Beschreibung
Alleine gegen diesen Schmerz von 1000 Nadeln, keine Hoffnung auf Entrinnen...
Es war ein schöner Tag. Man konnte sagen, es lief wie am Schnürchen. Ein Tag in der Schule. Mit den einen geredet, mit anderen gelacht wieder mit anderen ein paar Spiele auf dem Papier. Alles versucht, das die Zeit schnell 'rum gehen mag. Hin und wieder dem Lehrer gelauscht, nur um fest zustellen, das es einen ja doch nicht interessiert. O Wunder irgendwann endete auch noch die letzte Stunde ohne schwere Verletzungen, außer vielleicht verlorene Zeit.
Es kamen noch zwei Freunde mit nach Hause. Wir lachten und redeten. Gedachten der schönen Tage erfanden eine strahlende Zukunft.
Doch immer wieder pocht das Versagen meines Lebens in mir auf. Mit der Zeit ließ ich auch das eine oder andere Kommentar dazu fallen. Wurde es als Witz aufgefasst, so hatte ich es auch formuliert. Wollte nicht darüber Sprechen. Nicht über die Leere, die hinter meiner Unsinn behafteten Fassade lauerte, die nur darauf wartete das der Schalk verstarb, der ich war um ihr wahres Ich zu offenbaren.
Es war eine unglaubliche Leistung, keiner der beiden realisierte welcher Abgrund in mir wohnte. Mein Schauspiel war einfach perfekt, bei jeder Rolle bis zur letzten Szene.
Irgendwann war aber alles mal zu Ende, der letzte Tee war getrunken, der letzte Spruch gebracht und der letzte Spaß gemacht. Begleitete ich sie noch zu Auto und Bahn und übrig blieb...
...die Einsamkeit, die Leere, die Freudlosigkeit.
...ich allein, so schleppte ich mich noch gut gelaunt in mein Zimmer, vergnügt las ich noch ein paar Seiten, doch die Bestie hatte nur darauf gewartet. Sie schnappte zu. Keiner da der mir helfen konnte. Keiner der mich verteidigte. Nur ich gegen meinen schlimmsten Feind. Der Kampf war ebenso kurz wie fatal. Tausende Meter stürzte ich nach unten. Es wurde immer dunkler. Die Lichter verschwanden, mit ihr jegliche Hoffnung.
Was auch immer ich anfasste würde zerbrechen, wen ich auch ansprach, er würde mich hassen. Nichts hatte ich jemals zu Wege gebracht. Nur meine Zeit verschwendet. Niemals würde ich etwas erreichen. War ich ein Scherz, nein, ein Fehler der Natur. Hatte ich hier nichts mehr zu suchen.
Es waren Tatsachen die mir schon lange bekannt waren, erst versuchte ich mich mit Gewalt dagegen zu wehren, doch als auch das keine Wirkung zeigte, blieb nur noch die grenzenlose Resignation und Leere. Kämpfte ich mich durch jeden weiteren Tag. Erlebte in jeder Sekunde die Stiche von tausend Nadeln. Ein Schmerz denn man nicht aushalten konnte.
Immer wieder lächelte mich das Messer an. Die Tabletten sprachen auf mich ein. Konnten sie das alles beenden. War es nur ein kurzer Schnitt. Alles würde enden. So verlockend es auch klang. Noch...NOCH hatte ich den Willen dagegen anzukämpfen, auch wenn er jeden Tag mehr schwand. Ich konnte nicht sagen ob es aus Angst vor der endgültigen Leere war, oder doch noch ein kleiner Funken Hoffnung. Was es auch immer war, lange würde er nicht mehr bestehen.
Wenn ich mich an jemand wende? Vielleicht könnte er mir helfen. Hatte ich es bisher nur einer Person gesagt, gezeigt. Außer Unverständnis und Gelächter hatte ich nichts zurück bekommen. Wunderbare Hilfe, die mich nur noch tiefer hat fallen lassen.
„Geh doch zu einem Arzt“ riet sie mir. Was würde dieser machen? Mir Drogen, Psychopharmaka verschreiben? Mein Hirn war mir Heilig, mein höchstes Gut, nichts um alles in der Welt würde ich jemals jemanden daran 'rum werkeln lassen. Eher noch würde ich dem Angebot des Messers nachgehen. Es war außerdem nur eine Behandlung des Symptoms nicht aber der Ursache
Wenn mir also diese Hilfe von außen verwehrt blieb, gab es nur noch mich und diese Bestie, verstrickt in einen Kampf seit langem, für immer. Die Aussichten auf Erfolg waren verschwinden gering. Das kann kein Mensch schaffen.
Es geht weiter
Eines weiteren Morgens öffnete ich die Augen, das war schon zu ziemlich das schlimmste was passieren konnte. Wieder ein weiterer Tag in meinem Leben. Galle stieg in mir auf. Zwei, dreimal schluckte ich. Schon bald stellte ich fest das ich mit diesem Gefühl wohl den ganzen Tag leben musste. „That life is beautiful around the world*“, bad joke Anthony. Es war die Falsche CD zum Aufstehen. Soviel war klar.
Es war noch Zeit bis ich wirklich die wohlige Wärme meines Bettes verlassen musste, drehte mich nochmal zur Seite, starrte aus dem Fenster über das Balkongeländer in den langsam hell werdenden Morgenhimmel. Nein, er wurde nicht hell. Es war die Firma die den Himmel erstrahlen lässt. Es würde noch über eine Stunde dauern bis man, überhaupt die ersten Anzeichen der Dämmerung bemerken würde. Diese Stadt war zu hell als das man Sterne sehen könnte. Etwas das meiner Laune nicht unbedingt aufbessert.
Lieber wieder umdrehen. Ein sanfter Schmerz zog sich durch mein Bein. Erinnerungen an den letzten Tag stiegen wieder auf. Tränen füllten meine Augen, wie ich über die zwei klaffenden Schnitte am meinem Bein fuhr. Gleichzeitig spürte ich den Grind an dem Handgelenk. Mit Kraft versuchte ich nicht an gestern Abend zu denken, auch wenn der allgegenwärtige Geruch des kalten Rauch und der schale Geschmack des Biers es schwierig werden ließ. Gestern war vergangen und heute ein neuer Tag, auch wenn es die selbe Scheiße sein wird. Aber immer Optimistisch denken. Wow ich glaube heute ist der Tag der schlechten Witze...Immerhin war heute der letzte Tag vorm Urlaub. Woohoo, unendliche Freude. Es war keine gute Idee weiter als 3 Minuten in die Zukunft zu denken. Das hatte meist ganz schlechte Konsequenzen.
„I don't believe it's bad, slit my throat it's all I ever*“, endlich mal eine gute Idee. Der Tag hatte doch Potential. Es war vielleicht doch mal Zeit sich zu erheben. Lustlos schwang ich meine Beine aus dem Bett, besser ich ließ sie fallen. In unendlicher Ruhe zog ich meine Kleidung an. T-Shirt war heute alles andere als eine gute Idee. Zu viele, zu deutliche Schnitte auf den Unterarmen. Höchstradgig unästhetisch, zu dem noch quer zur Straße. Nachts um halb 2 hat will man wohl eher das der Schmerz temporär weggeht als endgültig, oder ich war einfach zu betrunken, zu benebelt, als das ich das Messer richtig zu halten. Vor allem auch noch am Oberschenkel? Das war reine Sucht nach Schmerzen.
Verflucht und verdammt, schon wieder waren zahlreiche Minuten verstrichen. Scheiß drauf dann komm ich an meinem letzten Tag halt zu spät, dafür hatte ich jetzt endlich eine Möglichkeit gefunden, unnötigen Fragen zu entgehen, ich zog ein Hemd an einfach doch elegant.
Aus dem nichts traf mich eine flache Hand. Das hat geklatscht. Was ein bescheuerter Witz. Auch wenn meine Wange schnell anfing wie Feuer zu brennen, achtete ich nicht weiter darauf, sondern zog mein Hemd an. Zweifellos würde ich deshalb doofe fragen hören, immerhin trug ich so'was nie, aber da konnte man mit dummen Kommentaren leichter hinweg sehen.
Tage vergehen ohne das wir etwas erreichen. Wochen verstreichen ohne das wir einem Ziel näher gekommen sind. Monate vergehen und wir fragen niemals warum.
Meine Finger glitten über die Stahlseiten, sanfte Melodien folgten auf harte Rhythmen. Bass-lines, die Geschichte schreiben könnten, Slapping-Parts, die einem die Nackenhaare aufstellen ließen.
Schön wär's gewesen. Alles was ich auch anschlug klang wie Scheiße die ins Klo fiel. Die Hälfte war unsauber gegriffen die andere Hälfte arrhythmisch. Es war zu viel, es wollte raus. Nu r mit aller letzter Kraft gelang es mir nicht meine Liebste auf dem Boden zu zerschmettern. Das würde Sarah nicht überleben und ich auch nicht. Nein, mein Bass durfte nicht unter meiner Unfähigkeit leiden. Mit aller Luft die sich in meinen Lungen befand stieß ich einen Schrei aus. Das sollte nur der Anfang sein. In dem Augenblick in dem ich nach Luft japste schnallte ich das Instrument an, vielleicht würde ihr so kein Leid widerfahren.
Wie schon viel zu oft stieß ich dabei an den Tisch. Praktisch als Beiläufigkeit packte ich ihn und schleuderte in durch den Raum. Das Dabei mein Drucker und ein Teil der Sound-Anlage zu Boden fiel, war mir alles andere als egal. Es machte mich noch viel wütender. Ich packte das Regal – Randvoll – mit Büchern und riss es um. Alles andere als leicht, war es störrisch, musste es meiner unendlichen Wut doch schließlich nachgeben. Den Lärm den es dabei machte war Musik in meinen Ohren. Wieder stieß ich gegen den Tisch, wie er dort verkehrt da lag, ich warf mich dagegen, brach ein Bein ab, das sich wunderbar nutzen ließ um damit um sich zu schlagen. Unmöglich zu sagen wie lange. Zeit war mittlerweile auch nichts anders wie ein nebensächlicher Begriff.
Auf dem Boden fand ich mich kniend wieder. Blut lief von den Händen und der Stirn, unklar woher die Wunden kamen. Doch sicher das ich in einem Raum war um das das völlige Chaos herrschte im ersten Moment sah ich nichts was noch zu gebrauchen war. Tränen liefen die Wangen hinunter. Beim zweiten Blick sah ich das Sarah, mein geliebter Bass unversehrt geblieben war, es lagen ein paar Holz- und Glassplitter darauf, aber sonst. Müde erhob ich mich, zog mich ins Schlafzimmer zurück.
Ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Rollte ich mich zusammen wie ein Embryo. Es klingelte. Wahrscheinlich ein Nachbar der wissen wollte was Sache war. Egal. Ich wollte einfach nur in die widerlichen Arme des Schlafs. Auch wenn sie nie Erholung brachten, zu oft mit Träumen oder Wach-Träumen lockten, so eine strahlende Zukunft versprachen nur das man das in die Kälte der Realität zurück geworfen werden konnte. In der Hoffnung nie wieder auf zu wachen schloss ich die Augen.
*Text Zeilen aus „Around the World“ und „Otherside“; Red Hot Chili Peppers; Album „Californication“