor Aufregung und ich musste mich zusammen reißen mich nicht zu übergeben. Am ganzen Körper fing ich wieder an zu zittern.
„Bitte lass es jemand sein den ich kenne“, flüsterte ich.
Dann sah ich die erste Hand schon am Eingang, meine Nervosität stieg. Ich suchte irgendetwas zu verteidigen, aber in meiner Eile fand ich nichts brauchbares.
Derjenige war endlich oben und ich glaubte meinen Augen kaum.
„Herr Groth? Was wollen sie denn hier?“, erschrocken schaute ich ihn an.
„Das gleiche könnte ich dich fragen, Ashley.“
„Ähm“, mir fehlten die Worte, was wollte er nur hier. Er kam doch gar nicht aus diesem Ort.
Als ich meine Sprache wiederfand antwortete ich ihm: „Unser Vater hatte das Baumhaus für uns gebaut. Aber woher wissen die davon?“, er schaute mich mit seinen grauen Augen an.
„Ich hab es den einen Tag hier gefunden, als ich im Wald spazieren war und heute hatte ich vor noch eine Nacht darin zu schlafen“ Der glaubte doch nicht wirklich das ich ihm das abnahm, denn das klang total absurd.
Er fing an seinen Rucksack auszupacken und er hatte wirklich alles dabei was er brauchte.
Mein Bauch knurrte total laut und er schaute mich belustigt an. Leider hatte ich den Snack vorhin schon gegessen und nichts mehr mit.
„Du hast wohl nichts zu Essen mit?“
„Nein das war ja auch nicht geplant, dass ich hier solange bleibe“
Er grinste frech und reichte mir ein Brötchen, ich nahm es und schlang es hinter.
„Hat dein Bruder schon mit dir geredet?“, wollte er wissen.
„Nein, ich hab es selber herausgefunden, durch den Brief auf dem Tisch“
„Hm na das ist natürlich nicht schön“ er machte eine kurze Pause „Warte mal kurz ich bin gleich wieder da“ Dann verschwand er auch schon wieder, was er jetzt wohl vor hatte und das um die Zeit.
Ich sah noch Brötchen bei ihm liegen, mein Magen sagte mir, nehme es, aber ich riss mich zusammen.
Eine viertel Stunde später kam er wieder zurück, er hatte Flasche und zwei Becher in der Hand. Wo er die jetzt wohl her hatte. Er kippte für jeden einen Schluck ein.
„Hier einer für dich“, er reichte mir einen vor die Nase.
„Was ist denn das?“
„Das ist ein Cocktail, aber das Etikett ist abgegangen. Ich glaub das war etwas mit Erdbeeren.“
„Okay, aber da sind auch keine Drogen drin oder?“
Er fing an zu lachen, so hatte ich ihn noch nie gesehen und er wirkte gleich viel sympathischer. Vielleicht wurde das noch ein lustiger Abend.
„Also ich hab keine rein getan. Aber wenn du möchtest können wir ja auch tauschen“
„Ach nein ich glaub Ihnen das schon“, ich saß also im Baumhaus mit dem Mann der mir vor ein paar Tagen noch Angst machte und trank mit ihm Alkohol.
Aber er war ja auch so anderes, total locker und gar nicht mehr angsteinflößend. In dem Kerzenschein fiel mir auf das er hübsch war, so genau hatte ich ihn auch noch nie betrachtet. Selbst wenn er nicht gerade lächelte oder lachte wirkte er heute weicher.
„Möchtest du noch ein Brötchen?“
„Oh ja“, er schmunzelte über meine Antwort und gab mir noch eins.
Er beobachtete mich beim Essen, ob die Brötchen vergiftet waren?
„Warum schauen Sie mir zu?“, fragte ich ihn.
„Och mir war gerade danach“ sein grinsen wurde breit „Komm wir stoßen an“ Dies taten wir und ich trank ein Schluck. Der Cocktail schmeckte bitter und süß zu gleich.
„Wo haben Sie denn das her?“, ich trank es aus.
„Ach ich hab das aus irgendeinem Laden.“, als er das sagte schenkte er mir auch schon wieder etwas ein.
Wir unterhielten uns noch eine Weile. Ich wurde schon wieder müde. Auf einmal fielen mir die Augen zu und alles wurde schwarz.
Früh schreckte ich auf, was war passiert? Wo war Herr Groth hin? Hatte ich das nur geträumt? Ich schaute auf das Handy. Hm nein es war Dienstag. Ich hatte total Kopfschmerzen, die konnten doch nicht von dem Cocktail kommen.
Mein Hals brannte, ich tastete ihn ab und merkte eine Kruste. Ich kratzte es ab, es war Blut. Wie kam denn Blut an meinen Hals. Was war die Nacht nur geschehen? Ich konnte mich an kaum was erinnern. Ich beschloss nach Hause zu gehen um mich auszuruhen, als ich die Leiter herunter klettern wollte, brannte die Sonne auf meine Haut und mir wurde schlecht. Ich kletterte schnell runter um mich zu übergeben. Etwas raschelte im Gebüsch und ein Hase kam heraus gerannt. Was war denn das für ein Gefühl, ich wollte dem Hasen hinter rennen?!
Das Sonnenlicht brannte nicht nur auf der Haut sondern auch in den Augen und das tat weh. Also wieder hoch ins Baumhaus wo es ein wenig dunkler war.
Von Herr Groth der Rucksack stand noch da, ich durchwühlte ihn nach noch etwas essbaren. Ich fand auch noch etwas, aber das machte mich nicht satt. Ich hatte so wahnsinnigen Hunger. Ich setzte mich in meine Ecke und wartete dass er wieder kam. Irgendwann schlief ich vor Hunger und Schmerzen ein und wurde erst am späten Nachmittag wach.
Er saß wieder da „WAS haben Sie mit mir gemacht?“, schrie ich ihn an. Mit mir ging alles durch, am liebsten hätte ich mich auf ihn gestürzt. Aber er sagte nichts, er saß einfach nur da und grinste.
„Was gibt es da zu grinsen? Mir tut alles weh!“ Er schob mir wieder einen Becher hin und es roch so gut. Ich nahm den Becher und trank es gierig aus. Mein Hunger war weg und das nur von so einen komischen Getränk?
„Was war das?“, fragte ich ihn.
Er antworte trocken: „Menschenblut“
Ich schaute ihn mit großen Augen an und musste würgen, aber es kam nichts. „Sie lügen!“
„Nein ich lüge dich nicht an. Du wirst es schon bald sehen“ sein grinsen wurde breiter. Die Wut stieg in mir auf und ich brodelte. Es war komisch ein Teil von mir wollte unbedingt noch mehr Blut, aber ein anderer Teil wollte es aber nicht.
Durch sein grinsen provoziert, sprang ich ihn an. Aber er reagierte darauf gefasst und schleuderte mich zurück. Ich stieß mir den Kopf an der Ecke und das war nicht gut wegen meinen Kopfschmerzen. Sie wurden gleich noch viel schlimmer. Was tat ich überhaupt, das war nicht ich. Mir stiegen die Tränen auf und ich musste weinen. Mir tat alles weh, der Kopf, die Augen, selbst mein Kiefer schmerzte. Ich schluchzte: „Was haben Sie getan?“
Er kam zu mir herüber und setzte sich neben mich.
„Ich habe aus dir etwas gemacht.“
„Was gemacht? Sie spinnen doch?“
Er schaute mich eine ganze Weile an und zögernd sprach er: „Ein Vampir“
Ich stand auf und wollte gerade gehen.
„Das ist die Wahrheit, deswegen tut dir alles weh, weil du dich verwandelst. Aber morgen ist alles vorbei.“ Ich drehte mich um und mir stiegen die Tränen wieder in die Augen. Ich konnte das nicht glauben, ich suchte in seinem Gesicht ein lächeln. Aber ich fand keins, er log mich also nicht an. Ein Vampir? Aber so etwas gab es doch nur Geschichten. „Warum ich?“
Er antwortete trocken: „Mir war es egal wer es ist“
Mir blieb der Mund offen stehen, nur weil ich am falschen Ort war, musste ich zu einem Monster werden? Ich schlug auf seinen Arm ein und er ließ es über sich ergehen. Irgendwann war ich erschöpft und brach fast zusammen.
Fast flüsternd fragte ich:„Warum kann ich in die Sonne gehen? Ich dachte immer Vampire würden dann zu Staub zerfallen.“
Meine Hoffnung das er doch log, war noch nicht ganz weg.
Er lachte: „Das ist doch nur ein Gerücht, so etwas wird in den Geschichten erzählt. Wenn du in die Sonne gehst, wirst du schwächer und es brennt in den Augen. Also brauchst du keine Angst haben.“
Ich schaute ihn nachdenklich an, mein Leben hatte keinen Sinn mehr. Ich bekam schon wieder Hunger, aber ich wollte nicht schon wieder Blut trinken.
„Was hast du jetzt vor mit mir?“
„Was soll ich denn jetzt mit dir vor haben?“
„weiß ich doch nicht du hast es doch getan oder hab ich mich selber zum Vampir gemacht?“
„Ich hab nichts mit dir vor.“ Er starrte mich an „nur nach Hause kannst du nicht mehr. Es würde auffallen wenn alle älter werden, nur du nicht und irgendwann würdest du sie sterben sehen.“
Es gab mir einen Stich ins Herz und alles in mir schrie. Das darf nicht sein, was sollte ich ihm sagen warum ich nie mehr wiederkehrte.
„Was nein. Das können Sie von mir nicht verlangen“, schrie ich ihn an.
Er zuckte mit den Schultern und drehte sich um: „Ich bin gleich wieder da. Warte hier.“
Groth sprang herunter und ich hörte wie er weg rannte. Warum beantwortete er mir manche Fragen nicht oder tat so als würde es ihn nicht interessieren.
Auf einmal überkamen mich Schmerzen im ganzen Körper, ich krümmte mich auf dem Boden. Wann hörten sie endlich auf. Mein Hunger wurde immer größer und meine Kehle brannte. Der Vampir in mir verlangte nach Blut. Aber ich versuchte mich dagegen zu wehren, denn Menschenblut wollte ich nicht mehr. Ich konnte doch keine Menschen töten nur um meinen Hunger zu stillen.
Die Schmerzen hörten nicht auf und ich versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren, nur ging es nicht.
Dann hörte ich wie jemand angerannt kam, wenn man das noch rennen nennen konnte, so schnell wie sich derjenige näherte.
Herr Groth kam die Leiter herauf gesprungen. Er warf mir eine Flasche mit rotem Inhalt zu. Ich musste es trinken, weil es das Monster in mir wollte, jeder Versuch sich dagegen zu sträuben war sinnlos.
Ich war so gierig das die Flasche mit einem Zug leer wurde. Mir lief das Blut die Kehle herunter und mein Schmerz wurde gestillt, endlich ging es mir wieder besser.
Ich leckte mir genüsslich die Lippen ab und seufzte.
„Es schmeckt oder?“, fragte er grinsend.
„Ich wollte es nicht trinken, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren.“ Ich legte eine kleine Pause ein musste schlucken „Wo haben Sie das Blut her?“
„Na von einem Menschen.“
Wieso mussten nur Menschen sterben, damit unser Hunger gestillt wurde. Das konnte ich nicht verstehen, es gab sicherlich noch eine andere Lösung.
„Gibt es da nicht noch etwas anderes?“ Er schüttelte mit dem Kopf: „Wenn du sterben willst, dann trink nichts. Dann wirst du irgendwann schmerzvoll vertrocknen.“
Sein Blick wurde immer Böser, ich traute mich schon fast gar nichts mehr zu sagen. Er stand auf und setzte sich neben mich.
„Weißt du Ashley, ein Vampir zu sein hat auch etwas Gutes an sich“ Irritiert schaute ich ihn an.
„Was soll denn daran was Gutes sein? Wenn ich zu meiner Familie nicht zurück kann“
„Ist dir denn noch nichts aufgefallen?“
„Nein, was denn? Die Schmerzen sind überhaupt nicht toll, es kommt mir manchmal vor als würde es mich zerreißen.“
„Dann stell es ab. Das menschliche in dir ist zu schwach dafür.“
„Bestimmt nicht, solange ich noch etwas fühle, weiß ich wenigstens noch dass ich, ich bin. So und jetzt würde ich gerne das Gute erfahren am Monster sein“, erklärte ich trotzig.
„Deine Sinne werden geschärft, du hörst, siehst, riechst besser. Deine Gefühle sind extremer, deswegen bist du auch so schnell wütend oder traurig. Du bist schneller und stärker, aber das bekommst du schon noch mit“
„Das ist aber auch das einzige.“ Kaum ausgesprochen fingen die Schmerzen wieder an, aber diesmal im gesamten Körper. Ich legte mich hin um es besser auszuhalten. Herr Groth streichelte mir über den Kopf, wenn er wollte konnte er richtig nett sein. Aber schließlich war er ja auch dran schuld.
„Wann ist das vorbei?“
„Sobald dein Körper sich verändert hat, dann ist alles besser“
Er tätschelte mir weiter den Kopf.
„Wie alt sind Sie?“, wollte ich wissen. Denn so alt konnte er nicht sein, wenn man ihn sich genauer ansah würde ich höchstens 27 oder 28 sagen.
„Wie meinst du das jetzt? Bevor ich ein Vampir geworden bin oder wie lange ich schon so bin?“ Ich setzte mich wieder auf und schaute ihn in die Augen.
„Wie alt du warst als du so geworden bist.“
Er wartete eine Weile, als würde er rechnen müssen: „Ich war 28 Jahre alt, als ich verwandelt wurde“
Ich nickte: „Also sind Sie zehn Jahre älter als ich. Konnten Sie es sich aussuchen?“
„Meine Eltern wurden von einem Vampir getötet, nur mich ließ er sozusagen am Leben. Ich frage mich jeden Tag warum. Warum hatte er mich nicht auch getötet, ich brachte ihn doch nichts. Denn er verschwand und ließ mich mit allen allein.“ Er machte eine kurze Pause und ich sah in seinen Augen ein bisschen Traurigkeit. „Ich wusste nicht was passiert war und noch was mit mir passieren würde. Als ich mich einigermaßen im Griff hatte, vergrub ich meine Eltern.“
„Das tut mir echt leid mit Ihren Eltern“, entgegnete ich ihm traurig.
„Weißt du“, antwortete er mir „ Nenn mich einfach Ethan.“, er reicht mir seine Hand und lächelte. Es war mir vorher noch nie aufgefallen, aber sein Lächeln hatte manchmal etwas Trauriges und einsames. Ich nahm seine Hand und er sagte mir etwas mit dem ich nicht gerechnet hätte.
„Weißt du warum ich es getan hab?“ Ich schaute ihn fragend an „Was?“
„dich zu verwandeln“ eine Pause folgte: „Ich wollte nicht mehr alleine sein. Ich weiß du kannst das sicherlich nicht verstehen, das würde mich auch nicht wundern. Ich selbst kann es nicht verstehen dass ich so egoistisch war. Aber ich bin jetzt seit 60 Jahren alleine unterwegs und dies ist unerträglich, Keinen mit dem man mal reden kann oder lachen kann. Also hatte ich meine Menschlichkeit abgeschalten. Aber so ganz ohne Gefühle ist das Leben noch schlimmer, einem ist alles egal.“ Mir stiegen die Tränen auf und ich sah auch seine Augen glänzen. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie schwach.
„Ich kann dich verstehen, ich glaube an deiner Stelle wäre ich verrückt geworden.“
Auch wenn diese eine Nacht mein ganzes Leben verändert hatte, ich konnte nicht wütend auf ihn sein. Nicht nachdem was er mir erzählt hatte. Auch er hatte seine Eltern verloren und ich weiß wie er sich dabei fühlte, auch wenn es schon so lange her war.
„Ich habe dich beobachtet Ashley. Auch in der einen Nacht wo du so Angst hattest. Das war nur wegen mir. Ich überlegte ob ich es wirklich tun sollte. Aber ich fühle mich immer schlechter, dir das angetan zu haben. Ich habe über dein Leben bestimmt, das stand mir nicht zu. Es tut mir leid“, bereute er.
Mir fehlten die Worte, aber eine Frage musste er mir noch beantworten „Warum ich?“
„Ich fand dich so sympathisch und anziehend, sozusagen ich wollte dich einfach haben“
Er kam noch näher zu mir heran gerückt, aber ich wich ein Stück zurück.
Seine Augen leuchteten und als ich ihn in die Augen sah, fand ich ihn anziehend. Seit wann fühlte ich mich so hin gezogen von ihm, denn ich kannte ihn nicht und er hatte aus mir etwas gemacht, das ich nicht wollte. Auf eine Art hasste ich ihn wirklich, aber auf der anderen Seite konnte ich ihn verstehen. Er blickte mich noch immer an und ich hielt seinem Blick stand. Er nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und kam mir immer näher. Bis ich seinen warmem Atem auf meiner Haut spürte, ich schloss meine Augen und war überrascht wie zärtlich er mich küsste. Seine Lippen waren weich und warm, dabei stellte ich mir immer vor Vampire waren eiskalt, weil sie ja tot waren. Ich erwiderte den Kuss und als er sich von mir löste, öffnete ich langsam meine Augen. Er sah so glücklich aus und das macht auch mich glücklich, dass ich ihn anlächelte.
„Ich werde ein wenig schlafen, denn ich bin erschöpft.“ Ich legte mich hin und deckte mich aus Gewohnheit zu. Ich schlief sofort ein und wurde erst am nächsten Tag wach.